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Haftung des Pferdehalters auch bei Reitbeteiligung

Zur Haftung des Tieraufsehers


Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 29.03.2017 – 4 U 1162/13 – entschieden, dass ein Pferdehalter  auch bei einer Reitbeteiligung für Unfälle haftet, die durch sein Pferd verursacht werden. Die Haltereigenschaft wird durch die Vereinbarung einer Reitbeteiligung nicht berührt. Ein stillschweigender Haftungsausschluss zwischen Pferdehalter und Reiter kann nicht ohne weiteres angenommen werden.

 

 

Sachverhalt:

 

Klägerin des zugrundeliegenden Streitfalls ist die gesetzliche Krankenversicherung der geschädigten Reiterin. Die beklagten Pferdehalterin hatte mit der Reiterin eine Reitbeteiligung vereinbart, wonach sie mit deren Pferd an drei Tagen in der Woche gegen Bezahlung von 100,- € monatlich ausreiten durfte. Die geschädigte Reiterin stürzte bei einem Ausritt vom Pferd und erlitt eine Querschnittslähmung. Für den Reitunfall war das Verhalten des Pferdes ursächlich. Die Reitbeteiligung ist von der Haftpflichtversicherung der Beklagten nicht erfasst.

 

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die auf Ersatz der Heilbehandlungskosten gerichtete Klage in erster Instanz vollumfänglich abgewiesen. Die Auslegung des abgeschlossenen Vertrages über die Reitbeteiligung ergebe, dass die geschädigte Reiterin und die beklagte Pferdehalterin stillschweigend einen Haftungsausschluss vereinbart hätten.

 

Mit der gegen das Urteil eingelegten Berufung hatte die Klägerin zumindest teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat eine Haftung der Beklagten grundsätzlich bejaht, der Höhe aber eine Anspruchskürzung in Höhe von 50 % vorgenommen.

 

Das Gericht ist der Auffassung, dass die Beklagte trotz der vereinbarten Reitbeteiligung zum Unfallzeitpunkt alleinige Halterin des Pferdes gewesen sei.  Denn sie hatte das alleinige Bestimmungsrecht über das Tier und trug sämtliche Aufwendungen, wie etwa für Tierarzt, die Versicherung oder Futter. Die geschädigte Reiterin  zahlte dagegen nur ein geringes Entgelt für die gelegentliche Nutzung des Pferdes. Für die Haftung des Tierhalters sei maßgeblich, ob sich die spezifische Tiergefahr verwirklicht habe. Vorliegend war das Pferd der Beklagten grundlos plötzlich los galoppiert, was zu dem Unfall führte.

 

Nach Auffassung des Gerichts beinhaltete die Vereinbarung einer Reitbeteiligung nicht automatisch einen stillschweigenden Haftungsausschluss. Es komme vielmehr auf die konkreten Umstände des  Einzelfalles an. Ein Haftungsausschluss könne etwa dann angenommen werden, wenn die Geschädigte an der Überlassung des Tieres ein besonderes Interesse gehabt hätte. Hier habe die Reitbeteiligung allerdings erst seit kurzer Zeit bestanden und die Beklagte sei selbst davon ausgegangen, dass etwaige im Rahmen der Reitbeteiligung entstehende Schäden auch von ihrer Versicherung gedeckt seien.

 

Nach Ansicht des Gerichts haftet die Beklagte aber nur mit einer Quote von 50 %. Denn die geschädigte Reiterin sei zum Unfallzeitpunkt  Tieraufseherin i.S.v. § 834 BGB gewesen. Nach dieser Vorschrift besteht zu Lasten des Tieraufsehers die widerlegbare Vermutung, dass ihn ein Sorgfaltspflichtverstoß trifft, welcher auch für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist. Da es der geschädigten Reiterin nicht gelungen sei, diese Vermutung zu widerlegen und der Unfall nicht mehr aufklärbar sei, führe dies zu einer Anspruchskürzung wegen vermuteten Mitverschuldens in Höhe von 50%.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

Ponykauf – Nacherfüllung durch Ersatzlieferung?

