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Rücktritt vom Pferdekaufvertrag – Vorhandensein eines „Röntgenbefunds“ als Sachmangel

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Oktober 2017, Az. VIII ZR 32/16

Vorinstanzen: LG München II, Urteil vom 28.03.2014 – 10 O 3932/11

OLG München, Urteil vom 11.01.2016 – 17 U 1682/14

Beweislastumkehr: nicht möglich

 

Der Sachverhalt:

Die Parteien schlossen im Jahr 2010 einen mündlichen Pferdekaufvertrag über einen damals 10 Jahre alten Wallach zum Preis von 500.000 €. Der Käufer beabsichtigte den Wallach als Dressurpferd bei Grand-Prix-Prüfungen einzusetzen. Der Pferdeverkäufer, ein selbständiger Reitlehrer und Pferdetrainer, hatte das Pferd zuvor für eigene Zwecke erworben und zum Dressurpferd ausgebildet. Nach zwei Proberitten und einer Ankaufsuntersuchung mit Röntgenbildern, in der sich keine erheblichen Befunde ergeben hatten, wurde das Pferd dem Pferdekäufer Ende November 2010 übergeben. Im Juni 2011 wurde dann jedoch im Rahmen einer tierärztlichen Untersuchung ein Röntgenbefund an einem Halswirbel des Pferdes festgestellt – der Gelenkfortsatz des vierten Halswirbels des Pferdes war deutlich verändert. Das Pferd lahmte und hatte Schmerzen, sodass es sich der reiterlichen Einwirkung widersetzte. Ob die schwerwiegenden Rittigkeitsprobleme auf die durch den Röntgenbefund festgestellte Veränderung des Halswirbels zurückzuführen waren, ließ sich nicht feststellen. Der Pferdekäufer erklärte – nach vergeblicher Fristsetzung zur Nacherfüllung – den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag und begehrt dessen Rückabwicklung.

Das Urteil:

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht gaben dem Pferdekäufer Recht. Auf die –Revision des Pferdeverkäufers entschied der Bundesgerichtshof jedoch, dass ein Reitlehrer und Pferdetrainer, der ein zuvor ausschließlich für private Zwecke erworbenes und ausgebildetes Dressurpferd verkauft, insoweit ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht als Unternehmer anzusehen sei und der Käufer sich deshalb nicht auf die Beweislastumkehr des § 477 BGB berufen könne.

Außerdem entwickelte der BGH seine bisherige Rechtsprechung dahingehend weiter, dass auch bei einem hochpreisigen Pferd Abweichungen von der physiologischen (Ideal)Norm ohne nachweisbare klinische Auswirkungen grundsätzlich keinen Sachmangel begründen, solange die Vertragsparteien keine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben.

Wie der BGH bereits in der Vergangenheit entschied, wird die Eignung eines symptomfreien Pferdes für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch berührt, dass aufgrund von Abweichungen von der “physiologischen Norm” eine lediglich geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Pferd zukünftig klinische Symptome entwickeln könnte, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen. Ebenso wenig gehöre es zur üblichen Beschaffenheit eines Pferdes, dass es in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen “Idealnorm” entspreche. Ein Pferdekäufer könne nicht erwarten, ein Pferd mit “idealen” Anlagen zu erhalten, sondern müsse vielmehr damit rechnen, dass das von ihm erworbene Pferd in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweise, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind.

Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob es sich um ein hochpreisiges oder günstiges Pferd oder einen vergleichsweise häufig oder (wie hier) selten auftretenden Röntgenbefund handelt. Der streitgegenständliche Röntgenbefund stelle deshalb keinen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Denn der gerichtliche Sachverständige hat klinische Auswirkungen dieses Befunds weder für den Übergabezeitpunkt feststellen können, noch es für wahrscheinlich erachtet, dass solche zukünftig auftreten werden. Soweit ein Pferdekäufer beim Pferdekauf derartige Abweichungen von der physiologischen Norm vermeiden will, bleibt es ihm unbenommen, mit dem Verkäufer eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB abzuschließen. Ohne eine derartige – vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall zu Unrecht bejahte – Vereinbarung hat der Pferdeverkäufer allerdings nur dafür einzustehen, dass das Pferd bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich nicht in einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird.

