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Tierarztregress

Schadensersatzanspruch gegenüber Pferdetierarzt wegen Behandlungsfehler

Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 25. Februar 2013 – 24 U 91/12

Oberlandesgericht Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 2. Januar 2013 – 24 U 91/12

Vorinstanz: Landgericht Darmstadt, Urteil vom 21. März 2012 – 19 O 293/01

 

Sachverhalt

Der Kläger, Springreiter und Eigentümer eines Reitstalls, machte gegen mehrere Beklagte einen Schadenersatzanspruch wegen Behandlungsfehler einer tierärztlichen Behandlung eines Pferdes geltend.Zuerst erfolgte eine konservative Behandlung des Pferdes wegen Beschwerden am linken Vorderbein. Später operierten einige Beklagten in der Tierklinik das Pferd und entfernten einen Teil des medialen Griffelbeins am besagten Bein. Der Heilungsverlauf verlief zunächst ohne Probleme, bis das Pferd wieder Lahmheitserscheinungen zeigte und schließlich nochmal behandelt wurde. Nach einer weiteren Operation durch einen anderen Beklagten verstarb das PferdDie Beklagten haben laut Kläger durch eine Fehldiagnose, mangelnde Aufklärung der Risiken sowie fehlerhafte Operationen den Tod des Pferdes verursacht. Die Beklagten machten wiederum geltend, dass eine Falschbehandlung nicht stattgefunden habe, der Kläger ausreichend über die Risiken aufgeklärt wurde und der Kläger zudem entgegen den Rat der Beklagten zu früh nach der Operation wieder mit dem Training des Pferdes begonnen habe.

 

Entscheidung

Das Gericht hat dem Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen einen Beklagten (Tierarzt der ersten Operation) zugesprochen. Das Gericht ist aufgrund eines Sachverständigengutachtens davon überzeugt, dass die durchgeführte Operation, die Teilentfernung des medialen Griffbeins, am linken Vorderlauf des Pferdes weder indiziert noch kunstfehlerfrei ausgeführt wurde. Dieser Beklagte hätte dem Kläger zudem darlegen müssen, dass die weitere konservative Behandlung richtig gewesen wäre; auch wenn der Kläger das Pferd schnell wieder als Turnierpferd einsetzen wollte. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches ergibt sich aus dem Wert des Pferdes vor der fehlerhaften Operation.

Die weiteren Beklagten (Tierarzt der tödlich endenden Operation, Krankenhausträger, Personal etc.) haben keine kausalen Handlungen begangen, die zum Tod des Pferdes geführt haben. Denn ist aufgrund der fehlerhaften Operation des oben genannten Beklagten eine Folgeoperation erforderlich und verstirbt das Pferd anlässlich dieser Operation, ist der behandelte Tierarzt mangels eigenen Kunstfehler nicht für den Tod verantwortlich.

Gegen dieses Urteil legte der verurteilte Beklagte Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt ein. Die Berufung hatte für das Berufungsgericht keine Aussicht auf Erfolg, da die Urteilsbegründung mitsamt den Feststellungen und der Beweiswürdigung durch das Sachverständigengutachten nicht zu beanstanden war. Das Berufungsgericht hat schließlich die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Unfall mit Pony im Straßenverkehr – Hälftige Haftung

OLG Celle Urt. v. 10.04.2018 – 14 U 147/17

 

Sachverhalt:

Mit ihrem Pony ritt die  Tochter der Klägerin auf der rechten Seite eines Weges. Hierbei handelt es sich um eine einspurige Fahrbahn mit Randstreifen auf beiden Seiten. Der Beklagte befuhr mit seinem LKW der Reiterin entgegen. Als die Reiterin den LKW kommen sah, hielt sie mit dem Pony an und stellte es leicht schräg mit dem Kopf Richtung Fahrbahn auf den Randstreifen und blieb dabei auf dem Pony sitzen. Der Beklagte drosselte das Tempo des LKWs und lenkte ihn ganz auf den rechten Rand der asphaltierten Fahrbahn. Als der LKW etwa halb an dem Pony vorbei war, erschreckte sich dieses, stieg und verletzte sich so schwer, dass es an den Folgen des Unfalls eingeschläfert werden musste. Ob es zu einer Kollision zwischen Pferd und LKW  gekommen ist oder nicht, konnte nicht abschließend geklärt werden. Die Klägerin begehrt neben der Erstattung von Behandlungskosten auch den Wert des Ponys ersetzt.

 

Entscheidung:

Der Beklagte wurde vom Landgericht Verden ( 5 O 282/14) auf Basis einer hälftigen Haftung zur Zahlung von 4000 € an die Klägerin verurteilt. Die Entscheidung der hälftigen Haftung wurde damit begründet, dass der LKW Fahrer die ihm aus §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 StVO obliegenden Pflichten nicht nachgekommen sei. Der von ihm zur Reiterin eingehaltene Abstand sei nicht ausreichend gewesen.  Dies wäre ihm jedoch objektiv möglich gewesen, wenn er den Grünstreifen befahren hätte. Alternativ hätte er anhalten und das Pferd passieren lassen oder sich mit der Reiterin verständigen müssen.

Der Mitverschuldensanteil der Klägerin von 50% ergibt sich aus der allgemeinen Tiergefahr, die sich durch das Scheuen des Ponys realisiert hat. Des Weiteren habe sich die Reiterin vor dem Unfall korrekt verhalten, weshalb ihr kein über die allgemeine Tiergefahr hinausgehender Verursachungs- und Verschuldensbeitrag anzulasten ist.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit dem Ziel, dass der LKW-Fahrer den Schaden in voller Höhe zu ersetzen habe. Die Berufung wurde vom Oberlandesgericht Celle jedoch zurückgewiesen. Im Ergebnis hat das Oberlandesgericht Celle das Urteil der Vorinstanz bestätigt, nach dem die Klägerin einen um 50% gekürzten Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten (bzw. dessen Versicherung)  aus §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 VVG hat. Im Gegensatz zum Landgericht sah das Berufungsgericht auch ein Verschulden bei der Reiterin, was sich allerdings im Ergebnis nicht auswirkt. Nach der ständigen Rechtsprechung scheidet eine Mithaftung des Tierhalters aus § 833 Abs. 1 BGB in der Regel aus, wenn den Mitverursacher des Unfalls nicht nur eine Gefährdungshaftung, sondern auch eine Verschuldenshaftung aus § 823 Abs. 1 BGB trifft. Nur in letzterem Fall greift § 840 Abs. 3 BGB wonach nur diejenige Partei haftet, die zusätzlich ein Verschulden trifft. Hier haftet der Beklagte nicht nur aus der Betriebsgefahr des LKWs, sondern auch aus dem schuldhaften Verstoß gegen das Abstandsgebot. Grundsätzlich reicht zwar ein Seitenabstand beim Passieren anderer Verkehrsteilnehmer von einem Meter aus, beim Passieren von Reitern muss allerdings mit unerwarteten Reaktionen des Pferdes gerechten werden, so dass hier unter Abwägung der konkreten Umstände ein Mindestabstand von anderthalb bis zwei Meter zum Pony einzuhalten ist.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Celle scheidet die Anwendung des § 840 Abs. 3 BGB im vorliegenden Fall aber deshalb aus, weil die Reiterin ebenfalls ein Verschulden trifft. Sie haftet für die Unfallfolgen nicht nur aus § 833 S. 1 BGB, sondern auch aus § 823 Abs. 1, 254 BGB bzw. 17 StVG. Das bloße Durchparieren zum Halten und schräg zur Fahrbahn stellen des Pferdes reicht für die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt nicht aus. Die Reiterin hätte die Gefahrsituation erkennen und vom Pony absteigen müssen, um es zu führen. Alternativ hätte sie zurück reiten müssen bis zu einer breiteren Stelle des Weges, an dem der LKW mit größerem Abstand hätte passieren können. Jedenfalls hätte sie sich mit dem LKW-Fahrer verständigen müssen. Ferner stellte  das Aufstellen des Ponys mit dem Kopf Richtung Fahrbahn, also mit Fluchtrichtung auf den LKW und der dadurch noch weiter verringerte Abstand des Ponys zur Fahrbahn eine Sorgfaltspflichtverletzung dar.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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