OLG Zweibrücken, Urt. v. 30.04.2009, AZ.: 4 U 103/08

 

Sachverhalt:

Von dem Beklagten kaufte der Kläger ein Pony, das laut Kaufvertrag als geritten und bereits im Sport erfolgreich in Springen der Klassen A und L beschrieben wurde. Das zuvor angefertigte tierärztliche Gutachten wurde zum Bestandteil des Vertrages gemacht. Danach habe das Pony während der Besitzzeit beim Verkäufer keine Krankheiten gehabt. Ein Preis von 8.500 € wurde vertraglich festgehalten.  Unstreitig wurde tatsächlich jedoch ein Preis von 17.000 € gezahlt. Das Pony wurde vor dem Kauf besichtigt und von der Tochter des Klägers Probegeritten. Auffälligkeiten wurden hierbei nicht festgestellt. Im Anschluss an den Kauf des Ponys nahm die Tochter mit dem Tier an Lehrgängen und Turnieren teil. Das Pony wurde etwa ein halbes Jahr nach dem Kauf einem Tierarzt vorgestellt. Der Tierarzt stellte die Verdachtsdiagnose „Headshaking“.

Im Zuge eines Schriftwechsels wurde über die Ersatzlieferung eines anderen Ponys diskutiert. Eine  Einigung konnte aber nicht erzielt werden. Daraufhin erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte eine Frist zur Rücknahme des Ponys gegen Rückzahlung des vollständigen Kaufpreises, unter Hinweis darauf, dass eine Ersatzlieferung nicht möglich sei und der Mangel auch nicht behebbar wäre. Eine Frist zur Nacherfüllung wurde unstreitig nicht gesetzt. Die Rückabwicklung des Vertrages verweigerte der Beklagte.

 

Entscheidung:

Das Landgericht Frankenthal hatte der Klage überwiegend stattgegeben. Folglich stehe dem Kläger ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB zu.

Das Berufungsgericht hingegen hat die Klage abgewiesen. Danach stehe dem Kläger dieser Anspruch nicht zu.

Nach der Beweisaufnahme stehe zwar fest, dass das Pony an dem „Headshaking-Syndrom“ leide, durch welches auch die Rittigkeit stark beeinträchtigt werde, jedoch liegen die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht vor, denn der Kläger hat es versäumt, dem Beklagten die erforderliche Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Des Weiteren war die Fristsetzung im vorliegenden Fall auch nicht entbehrlich.

Dem Rücktritt geht die Nacherfüllung grundsätzlich voraus. Dies gilt auch im Tierkauf. Ob die Nacherfüllung für den Käufer im Einzelfall zumutbar ist, oder nicht ( § 440 Satz 1 BGB), ist von dem Tatrichter zu beurteilen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht entschieden, dass eine Fristsetzung zur Nacherfüllung dem Kläger zumutbar gewesen wäre.

Das Abklingen des Headshaking-Syndroms erscheint als nicht möglich. Laut den Ausführungen des Sachverständigen gebe es zwar Behandlungsansätze, deren Erfolg falle jedoch nicht einheitlich aus. Ferner kommt hinzu, dass die Therapie mit Medikamenten durchgeführt werde, deren Einsatz die Teilnahme an Turnieren wegen der Dopingvorschriften unmöglich mache. Daher kommt eine Nacherfüllung durch Nachbesserung nicht in Betracht.

Jedoch hätte der Kläger eine angemessene Frist dafür setzen müssen, dass der Beklagte ihm Nacherfüllung durch Ersatzlieferung eines gleichartigen und gleichwertigen Ponys leistet. Wann im Tierkauf eine Nacherfüllung durch Ersatzlieferung in Betracht kommt, ist umstritten. Die Nacherfüllung durch Ersatzlieferung ist aber jedenfalls dann zumutbar, wenn ein Pferd hauptsächlich zu sportlichen Zwecken angeschafft wurde und nicht als Familienpferd mit besonderem Affektionsinteresse. Im vorliegenden Fall war gerade keine emotionale Bindung zu dem Pony entstanden, eine solche wurde von dem Kläger auch nicht behauptet. Das Pony sollte nur als Sportpferd dienen. Aus einer Korrespondenz zwischen den Parteien geht außerdem hervor, dass der Kläger durchaus die Lieferung eines Ersatzponys in Erwägung gezogen hatte. Die von dem Beklagten angebotenen Ponys seinen jedoch aus verschiedenen Gründen für den Kläger nicht in Betracht gekommen. Die Ersatzlieferung eines gleichwertigen Ponys wäre dem Beklagten daher durchaus möglich gewesen.

 

Entbehrlich war die Fristsetzung zur Nacherfüllung  auch nicht dadurch, dass der Mangel des Ponys dem Käufer arglistig verschwiegen worden sei, denn eine Arglist hat der Käufer weder substantiiert dargelegt noch bewiesen.

 

Entbehrlich war die Fristsetzung zur Nacherfüllung auch nicht, da der Beklagte den  Mangel nicht bestritten hat. Der Beklagte hatte eine Einigung mit dem Kläger nicht kategorisch ausgeschlossen, sondern sogar einige Ponys als Ersatz angeboten. Eine entsprechende ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung liegt nur vor, wenn die Ablehnung als das letzte Wort  des Verkäufers zu verstehen ist. Es reicht dazu nicht aus, dass er den behaupteten Mangel leugnet, erst recht nicht, wenn der Standpunkt, das Pony leide nicht an dem Mangel, nicht offensichtlich abwegig ist.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Fehlerhafte Ankaufsuntersuchung – Haftet der Tierarzt oder der Pferdeverkäufer?

BGH, Urt. v. 26.01.2012 – VII ZR 164/11

 

Sachverhalt:

In der Absicht einen zweijährigen zukünftigen Zuchthengst zu kaufen, beauftragte der Kläger (Käufer) im Vorfeld den beklagten Tierarzt damit, eine Ankaufsuntersuchung durch zu führen.  Dabei sollten auch Röntgenaufnahmen von beiden Kniegelenken angefertigt werden. Der Tierarzt gab als Röntgenergebnis „ohne besonderen Befund“ an. Tatsächlich befanden sich allerdings Chips in einem der Kniegelenke, die auch auf den erstellten Röntgenbildern zu sehen waren. Dies fiel im Rahmen der Körvorauswahl auf, zu der der Kläger die Röntgenaufnahmen des Beklagten vorgelegt hatte. Daraufhin erklärte der Kläger  gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag. Dieser verwies ihn zunächst weiter an den Beklagten. Daraufhin wurde das Pferd an den Verkäufer zurückgegeben. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten erstattete dem Käufer den Kaufpreis. Der Kläger begehrt mit der Klage Ersatz der Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Zuchtfähigkeit des Hengstes getätigt hat. Hierunter fallen insbesondere Kosten für die Ausbildung des Pferdes. Da sich der Verkäufer weigerte die Aufwendungen zu erstatten, wandte sich der Kläger erneut an den Tierarzt.  

 

Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass es sich bei der Ankaufsuntersuchung um einen Werkvertrag handelt. Der Tierarzt wird dadurch nicht nur dazu verpflichtet, die Untersuchung sachgemäß durchzuführen, sondern auch seinem Auftraggeber das Resultat, insbesondere bei festgestellten Auffälligkeiten, mitzuteilen. Der behandelnde Tierarzt schuldet dem Auftraggeber einen einwandfreien Befund. Kommt der Tierarzt er seine Pflichten aus dem Werkvertrag nicht nach, so haftet er dem Auftraggeber gegenüber aus §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB auf Ersatz des Schadens, der diesem dadurch entstanden ist, dass er den Hengst Pferd wegen des fehlerhaften Befundes gekauft hat.

 

Entgegen der vorinstanzlichen  Auffassungen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei Tierarzt und Verkäufer um Gesamtschuldner handelt ( vgl. auch BGH VIII ZR 7/11). Demnach haftet der Tierarzt gleichrangig zum Verkäufer. Hiernach hat der Kläger grundsätzlich die Wahl, an welchen der Gesamtschuldner er sich wendet. Entweder an den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache, oder aber an den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung. Nur in Ausnahmefällen kann sich ein Vorrang der Gewährleistungshaftung aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben. Ein Vorrang scheidet aber aus, wenn der Verkäufer sich – wie vorliegend – weigert, für den Schaden aufzukommen.

Nur der Auftraggeber des Tierarztes kann Schadensersatzansprüche regelmäßig geltend machen. Demnach ist darauf zu achten, wer die Ankaufsuntersuchung beauftragt hat und welche Regelungen in dem Vertrag vereinbart wurden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ( Urt. vom 14.08.2013 – 7 U 63/13) hat in einem Verfahren die Klage eines Pferdekäufers gegen einen Tierarzt abgewiesen, da dieser von dem Verkäufer des Pferdes beauftragt wurde und im Untersuchungsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde, dass alle Vereinbarungen dieses Vertrages nur das Verhältnis zum Auftraggeber betreffen und dass die Haftung gegenüber Dritten ausgeschlossen ist.

 

Anders hat dies jedoch  das Oberlandesgericht Hamm entschieden. (Urteil vom 05.09.2013 – 21 U 143/12). Nach dessen Meinung stelle die ordnungsgemäße Untersuchung des Pferdes eine Kardinalspflicht aus dem Untersuchungsvertrag dar, deren Haftung für Schlechterfüllung man nicht durch AGB gegenüber dem Käufer ausschließen  könne. Denn der Pferdekäufer sei, auch ohne Vertragspartner des Tierarztes zu sein, in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen. Der Tierarzt wisse schließlich, dass er die Ankaufsuntersuchung dazu durchführt, um den potentiellen Pferdekäufer über den Gesundheitszustand des Pferdes aufzuklären.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Mangelhaftigkeit eines Pferdes

Mangelhaftigkeit eines Pferdes

„Nacherfüllung kommt vor Rücktritt“

 

Stellt sich nach dem Kauf eines Pferdes heraus, dass dieses unter einem Mangel leidet, so liegt der Wunsch, den Kauf schnellst möglich rückabzuwickeln, nahe. Doch hierbei gibt es einiges zu beachten, denn wer vorschnell dem Verkäufer den Rücktritt vom Vertrag erklärt, läuft Gefahr seine Gewährleistungsrechte zu verlieren.

 

Voraussetzung für den Rücktritt vom Kaufvertrag ist selbstverständlich zunächst das Vorliegen eines Mangels im Sinne des § 434 BGB. Sodann ist der Käufer gemäß § 439 BGB zunächst dazu verpflichtet, dem Käufer die Möglichkeit zur Nachlieferung beziehungsweise zur Nachbesserung einzuräumen. Grundsätzlich hat der Verkäufer zwischen diesen beiden Varianten ein Wahlrecht. Die Nacherfüllung hat grundsätzlich Vorrang vor allen anderen Rechtsbehelfen des § 437 BGB. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass der Verkäufer eine Chance zur ordnungsgemäßen Erfüllung erhält, bevor sich der Käufer samt aller wirtschaftlicher Folgen vom Vertrag lösen kann.

Eine Ausnahme vom Vorrang der Nacherfüllung besteht jedoch, wenn der Mangel des Pferdes nicht behoben werden kann, z.B. durch eine tierärztliche Behandlung, oder der Verkäufer kein gleichwertiges mangelfreies Pferd beschaffen kann. In diesem Fall wäre die Nacherfüllung unmöglich.

 

Die Beschaffung eines gleichwertigen Pferdes ist grundsätzlich zulässig, solange dies die nach dem Vertrag vorausgesetzten Eigenschaften aufweist. Das Recht des Verkäufers auf Nachlieferung beim Stückkauf ist dabei um so schwächer, je individueller die Kriterien sind, die dem Kauf des Pferdes zu Grunde liegen. War das Kriterium beim Kauf lediglich ein „braves Freizeitpferd“, so ist die Ersatzbeschaffung eines solchen recht unproblematisch (vgl. LG Hildesheim – 7 S 21/07), geht es jedoch um ein Zuchttier mit spezieller Abstammung, so wird dies um so schwieriger.

Ob ein Mangel durch Nachbesserung beseitigt werden kann, lässt sich häufig nur durch eine tierärztliche Untersuchung feststellen. Bei einer Lahmheit zum Beispiel, welche durch einen Chip hervorgerufen wird, ist eine Nacherfüllung möglich, wenn der Chip durch eine Operation folgenlos beseitigt werden kann und die Operation keine weiteren gesundheitlichen Risiken für das Pferd mit sich bringt (vgl. Staudinger, § 439 Rn. 32).

Dem Käufer eines Pferdes ist daher beim Auftreten eines Mangels dazu geraten, den Verkäufer davon zunächst in Kenntnis zu setzen und ihn unter Setzung einer angemessenen Frist zur Nachlieferung oder Nachbesserung aufzufordern und nicht gleich den Rücktritt vom zu erklären, denn ansonsten läuft er Gefahr seine Gewährleistungsrechte zu verlieren.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Steigen als Sachmangel

Steigen als Sachmangel des Pferdes?

LG Siegen – 2 O 107/09, bestätigt durch OLG Hamm – 19 U 132/11

 

Sachverhalt:

 

Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Kaufvertrages.