Da nach alledem ein Mangel des Dressurpferdes aufgrund des Röntgenbefundes nicht in Betracht käme, könnten allenfalls die vom Pferdekäufer behaupteten diversen “Rittigkeitsprobleme” (Lahmheit, Schmerzen, Widersetzlichkeit) einen Sachmangel begründen. Dies gelte allerdings nur dann, wenn sie bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden waren und nicht erst danach auftraten. Dies konnte der Pferdekäufer nicht beweisen.

Die Beweislastumkehr des § 477 BGB käme dem Pferdekäufer hier nicht zugute. Denn diese Vorschrift gilt nur für Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer bewegliche Sachen kauft. An einer Unternehmereigenschaft des Pferdeverkäufers fehle es vorliegend jedoch, denn er handelte bei diesem Verkauf des Dressurpferdes nicht “in Ausübung” seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit als Reitlehrer und Pferdeausbilder. Vielmehr habe er das Pferd zuvor ausschließlich zu privaten Zwecken ausgebildet und trainiert, so dass ein Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit allenfalls äußerlicher Natur war.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Kissing Spines – Rücktritt vom Pferdekaufvertrag

Für eine nach Übergabe erstmals auftretende Rückensymptomatik gilt von der Art des Mangels her die Vermutung des § 477 BGB.

„Bei Warmblut-Reitpferden stellen sklerotische Veränderungen der Wirbelsäule als solche – ohne in Erscheinung tretende Beschwerden – keinen Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 BGB dar“

OLG Celle, Urteil vom 31. Mai 2006, Az. 7 U 252/05

vorgehend LG Lüneburg, Urteil vom 29. September 2005, Az. 4 O 204/04

 

Der Sachverhalt

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Reitpferd sowie Ersatz der ihr durch Unterstellung entstandenen Kosten.

Beide Parteien sind Tierärzte. Die Klägerin ist zusätzlich Diplom-Pferde-Physiotherapeutin.

Der Beklagte veräußerte die von ihm selbst gezogene Trakehnerstute „L.“ an die Klägerin. Die Klägerin hatte das Pferd zuvor probegeritten. Die Parteien vereinbarten eine Ankaufuntersuchung durch den Tierarzt S., die bereits am Tag zuvor erfolgte.

Schriftlich wandte die Klägerin sich an den Beklagten und beanstandete, die Stute habe von Anfang an leider nicht die Entwicklung gezeigt, die sie erwartet habe. Sie habe die weitere Untersuchung nun in tierärztliche Hand übergeben. Der Tierarzt habe eine mittelgradige Hyperästhesie der langen Rückenmuskulatur im Bereich der Sattellage und Lende beidseitig festgestellt. Das Pferd sei im Trab hochgradig verspannt, das Untertreten hinten beidseits deutlich verkürzt. Eine Röntgenuntersuchung der Dornfortsätze in der Sattellage habe deutlich enge Zwischenräume mit drei Verdichtungszonen im Randbereich (Kissing Spines) ergeben. Nach Durchführung einer lokalen antiphlogistischen Behandlung der drei Dornfortsatzzwischenräume sei nach einer Woche keine Überempfindlichkeit der langen Rückenmuskulatur mehr festzustellen gewesen, das Untertreten im Trab sei ohne Einschränkung erfolgt und die Rückenschwingung sei deutlich zu erkennen gewesen.

Die Klägerin erklärte den Rücktritt. Die Beklagte verweigerte die Rückabwicklung, sodass die Klägerin Klage am Landgericht erhob.

Das Landgericht wies die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

 

Die Entscheidung

Das OLG wies die Berufung ab, es läge schon kein Sachmangel vor.

Die bei der Trakehnerstute unstreitig festgestellten verengten Zwischenräume mit drei Verdichtungszonen im Randbereich der Dornfortsätze (Kissing Spines) sind von den Feststellungen der Ankaufsuntersuchung nicht erfasst. Dieser ist aufgrund der durchgeführten Adspektion und Palpation des Rückenbereichs zwar zu einer befundlosen Diagnose gelangt. Weitergehende röntgenologische Untersuchungen der Dornfortsätze im Bereich der Brust- und Lendenwirbel des Pferdes waren jedoch nicht Gegenstand seiner Untersuchung und damit auch nicht Grundlage einer etwaigen Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien.

Eine hiervon abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB. Der Pferdekaufvertrag enthält keine konkretisierte Verwendungsbestimmung des kaufgegenständlichen Pferdes.

Schließlich führt auch die Anwendung des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht zu einer Mangelhaftigkeit der veräußerten Stute. Ist die Verwendung der Kaufsache im Vertrag nicht oder aber die gewöhnliche Verwendung nur konkludent vereinbart, so liegt kein Sachmangel im Sinne der vorgenannten Vorschrift vor, wenn sich die Sache für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann. Bei der danach vorzunehmenden Beurteilung der gewöhnlichen Verwendung ist grundsätzlich ein objektivierter Maßstab anzulegen. Vergleichsmaßstab hinsichtlich der üblichen Beschaffenheit ist der Zustand von Sachen gleicher Art und Güte.

In diesem Sinne ist eine Mangelhaftigkeit des Pferdes allein wegen des Vorhandenseins eines „Kissing Spines-Syndroms“ nicht gegeben. Die an der Trakehnerstute festgestellten sklerotischen Veränderungen im Randbereich der Dornfortsätze sind als noch innerhalb der Norm liegend zu qualifizieren. Nach den Sachverständigenfeststellungen sind bei der überwiegenden Zahl von Warmblütern derartige sklerotische Veränderungen festzustellen.

Danach kann nicht festgestellt werden, dass bereits der bloße röntgenologische Befund einen Mangel darstellt. Es gibt bei allen Warmblütern, Menschen und Tieren, zahlreiche von der Norm abweichende Befunde, die gleichwohl nie zu Beschwerden führen. Ein im idealen Sinn mangelfreies Tier dürfte nicht existieren. Die bloße Disposition für das mögliche spätere Auftreten einer Erkrankung, die erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände ausgelöst wird, kann nicht bereits als Mangel eingestuft werden.

Die genetische Disposition eines Tieres, eine bestimmte Krankheit zu bekommen, kann nur dann selbst bereits als Mangel eingestuft werden, wenn das Auftreten der darauf beruhenden Krankheit zwingend, lediglich der Zeitpunkt ungewiss ist. Das ist aber im vorliegenden Fall zu verneinen.

Selbst wenn das Vorliegen eines Mangels zu bejahen wäre, so konnte die Klägerin nicht beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übereignung vorlag. Der Klägerin kommt insoweit nicht die Beweiserleichterung des § 477 BGB zu Gute, denn die von dem Gesetzgeber für den Verbrauchsgüterkauf vorgesehene Beweislastumkehr für Mängel, die innerhalb von 6 Monaten seit Gefahrübergang auftreten, gilt nicht, wenn die Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Diese Voraussetzung liegt hier vor.

Die nach der Übergabe auf dem Gelände der Klägerin bei dem erworbenen Pferd in Erscheinung getretenen Beschwerden können aus verschiedenen Gründen ausgelöst worden sein, insbes. auch psychosomatischer Natur wie von der Klägerin selbst vermutet wie neue Umgebung. neue Bezugspersonen oder einen anderen Sattel. Sie sind deshalb bereits von ihrer Art her nicht geeignet, die Vermutung des § 477 BGB zu begründen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Rücktritt vom Pferdekaufvertrag wegen Trächtigkeit der Stute (Größe des Pferdes)

Entscheidung: Mangel? Ja

AG Schwedt, Urteil vom 18.04.2007, AZ: 3 C 177/05

Sachverhalt:

Die Rückabwicklung eines Pferdekaufes ist Streitgegenstand der Parteien.

Der Kläger kaufte von dem Beklagten ein 2 Jahre und drei Monate altes Stute für 1.850 Euro, mit der Intention es als Hobbyreitpferd für seine Familie zu verwenden. Der Kläger führte dann den Transport durch.

Der Pferdekauf stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine durchzuführende tierärztliche Ankaufsuntersuchung durch einen Tierarzt erfolgreich verläuft.

Gemäß § 3 des Pferdekaufvertrages heißt es zudem „Der Verkäufer sichert dem Käufer folgende Eigenschaften des Pferdes zu: geht an der Führleine, Schmiede und verladeform, keine chronischen Atemwegserkrankungen, keine Futter-(Heu/Staub-) allergie , kein Sommerekzem, keine Medikamente, die zum Besichtigungs-/Kaufzeitpunkt wirken (ruhigstellen)“.

Knapp 3 Monate später gebar die Stute ein Fohlen. Die Trächtigkeit der Stute waren beiden Parteien jedoch unbekannt. Der Tierarzt, der die Ankaufsuntersuchung durchführte, entdeckte die Trächtigkeit der Stute nicht. Unstreitig ist aber, dass aufgrund der üblichen Tragzeit von 11 Monaten, die Stute bereits im Jährlingsalter bedeckt worden sein muss.

Knapp eine Woche später erklärte der Kläger den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag. Die Beklagte reagierte auf dessen Schreiben nicht und war auch nicht mehr telefonisch für den Kläger erreichbar.

Der Kläger behauptet, die Trächtigkeit der Stute stelle einen Sachmangel dar, der bei Gefahrübergang vorgelegen habe. Pferde seien erst mit drei Jahren für die Zucht geeignet. Das Größenwachstum leide unter der verfrühten Trächtigkeit. Das Pferd könne nunmehr nicht mehr ein Stockmaß von mehr als 148 cm erreichen, sodass es nicht mehr die übliche Größe eines Quarter-Horses haben werde.

Zudem sei nun das Verhältnis zwischen Körpergröße des Pferdes und des Reiters optisch gestört. Ein kleines Pferd könne auch Probleme mit der Stabilität der Oberlinie/Wirbelsäule aufgrund des Gewichts des Reiters bekommen.

Die Beklagte behauptet wiederum, dass ein Mangel bei Gefahrübergang nicht vorgelegen hätte. Es sei unstreitig nicht zugesichert worden, dass die Stute nicht trächtig sei. Als Hobbyreitpferd sei es trotz der Trächtigkeit geeignet, da sich die körperliche Entwicklung des Pferdes nicht verändert habe. Auch bei der Nichterreichung des von dem Kläger gewünschten Stockmaßes sei es möglich, das Pferd als Reitpferd einzusetzen. Die optische Störung sei außerdem kein Sachmangel.

Der Kläger habe das Pferd aufgrund der durchgeführten Ankaufsuntersuchung gebilligt. Die Beklagte ist der Meinung, der Kläger habe daher gemäß § 442 BGB kein Gewährleistungsrecht mehr. Der Kläger müsse sich das Übersehen des Mangels vom Tierarzt zurechnen lassen. Jedenfalls habe sie keine Pflichtverletzung zu vertreten. Der Hengst auf ihrem Gelände habe zu keinem Zeitpunkt mit der Stute Kontakt gehabt.

Die Beklagte habe dazu laut dem Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass diese die Deckung nicht zu vertreten habe. Die Deckung sei nur möglich gewesen, wenn die Beklagte ihren Tierbestand, nämlich Stuten und Hengste, nicht voneinander trenne.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe der Stute nebst Fohlen aus §§ 434, 440 S. 1 2. HS, 437 Nr. 2, 323, 346, 348, 320 BGB zu.

Die streitgegenständliche Stute wies wegen ihrer Trächtigkeit im Jährlingsalter einen Sachmangel bei Gefahrübergang gemäß § 434 BGB auf. Eine Fristsetzung zum sofortigen Rücktritt bedarf es hierbei nicht, da die Nacherfüllung unmöglich ist.

Gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB ist, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet.

Eine Zusicherung bestimmter Eigenschaften folgt hierbei aus § 3 des Pferdekaufvertrages. Die Trächtigkeit wird in dem Pferdekaufvertrag jedoch nicht erwähnt. Die vorausgesetzte Verwendung kann nicht nur ausdrücklich sondern auch stillschweigend vereinbart worden sein. Unstreitig sollte die Stute als Hobbyreitpferd Verwendung finden.

Der beweisbelastete Kläger habe den Beweis geführt, dass aufgrund der Trächtigkeit der Stute die Nutzung als Hobbyreitpferd nicht mehr möglich sei. Der Sachverständige hat in einem schriftlichen Gutachten dem Gericht mitgeteilt, dass die zu frühe Trächtigkeit (Folge: verstärkte Östrogenproduktion) geeignet sei, das physiologische Körperwachstum zu beenden. Kleine Pferde seien außerdem in ihrer Nutzungsfähigkeit gegenüber Großpferden im Nachteil. Es drohe zudem optische Nachteile (Disproportion zwischen großem Reiter und kleinem Pferd) und eine erhöhte Schädigungsempfänglichkeit bei der Wirbelsäule.

Die Gewährleistungsrechte des Klägers sind auch nicht wegen § 442 BGB ausgeschlossen. Der Kläger müsse sich das Wissen des Arztes nicht zurechnen lassen. Der Tierarzt wurde nicht aufgrund einer Verpflichtung auf Seiten des Klägers tätig, sondern aufgrund einer gemeinsamen Verpflichtung aus dem Pferdekaufvertrag.

Die Beklagte habe dem Kläger aufgrund des Sachmangels neben der Rückzahlung des Kaufpreises folgendes zu ersetzten: Unterhaltskosten (Fütterung, Unterstellung, Schmied und Tierarzt) gemäß § 347 Abs. 2 BGB und Transportkosten gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 325, 281, 281 BGB.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Pferdekaufvertrag: Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit des Pferdes

„Lässt der Vortrag des beklagten Verkäufers offen, ob der Ursprung für den Mangel in einem Handeln oder Unterlassen nach Gefahrübergang lag und dem Verkäufer daher nicht zuzurechnen ist, reicht dies nicht aus, die Vermutungswirkung des § 477 BGB zu beseitigen.“

LG Frankfurt, Urteil vom 05. April 2018, Az. 2-32 O 95/17

 

Sachverhalt

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Pferdekaufvertrag: Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit des Pferdes

Die Beklagte betreibt einen Reit-, Ausbildungs- und Handelsstall für Dressurpferde. Im Juli 2016 erwarb die Klägerin nach vorheriger Besichtigung und Erprobung von der Beklagten ein Pferd für ihre Tochter.

Zwischen den Parteien wurde eine Ankaufsuntersuchung vereinbart und vor dem Kauf durchgeführt. Die Untersuchung war ohne besonderen Befund.

Drei Tage nach dem Kauf wandte sich die Klägerin an die Beklagte und teilte ihr mit, das Pferd habe ein entzündetes Auge. Mit anwaltlichem Schreiben wandte sich die Klägerin dann Ende August an die Beklagte und teilte mit, dass das Pferd nach einem Hund ausgetreten habe und aus der Nachbarbox gefüttert werden müsse, da es nach dem Fütternden tritt. Auch beim Fertigmachen trete das Pferd immer wieder aus. Komme man dem Pferd an die Hinterbeine, trete es gezielt aus. Weiterhin lasse sich das Pferd nicht anbinden. Bei einem Ausritt habe das Pferd einem Jogger in den Bauch getreten. Unmittelbar nachdem das Pferd in den Stall der Klägerin verbracht worden sei, sei ein entzündetes Auge erkennbar gewesen, in Sattellage sei ein Pilz aufgetreten und es bestehe eine Nesselsucht am Mähnenkamm. Mit gleichem Schreiben erklärte der Anwalt für die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, das Pferd bis Zug um Zug gegen vollständige Rückzahlung des Kaufpreises zurückzunehmen. Sollte die Beklagte eine Möglichkeit der Nachbesserung sehen, solle sie ihre konkreten Vorschläge mitteilen. Ihr werde dann das Pferd für eine Zeit von vier Wochen zur Verfügung gestellt.

Die Beklagte wies die Gewährleistungsansprüche der Klägerin zurück.

Eine tierärztliche Untersuchung im Dezember ergab den nachfolgenden Befund: „Der Augapfel ist zurückgezogen, es besteht ein leichter Blepharospasmus. Eine Tränenspur unterhalb des Auges weist auf eine länger andauernde Schmerzhaftigkeit des Auges hin. […] Die Pupille ist sehr eng (Miosis) und nicht responsiv. Der Bereich des Glaskörpers ist (soweit einsehbar) gelb-grün verfärbt, […] Im Umgang zeigt das Pferd eine hochgradige Einschränkung der Sehkraft auf der linken Seite und ist extrem schreckhaft und nervös. […].“

 

Die Entscheidung

Das Gericht gab der Klage statt. Der Klägerin stand ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu. Das Pferd war vorliegend nicht frei von Sachmängeln, da es jedenfalls nicht für die gewöhnliche Verwendung eignete und eine Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist und die der Verkäufer nach der Art der Sache nicht erwarten kann.

Beim Pferdekauf liegt ein Sachmangel unter anderem vor, in einer mangelnden „Rittigkeit“, einer periodischen Augenentzündung, schlechten Charaktereigenschaften oder einer Abweichung der Beschaffenheit vom Ergebnis der Kaufuntersuchung.

Die Klägerin hat durch die Vorlage des Attests substantiiert zu den Befunden des streitgegenständlichen Pferdes vorgetragen. Diese stehen zumindest teilweise in Abweichung zu den Befunden der Kaufuntersuchung, dort insbesondere zur Untersuchung der Augen und des Verhaltens.

Das Pferd war bereits bei Gefahrübergang, also bei der Übergabe der gekauften Sache mangelbehaftet. Zeigt sich bei einem Verbrauchsgüterkauf innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, dass diese Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist, § 477 BGB n.F..

Die Abweichung des tatsächlichen Zustandes des Pferdes vom in der Ankaufuntersuchung beschriebenen Zustand trat innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Pferdes auf.

Die Klägerin muss nach der geänderten Rechtsprechung des BGH (BGH vom 12.10.2016, Az.: VIII ZR 103/15) nicht nachweisen, dass der von ihr geltend gemachte akute Mangel auf einer Ursache beruht, die einen latenten Mangel darstellt, damit die Vermutungswirkung des § 477 BGB zur Anwendung kommt.

Der BGH hat diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben, nachdem der EuGH bezüglich der § 447 BGB zu Grunde liegenden Regelung in der Art. 5 Abs. 3 VerbrGKRL entschieden hat, der Verbraucher müsse nur das Vorliegen einer binnen 6 Monaten seit Lieferung aufgetretenen Vertragswidrigkeit beweisen, nicht aber deren Grund. Im Falle dieses Beweises muss der Verkäufer beweisen, dass die Vertragswidrigkeit bei Lieferung noch nicht vorlag, sondern ihren Grund oder Ursprung in einem nach Lieferung eingetretenem Umstand hat.

Auf Grund der Entscheidung des EuGH geht der BGH nunmehr, davon aus, dass wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang beim Verbrauchsgüterkauf ein mangelhafter Zustand zeigt, zu Gunsten des Käufers die Vermutung greift, dass dieser bereits bei Gefahrübergang bestanden hat.

Das bedeutet, dass zu Gunsten des Käufers vermutet wird, dass ein erst nach Gefahrübergang aufgetretener „akuter Mangel“ auf einem bereits bei Gefahrübergang vorhandenen „latenten Mangel“ beruht.

Der Käufer muss nur entsprechend darlegen und ggf. beweisen, dass ein mangelhafter Zustand besteht und sich dieser binnen sechs Monaten nach Lieferung des Gutes( hier Pferdes) herausgestellt hat.

Demgegenüber muss der Verkäufer nachweisen, dass die Vermutungswirkung des § 447 BGB nicht greift, weil ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden war oder weil er seinen Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach diesem Zeitpunkt hatte und dem Verkäufer damit nicht zuzurechnen ist.

Gelingt ihm die Beweisführung nicht „rechtlich hinreichend“, greift zu Gunsten des Käufers die Vermutung des § 477 BGB auch dann ein, wenn die Ursache für den mangelhaften Zustand oder Zeitpunkt ihres Auftretens offengeblieben ist, also letztlich offen geblieben ist, ob überhaupt ein vom Verkäufer zu vertretender Sachmangel vorlag.

Daneben verbleibt dem Verkäufer die Möglichkeit, sich darauf zu berufen und nachzuweisen, dass das Eingreifen der Beweislastumkehr des § 477 BGB ausnahmsweise bereits deswegen ausgeschlossen ist, weil die Vermutung, dass bereits bei Gefahrübergang im Ansatz ein Mangel vorlag, mit der Art der Sache oder eines derartigen Mangels unvereinbar ist (§ 477 letzter Halbs. BGB) ist.

Zur Widerlegung der Vermutung des § 477 BGB hat der Verkäufer also den Beweis des Gegenteils dahin zu erbringen, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang aufgetretene mangelhafte Zustand auf eine nach Gefahrübergang eingetretene, ihm nicht zuzurechnende Ursache – sei es auf ein Verhalten des Käufers oder eines Dritten, sei es auf sonstige Umstände, etwa eine übliche Abnutzungserscheinung nach Gefahrübergang, – zurückzuführen ist.

Hierfür ist eine Erschütterung der Vermutung nicht ausreichend; erforderlich ist vielmehr der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten.

Die Beklagte hat lediglich vorgetragen und Beweis angeboten, dass vor der Übergabe des Pferdes an die Klägerin kein Befund oder Anzeichen für eine Augenentzündung und auch keinerlei sonstiger Krankheitszustand vorgelegen hatte. Ebenso hat die Beklagte vorgetragen, dass Pferd sei vor Gefahrübergang nicht unsicher, unrittig, schreckhaft und nervös gewesen. Eine periodische Augenentzündung könne im Rahmen eines Stressschubes von jetzt auf gleich auftreten.

Selbst wenn man diesen Vortrag als wahr unterstellt, reicht er nicht aus, um die Vermutungswirkung des § 477 BGB zu beseitigen. Der Vortrag lässt offen, dass der Ursprung für den Mangel in einem Handeln oder Unterlassen nach Gefahrübergang lag und dem Verkäufer daher nicht zuzurechnen ist. Vielmehr bleibt bereits nach dem Vortrag der Beklagten die Ursache für den mangelhaften Zustand offen. Der Vortrag, Pilz, Nesselsucht und Augenentzündung könne auf eine geschwächte Immunabwehr in Folge des Stresses im Zusammenhang mit dem Stallwechsel auftreten, sagt gerade nicht aus, dass es sich dabei um die einzig mögliche Ursache handelt.

Die Vermutungswirkung ist vorliegend auch nicht ausgeschlossen, weil die Vermutung nach der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Dies gilt insbesondere, soweit die Beklagte vorträgt, eine Augenentzündung oder Pilz und Nesselsucht könne typischerweise jederzeit nach der Übergabe eintreten.

Ein Sachmangel, der typischerweise jederzeit nach der Übergabe eintreten kann und für sich genommen keinen hinreichend wahrscheinlichen Rückschluss auf sein Vorliegen bei Gefahrübergang zulässt, begründet die Unvereinbarkeit nicht. Die Klägerin konnte demnach wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten.

 

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Sehnenschaden beim Pferd – Gewährleistungsrechte des Pferdekäufers

Beweislastumkehr wegen der Art des Mangels nicht anwendbar

Landgericht Neubrandenburg, Urteil vom 07.05.2004, AZ: 11 U 230/05

 

Sachverhalt:

Der Kläger, ein Pferdekäufer, macht gegen den Beklagten, einen Pferdehändler, Ansprüche aus einem Kaufvertrag über ein Pferd geltend.  Der Kauf des Pferdes stand unter der auflösenden Bedingung einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung. Die tierärztliche Ankaufsuntersuchung des klägerischen Tierarztes verlief befundfrei. Knapp einen Monat später verordnete dieser Tierarzt dem Pferd jedoch eine siebentätige antipholgistische Therapie sowie eine Ruhepause wegen einer Lahmheit, die sich daraufhin verringerte.Zwei Monate später trat die Lahmheit erneut auf. Die nun mittels Leitungsanästhesie und Ultraschall durchgeführte Untersuchung zeigte einen zentralen Defekt mit zwei Zentimeter unterhalb des Fesselträgerurspungs. Das Pferd benötigte eine Therapie mit Ruhigstellung. Danach zeigte das Pferd immer noch eine geringgradige Lahmheit vorne beiderseits. Der Kläger wollte das Pferd wegen der aufgetretenen Lahmheit vorne beiderseits aufgrund des Defekts im Fesselträgerursprungs gegen ein anderes Pferd eintauschen. Eine Einigung zwischen den Parteien erfolgte nicht. Der Kläger verlangte daraufhin mit anwaltlichen Schreiben den Beklagten unter Fristsetzung zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pferdes auf. Der Kläger ist der Ansicht, der Defekt habe schon bei  Übergabe vorgelegen. Durch diesen Mangel, sei das Pferd zudem nicht zum Reit- und Springsport geeignet.

Der Beklagte ist demgegenüber der Ansicht, das Pferd sei zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen.

 

Entscheidung:

Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch nach § 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pferdes. Der Kläger konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass ein Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag.

Der Käufer ist grundsätzlich für die Tatsache beweispflichtig, dass ein Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Eine diesbezügliche Beweislastumkehr befindet sich allerdings bei den Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs, der hier vorlag. Nach § 477 n.F. BGB wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich der Mangel innerhalb von 6 Monaten zeigte. Ausgenommen ist diese Vermutung, jedoch, wenn das mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Diese Ausnahme liegt bei dem geltend gemachten Sachmangel vor. Nach dem Gutachten eines Sachverständigen handelt es sich bei dem Mangel „um einen Sehnenschaden, der durch eine übermäßige Belastung der Sehnenfasern, bereits durch ein Fehltritt, entstehen kann“. Die Folge ist die Verdickung des Sehnenabschnittes, die nachträglich festgestellt werden könnte.

Die Vermutung des § 477 n.F. BGB ist vorliegend nicht anzuwenden, da diese Vermutung nur bei Krankheiten, die nicht tierärztlich, z.B bei einer Ankaufsuntersuchung, festgestellt werden können, greift. Diese Krankheit hätte bei der -laut dem Sachverständigengutachten- Ankaufsuntersuchung aber erkannt werden können. Zudem kann das Pferd nach dem Sachverständigengutachten künftig noch im Reit- und Springsport eingesetzt werden, sodass der Zweck des Vertrags auch aufrechterhalten wurde.

Ansprüche des Käufers bestehen daher nicht

 

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