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Kein anfängertaugliches Pferd – Rücktritt vom Pferdekaufvertrag

OLG Oldenburg, Urt. v. 01.02.2018 – 1 U 51/16

 

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine in New York wohnhafte Reiterin, wollte für sich ein anfängertaugliches Pferd kaufen. Da sie erst im gehobeneren Alter überhaupt mit dem Reiten angefangen hatte und dementsprechend noch wenig Erfahrung hatte, suchte sie nach einem braven, leichtrittigen, lektionssicheren und anfängertauglichen Pferd. Der Beklagte bot ihr dazu das Pferd „C“ an, welches nach seiner Aussage all diese Attribute erfülle. Nachdem die Klägerin das Pferd drei Mal zur Probe ritt, kaufte sie es zum Preis von 55.000€. Kurze Zeit später stellte sich jedoch heraus, dass das Pferd sich nicht so einfach im Umgang darstellte. Dies äußerte sich darin, dass es sich kaum longieren ließ und beim Aufsteigen festgehalten werden musste. Die Käuferin erklärte daraufhin den Rücktritt wegen eines Sachmangels, da das Pferd nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweise. Der Beklagte blieb bei seiner Ansicht, dass es sich bei „C“ um ein braves und leicht zu handhabendes Pferd handele, so dass es zum Rechtsstreit kam.

 

Entscheidungsgründe:

Das OLG Oldenburg gab der Klägerin Recht, denn das Pferd entspreche nicht der Beschaffenheitsvereinbarung. Nach dieser Vereinbarung sollte das Pferd brav und leicht zu handhaben sein. Nach Aussage mehrerer Zeugen und des Sachverständigen stellte es sich jedoch so dar, dass das Pferd sehr nervös sei, sich in der Box nicht anfassen lasse und unberechenbar sei. Bei „C“ handele es sich um ein sehr sensibles Pferd, für dessen Handhabung besondere Erfahrungen im Umgang mit Pferden notwendig seien, weswegen es für Anfänger, wie die Klägerin, gerade nicht geeignet sei. Nach Ansicht des Gerichts sei das Rücktrittsrecht auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel hatte, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Umstand der Klägerin bei den Proberitten hätte auffallen müssen. Die Aufforderung zur Nacherfüllung unter Setzung einer Frist war vorliegend entbehrlich, da die Nachlieferung eines anderen Pferdes ausscheide. Die Parteien haben sich nämlich auf den Kauf dieses bestimmten Pferdes geeignet und nicht auf die Lieferung eines austauschbaren Pferdes.  

Interessant sind hierzu die Ausführungen des OLG Hamm – 19 U 132/11 in Bezug auf ein zum Steigen neigendes Pferd. Das Gericht hat hier ausgeführt, dass bei Verhaltensauffälligkeiten nicht automatisch die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung ausgeschlossen sein muss, denn es könnte möglich sein, dass diese therapierbar sind. Mit diesem Aspekt scheint sich das OLG Oldenburg jedoch gar nicht befasst zu haben.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Hengstiges Verhalten – Minderung des Kaufpreises wegen Sachmangels

Keine Nachbesserung wegen Arglist des Verkäufers

BGH, Urteil vom 09.01.2008, AZ: VIII ZR 210/96

Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 14. Juni 2006, AZ: 11 U 143/05

Eingangsinstanz: LG Münster, Urteil vom 28. Oktober 2005, AZ: 16 O 582/04

Sachverhalt:

Die Klägerin kaufte von dem Beklagten ein Dressurpferd zum Preis von 45.000 Euro. Sie machte wegen eines Sachmangels Minderung in Höhe von 50% des Kaufpreises geltend. Bei dem Sachmangel handele es sich um einen „(residualen) Kryptorchiden“ d.h. es erfolgte bei der Kastration keine vollständige Entfernung des Hodengewebes.

Durch die unvollständige Kastration zeige das Pferd hengstiges Verhalten und sei als Dressurpferd nicht geeignet. Laut der Klägerin habe der Beklagte vor dem Kauf von dem Mangel gewusst und sie daher arglistig getäuscht.

Entscheidungsgründe:

In der Eingangsinstanz und in der Berufungsinstanz unterlag die Klägerin. Die Revision hatte jedoch Erfolg. Die rechtlichen Erwägungen der Vorinstanzen halten eine rechtliche Nachprüfung nicht stand.

Die Klägerin hat ein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises nach §§ 434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 441, 90 a BGB.

Das Pferd entsprach nicht der vereinbarten Beschaffenheit, weil die vor Gefahrübergang durchgeführte Kastration nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde und das Pferd damit nicht mehr als Dressurpferd geeignet war.

Die Klägerin musste dem Beklagten keine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Grundsätzlich wird auch beim Tierkauf vorausgesetzt, dass dem Verkäufer zuerst erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt wird, welches hier unstreitig nicht passierte. Es liegt jedoch eine Ausnahme nach § 440 BGB vor, in dem eine Fristsetzung entbehrlich ist.

