Wann ist ein Pferdeverkäufer Unternehmer?
Wann gilt ein Pferdeverkäufer als Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB und warum ist diese Zuordnung so relevant?
Die Unternehmereigenschaft und ihre Relevanz im deutschen Kaufrecht
Das deutsche Kaufrecht unterscheidet hinsichtlich der an einem (Kauf-)Vertrag beteiligten Parteien grundsätzlich zwischen Unternehmern und Verbrauchern (Privatpersonen). Eine Einstufung in die eine oder andere Kategorie kann auch im Falle eines Pferdekaufes weitreichende Konsequenzen haben.
Bei der Konstellation „Verkäufer ist Unternehmer/Käufer ist Verbraucher“ gelten die gesetzlichen Beschränkungen des sogenannten Verbrauchsgüterkaufs, die nicht von den Parteien vertraglich ausgeschlossen werden können.
Entscheidend im Gerichtsprozess: § 476 BGB
Größte Relevanz für die Praxis hat hier die Bestimmung des § 476 BGB, welche eine Beweislastumkehr anordnet. In dieser Vorschrift ist geregelt, dass der Verkäufer/Unternehmer beweisen muss, dass er eine mangelfreie Sache übergeben hat, wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe an den Käufer/Verbraucher ein „Mangel“ des Pferdes zeigt. In vielen Fällen ist es allein diese Beweislastregelung, die über Erfolg oder Misserfolg des Prozesses entscheidet, da sich manches Mal nach Ablauf von mehreren Wochen oder Monaten auch durch den besten Sachverständigen nicht mehr eindeutig feststellen lässt, ob ein Mangel bei Übergabe bestanden hat oder nicht. Demzufolge kommt der Frage, ob ein Verkäufer Unternehmer ist, in der Praxis vor allem bei Gerichtsverfahren große Bedeutung zu. Denn ein Verkäufer, der als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB angesehen wird, hat ein erhöhtes Risikopotenzial bei seinen vertraglichen Entscheidungen zu berücksichtigen.
Wann stufen die Gerichte einen Pferdeverkäufer als Unternehmer ein?
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist Unternehmer eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine derartige gewerbliche Tätigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn ein selbstständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt vorliegt.
Verbraucherfreundliche Rechtsprechung
Ist der Unternehmerbegriff also nur auf Pferdehändler und professionelle Züchter anzuwenden? Weit gefehlt! Erste Hinweisbeschlüsse, die allerdings alle nur erstinstanzlich ergangen sind, lassen den Schluss zu, dass die Gerichte sehr verbraucherfreundlich urteilen und den Unternehmerbegriff daher sehr weit fassen. So wurde ein Verkäufer, der hauptberuflich eine Mutterkuh- und Pensionspferdehaltung betreibt, als Unternehmer angesehen, als er sein privates Hobbypferd verkaufte (Landgericht Hannover, Hinweisbeschluss vom 29. April 2003, Az. 17 0 293/02). Auch der Landwirt, der aus Altergründen seinen Hof verpachtet hat und eine Altersrente bezieht, aber noch in rentenunschädlicher Weise zwei Pferde hielt und eines davon verkaufte, wurde als Unternehmer eingestuft (Landgericht Mönchengladbach, Hinweisbeschluss vom 24. April 2003, Az. 1 0 404/02). Unternehmerstatus wurde ebenfalls einem früheren Rindermakler und jetzigem Rentner attestiert, der sein Pferd an einen Verbraucher verkaufte (Landgericht Aurich, Beschluss vom 20. Mai 2003, Az. 3 0 256/03).
Auch Hobbyzüchter sind Unternehmer
Unter den Unternehmerbegriff werden faktisch auch sehr viele so genannte Hobbyzüchter fallen. Selbst wenn das Finanzamt die private Pferdezucht eines Steuerbürgers als Liebhaberei einstuft, kann dieser Pferdeverkäufer nicht sicher sein, dass er nach dem neuen Verbrauchsgüterkaufrecht nicht zu den Unternehmern zählt. Unternehmer ist nämlich auch ein Hobbyzüchter, der regelmäßig seine Nachzuchten verkauft, auch wenn er in wirtschaftlicher Hinsicht wegen liebevoller und aufwendiger Pflege eher Verluste macht und sein Betrieb vom Finanzamt als Liebhaberei eingestuft wurde. Allein der Anschein bzw. das Auftreten als Gewerbetreibender reicht für die Annahme der Unternehmereigenschaft auch dann aus, wenn für den Privatmann eindeutig der Schein eines Gewerbetreibenden gesetzt wurde.
