Ankaufsuntersuchung

Probleme vermeiden beim Pferdekauf: Die Ankaufs- und die Verkaufsuntersuchung

Ein Pferd zu kaufen ist eine kostspielige Angelegenheit und kann zu teuren Haftungsfragen führen. Pferdekäufer und -verkäufer möchten daher beide möglichst sicher sein, dass das jeweilige Pferd gesund und körperlich fit ist. Helfen können dabei die Ankaufs- und die Verkaufsuntersuchung durch einen Tierarzt.

Die Ankaufsuntersuchung (AKU) beim Pferdekauf

Die AKU wird typischerweise direkt im Kaufvertrag vereinbart.
Meist findet sie VOR dem Pferdekauf statt. In diesem Falle sollte der Kaufvertrag zur Absicherung beider Parteien beinhalten, dass das Protokoll dieser Ankaufsuntersuchung dem Vertrag beigefügt wird und ihr Ergebnis Vertragsbestandteil wird.
Findet die Ankaufsuntersuchung jedoch erst NACH dem Pferdekauf statt, sollte im Kaufvertrag geregelt sein, dass er nur unter der Bedingung wirksam wird, dass die AKU erfolgreich (also ohne Befunde, die den geplanten Verwendungszweck des gekauften Pferdes gefährden) verläuft. Dies hat dann zur Folge, dass der Vertragsschluss noch bedingt, juristisch ‚schwebend‘ unwirksam ist.
Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte auch eine Frist für die Durchführung der Ankaufsuntersuchung direkt in den Kaufvertrag aufgenommen werden.

Wer zahlt die AKU?

Grundsätzlich zahlt der Auftraggeber, also der Käufer, die Kosten der AKU;

Standardformular für die AKU

Für die AKU nutzen seriöse Tierärzte das Formular „Vertrag über die Untersuchung eines Pferdes“ aus dem Hippiatrica Verlag. Auf die Verwendung dieses Formulars sollte der Auftraggeber bestehen, da es einen einheitlichen Beurteilungsstandard gewährleistet und für den Tierarzt zugleich eine Hilfe ist, nichts zu vergessen.

Kleine oder große AKU

Was genau Teil der AKU ist, unterscheidet sich danach, welche Form gewählt wird; dabei kann gewählt werden zwischen der sogenannten kleinen AKU oder der großen AKU.
Bei der günstigeren, ‚kleinen AKU‘ (zwischen 100 und 250 Euro) beurteilt der Tierarzt zunächst den Allgemeinzustand des Pferdes. Anschließend hört er Herz sowie Lunge ab und kontrolliert Haut, Fell, Augen und Zähne. Darüber hinaus misst er die Temperatur, den Puls sowie die Atemfrequenz des Tieres. Auch das Nervensystem und der Kot werden eingehend untersucht. Um die Knochen- und Gelenkgesundheit zu prüfen, tastet der Arzt Beine und Rücken des Tieres ab. Zudem lässt er sich das Pferd auf gerade und gebogener Linie sowie weichem und hartem Untergrund vortraben. Ein zentraler Bestandteil der kleinen AKU ist die sogenannte Beugeprobe. Hierbei beugt, streckt oder komprimiert der Tierarzt ganz gezielt bestimmte Regionen der Gliedmaßen, um absichtlich eine kurze Überbelastung hervorzurufen. Direkt danach wird das Pferd im Trab vorgeführt. Lahmt das Tier, ist dies ein erster Hinweis für eine mögliche Verletzung der Sehnen, Bänder oder Gelenke.
Nach dieser Untersuchung sollte klar sein, ob das Pferd offensichtliche Krankheiten oder Schmerzen hat.
Kennt man den Verkäufer und das Pferd nicht, ist aus juristischer Sicht zu raten, auch eine Blutprobe nehmen zu lassen und diese auf Schmerzmittel und andere Medikamente hin untersuchen zu lassen. Bei vielen Betrügern reicht schon die Frage nach solch einer Blutuntersuchung, damit sie einen Rückzieher machen. Der Pferdekäufer läuft sonst gegebenenfalls Gefahr, ein ‚fitgespritztes‘ Pferd zu kaufen; dies im Nachhinein zu beweisen, ist ohne Blutprobe fast unmöglich.
Bei der sogenannten ‚großen AKU‘ (je nach Region bis zu 2.000 Euro) kommen zu der Standarduntersuchung noch Röntgenbilder hinzu. Üblich sind hier zehn Aufnahmen von den Beinen. Dabei werden Huf und Fessel jeweils aus zwei Blickwinkeln sowie die Sprunggelenke der Hinterbeine geröntgt; auf Wunsch werden aber auch noch weitere Aufnahmen vom Knie und den Dornfortsätzen gemacht. Beim Standardsatz Röntgenbilder sollten vor allem Spat, Hufrollen-Veränderungen und Chips erkannt werden. Ist das Pferd im Rücken empfindlich, ist es sinnvoll, auch die Dornfortsätze zu röntgen; dabei kann dann eine Neigung zu Kissing Spines sichtbar werden.
Die Wahl zwischen kleiner und großer AKU obliegt dem Auftraggeber. Häufige Entscheidungskriterien sind dabei der Preis des Pferdes und sein vorgesehener Einsatzbereich. Käufer, die ihr Tier für wenig Geld erworben haben und es ausschließlich zum Freizeitreiten oder als Beistellpferd nutzen möchten, sehen daher meist von der teureren röntgenologischen Ankaufsuntersuchung ab.

AKU nach dem Kauf

Wenn eine (kleine oder große) Ankaufsuntersuchung NACH dem Kauf vereinbart wurde, ist der Kaufvertrag, wie oben dargestellt, noch bedingt. Die fehlende Bedingung ist hierbei die ‚Abnahme‘ des Pferdes durch den Käufer. Verläuft die Untersuchung des Pferdes ohne Befund, wird der Vertrag automatisch wirksam. Ergeben sich jedoch berechtigte Zweifel daran, dass das Pferd tatsächlich gesund ist, so kann vom Käufer auch dann nicht erwartet werden, diese Zweifel hinzunehmen, wenn das Untersuchungsergebnis unrichtig sein sollte und der Verkäufer dem Käufer dies unter Vorlage eines anderen tierärztlichen Untersuchungsberichtes mitteilt (vgl. OLG Köln – 20 U 11/94 – Urteil vom 24.06.1994). In einem derartigen Fall ist der Kaufvertrag dann (rückwirkend) unwirksam, es sei denn, der Käufer stimmt dem Pferdekauf auch trotz des Mangels zu.

Haftung des Tierarztes bei falscher AKU

Übersieht der Tierarzt einen gravierenden Mangel am Pferd, den er auf Grund der durchgeführten Untersuchung hätte erkennen müssen, ist er dem Auftraggeber gegenüber schadensersatzpflichtig. Denn der Auftrag an den Tierarzt, die Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, ist juristisch ein sogenannter Werkauftrag, der zugrundeliegende Vertrag ein Werkvertrag. Dieser verpflichtet den Tierarzt dazu, sowohl eine Ankaufsuntersuchung des Pferdes ordnungsgemäß durchzuführen, als auch seinem Auftraggeber dessen Ergebnis und insbesondere vorliegende Auffälligkeiten mitzuteilen. Der Tierarzt schuldet also einen fehlerfreien Befund (vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2012, Az. VII ZR 164/11).
Von der AKU strikt zu unterscheiden ist eine tierärztliche Untersuchung, die der Käufer aus eigenem Entschluss und ohne Verabredung mit dem Verkäufer vornimmt. Eine solche dient allein der Orientierung des Käufers und hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bestand des Kaufvertrages.

Die Verkaufsuntersuchung

Die Verkaufsuntersuchung wird vom Verkäufer bereits vor dem Verkauf veranlasst. Das tierärztliche Gutachten umfasst auch hier die Überprüfung des aktuellen Gesundheitszustandes des Pferdes durch den Tierarzt. Daher sollte grundsätzlich darauf geachtet werden, dass die Untersuchung zeitlich nicht allzu lange zurückliegt.
Die Verkaufsuntersuchung ist dabei vor allem auch ein Schutz für den Verkäufer, wenn der Käufer zum Beispiel auf eine Ankaufsuntersuchung verzichten will. Er kann dadurch nämlich eventuelle Schadensersatzansprüche des Käufers aus Sachmängelhaftung widerlegen und sich seinerseits effektiv vor einer teuren Haftung absichern, indem er das Ergebnis der tierärztlichen Verkaufsuntersuchung als Gutachten dem Kaufvertrag beifügt, um dem Käufer die Gesundheit des zu verkaufenden Tieres zu bescheinigen. Der Inhalt des Gutachtens gilt juristisch dann als sogenannte Zusicherung im Sinne des § 276 Abs.1 BGB. Das führt dann allerdings gleichzeitig auch dazu, dass der Verkäufer des Pferdes dem Käufer gegenüber gem. § 492 BGB haftet, wenn sich später herausstellt, dass das Tier entgegen der tierärztlichen Bescheinigung bei seiner Übergabe an den Käufer eben doch nicht gesund war (OLG Schleswig – 16 U 28/87 – Urteil vom 16.03.1987).

Haftung des Tierarztes bei der Verkaufsuntersuchung

Wenn er ein gesundheitliches Problem des Pferdes übersieht, haftet der Tierarzt bei der Verkaufsuntersuchung (im Gegensatz zur Ankaufsuntersuchung) nicht nur gegenüber seinem Auftraggeber, also dem Verkäufer, sondern auch gegenüber dem Käufer. Dies folgt daraus, dass es sich bei der Verkaufsuntersuchung um einen sogenannten „Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter“ handelt, weil das Gesundheitszeugnis zur Verwendung gegenüber dem Käufer durch den Verkäufer in Auftrag gegeben wurde. Das bedeutet, dass der Dritte – hier der Käufer – in die vertraglichen Sorgfaltspflichten, die Tierarzt gegenüber dem Verkäufer erfüllen muss (also ein richtiges Gutachten zu erstellen), eingebunden ist, und er bei deren Verletzung sogar vertragliche Schadensersatzansprüche gegenüber dem Tierarzt geltend machen kann.
Bereits 1986 entschied der Bundesgerichtshof (BGH, NJW RR 1986, 1150 ff.) zu Ungunsten eines Tierarztes, der bei einem Pferd eine Geschwulst als gutartig attestiert hatte, ohne zuvor eine Gewebeprobe entnommen zu haben. Das Pferd wurde anschließend verkauft; der Käufer stellte wenige Zeit später fest, dass es sich bei der Geschwulst doch um einen bösartigen Tumor handelte. Der Bundesgerichtshof lastete dem Tierarzt hier sogar eine sittenwidrige Schädigung aus § 826 BGB an, die Schadensersatzansprüche nach sich zieht.