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Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages

Keine Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung im Rahmen der Ankaufsuntersuchung

Landgericht Hildesheim, Urteil vom 09.12.2016, Az. 4 O 12/15

Der Sachverhalt

Die Klägerin hatte vom Beklagten im Jahr 2011 ein Dressurpferd zum Preis von 60.000 Euro gekauft. Der Beklagte hatte das Pferd selbst kurz zuvor für einen Betrag von 40.000 Euro anderweitig erworben.

Später erklärte die Klägerin die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Das Pferd wies eine krankhafte Veränderung am Sprunggelenk auf. Streitig war zwischen den Parteien, inwieweit dem Verkäufer bereits bei Abschluss des Kaufvertrages ein Röntgenbefund über eine mögliche krankhafte Veränderung im Sprunggelenk sowie am sogenannten Griffelbein des Pferdes bekannt war: Vor Abschluss des Vertrages zwischen Klägerin und Beklagtem war eine Ankaufsuntersuchung durch eine Tierärztin durchgeführt worden, die auf der Grundlage von Röntgenbildern eine geringe Wahrscheinlichkeit für eine krankhafte Veränderung im Sprunggelenk sowie am sogenannten Griffelbein des Pferdes in der Zukunft erwarten ließ. Gleichzeitig waren Untersuchungsbefunde eines anderen Tierarztes aus dem Jahr 2008 vorhanden, aus denen sich ergab, dass ein Weiterverkauf aufgrund der Möglichkeit einer krankhaften Veränderung der Knochenstruktur schwierig werden könnte.

Die Entscheidung

Das Landgericht Hildesheim hat die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages abgewiesen. Das Pferd wies zwar die von der Klägerin beanstandeten krankhaften Veränderungen im Sprunggelenk sowie am sogenannten Griffelbein auf, für eine vorsätzliche Täuschung seitens des Verkäufers fehlte es dem Gericht jedoch an ausreichenden Anhaltspunkten.

Das Landgericht Hildesheim hat u.a. durch Einholung eines tiermedizinischen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Hiernach lag eine krankhafte Veränderung im Sprunggelenk sowie am sogenannten Griffelbein des Pferdes vor, die den Weiterverkaufswert des Pferdes massiv minderte. Der Beklagte als Laie hätte dies jedoch – auch anhand der alten Untersuchungsbefunde des Tierarztes aus dem Jahr 2008 – nicht erkennen müssen. Für eine vorsätzliche Täuschung fehlte es damit an ausreichenden Anhaltspunkten. Allein der Umstand, dass der Beklagte das Pferd für einen niedrigeren Einkaufspreis erworben hat, genügt hierfür nicht.

Auch ein Rücktritt vom Kaufvertrag kam nicht in Betracht, weil ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden war.

Mangelhaftigkeit eines Pferdes bei unerwünschten Verhaltensweisen

Keine Mangelhaftigkeit eines Pferdes zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bei unerwünschter Verhaltensweisen

LG Coburg, Endurteil v. 26.01.2016 – 23 O 500/14

Entwickelt ein noch relativ junges Pferd, welches zum Übergabezeitpunkt an den Käufer ein ruhiges und ausgeglichenes Wesen zeigt, unter dem neuen, unerfahrenen Reiter unerwünschte Verhaltensweisen (Schreckhaftigkeit, Respektlosigkeit) kann für den Zeitpunkt des Gefahrübergangs kein Sachmangel festgestellt werden.

Der Sachverhalt:

Im Frühjahr 2014 erwarb der Hobby-Reiter (Kläger) ein damals 6-jähriges Pferd, das von der beklagten Verkäuferin als ruhig, ausgeglichen und problemlos im Gelände reitbar beschrieben worden war. Es sei eine „coole Socke“. Im Kaufvertrag wurde unter anderem geregelt, dass das Pferd angeritten sei und mit dem Tier weitergearbeitet werden müsse.

Ganz so cool war ‚Dusty‘ dann aber wohl doch nicht. Wenige Wochen nach der Übergabe sei das anfangs eher schläfrige Verhalten des Pferdes ins zunehmend Schreckhafte umgeschlagen. Schon beim geringsten Anlass neigte Dusty zu Panik und Flucht. Seinen neuen Besitzer habe er bereits zweimal abgeworfen. Für Freizeitreiter, an die das Angebot der Verkäuferin sich unbestritten gerichtet hatte, sei das Pferd nicht reitbar, fand der Käufer. Damit läge die vereinbarte Beschaffenheit des Pferdes nicht vor. Dieses leide vielmehr unter einem Charaktermangel, sei möglicherweise traumatisiert. Nach erfolgloser Aufforderung zur Nacherfüllung trat der Reiter schließlich vom Kaufvertrag zurück und forderte dessen Rückabwicklung.

Die Entscheidung:

Die Richter wiesen die Klage ab. Die Richter verlangten einen Nachweis für die Mangelhaftigkeit des Tieres zum Zeitpunkt der Übergabe. Sie befragten mehrere Zeugen, die angaben, dass die Verhaltensänderung erst nach einigen Wochen eingetreten sei. Auch nach Auffassung eines Sachverständigen handelte es sich bei den Auffälligkeiten des Pferdes nicht um eine Verhaltensstörung, sondern um ein – wenn auch unerwünschtes –  Verhalten, das dem Normalverhalten der Fluchttiere im weiteren Sinn entspreche, welches durch die Unerfahrenheit des Klägers als Reiter und dessen Umgang mit Pferden ausgelöst worden sei. Eine Traumatisierung konnte im Gutachten nicht bestätigt werden. Insgesamt sah das Gericht daher einen Charaktermangel bei Übergabe des Tieres nicht als erwiesen an.

Soweit der Käufer die fehlende Rittigkeit beziehungsweise Beherrschbarkeit des Pferdes gerügt hatte, handelt es sich nach der Entscheidung des LG um Gegebenheiten, die wegen der ständigen Entwicklung lebender Tiere nicht nur jederzeit auftreten, sondern auch vom Pferd und seiner Veranlagung unabhängige Ursachen haben können. Die speziellen Eigenschaften der Tiere als Lebewesen mit ständiger Entwicklung dürfen laut Gericht bei der Anwendung des Mängelgewährleistungsrechts nicht aus den Augen verloren werden. Daher komme dem Reiter die Regelung des § 476 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht zugute. Insgesamt konnte er den Nachweis der Mangelhaftigkeit des Tieres zum Zeitpunkt der Übergabe nicht führen.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin