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Sorgfalts- und Instruktionspflichten des gewerblichen Pferdevermieters

Sorgfalts- und Instruktionspflichten des gewerblichen Pferdevermieters

Bei der gewerblichen Vermietung von Pferden zum Ausritt muss der Vermieter dafür sorgen, dass das überlassene Pferd ordnungsgemäß gesattelt ist und sich der Sattel während des Ausritts nicht lockern kann. Zudem muss er den Mieter darauf hinweisen, dass der Sitz des Sattels unterwegs vorsorglich noch einmal überprüft werden sollte.“

Landgericht Arnsberg, Urteil vom 20. Juni 2000, Az. 5 S 41/00

Vorinstanz: Amtsgericht Menden, Urteil vom 19. Januar 2000, Az. 4 C 438/98

Der Sachverhalt

Der Beklagte vermietet gewerblich Pferde zum Ausritt in der Umgebung. Die Klägerin hatte ein Pferd für solch einen Ausritt gemietet. Das Pferd wurde von einem Angestellten des Beklagten zum Reiten fertiggemacht. Nach etwa einer halben Stunde fiel die Klägerin während eines leichten Galopps vom Pferd und verletzte sich. Sie behauptete, der Sattel hätte sich gelöst und wäre nach links gerutscht, da er nicht richtig festgegurtet gewesen sei.

Das Urteil

Das Landgericht Arnsberg gab der Klage statt. Nach Auffassung des Gerichts habe die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Betreiber des Reiterhofes. Das Gericht führte dazu aus, dass der Beklagte (die Angestellten eingeschlossen) dafür Sorge zu tragen habe, dass das Pferd ordnungsgemäß gesattelt ist. Gegebenenfalls müsse er darauf hinweisen, dass der Kunde den Sitz des Sattels unterwegs erneut prüfen sollte. Werde den Instruktions – und Sorgfaltspflichten nicht nachgegangen und der Kunde verletzt sich deshalb, so sei der Betreiber aufgrund der schuldhaft unerlaubten Handlung des Angestellten grundsätzlich ersatzpflichtig.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Keine Haftung des Verkäufers für fehlerhafte Ankaufsuntersuchung

Keine Haftung des Verkäufers für fehlerhafte Ankaufsuntersuchung

Die Verkäuferin eines Pferdes haftet nicht für eine fehlerhafte Ankaufuntersuchung des Pferdes, wenn der Kaufvertrag das Risiko der fehlerhaften Ankaufuntersuchung eindeutig dem Käufer zuweist.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 04. März 2015, Az. 5 U 159/14

Der Sachverhalt

Die Käuferin erwarb das Pferd bereits im Jahr 2011 für 8.000 Euro von der Verkäuferin. Im Kaufvertrag wurde die Mängelhaftung der Verkäuferin ausgeschlossen und vereinbarten, dass vor Abschluss des Kaufvertrages eine Ankaufuntersuchung durchgeführt werden sollte.

§ 3

1. Sportliche Beschaffenheit: […]

2. gesundheitliche Beschaffenheit (x) mit tierärztlicher Kaufuntersuchung

Vereinbart wird die gesundheitliche Beschaffenheit des Pferdes durch eine tierärztliche Kaufuntersuchung feststellen zu lassen.

[…]

Der schriftliche Bericht der durchgeführten Kaufuntersuchung ist Gegenstand dieses Kaufvertrages und gleichzeitig einvernehmliche Feststellung der gesundheitlichen Beschaffenheit des Pferdes, soweit dieser bei Abschluss der Käuferseite vorliegt und vom Tierarzt mangelfrei erstellt wurde. Vom Tierarzt auftragsgemäß nicht durchgeführte Untersuchungen sind nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung über die Beschaffenheit des Pferdes.

§ 4

Das Pferd wird verkauft unter Ausschluss jedweder Mängelhaftung des Verkäufers. Von diesem Ausschluss mit umfasst sind auch alle versteckten Mängel des Pferdes zum Zeitpunkt des Verkaufs, es sei denn der Verkäufer habe bestimmte Eigenschaften vertraglich zugesagt oder Mängel arglistig verschwiegen.“

Die untersuchende Tierärztin stellte daraufhin bei dem Pferd lediglich zwei für die Kaufentscheidung unbedeutende Engstände der Dornfortsätze BWS/LWS mit Berührung in der Sattellage (sog. „kissing spines“) fest, die nach ihren Feststellungen die klinische Gesundheit des Pferdes zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht beeinträchtigten würden.

Die Käuferin behauptet, bereits innerhalb der ersten 14 Tage nach der Übergabe des Pferdes hätten sich zahlreiche Auffälligkeiten gezeigt. So habe das Pferd beim Longieren mit ordnungsgemäß eingestellten Ausbindern regelmäßig abgestoppt und sei mit den Vorderbeinen in die Luft gestiegen. Auch unter dem Reiter habe es diese Verhaltensweisen gezeigt. Darüber hinaus habe das Pferd von Anfang an Auffälligkeiten beim Satteln und Putzen, insbesondere in der Sattellage gezeigt. Es habe versucht auszuweichen, zu bocken und zu beißen. Im April 2012 erklärte die Käuferin deshalb den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte von der Verkäuferin, das Tier zurückzunehmen.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht gab der Verkäuferin Recht. Es könne dahinstehen, ob die Tierärztin im Rahmen der Ankaufuntersuchung tatsächlich zu falschen Ergebnissen gekommen war. Eine Haftung der Verkäuferin könne auch dann nicht festgestellt werden, wenn dies der Fall gewesen wäre. Die Käuferin müsse sich an die Tierärztin und nicht an die Verkäuferin halten. Der Kaufvertrag weise unmissverständlich das Risiko der fehlerhaften Ankaufsuntersuchung dem Käufer zu. Ausdrücklich werde geregelt, dass die Kaufuntersuchung Gegenstand des Kaufvertrages und einvernehmliche Feststellung der gesundheitlichen Beschaffenheit des Pferdes sei, wenn die Untersuchung vom Tierarzt mangelfrei erstellt worden wäre. Das Ergebnis einer mangelhaften Untersuchung sei danach nicht Gegenstand des Vertrages geworden. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Klausel definiert der Befund des Tierarztes anlässlich der Ankaufsuntersuchung die Beschaffenheit ausschließlich, soweit die Ankaufsuntersuchung vom Tierarzt mangelfrei durchgeführt worden ist. Diese Klausel weist unmissverständlich das Risiko, dass der Tierarzt Mängel fälschlich nicht erkennt und sie demgemäß im Protokoll der Ankaufsuntersuchung keinen Niederschlag finden, dem Käufer zu.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

 

 

Grobe Fahrlässigkeit bei Pferdekauf

Keine grobe Fahrlässigkeit eines „Pferdeliebhabers“, wenn beim Kauf die Mangelhaftigkeit des Pferdes nicht erkennt

Keine grobe Fahrlässigkeit eines Reiters mit Turnierambitionen bei Kenntnis von einer Galle und einem entfernten Chip an einem Sprunggelenk, wenn spätes eine Arthritis an diesem Gelenk festgestellt wird, welche zur Mangelhaftigkeit führt.“

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Februar 2013, Az. VIII ZR 40/12

Vorinstanzen:

LG Koblenz, Entscheidung vom 28.10.2010, Az. 16 O 400/08

OLG Koblenz, Entscheidung vom 26.01.2012, Az. 1 U 1374/10

Der Sachverhalt

Der Kläger kaufte von der Beklagten am 14. September 2007 den Wallach „S. “ für 9.250 €. Im schriftlichen Kaufvertrag heißt es unter anderem:

„Beschreibung laut Verkaufsanzeige, Galle am Sprunggelenk links, sonst ohne gesundheitlichen Befund.

Die Verkäuferin legt Wert darauf, dass das Pferd in gute fördernde Hände kommt. Es soll mindestens bis zur Klasse M auf Turnieren vorgestellt werden. Aktuell hatte das Pferd bereits A gesiegt.“

Im Frühjahr 2008 wurde bei dem Tier eine Schädigung des linken hinteren Sprunggelenks (Arthritis) festgestellt, die seine weitere Verwendung als Dressurpferd in Frage stellte. Nach vergeblicher Fristsetzung zur Nacherfüllung erklärte der Kläger mit Schreiben vom 11. August 2008 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit Schreiben vom 8. März 2010 stützte er den Rücktritt zusätzlich darauf, dass bei dem Tier bereits im Zeitpunkt der Übergabe eine Osteochondrose vorgelegen habe, die seine Verwendung als Dressurpferd der Klasse M ebenfalls ausschließe.

Der Kläger verlangt Zug um Zug gegen Rückgabe des Wallachs Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung der ihm entstandenen Unterhaltungskosten des Tieres, insgesamt 16.736,81 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten, ferner Feststellung des Annahmeverzugs und der Pflicht der Beklagten, ihm die bis zur Rücknahme des Pferdes entstehenden weiteren Unterhaltungskosten zu erstatten. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Das Urteil

Die Revision hatte Erfolg.

Das Pferd „S. “ sei bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel behaftet gewesen, da es wegen einer schon bei Übergabe bestehenden Osteochondrose nicht als Dressurpferd geeignet sei. Soweit es sich dabei um eine systemische Erkrankung handele, läge der Sachmangel darin, dass „S. “ nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit („ohne gesundheitlichen Befund“) aufwies (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB); anderenfalls fehle dem Tier zumindest die Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) als Dressurpferd bis Klasse M.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Haftung der Beklagten für den Sachmangel sei jedenfalls deshalb gemäß § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil er dem Kläger infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei, sei von Rechtsfehlern beeinflusst.

Grobe Fahrlässigkeit setze einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus (BGH, Urteil vom 22. September 2011 – III ZR 186/10, aaO). Insoweit habe das Berufungsgericht verkannt, dass es dem Käufer im Allgemeinen nicht als Sorgfaltsverstoß angelastet werden könne, wenn er sich auf die Angaben des Verkäufers zum Kaufgegenstand verlasse und deshalb keine eigenen Nachforschungen anstelle. Zudem habe sich die Beklagte nicht auf den allgemeinen Hinweis, dass das Pferd „in Ordnung“ sei, beschränkt; vielmehr sei im Kaufvertrag ausdrücklich festgehalten, dass das Pferd – abgesehen von der „Galle“ – ohne gesundheitlichen Befund sei und für mittelschwere Dressurprüfungen eingesetzt werden solle. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts könne auch nicht ohne weiteres eine Sachkunde des Klägers unterstellt werden, die ihn hätte veranlassen müssen, zumindest bezüglich der Operation („Chipentfernung“) näher nachzufragen. Der vom Berufungsgericht herangezogene Umstand, dass der Kläger ein Sportpferd für Turniere habe kaufen wollen und sich selbst als „Pferdeliebhaber“ bezeichnet habe, erlaubt keinen tragfähigen Rückschluss auf eine nähere Sachkenntnis des Klägers im Hinblick auf Erkrankungen des Bewegungsapparats bei Pferden.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Pferdekauf Gewährleistungsausschluss

Pferdekauf: Wirksamkeit eines Gewährleistungsausschlusses

Der individualvertraglich vereinbarte Ausschluss der Gewährleistung, der beim Verkauf gebrauchter Gegenstände, insbesondere Fahrzeugen und Grundstücken, üblich und wirksam ist, ist als Vertragsklausel auch in einem Privatverkauf über ein Pferd wirksam, das bei Verkauf bereits acht Jahre alt und damit nicht mehr „neu“ war. Denn ältere Tiere bergen als Lebewesen häufig ein ähnliches Risiko eines verdeckten Mangels wie gebrauchte Gegenstände.“

Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 27. August 2013, Az. 15 U 7/12 

Vorinstanz: Landgericht Marburg, Urteil vom 13. Dezember 2011, Az. 2 O 52/11

Der Sachverhalt

Der Beklagte bot als Privatverkäufer das Pferd „X“ über eine Verkaufsanzeige an. Die Klägerin, die ein Reitpferd für ihre Tochter erwerben wollte, nahm Kontakt mit dem Beklagten auf und besichtigte das Pferd mit ihrer Tochter. Bei diesem Termin ritt die Tochter das Pferd in allen drei Grundgangarten zur Probe. Dabei wurden keine Auffälligkeiten festgestellt. Auf Nachfrage erklärte der Beklagte sinngemäß, wobei der genaue Wortlaut zwischen den Parteien streitig ist, dass mit dem Pferd alles in Ordnung sei und auch eine Ärztin, die über das Pferd „drübergesehen“ habe, nichts festgestellt habe. Die Parteien schlossen am 8. Mai 2009 einen Kaufvertrag über das Pferd zu einem Kaufpreis von 2.800 Euro. In dem Kaufvertrag heißt es u. a.: „Es handelt sich um einen Privatverkauf unter Ausschluss jeglicher Garantie oder Gewährleistung. X wurde begutachtet und probegeritten – gekauft wie gesehen. Eine bestimmte Beschaffenheit im Sinne von § 434 BGB ist nicht vereinbart“.

Im September 2009 wurde festgestellt, dass das Tier lahmte. Daraufhin untersuchte am 20. September 2009 eine Tierärztin das Pferd und ließ Röntgenbilder anfertigen. Dabei zeigte sich eine mittelgradige Lahmheit an beiden Vordergliedmaßen und eine damit einhergehende dauerhafte Untauglichkeit des Pferdes als Reitpferd. Am 2. Februar 2011 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung des Kaufvertrages, Versorgungskosten für 24 Monate, Kosten für den Hufbeschlag, Tierarztkosten und Fahrtkosten sowie vorgerichtliche Anwaltskosten.

Das Urteil

Das Landgericht wies de Klage ab, das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Klägerin stünden gegen den Beklagten keine Ansprüche zu.

Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass das verkaufte Pferd bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 8. Mai 2009 einen Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB aufwies.

Gemäß § 434 Abs. 1 BGB, der nach § 90a BGB auf Tiere entsprechend anzuwenden sei, sei eine Sache mangelfrei, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit habe. Die Sache, soweit ihre Beschaffenheit nicht vereinbart sei, sei frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eigne, sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eigne und eine Beschaffenheit aufweise, die bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten könne.

Eine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend, dass X als Reitpferd geeignet sei, hätten die Parteien nicht getroffen. In dem Kaufvertrag der Parteien hieße es insoweit: „Eine bestimmte Beschaffenheit im Sinne von § 434 BGB ist nicht vereinbart“.

Im Rahmen der Prüfung des § 434 BGB gelte es zu beachten, dass zur „üblichen” Beschaffenheit eines Tieres im Sinne der §§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 90a BGB nicht gehöre, dass es in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm” entspreche.

Diese Wertung trage dem Umstand Rechnung, dass es sich bei Tieren um Lebewesen handele, die einer ständigen Entwicklung unterlägen und die – anders als Sachen – mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet seien.

Gleichwohl würde man für den Fall, dass die Lahmheit an den Vordergliedmaßen bereits bei Kaufvertragsschluss vorgelegen hätte, wohl von einer negativen Abweichung des Ist- von der Sollbeschaffenheit auszugehen haben.

Das Gericht könne hier jedoch keine sichere Überzeugung gewinnen, dass die Lahmheit an den Vordergliedmaßen bereits am 8. Mai 2009 vorgelegen habe.

Der Sachverständige habe es ausdrücklich als „unsicher“ bezeichnet, ob „zum Kaufzeitpunkt überhaupt eine Lahmheit vorhanden“ gewesen sei.

Ansprüche der Klägerin wegen eines etwaigen Mangels des Pferdes kämen zudem auch deswegen nicht in Betracht, weil in dem Kaufvertrag der Parteien wirksam die Gewährleistung ausgeschlossen worden sei.

Bei einem Gewährleistungsausschluss in einem Pferdekaufvertrag handele es sich um eine Haftungsfreizeichnung im Rahmen einer individuellen Vereinbarung der Parteien und nicht um eine formularmäßige Freizeichnung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB, wenn nicht nur der gesamte Kaufvertrag speziell auf das bestimmte Pferd zugeschnitten sei, sondern auch der Gewährleistungsausschluss („[…] X wurde begutachtet und probegeritten – gekauft wie gesehen“). Denn die entsprechende Klausel bringe zum Ausdruck, dass das Pferd nur unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft werde und der Verkäufer keine Haftung für X Beschaffenheit übernehme.

Soweit der Gewährleistungsausschluss auch die Haftung für Schadensersatzansprüche erfasse und der Mangel auf einer vorsätzlichen Pflichtverletzung beruhe, verstieße der Ausschluss zwar gegen § 276 Abs. 3 BGB. Der Gewährleistungsausschluss sei deshalb aber nicht in vollem Umfange unwirksam. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ließe sich eine Ersatzklausel finden, die dem Willen der Parteien entspreche. Die Parteien hätten mit dieser Klausel zum Ausdruck gebracht, dass sie einen Haftungsausschluss wollen, soweit ihn das Gesetz zulasse. Die Gewährleistung bestehe also, wenn der Verkäufer den Schaden vorsätzlich verursacht habe, im Übrigen sei sie ausgeschlossen.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Anlagebedingter Mangel beim Kauf und Rückkauf eines Pferdes

Ergänzende Vertragsauslegung zu einem anlagebedingten Mangel beim Kauf und Rückkauf eines Pferdes

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 9. September 2014, Az. 19 U 40/14

Vorinstanz: Landgericht Paderborn, 10. Februar 2014, Az. 4 O 162/13

Der Sachverhalt

Die Beklagte kaufte im Jahr 2007 eine Stute von der Klägerin. Im Jahr 2011 kaufte die Klägerin die Stute von der Beklagten zurück. Die Stute wies später eine hochgradige Parodontose mit schmerzhaften Entzündungsprozessen auf, sodass das Tier letztlich die Nahrung verweigerte und im Jahr 2012 eingeschläfert werden musste. Grund für das Krankheitsbild war eine genetisch bedingte Wachstumsstörung, die zu einer Fehlentwicklung des Kiefers und des Zahnwachstums führte.

Die Klägerin trat vom Kaufvertrag zurück und forderte den Kaufpreis zurück.

Das Urteil

Das Landgericht wies die Klage ab und das Oberlandesgericht bestätigte dieses Urteil.

Ein Mangel an sich habe bei der streitgegenständlichen Stute im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Z. 1 BGB zwar vorgelegen. Unstreitig habe sie an einer Veränderung ihres Kiefers gelitten, welche auf einer genetisch bedingten Wachstumsstörung beruht hätten. Als Folge dieser genetischen, von vornherein angelegten, Disposition seien die Abstände zwischen ihren Zähnen zu groß geworden. Das Futter habe sich in den Interdentalräumen festgesetzt, wodurch es zu einer hochgradigen Form der Parodontose gekommen sei. Es hätten sich Zahnfleischtaschen gebildet, welche zu schmerzhaften Entzündungsprozessen und in der Folge zur Verweigerung der Nahrungsaufnahme geführt hätten. Nach den Angaben von Dr. T sei diese Kieferveränderung – wenn auch noch nicht offensichtlich – bereits im Juli 2011 vorhanden gewesen.

Es sei auch nicht feststellbar, dass die Parteien bei Abschluss des Rückkaufvertrages im Jahre 2011 eine Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB getroffen hätten, wonach das Pferd exakt mit derjenigen Grundbeschaffenheit einschließlich seiner genetischen Disposition rückveräußert werden solle, welche bereits bei Erwerb des Tieres im Jahr 2007 vorgelegen habe.

Die Parteien hätten weder im Jahre 2007 und auch noch im Jahre 2011 Kenntnis von gesundheitlichen Beschwerden des Tieres gehabt und sich unstreitig auch keinerlei Gedanken über einen, also von Anfang an, genetisch angelegten Mangel gemacht, sondern seien von einem solchen gerade nicht ausgegangen. Infolgedessen hätten die Parteien bei Abschluss des streitgegenständlichen Rückkaufvertrages im Juli 2011 ihren Regelungsplan zur Sachmängelgewährleistung nur unvollständig vereinbart. Insoweit sei eine „planwidrige Unvollständigkeit“ im Sinne einer „Regelungslücke“ verblieben.

In der vorliegenden Konstellation, in der das Tier zunächst veräußert und einige Jahre später von denselben Parteien rückveräußert worden sei, erschiene es weder angemessen noch interessengerecht, wenn sich die Mängelgewährleistung des Rückverkäufers einschränkungslos nach den §§ 434 ff. BGB richten würde. Angesichts der fortschreitenden Auswirkungen der genetischen Disposition des Pferdes auf das Wachstum seines Kiefers hinge es mehr oder weniger vom Zufall ab, ob der Rückkauf im Jahr 2011 noch zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Folgen der Wachstumsstörung für die Zahnstellung im Kiefer des Pferdes noch nicht erkennbar waren. Unter Anwendung der gesetzlichen Mängelgewährleistungsregeln, die ihrem Sinn und Zweck nach für ein einmaliges Austauschverhältnis konzipiert seien, würde die Mängelhaftung hierdurch ausschließlich auf die Rückverkäufer verlagert, obwohl der Sachmangel ursprünglich aus der Sphäre Erstverkäufers stamme, so dass dieser dafür Gewähr zu leisten gehabt hätte. Für ein interessengerechtes Ergebnis bedürfe es hier mithin einer ergänzenden Vertragsauslegung.

Dazu sei vom mutmaßlichen Parteiwillen auszugehen. Hätten die Parteien bei Abschluss des Rückkaufvertrages im Jahre 2011 die Möglichkeit eines schon anlagebedingten Mangels bedacht, hätten sie bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben einen Ausschluss der Sachmängelgewährleistung des Rückverkäufers für solche Mängel vereinbart, mit denen die streitgegenständliche Stute bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs anlässlich ihrer ersten Veräußerung im Jahre 2007 behaftet gewesen sei. Durch einen teilweisen Ausschluss der Sachmängelgewährleistung im Wege der ergänzenden Auslegung des Rückkaufvertrages wären indes nicht etwaige Gewährleistungsansprüche aus dem Erstverkauf aus dem Jahr 2007 wieder aufgelebt, sondern es würde lediglich die Sachmängelhaftung anlässlich des Rückkaufvertrages aus dem Jahr 2011 zur Wahrung der Interessen in der besonderen Konstellation zwischen den Parteien eingeschränkt.

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Susan Beaucamp

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