02151 - 76 70 00 9

Gewährleistung: Wenn das Pferd eine andere als die vereinbarte väterliche Abstammung hat

Falsche Abstammung ein Sachmangel?

„Wenn der Verkäufer das Pferd liefert, auf das sich die Vertragsparteien bei der Besichtigung geeinigt haben, aber diesem Pferd eine Eigenschaft (hier: väterliche Abstammung) fehlt, die es nach den Vertragsvereinbarungen haben sollte, liegt ein Sachmangel i.S.d. Kaufgewährleistungsrechts vor und nicht ein Fall einer auch nur teilweisen Nichterfüllung“

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 13. September 2007, Az. 8 U 116/07

vorgehend Landgericht Lüneburg, Urteil vom 27. März 2007, Az. 4 O 158/06

 

Der Sachverhalt

Der Kläger erkundigte sich im Jahr 2003 beim Beklagten danach, ob dieser ein Fohlen des Hengstes „S.“ zum Verkauf habe, was der Beklagte bejahte. Es lag bei den Verkaufsverhandlungen die Eigentumsurkunde vor, die als Vater der Mutterstute den Hengst „S.“ aufwies. Den Parteien war die Bedeutung dieser Abstammung auch bewusst. Der Kläger legte Wert auf eine Abstammung von „S.“, da es das erfolgreichste deutsche Pferd in dieser Zuchtwertschätzung war. Auch der Beklagte, der ebenfalls langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Pferdezucht hatte, hatte die Mutterstute gerade deshalb zum Landgestüt nach C. verbracht, weil er sie durch „S.“ besamen lassen wollen. Die Parteien schlossen einen mündlichen Kaufvertrag. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Hengst „F.“ der Vater der Stute war. Der Kläger unterstellt dem Beklagten Arglist und verlangt Schadensersatz.

 

Die Entscheidung

Das Gericht entschied, dass das Pferd einen Sachmangel aufweise, weil es entgegen § 434 Abs. 1 S. 1 BGB im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht die vereinbarte Beschaffenheit gehabt habe. Zur Beschaffenheit eines Pferdes könne auch seine Abstammung zählen.

Arglist könne man dem Beklagten jedoch nicht vorwerfen. Darlegungs- und beweispflichtig für die Arglist des Beklagten sei der Kläger. Arglistiges Verschweigen eines Mangels setze voraus, dass der Verschweigende den Mangel kenne oder zumindest bedingt vorsätzlich handele. Fahrlässige Unkenntnis genüge mithin nicht, selbst wenn sie auf grober Fahrlässigkeit beruhe.

Der Beklagte habe das Decken der Mutterstute jedoch nicht in seinem Betrieb vornehmen lassen, sondern die Stute zum Landgestüt nach C. verbracht, wo Deckung und Besamung unter Leitung der dortigen Mitarbeiter gestanden hätten. Die einzige schriftliche Unterlage, die er vom Landgestüt erhalten habe, sei der sog. Abfohlbeleg, der ausweise, dass die Stute durch den Hengst „S.“ besamt wurde. Aufgrund dieser Unterlage habe der Beklagte dann auch die Eigentumsurkunde des Verbandes erhalten, die ebenfalls „S.“ als Vater ausweise.

Der Kläger könne auch keinen Anspruch aus einer Beschaffenheitsgarantie nach § 443 Abs. 1 BGB herleiten. Der bloße Umstand, dass der Beklagte dem Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Eigentumsurkunde vorgelegt habe, genüge für die Annahme einer Garantie nicht. Es handele sich hier lediglich um eine Bescheinigung, aus der sich ergebe, dass der Beklagte Eigentümer des verkauften Pferdes sei. Soweit dort weitere Eintragungen zur Abstammung enthalten seien, dienen diese zunächst nur zur weiteren Identifizierung des Pferdes und zur Angabe der jeweiligen Rassezugehörigkeit. Einen weiteren Aussageinhalt über eine bloße Beschaffenheitsvereinbarung hinaus könne der Eigentumsurkunde alleine nicht entnommen werden.

Ohne Erfolg mache der Kläger schließlich geltend, der Beklagte habe den Kaufvertrag bereits nicht erfüllt, weil er ihm nicht das gekaufte Pferd mit der Abstammung „S.“ geliefert habe. § 434 Abs. 3, 1. Alt. BGB bestimme, dass es einem Sachmangel gleichstehe, wenn eine andere als die gekaufte Sache geliefert würde. Bereits ein solcher Fall läge aber schon nicht vor, da der Beklagte nicht ein anderes Pferd geliefert habe als gekauft gewesen sei.

Es fänden insoweit die Sachmängelwährleistungsvorschriften Anwendung.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

Gutgläubiger Erwerb eines Pferdes

LG Bonn, Urt. v. 30.07.2015 – 2 O 444/14

Sachverhalt:

Der Kläger, vom Beruf Pferdezüchter, verlangte von der Beklagten die Herausgabe eines Pferdes. Der Kläger hatte das streitgegenständliche Pferd unter verlängertem Eigentumsvorbehalt an Dritte übergeben. Diese sollten das Pferd für ihn weiterverkaufen. Er übergab den Dritten den dazu gehörigen Pferdepass sowie eine Kopie der Eigentumsurkunde. Die Dritten verkauften das Pferd an einen Pferdehändler, ohne den Kläger den erzielten Verkaufspreis zu übergeben. Der Pferdehändler verkaufte wiederum das Pferd an die Beklagte, die jetzige Besitzerin des Pferdes. Der Kläger war der Meinung, er habe das Eigentum an dem Pferd nicht verloren. Die Beklagte hatte grob fahrlässig gehandelt. Die Kopie der Eigentumsurkunde reiche für den Eigentumsübergang nicht aus. Die Beklagte verlangte wiederum im selben Prozess von dem Kläger die Herausgabe der Eigentumsurkunde.

 

Entscheidung:

Der Pferdezüchter hatte mit seiner Klage keinen Erfolg. Die Beklagte hatte zudem ein Anrecht auf die Eigentumsurkunde. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Herausgabe des Pferdes, da er nicht mehr dessen Eigentümer war. Die Beklagte ist infolge eines gutgläubigen Erwerbs Eigentümerin geworden. Sie war beim Kauf des Pferdes bezüglich der Eigentümerstellung des Pferdehändlers im guten Glauben.

Exkurs gutgläubiger Erwerb an beweglichen Sachen nach §§932 – 936 BGB:

Der Eigentumserwerb an beweglichen Sachen vom Nichtberechtigten ist in den Paragraphen 932-936 BGB geregelt. Nichtberechtigte sind in der Regel Personen, die nicht Eigentümer aber Besitzer der zu verkaufenden Sache sind. Die Besitzverschaffungsmacht des Verkäufers an der Sache bildet hier den Rechtsschein des Eigentums, auf den der Käufer vertrauen darf. Voraussetzung ist jedoch, dass der Erwerber gutgläubig in Bezug auf das Recht am Eigentum des Veräußerers ist. Er darf also weder wissen, noch aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht wissen, dass der Veräußerer nicht Eigentümer ist.

Ausgeschlossen ist ein gutgläubiger Erwerb allerdings bei abhandengekommen, das heißt gestohlenen Sachen. Sie hatte zum einen von dem verlängerten Eigentumsvorbehalt keine Kenntnis. Zum anderen hatte sie im Zeitpunkt des Kaufs bezüglich der Eigentümerstellung des Verkäufers oder dessen Berechtigung keine grob fahrlässige Unkenntnis.

Die Kopie der Eigentumsurkunde reicht für ein grobfahrlässiges Handeln nicht aus. Die Eigentumsurkunde, ausgestellt vom Zuchtverband, enthält nur Angaben zum Pferd, nicht aber zum Eigentümer. In die Eigentumsurkunde wird nur der Züchter, nicht der zukünftige Erwerber eingetragen. Die Eigentumsurkunde gibt daher wie auch der Pferdepass nur Auskunft über das Pferd. Der Vermerk, der nur eine Vorgabe des Zuchtverbands ist, „Die Eigentumsurkunde steht demjenigen zu, der Eigentümer des Pferdes i.S. des BGB ist. Sie ist daher bei Veräußerung des Pferdes zusammen mit dem ebenfalls zum Pferd gehörigen Pferdepass dem neuen Eigentümer zu übergeben und bei Tod des Tieres an den ausstellenden Verband zurückzugeben …“ hindert den Eigentumsübergang nicht.

Eine grobe Fahrlässigkeit der Beklagten lag des Weiteren auch nicht vor, da die Kopie der Eigentumsurkunde aufgrund eines Aufklebers mit Barcode einen autorisierten Charakter hatte.

Die Beklagte hatte daher einen Herausgabeanspruch der Eigentumsurkunde. Als Eigentümerin des Pferdes hat sie daran ein schützenwertes Interesse.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia