Falsche Abstammung ein Sachmangel?
„Wenn der Verkäufer das Pferd liefert, auf das sich die Vertragsparteien bei der Besichtigung geeinigt haben, aber diesem Pferd eine Eigenschaft (hier: väterliche Abstammung) fehlt, die es nach den Vertragsvereinbarungen haben sollte, liegt ein Sachmangel i.S.d. Kaufgewährleistungsrechts vor und nicht ein Fall einer auch nur teilweisen Nichterfüllung“
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 13. September 2007, Az. 8 U 116/07
vorgehend Landgericht Lüneburg, Urteil vom 27. März 2007, Az. 4 O 158/06
Der Sachverhalt
Der Kläger erkundigte sich im Jahr 2003 beim Beklagten danach, ob dieser ein Fohlen des Hengstes „S.“ zum Verkauf habe, was der Beklagte bejahte. Es lag bei den Verkaufsverhandlungen die Eigentumsurkunde vor, die als Vater der Mutterstute den Hengst „S.“ aufwies. Den Parteien war die Bedeutung dieser Abstammung auch bewusst. Der Kläger legte Wert auf eine Abstammung von „S.“, da es das erfolgreichste deutsche Pferd in dieser Zuchtwertschätzung war. Auch der Beklagte, der ebenfalls langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Pferdezucht hatte, hatte die Mutterstute gerade deshalb zum Landgestüt nach C. verbracht, weil er sie durch „S.“ besamen lassen wollen. Die Parteien schlossen einen mündlichen Kaufvertrag. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Hengst „F.“ der Vater der Stute war. Der Kläger unterstellt dem Beklagten Arglist und verlangt Schadensersatz.
Die Entscheidung
Das Gericht entschied, dass das Pferd einen Sachmangel aufweise, weil es entgegen § 434 Abs. 1 S. 1 BGB im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht die vereinbarte Beschaffenheit gehabt habe. Zur Beschaffenheit eines Pferdes könne auch seine Abstammung zählen.
Arglist könne man dem Beklagten jedoch nicht vorwerfen. Darlegungs- und beweispflichtig für die Arglist des Beklagten sei der Kläger. Arglistiges Verschweigen eines Mangels setze voraus, dass der Verschweigende den Mangel kenne oder zumindest bedingt vorsätzlich handele. Fahrlässige Unkenntnis genüge mithin nicht, selbst wenn sie auf grober Fahrlässigkeit beruhe.
Der Beklagte habe das Decken der Mutterstute jedoch nicht in seinem Betrieb vornehmen lassen, sondern die Stute zum Landgestüt nach C. verbracht, wo Deckung und Besamung unter Leitung der dortigen Mitarbeiter gestanden hätten. Die einzige schriftliche Unterlage, die er vom Landgestüt erhalten habe, sei der sog. Abfohlbeleg, der ausweise, dass die Stute durch den Hengst „S.“ besamt wurde. Aufgrund dieser Unterlage habe der Beklagte dann auch die Eigentumsurkunde des Verbandes erhalten, die ebenfalls „S.“ als Vater ausweise.
Der Kläger könne auch keinen Anspruch aus einer Beschaffenheitsgarantie nach § 443 Abs. 1 BGB herleiten. Der bloße Umstand, dass der Beklagte dem Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Eigentumsurkunde vorgelegt habe, genüge für die Annahme einer Garantie nicht. Es handele sich hier lediglich um eine Bescheinigung, aus der sich ergebe, dass der Beklagte Eigentümer des verkauften Pferdes sei. Soweit dort weitere Eintragungen zur Abstammung enthalten seien, dienen diese zunächst nur zur weiteren Identifizierung des Pferdes und zur Angabe der jeweiligen Rassezugehörigkeit. Einen weiteren Aussageinhalt über eine bloße Beschaffenheitsvereinbarung hinaus könne der Eigentumsurkunde alleine nicht entnommen werden.
Ohne Erfolg mache der Kläger schließlich geltend, der Beklagte habe den Kaufvertrag bereits nicht erfüllt, weil er ihm nicht das gekaufte Pferd mit der Abstammung „S.“ geliefert habe. § 434 Abs. 3, 1. Alt. BGB bestimme, dass es einem Sachmangel gleichstehe, wenn eine andere als die gekaufte Sache geliefert würde. Bereits ein solcher Fall läge aber schon nicht vor, da der Beklagte nicht ein anderes Pferd geliefert habe als gekauft gewesen sei.
Es fänden insoweit die Sachmängelwährleistungsvorschriften Anwendung.
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Rechtsanwältin Susan Beaucamp
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