BGH, Urt. v. 26.01.2012 – VII ZR 164/11
Sachverhalt:
In der Absicht einen zweijährigen zukünftigen Zuchthengst zu kaufen, beauftragte der Kläger (Käufer) im Vorfeld den beklagten Tierarzt damit, eine Ankaufsuntersuchung durch zu führen. Dabei sollten auch Röntgenaufnahmen von beiden Kniegelenken angefertigt werden. Der Tierarzt gab als Röntgenergebnis „ohne besonderen Befund“ an. Tatsächlich befanden sich allerdings Chips in einem der Kniegelenke, die auch auf den erstellten Röntgenbildern zu sehen waren. Dies fiel im Rahmen der Körvorauswahl auf, zu der der Kläger die Röntgenaufnahmen des Beklagten vorgelegt hatte. Daraufhin erklärte der Kläger gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag. Dieser verwies ihn zunächst weiter an den Beklagten. Daraufhin wurde das Pferd an den Verkäufer zurückgegeben. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten erstattete dem Käufer den Kaufpreis. Der Kläger begehrt mit der Klage Ersatz der Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Zuchtfähigkeit des Hengstes getätigt hat. Hierunter fallen insbesondere Kosten für die Ausbildung des Pferdes. Da sich der Verkäufer weigerte die Aufwendungen zu erstatten, wandte sich der Kläger erneut an den Tierarzt.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass es sich bei der Ankaufsuntersuchung um einen Werkvertrag handelt. Der Tierarzt wird dadurch nicht nur dazu verpflichtet, die Untersuchung sachgemäß durchzuführen, sondern auch seinem Auftraggeber das Resultat, insbesondere bei festgestellten Auffälligkeiten, mitzuteilen. Der behandelnde Tierarzt schuldet dem Auftraggeber einen einwandfreien Befund. Kommt der Tierarzt er seine Pflichten aus dem Werkvertrag nicht nach, so haftet er dem Auftraggeber gegenüber aus §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB auf Ersatz des Schadens, der diesem dadurch entstanden ist, dass er den Hengst Pferd wegen des fehlerhaften Befundes gekauft hat.
Entgegen der vorinstanzlichen Auffassungen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei Tierarzt und Verkäufer um Gesamtschuldner handelt ( vgl. auch BGH VIII ZR 7/11). Demnach haftet der Tierarzt gleichrangig zum Verkäufer. Hiernach hat der Kläger grundsätzlich die Wahl, an welchen der Gesamtschuldner er sich wendet. Entweder an den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache, oder aber an den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung. Nur in Ausnahmefällen kann sich ein Vorrang der Gewährleistungshaftung aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben. Ein Vorrang scheidet aber aus, wenn der Verkäufer sich – wie vorliegend – weigert, für den Schaden aufzukommen.
Nur der Auftraggeber des Tierarztes kann Schadensersatzansprüche regelmäßig geltend machen. Demnach ist darauf zu achten, wer die Ankaufsuntersuchung beauftragt hat und welche Regelungen in dem Vertrag vereinbart wurden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ( Urt. vom 14.08.2013 – 7 U 63/13) hat in einem Verfahren die Klage eines Pferdekäufers gegen einen Tierarzt abgewiesen, da dieser von dem Verkäufer des Pferdes beauftragt wurde und im Untersuchungsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde, dass alle Vereinbarungen dieses Vertrages nur das Verhältnis zum Auftraggeber betreffen und dass die Haftung gegenüber Dritten ausgeschlossen ist.
Anders hat dies jedoch das Oberlandesgericht Hamm entschieden. (Urteil vom 05.09.2013 – 21 U 143/12). Nach dessen Meinung stelle die ordnungsgemäße Untersuchung des Pferdes eine Kardinalspflicht aus dem Untersuchungsvertrag dar, deren Haftung für Schlechterfüllung man nicht durch AGB gegenüber dem Käufer ausschließen könne. Denn der Pferdekäufer sei, auch ohne Vertragspartner des Tierarztes zu sein, in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen. Der Tierarzt wisse schließlich, dass er die Ankaufsuntersuchung dazu durchführt, um den potentiellen Pferdekäufer über den Gesundheitszustand des Pferdes aufzuklären.
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Rechtsanwältin Susan Beaucamp
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