„Ein Rücktrittsrecht von einem bereits geschlossenen Pferdekaufvertrag ist unverzüglich nach Kenntnis des Befundes der Ankaufsuntersuchung auszuüben, d.h. in der Regel binnen zwei Wochen. Andernfalls können Gewährleistungsansprüche wegen bei der Ankaufsuntersuchung festgestellter Mängel nicht mehr geltend gemacht werden.“                                                                                                                             Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom  09.03.2010 – 19 U 140/09

Sachverhalt:

Die Pferdekäuferin (Klägerin) kaufte am 10.06.2008 einen Wallach bei der Beklagten. Hierbei hieß es in dem von der Klägerin handschriftlich verfassten Vertrag, dass eine Ankaufsuntersuchung von ihr, also der Pferdekäuferin veranlasst und falls keine negativen Befunde diagnostiziert werden auch bezahlt wird.                                                                                                      

Der Wallach wurde am 12.06.2008 untersucht. Dabei fiel ein Pfeifen des Kehlkopfs auf. Die Pferdekäuferin meldete sich erst am 15.07.2008, über einen Monat später, bei der Beklagten, um sie über den „Ton“ zu informieren und verlangte die Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen mangelhafter Beschaffenheit des Pferdes nach §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 346 BGB. (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes.)

Das Landgericht Bielefeld hat der Klage mit Urteil vom 21.10. 2009 staatgegeben und den Anspruch der Pferdekäuferin auf Rückabwicklung des Kaufvertrags nach §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 346 BGB bejaht.

Die Pferdeverkäuferin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Sie behauptete, das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass der Pferdekaufvertrag ohne eine sogenannte aufschiebende Bedingung (§ 158 I) geschlossen worden sei. Der direkte Austausch der Leistungspflichten (Übergabe des Pferdes gegen Zahlung des Kaufpreises) ohne den Befund abzuwarten, schließe eine aufschiebende Bedingung nicht aus. Die Pferdeverkäuferin habe erwartet, dass ihr spätestens innerhalb einer Woche angezeigt werde, wenn nachteilige Befunde bei der Ankaufsuntersuchung festgestellt würden. Es sei nicht davon auszugehen, dass die aufschiebende Bedingung bis einen Monat nach der Untersuchung gelten solle. Aufgrund dessen sei der Vertrag wirksam. Ein Gewährleistungsausschluss läge wegen Kenntnis des Mangels nach § 442 BGB vor. Die Pferdekäuferin habe demnach keinen Anspruch auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags, so die Argumentation der Pferdeverkäuferin.

 

Entscheidung:

Die von der Pferdeverkäuferin eingelegte Berufung hatte Erfolg.

Das Gericht musste zunächst ermitteln, ob die Vereinbarung der Ankaufsklausel eine aufschiebende Bedingung (§ 158 I BGB), eine auflösende Bedingung (158 II BGB) oder ein Rücktrittsvorbehalt (§ 346 I Alt. 1 BGB) ist.

In den meisten Fällen sei eine Ankaufsklausel eine aufschiebende Bedingung nach § 158 I BGB. Der Kaufvertrag werde dabei unter der Bedingung einer positiven Ankaufsuntersuchung abgeschlossen. Erst bei Bedingungseintritt werde der Vertrag wirksam. Der gegenseitige Leistungsaustausch (Zahlung des Kaufpreises, Übergabe des Pferdes) folge dann in der Regel nach der Ankaufsuntersuchung. In diesem Fall sei der Leistungsaustausch unmittelbar nach Abschluss des Pferdekaufvertrags und vor der Ankaufuntersuchung erfolgt. Die Parteien hätten nicht ausdrücklich vereinbart, was passieren solle, wenn die Ankaufsuntersuchung negativ ausfalle. Daraus ergebe sich, dass beide Parteien von einem positiven Befund, sowie einem Bestehen des Vertrags ausgegangen seien. Ein unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossener Vertrag werde somit verneint. Vielmehr sei die Vereinbarung aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers als wirksamer Vertrag zu werten, der bei einem negativen Befund rückgängig gemacht werden könne. Weiterhin sei in der Vereinbarung nicht definiert, was genau mit Befund gemeint sei, da die Käuferin das Pferd trotz Vorliegen anderer Krankheiten habe übernehmen wollen. Dies spreche auch dafür, dass es der Klägerin überlassen werden solle, den Vertrag bei einem Befund rückabzuwickeln oder nicht. Folglich sei hier ein vertragliches Rücktrittsrecht vereinbart worden.

Wann die Ankaufsuntersuchung durchgeführt werden solle und wie lange die Pferdekäuferin ein Rücktrittsrecht habe, sei von den Vertragsparteien nicht vereinbart wurden. Die Pferdekäuferin selbst habe dazu angeführt, dass die Untersuchung spätestens in einer Woche nach Vertragsschluss hätte erfolgen sollen.

Dass die Parteien ein unbeschränktes Rücktrittsrechts innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungs- und Verjährungsfristen vereinbart haben, sei abzulehnen, da bezüglich Mängeln ein ausreichender Schutz durch die gesetzlichen Vorschriften schon gegeben sei. Ein unbefristetes Rücktrittsrecht, was über das gesetzliche Gewährleistungsrecht hinausreiche, komme ebenfalls nicht in Frage. Der Zweck einer Vereinbarung über eine Ankaufsuntersuchung sei es, Interessen des Pferdekäufers und des Pferdeverkäufers zu berücksichtigen. Hier habe das Interesse der Pferdeverkäuferin darin gelegen, schnellst möglichst zu wissen, welche Gewährleistungsansprüche auf sie zukommen könnten. Die Pferdekäuferin habe feststellen wollen, wie es um die Gesundheit des Pferdes stehe und die Möglichkeit offenhalten, den Kauf bei unbekannten Befunden rückgängig machen zu können.

Für ein Bedürfnis der Parteien über eine unverzügliche Mitteilung eines negativen Befundes spreche erstens, dass die Ankaufsuntersuchung spätestens in einer Woche durchgeführt werden sollte und zweitens, dass die Klägerin sich in ihrem Brief vom 15.07. 2008 für ihre späte Antwort bezüglich des Befunds entschuldigte.

Der vorliegende Fall sei vergleichbar mit der Untersuchungs- und Rügepflicht beim Handelskauf gemäß § 377 HGB. Dort wird eine Untersuchungspflicht der Ware vorgeschrieben. Sollten Mängel bei der Untersuchung festgestellt werden, muss der Verkäufer unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) informiert werden.

Dies müsse auch für die Situation hier gelten. Die Pferdekäuferin hätte die Pferdeverkäuferin binnen zwei Wochen  über das Kehlkopfpfeifen des Pferdes informieren müssen, um auch den Interessen der Pferdeverkäuferin gerecht zu werden.

Somit revidierte das OLG Hamm die Entscheidung des Landgerichts, so dass die Pferdekäuferin im Ergebnis keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nach §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 346 BGB hat.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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