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Weben – ein Sachmangel?

Weben als Sachmangel?

AG Schleswig, Urteil vom 18.06.2010, AZ.: 2 C 21/10

 

Sachverhalt:

 

Der Kläger kaufte bei der Beklagten einen Trakehnerwallach zum Preis von 1800 €. Er suchte ein ruhiges Pferd, welches er hauptsächlich zum Ringreiten einsetzen wollte. Eine Beschaffenheitsvereinbarung wurde nicht getroffen. Etwa einen Monat später wurde der Trakehner gegen einen Westfalenwallach bei der Beklagten eingetauscht ohne Zahlungsausgleich. Einige Zeit später wollte der Kläger auch dieses Pferd wieder bei der Beklagten umtauschen, was diese jedoch ablehnte. Der Kläger erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag, unter anderem, da das Pferd ständig webe.

 

Entscheidung:

 

Das Amtsgericht wies die Klage ab. Der Kläger konnte nicht wirksam vom Kaufvertrag nach § 437 Nr. 2 BGB zurücktreten, denn das Pferd sei nicht mangelhaft im Sinne des § 434 BGB gewesen.

Wenn keine Beschaffenheit vereinbart wurde, liegt ein Sachmangel vor, wenn die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Beim Weben handelt es sich um eine Verhaltensstörung, die sich dadurch äußert, dass das Pferd sich mit gespreizten Vorderbeinen von einem Bein auf das andere hin und her bewegt. Dies ist häufig auf mangelnde soziale Kontakte, Stress oder Beschränkung der Bewegungsfreiheit zurück zu führen. Grundsätzlich gehen mit dieser Stereotypie aber keine gesundheitlichen Risiken einher, ebenso wenig wie eine Leistungseinschränkung.

Das Amtsgericht war vorliegend der Auffassung, dass es sich wegen der fehlenden Gesundheits- und Leistungsbeschränkung grundsätzlich nicht um einen Sachmangel handele. Aber auch selbst wenn man dies anders bewerten wolle, so würde im vorliegenden Fall dennoch kein Mangel vorliegen, da das Weben sich nicht auf die vertraglich vorausgesetzte Verwendung auswirke. Das Pferd war bereits älter und im untersten Preissegment angesiedelt und sollte lediglich als reines Freizeitpferd dienen. Beim Reiten, Putzen, Satteln u.s.w. zeigte das Pferd keinerlei Auffälligkeiten, sondern nur, wenn es in der Box stand. Da das Pferd hier in einem kleinen privaten Stall am Haus des Klägers untergebracht war, vermochte auch die zum Teil vertretene Ansicht, dass andere Pferde sich dieses Verhalten abschauen könnten, nicht zu einer anderen Bewertung führen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Durchgehende Pferde – Haftungsansprüche gegen den Hundehalter?

Pferd erschrickt durch Hundepfeife

OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.08.2017 – 7 U 200/16

 

Sachverhalt:

Der Kläger befand sich gemeinsam mit einem weiteren Reiter auf einem Ausritt. Dabei begegneten sie der Beklagten, die mit ihrem Hund, der unangeleint war, spazieren ging. Als der Hund die Pferde erblickte, näherte er sich ihnen und entfernte sich von der Beklagten. Um den Hund zu sich zurück zu holen und ihn von den Pferden abzurufen, pfiff die Beklagte zunächst einmal mit der Hundepfeife, danach noch mindestens ein weiteres Mal. Der Hund kam daraufhin zu ihr zurück,  die Pferde erschraken jedoch und gingen durch, wobei der Kläger stürzte und sich verletzte. Der Kläger begehrte materiellen und immateriellen Schadensersatz von der Beklagten aufgrund seiner erlittenen Verletzungen.

 

Entscheidung:

In der ersten Instanz hatte das Landgericht dem Kläger dem Grunde nach einen Anspruch zugestanden, diesen jedoch im Rahmen des Mitverschuldens auf eine Haftungsquote von 30% gekürzt. Gegen diese Entscheidung hatten beide Parteien Berufung eingelegt.

Das OLG lehnte einen Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung sowie der Tierhalterhaftung vollständig ab.

Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein Anspruch aus Tierhalterhaftung nach § 833 BGB bereits deswegen ausscheide, weil der Kläger selbst mehrfach dargelegt hatte, dass sich die Pferde nicht vor dem Hund erschreckt hätten, sondern vor den Pfiffen der Beklagten mit der Hundepfeife. Insofern hat sich nicht die maßgebliche Tiergefahr verwirklicht, sondern ein auf den Willensentschluss der Beklagten zurückzuführendes Verhalten. Die Pferde haben nicht auf ein tierisches Verhalten reagiert, sondern auf ein menschliches, weswegen eine Haftung aus § 833 BGB nicht in Frage kommt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus unerlaubter Handlung der Beklagten gemäß §§ 823 Abs.1, 2 BGB, denn das Ausführen des Hundes und das Pfeifen mit der Hundepfeife stellten an dieser Örtlichkeit ein erlaubtes, sozialadäquates Verhalten dar. Es ist der Beklagten nicht als fahrlässige Verletzungshandlung vorzuwerfen, dass sie durch das Pfeifen ihren Hund davon abhalten wollte, den Pferden weiter zu folgen. Die Pfiffe mit der Hundepfeife waren eine angemessene und naheliegende Reaktion auf das Verhalten des Hundes. Daran ändert sich auch nichts, weil die Beklagte mehrfach gepfiffen hat, denn es steht nicht fest, dass die Beklagte nach dem ersten Pfiff wahrgenommen habe, dass sich die Pferde aufgrund der Geräusche erschreckten. Sie hat angegeben, dass sie keine Reaktion der Pferde auf die Pfiffe wahrgenommen habe. Hinzu kommt, dass sich vorliegend das allgemeine Lebensrisiko der Reiter verwirklicht hat, dass die Pferde auf ein unerwartetes lautes Geräusch reagieren. Dieses hätte sich auch bei jedem anderen unerwarteten lauten Geräusch ergeben.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

„Spat“ Mangel des Pferdes

Sachmangel bei Reitpferden: Spat

(Stellt eine erbliche Krankheitsdisposition eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit im Sinne des § 434 I Satz 2 Nr. 2 BGB dar?)

„Spat“ Mangel des Pferdes

LG Lüneburg, Urteil vom 16.03.2004, AZ.: 4 O 322/03

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte am 27. Oktober 2002 von dem Beklagten eine Stute für seine Tochter. Bei einer wenige Tage vor dem Kauf durchgeführten Ankaufsuntersuchung wurden keine auffälligen Befunde attestiert.

Anfang März des Folgejahres zeigte das Pferd plötzlich eine Lahmheit hinten rechts. Das Pferd wurde daher tierärztlich untersucht, wobei am 30.05.2003 ein Beckenschiefstand festgestellt wurde. Eine Besserung trat aber auch nach der Behandlung nicht ein, weswegen der Kläger die Stute am 30.06. in einer Klinik erneut untersuchen ließ. Dort stellte der behandelnde Tierarzt eine Spaterkrankung der Stute fest. Nach Ansicht des Tierarztes sei davon auszugehen, dass diese Erkrankung bereits seit längerem, jedenfalls aber vor Ablauf der sechsmonatigen Frist und auch schon bei Übergabe vorgelegen habe.

Der Kläger begehrte daraufhin die Rückabwicklung des Vertrages.

Entscheidung des Landgerichts:

Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages.

Es stehe nicht fest, dass das Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft gewesen sei. Unabhängig davon, ob im vorliegenden Fall die Beweislastumkehr des § 476 BGB überhaupt anwendbar wäre oder nicht, habe sich die Spaterkrankung nicht innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang gezeigt. Das plötzliche Auftreten einer deutlichen Lahmheit spreche gerade dagegen, dass sie auf der später festgestellten Spaterkrankung beruhe, denn eine solche Krankheit entwickele sich langsam steigernd. Hinzu käme, dass die zuvor behandelnden Tierärzte grade keinen Spat diagnostiziert hätten, obwohl bei einer Lahmheit der Hinterbeine grundsätzlich immer an eine solche Erkrankung zu denken sei. Selbst wenn eine schon im Entstehen begriffene Spaterkrankung dadurch nur überdeckt worden sein sollte, würde es an einem Sich-zeigen im Sinne des § 476 BGB fehlen.

Es sei auch nicht mit Sicherheit feststellbar, dass die Erkrankung bereits im Zeitpunkt der Übergabe begonnen hatte, sich zu entwickeln. Bei der Ankaufsuntersuchung wurde durch Beugeproben gezielt auf solche Symptome untersucht, wobei sich keine Auffälligkeiten gezeigt hatten. Laut des Sachverständigen ist nicht sicher, wann die Veränderungen – gegebenenfalls unerkannt – begannen. Es sei aber damit zu rechnen, dass sich eine solche Erkrankung zwischen 6 und 12 Monaten entwickele. Die Diagnose „Spat“ wurde im vorliegenden Fall allerdings erst acht Monate nach Übergabe gestellt, wodurch unklar ist, in welchem Stadium sich das Pferd zu diesem Zeitpunkt befand. Sollte sich die Krankheit, was nach Ansicht des Sachverständigen möglich ist, nur über einen Zeitraum von sechs Monaten entwickelt haben, dann wäre sie bei Übergabe noch nicht vorhanden gewesen. Der zuvor diagnostizierte Beckenschiefstand könnte indes für eine schnellere Entwicklungsdauer des Spats sprechen.

Auch, wenn die Erkrankung möglicherweise auf einer anlagebedingten Schwäche des Pferdes beruhte, stelle dies keinen Mangel im Sinne des Gesetzes dar. Zum einen, weil nicht mit Sicherheit gesagt werden könne, dass eine genetische Prädisposition die einzige verbleibende Ursache für Spat ist, sofern eine übermäßige Belastung ausgeschlossen werden könne. Und zum anderen, weil eine entsprechende Veranlagung nicht bedeutet, dass und wann genau die Krankheit überhaupt ausbricht. Eine solche Veranlagung erhöhe nur die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Pferd an der Krankheit erkranken werde. Dies würde allerdings die vertragliche Verwendung als Reitpferd noch nicht zum Zeitpunkt der Übergabe beeinträchtigen, sondern erst später, falls die Krankheit auftritt. Nach der Ansicht des Landgerichts stelle eine erbliche Krankheitsdisposition eines Pferdes jedenfalls keine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit gemäß § 434 I Satz 2 Nr. 2 BGB dar, weil der Käufer, der ein Lebewesen kauft, mit dem Vorliegen solcher Abweichungen vom Idealzustand rechnen müsse.

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

Rücktritt vom Kaufvertrag Sommerekzem/ Hufrollenerkrankung

Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Sommerekzem und Hufrollenerkrankung

BGH, Urteil vom 29.03.2006 AZ.: VIII ZR 173/05

Vorinstanzen:

LG Arnsberg Urteil vom 06.02.2004 AZ.: 4 O 396/02

OLG Hamm Urteil vom 01.07.2005 AZ.: 11 U 43/04

Leitsatz:

Das Sommerekzem stellt einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB dar. Die Vermutung des § 476 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf (Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war )ist grundsätzlich auch auf Tierkäufe anzuwenden, es sei denn, wenn sie aufgrund der Art des Mangels bei bestimmten Krankheiten ausgeschlossen ist. Bei einer saisonal auftretenden Allergie wie dem Sommerekzem, kann die Vermutung nicht ausgeschlossen werden.

Sachverhalt:

Die Beklagte züchtet Araberpferde. Sie verkaufte der Klägerin im März einen fünfjährigen Hengst und übergab ihn ihr sogleich. Knapp ein halbes Jahr später, im September, trat die Käuferin schriftlich vom Kaufvertrag zurück und berief sich dabei auf gesundheitliche Mängel des Pferdes. Insbesondere sei bei dem Pferd seit August ein Sommerekzem aufgetreten, und es zeige eine Lahmheit, die auf eine Hufrollenerkrankung zurückzuführen sei.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie Ersatz der ihr entstandenen Aufwendungen.

Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen, sie sei keine Unternehmerin und züchte nur hobbymäßig, daher würden die Regeln über den Verbrauchsgüterkauf nicht eingreifen. Außerdem sei das Pferd nicht mangelhaft gewesen und habe bis zur Übergabe keine Anzeichen eines Sommerekzems gezeigt.

Das Landgericht hatte zunächst die Klage abgewiesen, woraufhin die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht einlegte. Das Berufungsgericht gab der Klägerin Recht und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rücknahme des Pferdes. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit dem Ziel, das erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen.

Entscheidung der ersten Instanz:

Das Landgericht sah die Disposition des Pferdes, allergische Reaktionen auf bestimmte Insektenstiche zu zeigen, nicht als Mangel im Sinne des § 434 BGB an. Es entschied, dass hier die Beweislastumkehr des § 476 BGB zu Lasten des Beklagten nicht eingreife, weil die dort geregelte Vermutung nicht mit der Art des Mangels vereinbar sei. Die von der Klägerin behauptete Lahmheit konnte nicht festgestellt werden. Außerdem leide das Pferd nach einem Sachverständigengutachten nicht unter der Hufrollenerkrankung und weise diesbezüglich auch keinen Mangel auf. Der Sachverständige erklärte, eine Hufrollenerkrankung sei nicht allein aus den röntgenologischen Befunden – ohne klinische Symptome – abzuleiten. Allein das Vorliegen von röntgenologischen Veränderungen (hier Einordnung des Pferdes in Röntgenklasse II- III, also klinische Erscheinungen unwahrscheinlich bzw. wenig wahrscheinlich) stelle noch keinen Sachmangel dar. Somit sei die Behauptung der Klägerin, die Eignung des Pferdes für Distanzritte sei insoweit eingeschränkt oder ausgeschlossen, widerlegt. Daher wies das Landgericht die Klage ab.

Entscheidung der Berufungsinstanz:

Das OLG Hamm sah dies anders und gab der Berufung der Klägerin statt. Bezüglich der von der Klägerin behaupteten Hufrollenerkrankung folgte das OLG den Ausführungen des Landgerichts nach dem Sachverständigengutachten und lehnte hier ebenfalls einen Mangel ab.

Im Übrigen nahm das Gericht eine Mangelhaftigkeit des Hengstes an, da er sich mit dem Ekzem für die vereinbarte Verwendung, das Distanzreiten, aber auch zu der gewöhnlichen Verwendung als Reitpferd nicht eigne. Ein Aufenthalt im Freien während der Sommermonate sei für solche Pferde nicht unter normalen Bedingungen möglich, da mit dem Kontakt zu den die Allergie auslösenden Mücken regelmäßig zu rechnen sei. Das Sommerekzem wurde auch durch einen Tierarzt bestätigt. Das Pferd wies starke Scheuerstellen im Schweif- und Mähnenbereich auf und reagierte positiv auf einen Bluttest.

Im Gegensatz zu der Ansicht des Landgerichts sei hier auch die Vermutung des § 476 BGB anwendbar:

Die Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufes lägen vor. Bei der Beklagten handele es sich um eine Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB. Sie biete planmäßig und dauerhaft Deckhengste an und verkaufe selbstgezüchtete Fohlen. Auf das von ihr behauptete Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es bei der Bewertung der Unternehmereigenschaft nicht an. Auch ist es dazu unerheblich, ob die Einnahmen zur Schaffung einer Lebensgrundlage ausreichen oder nicht.

Der Mangel habe sich auch innerhalb der sechsmonatigen Frist seit Gefahrübergang gezeigt. Es ließe sich jedoch nicht mehr aufklären, ob er auch bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Den Nachteil daraus hat, nach der Vermutung des § 476 BGB, die Beklagte zu tragen. Im Gegensatz zu der Auffassung des Landgerichts, war das Oberlandesgericht der Ansicht, dass auch keiner der Ausnahmetatbestände des § 476 hier eingreife.

Nach dem OLG ist die Vermutung nicht mit der Art der Sache unvereinbar. Es kann nicht angenommen werden, dass bei Tieren die Vermutung prinzipiell unanwendbar wäre. Auch von der Sache her verbietet sich eine rückwirkende Vermutung über den Zustand des Tieres im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht in jedem Fall schon deshalb, weil es sich bei Tieren um Lebewesen handelt, die naturgemäß einem stetigen Wandel ihres körperlichen und gesundheitlichen Zustandes unterliegen. Mit der Vermutung kann auch beim Kauf eines Tieres das Risiko der Unaufklärbarkeit dem verkaufenden Unternehmer auferlegt werden. Auch der Verkäufer eines Tieres sei bis zum Gefahrübergang näher an dem Sachmangel und habe daher die besseren Beweismöglichkeiten.

Die Vermutung sei hier auch nicht unvereinbar mit der Art des Mangels. Auch hier gelte, dass der Verkäufer näher am Mangel ist und die bessere Beweismöglichkeit habe. Im Einzelfall könne aber je nach Krankheit die Vermutung unpassend sein, zum Beispiel, wenn bei einer Infektionskrankheit der Zeitraum zwischen Gefahrübergang und Ausbruch der Krankheit länger ist als die Inkubationszeit. Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor.

Der Senat ließ offen, ob die mangelnde Erkennbarkeit des Mangels für den Verkäufer einen Fall der Unvereinbarkeit mit § 476 BGB darstellen könne.

Da der hier vorliegende Mangel jedenfalls nicht in absehbarer Zeit heilbar ist und auch nicht beseitigt werden kann, durfte die Klägerin nach Ansicht des OLG wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten, ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages und Ersatz der notwendigen Verwendungen.

Entscheidung des BGH:

Der BGH gab der Revision statt und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht.

Nach Ansicht des BGH hat das OLG das Sommerekzem zutreffend als Sachmangel eingestuft und auch zu Recht angenommen, dass das Sommerekzem mit der Vermutung des § 476 BGB nicht unvereinbar ist. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Greift sie ein, so kann der Verkäufer das Gegenteil beweisen. Dieser Beweis könnte der Beklagten vorliegend gelungen sein. Das Berufungsgericht habe aber verfahrensfehlerhaft bei der Beweiswürdigung gehandelt, da es sich nur auf die Ausführungen des Sachverständigen stützte und nicht prüfte, ob die Beklagte die Vermutung widerlegt habe.

Das Sommerekzem sei keine versteckte Krankheit, sondern eine saisonal auftretende, sichtbare Allergie, welche zwingend mit pathologischen Erscheinungen verbunden sei. Diese Symptome könnten nach Ansicht des Gerichts nicht übersehen werden, weswegen es durchaus feststellbar wäre, ob das Pferd bereits bei Gefahrübergang unter dieser Krankheit litt, auch wenn sie saisonal zum Zeitpunkt des Verkaufes nicht sichtbar sein konnte. Die Vermutung, dass das Pferd bereits zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges mangelhaft war, ließe sich daher durch den Nachweis widerlegen, dass das Pferd bis zu diesem Zeitpunkt, trotz Aufenthalt im Freien und mit Kontakt zu Mücken, noch keine Symptome des Ekzems gezeigt hatte.

Bei der Vernehmung mehrerer pferdekundiger Zeugen versicherten diese, das Pferd habe bis dahin keine der Symptome gezeigt.

Die zunächst pauschale Behauptung der Klägerin, die Allergie habe sich aufgrund einer genetisch bedingten Disposition erst allmählich entwickelt, reiche zu einem substantiierten Darlegen eines vertragswidrigen Zustands des Pferdes bei Gefahrübergang nicht aus.

Das Urteil wurde daher aufgehoben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

„Spat“ als Sachmangel beim Reitpferd?

Spat“ als Sachmangel beim Reitpferd?

LG Münster, Urteil vom 20.07.2007 AZ.: 10 O 240/06

Leitsätze:

Liegt bei Gefahrübergang bei einem Reitpferd die Röntgenklasse III – IV (hier wegen Spat) vor, so liegt ein Mangel im Sinne des § 434 BGB wegen Abweichens von der Sollbeschaffenheit vor, auch wenn bei Übergabe noch keine klinischen Symptome vorlagen.

Der Käufer kann somit vom Kaufvertrag zurücktreten und Verwendungsersatz verlangen.

Sachverhalt (vereinfacht):

Die Klägerin ist Hobbyreiterin und suchte ein Pferd, mit dem ihr Mann ins Gelände ausreiten könnte. Dazu wurde ihr von dem Ehemann der Beklagten eine Quater Horse Stute von deren Gestüt für 13.000€ angeboten. Die Klägerin ritt das Pferd zur Probe, wobei ihr nichts ungewöhnliches auffiel, insbesondere keine Lahmheiten. Nachdem die Finanzierung geklärt wurde, kaufte die Klägerin die Stute von der Beklagten. Ihr wurden die Papiere des Pferdes übergeben, sowie Erklärungen des Verkäufers, das Untersuchungsprotokoll der Ankaufsuntersuchung mit Verwendungszweck und die allgemeinen Vertragsbedingungen. All diese Unterlagen, wurden der Klägerin nach dem Proberitt bereits zur Einsichtnahme vorgelegt. In der Erklärung der Verkäuferin wurde unter Disziplin/ Ausbildungsstand „Reining“ und unter der derzeitigen Nutzung „Training“ angegeben.

Einige Wochen nach dem Kauf begann die Stute vorne rechts zu lahmen. Die Lahmheit wurde auch von einem Tierarzt bestätigt, woraufhin die Klägerin die Stute bei der Beklagten reklamierte. Auf die Reklamierungen reagierten die Beklagte und ihr Mann nicht, sie schoben die Lahmheit auf einen fehlerhaften Beschlag. Das Pferd wurde erneut tierärztlich untersucht, wobei die Lahmheit auf eine Verkalkung proximal des Gleichbeines zurückgeführt wurde. Nach der Behandlung sei die Lahmheit zunächst verschwunden, aber nach kurzer Zeit erneut aufgetreten. Bei einer weiteren Untersuchung habe sich eine Läsion an selber Stelle gezeigt. Das Pferd wurde sodann einem zweiten Tierarzt vorgestellt, welcher eine Hufknorpelverknöcherung sowie Verdacht auf eine chronische Osteitis des Hufbeins feststellte. Eine dauerhafte Nutzung als Reitpferd sei danach fragwürdig. Die Klägerin erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte weigerte sich, das Pferd gegen Erstattung des Kaufpreises zurück zu nehmen.

Die Klägerin behauptet, das Pferd ausdrücklich als Reit- und Turnierpferd gekauft zu haben, die Beklagte habe auch behauptet, dass sich das Pferd zu diesem Zwecke eigne. Die Beklagte bestreitet das. Sie behauptet, das Pferd wäre als Zuchtstute verkauft worden. Unstreitig sei aber, dass das Pferd auch für Geländeritte des Mannes der Klägerin gekauft wurde.

Die Entscheidung des LG Münster:

Das Gericht nahm an, dass das Pferd unter einem Sachmangel im Sinne des § 434 I BGB leide und die Klägerin daher wirksam vom Vertrag zurücktreten konnte. Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Stute eigne sich nicht zu der vertraglich vorausgesetzten Verwendung als Reitpferd.

Unstreitig war, dass sich das Pferd zumindest auch für Geländeritte eigne, also unter anderem zum Reiten und nicht nur zur Zucht gekauft wurde. Dafür spreche nach Ansicht des Sachverständigen auch der hohe Kaufpreis, welcher bei einer reinen Zuchtstute, die nicht reitbar ist, geringer ausgefallen wäre.

Das Gericht kam nach der Anhörung des Sachverständigen zu der Überzeugung, dass sich das Pferd mit der Diagnose „Spat“, nicht als Reitpferd eigne. Bei Spat handelt es sich um einen osteoarthrotischen Prozess, der Schmerzen verursacht, solange das Gelenk beweglich ist und daher zu Lahmheiten führt. Die Spaterkrankung ist als solche nicht heilbar, eine Nutzbarkeit des Pferdes kann eventuell durch eine Versteifung des Gelenks erreicht werden. Der Erfolg der Therapie sei jedoch ungewiss und diene auch nur der Nutzbarmachung des Pferdes, eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes sei dadurch aber nicht möglich. Eine Nacherfüllung durch die Beklagte sei daher nicht möglich oder zumindest aufgrund des ungewissen Ausgangs und der langen Rekonvaleszenzzeit für die Klägerin unzumutbar. Eine Nachlieferung scheidet indes bei Pferden immer aus, da es das betreffende Pferd nur einmal gibt.

Der Mangel lag auch bereits bei Gefahrübergang vor, dies ergebe sich schon aus den Röntgenbildern der Ankaufsuntersuchung, auf denen bereits geringgradige Veränderungen zu erkennen waren. Nach diesen Aufnahmen wäre das Pferd in die Röntgenklasse III – IV einzustufen gewesen. In dieser Röntgenklasse liege die Wahrscheinlichkeit für eine klinische Relevanz bei über 50%. Bereits daraus folge, dass das Pferd von der Sollbeschaffenheit abweiche.

Insofern sei dieser Fall auch nicht mit der Entscheidung des BGH ( NJW 2007, 1351) vergleichbar, da dort bei den Kissing Spines nicht auszuschließen war, dass das Pferd die übliche Beschaffenheit von gleichartigen Pferden aufwies. Nach Studien seien solche Befunde nämlich bei über 50% der untersuchten Pferde festgestellt worden. Um der üblichen Beschaffenheit zu genügen, müsse ein Tier auch nicht in jeglicher Hinsicht einer Idealnorm entsprechen.

Bei Spat gäbe es hingegen keine solche Studie, woraus sich ergibt, wie viele Pferde vergleichbarer Art dieselben Befunde aufweisen würden. Auch sei nicht bekannt, wie häufig Spat zu klinischen Symptomen führe.

Der Rücktritt der Klägerin war daher gerechtfertigt, eine Nacherfüllung ausgeschlossen und daher die Fristsetzung entbehrlich. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz der notwendigen Verwendungen, wozu auch die Tierarzt- und Hufschmiedkosten sowie die Pensionskosten zählen.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp