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Schadensersatzanspruch gegen Tierarzt wegen fehlerhafter Ankaufsuntersuchung(Verkaufsuntersuchung), die der Verkäufer in Auftrag gegeben hat

Fehlerhaftes Alter des Pferdes als Mangel?

OLG Hamm, Urteil vom 5. 9. 2013 – 21 U 143/12

Sachverhalt:

Die Klägerin erwarb am 10.07.2010 eine Schimmel-Stute bei einem Pferdehändler, deren Alter in § 2 Ziff. 1. des Vertrages mit vier Jahren angegeben war. Nach § 5 des Kaufvertrages stand dieser unter der aufschiebenden Bedingung der erfolgreichen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung durch den Gesellschafter der Beklagten Dr. M. . Der Verkäufer beauftragte den Tierarzt Dr. MIn seinen dem Untersuchungsprotokoll vorangestellten Allgemeinen Vertragsbedingungen hieß es unter anderem: “ Ist der Auftraggeber Verkäufer eines Pferdes, ist dieser berechtigt, das Untersuchungsprotokoll dem Kaufinteressenten vorzulegen. Der Käufer des Pferdes kann aus dieser Vorgehensweise keine Ansprüche gegen den Tierarzt herleiten.“

Im Untersuchungsprotokoll selbst wurde das Pferd vom beklagten Arzt als „4-jähriges“, „gerittenes“, „Reitpferd“ angegeben. Das Alter wurde dabei dem Pferdepass entnommen. Bei einer Adspektion von Maul und Gebiss wurden zwei Wolfszähne festgestellt.

Die Klägerin billigte das Untersuchungsprotokoll;  der Pferdekaufvertrag wurde wirksam.Die Klägerin beauftragte ihrerseits einen Tierarzt Dr. T. mit der Entfernung der beiden Wolfszähne. Dabei stellte sich – wie die Klägerin behauptete – heraus, dass das gekaufte Pferd entgegen den Angaben im Pferdekaufvertrag noch keine vier, sondern erst etwa zweieinhalb Jahre alt war.

Es folgte ein Rechtsstreit zwischen der Klägerin und dem Verkäufer F, bei dem der Verkäufer auf Schadensersatz in Anspruch genommen wurde. Die Parteien schlossen letztlich einen Vergleich, wonach der Verkäufer an die Klägerin 5000 € zu zahlen hatte. Zu dieser Zahlung kam es jedoch nie, weil der Verkäufer Insolvenz anmeldete.

Die Klägerin verklagte daraufhin den  Tierarzt Dr. M unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Pflichten aus dem Vertrag über die Durchführung der Ankaufsuntersuchung auf Schadensersatz. Sie verlangte ca 4.700 Euro für die Zeit ab Kauf der Stute bis zum 31.08.2011 für die Unterbringung, Verpflegung, Versicherung und tiermedizinische Versorgung des Tieres. Zusätzlich verlangte die Klägerin weitere 2.000 Euro für die im Rechtsstreit gegen den Verkäufer F angefallenen Kosten.

Das Landgericht Bielefeld hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin legte Berufung ein.

 

Entscheidung:

Hängt die Kaufentscheidung eines Pferdes von einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung(Verkaufsuntersuchung) ab, die der Verkäufer in Auftrag gibt, so kann der Tierarzt bei einem Fehler auch vom Käufer haftbar gemacht werden.

Die Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg. Sie hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 634 Abs. 1 Nr.4, 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte (§ 328 BGB analog). Sie kann aus dem zwischen dem Verkäufer F und dem Tierarzt Dr. M geschlossenen Vertrag über die Durchführung einer klinischen Ankaufsuntersuchung unmittelbar Schadensersatzansprüche gegen den Tierarzt geltend machen.

Dies ergebe sich daraus, dass ein zwischen Verkäufer und Tierarzt im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Pferdekaufvertrages geschlossener Vertrag über die Durchführung einer Ankaufsuntersuchung Schutzwirkung für den Kaufinteressenten entfaltet, weil die Untersuchung die Grundlage für den Kaufentschluss bildet. Dem könne auch nicht die haftungsausschließende Klausel der Allgemeinen Vertragsbedingungen des Tierarztes entgegenstehen, weil diese darauf abzielt, bewusst Ansprüche von Kaufinteressenten auszuschließen. Damit verstoße die Klausel zum einen gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB und zum anderen – was der Senat jedoch letztlich offen lassen könne – gegen die AGB Vorschriften nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB.

Bei der Ankaufsuntersuchung habe der Tierarzt eine ihm obliegende Pflicht verletzt. Der Umstand, dass Dr. M die im Protokoll vermerkten zwei Wolfszähne aufgefallen sind, zeige, dass nähere Untersuchungen durchgeführt worden seien, so der sachverständige Gutachter des Berufungsgerichts. Dabei hätte ihm auffallen müssen, dass das Tier noch keine vier Jahre alt sein konnte und es wäre die Aufgabe des Arztes gewesen, auf diesen Umstand hinzuweisen. Darin liege laut Auffassung des Gerichts die haftungsbegründende Verletzung einer Nebenpflicht.

Da durch eine Nachbesserung des Gutachtens der für die Klägerin entstandene Schaden nicht mehr verhindert oder vermindert werden könne, sei eine Fristsetzung der Klägerin auf Mängelbeseitigung entbehrlich gewesen. Es stehe nach Vernehmung der Klägerin fest, dass sie das Pferd nicht gekauft  hätte, wenn sie gewusst hätte, dass es seinerzeit erst gut zwei Jahre alt war.

Der Klägerin sei aufgrund der Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden in der zuerkannten Höhe entstanden. Der Tierarzt hafte gemäß §§ 634 Abs. 1 Nr. 4, 280 Abs.1 BGB auf Ersatz desjenigen Schadens, der der Klägerin dadurch entstanden sei, dass sie das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben habe. Dabei müsse der Beklagte Die Klägerin so stellen, als hätte diese den nachteiligen Vertrag nicht geschlossen. Ebenso könne Die Klägerin sich aussuchen, ob sie am Vertrag festhalten möchte – hier das Pferd behalten – und darüber hinaus zusätzliche Vermögenseinbußen ersetzt verlangen, oder ob sie den so genannten „großen Schadensersatz“ unter Übereignung der Kaufsache geltend macht; also Ersatz des gezahlten Kaufpreises und etwaiger Folgeschäden Zug um Zug gegen Rückübereignung des erworbenen Pferdes.

Da die Klägerin grundsätzlich das Pferd habe behalten wollen, belaufe sich der Schaden auf die Unterbringungs- Verpflegungs- und Behandlungskosten der erworbenen Stute für den Zeitraum, in der das Pferd alters- und entwicklungsbedingt noch nicht geritten werden dürfe. Danach habe der Beklagte der Klägerin die angefallenen Vermögenseinbußen zu ersetzen, die sie nicht gehabt hätte, wenn sie den Pferdekaufvertrag mit dem Verkäufer F nicht bereits im Juli 2010 abgeschlossen hätte, sondern erst zu einem Zeitpunkt, als das Pferd tatsächlich – wie vertraglich vereinbart – vier Jahre alt war.

Ein Anspruch auf die im Rechtsstreit mit Verkäufer F angefallen Kosten in Höhe von 2.000 Euro bestehe nicht.

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Susan Beaucamp

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Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Lahmheit des Pferdes

Rücktritt vom Pferdekaufvertrag arglistige Täuschung/Mangel vom Kaufvertrag nicht schlüssig dargelegt

LG Bielefeld (25. Zivilkammer), Urteil vom 08.11.2007 – 25 O 30/07

Sachverhalt:

Die Klägerin erwarb eine Fuchsstute bei der Beklagten für 11.500 Euro, nachdem sie das Pferd zweimal Probe geritten hatte. Im Pferdekaufvertrag wurde u.a. vereinbart, dass das Pferdwie geritten und gesehen“ verkauft wird. Nachdem das Pferd am 26. Mai 2006 übergeben wurde, erfolgte eine durch die von der Klägerin beauftragte Tierklinik T. durchgeführte Ankaufsuntersuchung. Dabei konnten keine Mängel festgestellt werden.

Am 02.11.2006 hat die Klägerin den Beklagten wegen einer Lahmheit an den hinteren Gliedmaßen unter Fristsetzung zur Nachbesserung aufgefordert. Nachdem der Beklagte eine Nachbesserung ablehnte, ist die Klägerin am 08.01.2007 vom Pferdekaufvertrag zurückgetreten. Sie behauptete, dass sich kurz nach der Übergabe eine Taktunreinheit an den Hintergliedmaßen eingestellt habe. Ein hinzugezogener Tierarzt habe eine Hangbeinlahmheit hinten links diagnostiziert, was unvereinbar mit dem gedachten Verwendungszweck sei, da sie das Pferd als Turnierpferd einsetzen wolle. Ebenso widerspreche die Krankheit den Angaben des Beklagten, der das Pferd als „immer gesund gewesen“ angepriesen habe.

Ebenso hat die Klägerin den Pferdekaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, weil sie  in Erfahrung gebracht habe, dass ihr gekauftes Pferd bei einer früheren Auktion gerade wegen einer Hangbeinlahmheit in abgeschwächter Form aus dem Auktionslot herausgenommen worden sei und ihr dies nicht von dem Beklagten mitgeteilt worden sei.

In ihrer Klage begehrt sie nunmehr die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes sowie Erstattung der Aufwendungen in Höhe von 2.090,14 Euro, die ihr während ihrer Besitzzeit entstanden sind.

 

Entscheidung:

Das Gericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass das erworbene Pferd im Zeitpunkt der Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen habe. Die Taktunreinheiten hätten sich erst eine gewisse Zeit nach Übergabe des Pferdes gezeigt, so wie die Untersuchung des von ihr beauftragten Tierarztes Dr. M. zeige. Sie selbst habe vorgetragen, dass es keine Auffälligkeiten gegeben habe, als sie das Pferd geritten sei. Ebenso habe die Ankaufsuntersuchung am 26.05.2006 keine klinischen Befunde ergeben, so dass das Pferd bei der Übergabe keine Mängel im Sinne des § 434 BGB aufgewiesen habe.

Die Tatsache, dass das Pferd bei einer früheren Auktion eine leichte Hangbeinlahmheit aufgewiesen habe, sei bedeutungslos, so das Gericht. Es beweise nicht, dass die Lahmheit auch bei Gefahrübergang vorgelegen habe, zumal die Ankaufsuntersuchung keine Hangbeinlahmheit festgestellt habe.

Ebenso könne das Verschweigen der Lahmheit bei der besagten Auktion nicht als arglistige Täuschung angesehen werden. Arglistiges Verschweigen liege nur vor, wenn eine Aufklärungspflicht über besonders wichtige Umstände bestehe, die für die Willensbildung der anderen Partei offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung seien, so dass diese ungefragt offenbart werden müssten (BGH NJW 1971, NJW Jahr 1971 Seite 1799).

Solche besonders wichtigen Umstände lägen nicht vor, da der Beklagte Röntgenbilder vorlegte, die am Tag der Auktion gemacht wurden. Diese zeigten, dass keine krankhaften Befunde festgestellt worden und demnach keine offenbarungspflichtigen Mängel verschwiegen worden seien.

Ein nichtiger Pferdekaufvertrag wegen arglistiger Täuschung liege mithin nicht vor. Der Klägerin stehe deshalb auch kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus § 812 Abs. 1 BGB zu.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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