Die Klägerin reitet in ihrer Freizeit Dressurturniere. Zu diesem Zweck kaufte sie den sechsjährigen Wallach „C“ zum Preis von 23.000 € von dem Beklagten, der ein Gestüt betreibt und gewerbsmäßig mit Pferden handelt. Laut Vertrag sollte das Pferd bereits geritten, aber noch nicht auf Turnieren vorgestellt worden sein. Die Klägerin ritt das Pferd vor dem Kauf zweimal zur Probe, wobei keinerlei Auffälligkeiten festgestellt werden konnten. Nur knappe zwei Wochen nach der Übergabe, teilte die Klägerin dem Beklagten mit, sie habe bei dem Pferd Verhaltensauffälligkeiten festgestellt. Es zeige ängstliche Reaktionen und neige zum Steigen. Drei Monate später wandte sie sich erneut an den Beklagten und teilte mit, bei C handele es sich um einen „kriminellen Steiger“ und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Beklagte bot ihr an, das Pferd zurück zu nehmen und gegen ein anderes Pferd umzutauschen oder das Pferd in Beritt zu nehmen und der Klägerin dazu begleitend Reitunterricht zu erteilen. Beides lehnte die Klägerin ab. Sie begehrt die Rückabwicklung des Vertrages und Aufwendungsersatz vom Beklagten.

 

Entscheidung:

 

Die Klage wurde sowohl in erster, als auch in zweiter Instanz als unbegründet abgewiesen.

Nach Überzeugung der Gerichte weist das Pferd bereits keinen Mangel im Sinne des § 434 BGB auf. Laut dem Vertrag sollte sich das Pferd als Reitpferd eignen, auf Turnieren sollte es ausdrücklich noch nicht vorgestellt worden sein. Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass sich das Pferd nicht als Reitpferd eigne. Das Pferd weist unstreitig keinen körperlichen Mangel auf. Laut dem Sachverständigen sei das Pferd etwas „guckig“ und habe daher die Tendenz zum Steigen gezeigt, wobei es aber nie richtig gestiegen ist. Ein Steigen könne dadurch vermieden werden, dass das Pferd in Bewegung gehalten werde. Stockungen im Bewegungsablauf könnten durch konsequentes Weiterreiten ohne jegliche Gewalteinwirkung überwunden werden. Die „Guckigkeit“ habe sich bei dem Sachverständigen innerhalb weniger Tage deutlich gelegt. Der Sachverständige wies darauf hin, dass ein Steigen bei nahezu jedem Pferd durch reiterliche Einwirkung sowohl ausgelöst als auch verhindert werden könne.

 

Selbst wenn man einen Mangel annehmen wolle, so wäre nicht bewiesen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorgelegen habe. Auf die Vermutungsregelung des § 476 BGB kann sich die Klägerin nicht berufen, denn die Vermutungsregelung ist nicht mit der Art des behaupteten Mangels vereinbar. Bei einer Tendenz zum Steigen handelt es sich, sofern keine körperlichen Ursachen dafür feststehen, um eine Auffälligkeit, die unter anderem durch falsche reiterliche Einwirkung oder falsche Ausrüstung spontan entstehen kann.

 

Hinzu kommt, dass die Voraussetzungen des § 323 BGB nicht vorliegen, denn die Klägerin hat dem Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt bzw. hat diese sogar abgelehnt. Vorliegend wären sowohl die Nachlieferung als auch die Nachbesserung möglich und zumutbar gewesen. Die Klägerin reitet eine Vielzahl von Pferden und wollte den C lediglich zu sportlichen Zwecken erwerben. Eine besondere persönliche Beziehung zu dem Pferd stand einer Nachlieferung eines gleichwertigen Pferdes daher nicht entgegen. Dass das Pferd grundsätzlich auch innerhalb kurzer Zeit therapierbar gewesen wäre, hat sich dadurch gezeigt, dass es nach nur wenigen Tagen bei dem Sachverständigen bereits keine Tendenz zum Steigen mehr zeigte. Daher wäre auch eine Nachbesserung für die Klägerin zumutbar gewesen. Die Nacherfüllung war auch nicht wegen eines arglistigen Verschweigens des „Mangels“ entbehrlich, da die Klägerin eine Arglist nicht bewiesen und hat und eher ins „Blaue“ behauptet hat.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp