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Pferdekauf, Rücktritt Vom Pferdekaufvertrag

Voraussetzungen des Verbrauchsgüterkaufs, arglistiges Verschweigen einer Zuchtuntauglichkeit und unselbständige Garantie für die Beschaffenheit,

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2004 – I- 14 U 213/03

 

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte am 12.01.2002 eine Pferdestute, namens „Pilofee S“ beim Beklagten für einen Kaufpreis iHv. 30.000 EUR. Der Pferdekaufvertrag wurde von mit einer Ankaufsuntersuchung verbunden. Innerhalb der Rücktrittsfrist erklärte der Kläger den Rücktritt und verlangte Rückabwicklung des Vertrages (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Pferdes) sowie Schadensersatz iHv. 6.395,05 EUR.

Der Kläger trug im Rahmen seiner Klage vor dem Landgericht vor, das Pferd leide an einer Knochen- und Knorpelentzündung des Gelenkbereichs (Osteochondrosis Dissecans -OCD) und sei entgegen dem im Pferdekaufvertrag vereinbarten Zweck zuchtuntauglich. Der Beklagte habe dem Kläger zugesichert, dass bei dem Pferd eine OCD (oder Chips-) Erkrankung nicht vorliege und er habe weiter auf Nachfrage des Klägers unzutreffend angegeben, noch keinen Versuch getätigt zu haben, die Stute decken zu lassen. Der Kläger ist der Ansicht, es sei schon kein wirksamer Vertragsschluss zustande gekommen. Jedenfalls sei aber der in den Geschäftsbedingungen angegebene Haftungsausschluss unwirksam, da sich der Pferdekaufvertrag als Verbrauchsgüterkauf darstelle und somit vorformulierte Vertragsbedingungen unwirksam seien.

Der Beklagte bestritt die behaupteten Mängel und berief sich auf den Gewährleistungsausschluss.

 

Entscheidung:

Das erstinstanzliche Gericht (Landgericht) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, der Kläger habe aufgrund der Untersuchungsergebnisse der Ankaufsuntersuchung Kenntnis gemäß § 442 Abs. 1 S. 2 BGB von der OCD-Erkrankung des Pferdes gehabt und dennoch am Pferdekaufvertrag festgehalten. Die Ankaufsuntersuchung war zwar zeitlich nach dem geschlossenen Pferdekaufvertrag, nach der Auffassung des Gerichts stand Letzterer jedoch unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) einer Billigung des Untersuchungsergebnisses und nicht unter der Bedingung einer bloßen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung.

Hinsichtlich der angeführten Zuchtuntauglichkeit habe sich der Beklagte zu Recht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, da es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handele. Der Kläger habe als darlegungs- und beweisbelastete Partei nichts zu seiner Verbraucherstellung vorgetragen. Diese sei auch nicht offensichtlich, da der Kläger die Stute zu Zuchtzwecken erworben habe, was für eine Unternehmereigenschaft spreche.

Das Landgericht ist der Auffassung, das Verschweigen über den zuvor einmal getätigten erfolglosen Deckungsversuch der Stute sei auch bei einem zu Zuchtzwecken gekauften Pferdes nicht als arglistiges Verschweigen zu werten. Weitere Mängelgewähransprüche kamen mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht in Betracht.

Die vom Kläger vor dem OLG Düsseldorf geführte Berufung, begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrags (§ 4) sei insbesondere nach § 475 Abs. 1 a.F., § 309 Nr. 8 b aa, § 309 Nr. 7 a BGB wirksam. Ferner habe sich das Landgericht nicht mit der vorgetragenen Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 7 a BGB befasst.

Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass ein den Rücktritt begründender Sachmangel in der OCD-Erkrankung nicht zu sehen ist, da sich die Beschaffenheitsvereinbarung auf erkennbare Eigenschaften des Pferdes nach dessen Inaugenscheinnahme und auf die bei Abschluss des Pferdekaufvertrag vorliegenden Röntgenbilder sowie deren Einordnung in Röntgenklassen I und II des Pferdes beschränke.

Der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrages ist nach Auffassung des Gerichts wirksam. Schon die Unternehmerstellung des Beklagten bestünde nicht, wenn dieser das Pferd nur zu privaten Zuchtzwecken besitze, über keine weiteren eigenen Pferde oder Stallungen verfüge und lediglich für seinen Bruder als Züchter eingetragen sei. Damit sei ein planmäßiges und dauerhaftes Anbieten von Leistungen am Markt gegen Entgelt nicht gegeben und ein Verbrauchsgüterkauf schon aus diesem Grunde abzulehnen gewesen. Ferner sei der Kläger, der ausweislich des Pferdekaufvertrages die Stute zu Zuchtzwecken erwarb, nicht als Verbraucher anzusehen.

Das Berufungsgericht hat ferner festgestellt, dass der Haftungsausschluss im Rahmen einer angewendeten AGB nicht gegen § 309 Nr. 8 a bb BGB verstoßen hat, da eine vierjährige Stute keine neu hergestellte Sache iSd Norm ist. Es ist hierbei auch bei Nutztieren allein auf den Geburtstermin abzustellen, da eine Bewertung eines Nutztieres nach dem Grad der „Benutzung“ bzw. „Gebrauchs“ wenig praktikabel, da ohne sachverständige Hilfe häufig nicht zu klären sei und zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führe.

Ebenfalls drang der Kläger mit dem Vorbringen nicht durch, der Haftungsausschluss verstoße gegen § 309 Nr. 7 a BGB, da der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrags nach dem Gesamtzusammenhang dergestalt auszulegen war, dass hiernach lediglich sonstige Schäden, wie in § 309 Nr. 7 b BGB ausgeschlossen wurden und nicht, wie der Kläger anführt, Körperschäden nach § 309 Nr. 7 a BGB inkludiert waren.

Ferner hat das Berufungsgericht die Feststellungen des Landgerichts bestätigt, dass der Beklagte den ein Jahr vor Ankauf getätigten erfolglosen Deckungsversuch der Stute nicht arglistig verschwiegen habe. Das Gericht hat die Deckungsuntauglichkeit der Stute hierdurch nicht als zwingend erachtet. Insbesondere sei dies nach dem erstinstanzlich unbestrittenen Vortrag des Beklagten, Stuten im Alter von 3 Jahren würden nach Deckungsversuchen lediglich zu 50 % trächtig werden, vorliegend zu bestätigen. Einen anderen Schluss hinsichtlich des Verschweigens ließe sich auch mit dem dahingehend befundlosen Ergebnis der tierärztlichen Ankaufsuntersuchung und den nach dem erfolglosen Deckungsversuch durchgeführten gynäkologischen Untersuchungen der Stute nicht ziehen, denn diese brachten keine Zuchtuntauglichkeit zu Tage.

Auch für eine Zusicherung (Garantieübernahme) ist eine ausdrückliche vertragliche Fixierung über den gesteigerten Willen, hier für eine Fehlende OCD-Erkrankung der Stute einzustehen, nicht ersichtlich.

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

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Hengstiges Verhalten – Minderung des Kaufpreises wegen Sachmangels

Keine Nachbesserung wegen Arglist des Verkäufers

BGH, Urteil vom 09.01.2008, AZ: VIII ZR 210/96

Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 14. Juni 2006, AZ: 11 U 143/05

Eingangsinstanz: LG Münster, Urteil vom 28. Oktober 2005, AZ: 16 O 582/04

Sachverhalt:

Die Klägerin kaufte von dem Beklagten ein Dressurpferd zum Preis von 45.000 Euro. Sie machte wegen eines Sachmangels Minderung in Höhe von 50% des Kaufpreises geltend. Bei dem Sachmangel handele es sich um einen „(residualen) Kryptorchiden“ d.h. es erfolgte bei der Kastration keine vollständige Entfernung des Hodengewebes.

Durch die unvollständige Kastration zeige das Pferd hengstiges Verhalten und sei als Dressurpferd nicht geeignet. Laut der Klägerin habe der Beklagte vor dem Kauf von dem Mangel gewusst und sie daher arglistig getäuscht.

Entscheidungsgründe:

In der Eingangsinstanz und in der Berufungsinstanz unterlag die Klägerin. Die Revision hatte jedoch Erfolg. Die rechtlichen Erwägungen der Vorinstanzen halten eine rechtliche Nachprüfung nicht stand.

Die Klägerin hat ein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises nach §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 441, 90 a BGB.

Das Pferd entsprach nicht der vereinbarten Beschaffenheit, weil die vor Gefahrübergang durchgeführte Kastration nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde und das Pferd damit nicht mehr als Dressurpferd geeignet war.

Die Klägerin musste dem Beklagten keine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Grundsätzlich wird auch beim Tierkauf vorausgesetzt, dass dem Verkäufer zuerst erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt wird, welches hier unstreitig nicht passierte. Es liegt jedoch eine Ausnahme nach § 440 BGB vor, in dem eine Fristsetzung entbehrlich ist.

Es ist zwar nicht für die Klägerin unzumutbar, dem Pferd die Risiken einer erneuten Operation auszusetzen – an der Beurteilung des Berufungsrichters wegen eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen war nichts auszusetzen -.

Die Nacherfüllung ist aber wegen der arglistigen Täuschung des Beklagten für die Klägerin unzumutbar. Eine begangene Täuschungshandlung des Beklagten beschädigt nämlich die erforderliche Vertrauensgrundlage für die Nacherfüllung. Eine Fristsetzung ist entbehrlich.

Der Beklagte hatte als Verkäufer nur ein Anrecht auf Nacherfüllung, wenn er von dem Sachmangel beim Abschluss des Pferdekaufvertrages nichts wusste. War ihm der Mangel jedoch bekannt, hätte er vor Abschluss des Pferdekaufvertrages den Mangel beseitigen können. Der Verkäufer, der arglistig täuscht, hat somit die verbundenen wirtschaftlichen Nachteile der Rückabwicklung des Vertrages zu tragen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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