„Verkauf von privat an privat“: Keine Umgehungsgeschäfte möglich
Da der Verbrauchsgüterkauf ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko des Verkäufers zur Folge hat, wird gelegentlich von den Verkäufern versucht, einen Verkauf von „privat“ an „privat“ zu konstruieren, indem irgendein Verwandter/Bekannter als Verkäufer vorgeschoben wird. Zu dieser Fallkonstellation liegt bereits aus dem Autorecht ein Urteil vor:
Das Amtsgericht Bonn hat mit einer Entscheidung vom 04.06.2003 (Aktenzeichen 7 C 19/03, veröffentlicht in der Juristischen Datenbank des ADAC) entschieden, dass Beklagter in solchen Fällen nicht etwa die vorgeschobene Partei ist, sondern vielmehr der wirkliche Autohändler. Vom Kläger muss dann allerdings bewiesen werden, dass der Beklagte auch der wirkliche Verkäufer/Händler oder Eigentümer des Autos ist. Die gleiche Rechtslage gilt dann auch beim Pferdeverkauf: Wenn der Käufer ein Pferd reklamieren will, muss er beweisen, dass der Verkäufer „Unternehmer“ ist. Das gestaltet sich hinsichtlich der Beweisbarkeit im Gerichtsverfahren aber oft schwierig. Nicht ausreichend ist die Eintragung des Verkäufers als Züchter; es müssen vielmehr weitere Anhaltspunkte für eine über das Züchten hinausgehende Tätigkeit vorliegen.
So hat es auch der BGH gesehen (Urteil vom 22.11.2006 – VIII ZR 72/06), der die Gerichte in ihrer Einschätzung bestätigt und sich zu der Frage der Unternehmereigenschaft von Pferdeverkäufern in einer maßgeblichen Entscheidung aus dem Jahre 2006 (Urteil vom 29.03.2006 – VIII ZR 173/05) geäußert hat. Danach gelten vergleichbar niedrige Anforderungen:
So wurde entschieden, ein Verkäufer, der sich in einer Fachzeitschrift als „Araberhof XY“ bezeichnete und planmäßig und dauernd nicht nur Deckhengste für die Zucht, sondern auch Pferde aus eigener Nachzucht zum Verkauf anbot, sei Unternehmer im Sinne des Gesetzes. Entscheidend sei, dass diese Leistungen (Bedeckung und Verkauf von Nachzucht) über eine gewisse Dauer angeboten würden. Nicht entscheidend ist, wie häufig sie von den Käufern oder Züchtern angenommen werden.
Gewinn aus Pferdeverkauf ist nicht entscheidend
Auch eine Kaufmannseigenschaft im handelsrechtlichen Sinne ist hierfür nicht erforderlich, d.h. es kommt nicht darauf an, ob der Verkäufer aus dem Pferdeverkauf Gewinn erzielt oder dies zumindest beabsichtigt. Ausreichend für die Erfüllung des Unternehmermerkmals ist vielmehr, dass überhaupt entgeltliche Leistungen angeboten werden.
Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den oben beschriebenen Leistungen um branchenfremde Leistungen der anbietenden Person handelt oder um eine nebenberufliche Tätigkeit. Demzufolge wäre also auch ein Reitlehrer oder Inhaber eines Stallbetriebs, der Pferdeverkäufe für die Benutzer der Reit- oder Stallanlage organisiert und für die Verkäufe Vermittlungsprovision erhält, als Unternehmer anzusehen, wenn er derartige Leistungen planmäßig und dauerhaft anbietet.
So entschied auch das Landgericht Mainz (Urteil vom 06.07.2005, Az. 3 O 184/04), dass eine gewerbliche Tätigkeit eine planvolle, auf gewisse Dauer angelegte, selbständige und wirtschaftliche Tätigkeit ist. Auf die Absicht einer Gewinnerzielung und auf den Umfang der Tätigkeit käme es nicht entscheidend an; es genüge vielmehr jedes Verhalten, das überhaupt nur irgendwie inhaltlich dem der unternehmerischen Tätigkeit zugerechnet werden könne. Werden binnen eines kürzeren Zeitraumes drei gleichartige Waren angeboten, so indiziere dies eine planmäßige und auf Dauer angelegte Tätigkeit.