Es ist zwar nicht für die Klägerin unzumutbar, dem Pferd die Risiken einer erneuten Operation auszusetzen – an der Beurteilung des Berufungsrichters wegen eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen war nichts auszusetzen -.

Die Nacherfüllung ist aber wegen der arglistigen Täuschung des Beklagten für die Klägerin unzumutbar. Eine begangene Täuschungshandlung des Beklagten beschädigt nämlich die erforderliche Vertrauensgrundlage für die Nacherfüllung. Eine Fristsetzung ist entbehrlich.

Der Beklagte hatte als Verkäufer nur ein Anrecht auf Nacherfüllung, wenn er von dem Sachmangel beim Abschluss des Pferdekaufvertrages nichts wusste. War ihm der Mangel jedoch bekannt, hätte er vor Abschluss des Pferdekaufvertrages den Mangel beseitigen können. Der Verkäufer, der arglistig täuscht, hat somit die verbundenen wirtschaftlichen Nachteile der Rückabwicklung des Vertrages zu tragen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Pferderecht Reitunfall Haftung des Pferdebesitzer „ Kein Nutztierprivileg“ bei Einsatz eines Pferdes zum heilpädagogischen Reiten”

„Ein von einer gemeinnützigen GmbH in einer Jugendhilfeeinrichtung zum heilpädagogischen Reiten eingesetztes Pferd unterliegt nicht dem Nutztierprivileg des § 833 Satz 2 BGB.“

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 31. Januar 2018, Az. 2 U 30/15

vorgehend LG Saarbrücken, 28. April 2015, 4 O 130/14

 

Der Sachverhalt

Die Klägerin, eine Berufsgenossenschaft, nimmt die Beklagte, bei der es sich um eine als gemeinnützig anerkannte Trägergesellschaft der Caritas handelt, auf Schadensersatz wegen eines Reitunfalls der bei ihr gesetzlich unfallversicherten Zeugin K. in Anspruch. Die Zeugin K. war aufgrund eines Honorarvertrags zweimal wöchentlich mit dem Beritt von vier Therapiepferden betraut, welche die Beklagte in der von ihr betriebenen Jugendhilfeeinrichtung hält. Die Pferde werden dort im Rahmen des Therapieangebots der Einrichtung eingesetzt, zu dem auch heilpädagogisches Reiten gehört. Bei einem Geländeausritt stürzte die Zeugin K. von dem Pferd „Hexe“, wobei sie sich eine Lendenwirbelfraktur zuzog.

Die Klägerin behauptet, das Pferd habe sich plötzlich aus nicht näher bekannten Gründen, möglicherweise aufgrund eines Geräuschs in einer Hecke, erschrocken und daraufhin gebockt. Der Zeugin K. sei es trotz jahrelanger Erfahrung im Umgang mit Pferden nicht möglich gewesen, das Pferd zu beruhigen und den Sturz zu verhindern.

Die Beklagte hat den Unfallhergang, die unfallbedingten Verletzungsfolgen sowie die Aufwendungen der Klägerin bestritten und geltend gemacht, die Zeugin K. hätte als gute und erfahrene Reiterin ein einfaches Bocken des als gutmütig und ruhig beschriebenen Pferdes beherrschen müssen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nach seiner Auffassung ist die Tierhalterhaftung der Beklagten gemäß § 833 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel weiter. Sie macht im Wesentlichen geltend, das Pferd „Hexe“ sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein Nutztier, weil die Beklagte als gemeinnützige Einrichtung nicht erwerbswirtschaftlich tätig sei, sondern nur ideelle Zwecke verfolge.

 

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab der Klägerin Recht. Der Klägerin stünde ein Schadensersatzanspruch gemäß § 833 Satz 1 BGB gegen die Beklagte als Halterin des Pferdes „Hexe“ zu.

Nach § 833 Satz 1 BGB ist, sofern der Körper oder die Gesundheit eines Menschen durch ein Tier verletzt wird, derjenige, welcher das Tier hält, zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Die Tierhalterhaftung erfordert die Verwirklichung einer typischen Tiergefahr, die sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbstständigen Verhalten des Tieres äußert. Diese Voraussetzung sei erfüllt. Es sei zu dem Sturz gekommen als „Hexe“ aus dem Schritt heraus plötzlich einen (einzigen) „riesengroßen Satz“ machte und die Reiterin über die rechte Schulter abwarf. Es komme nicht darauf an, ob die Zeugin K., das Pferd möglicherweise hätte beruhigen und dadurch den Sturz hätte verhindern können. Dies könne allenfalls ein Mitverschulden der Reiterin begründen, nicht aber dazu führen, dass sich eine spezifische Tiergefahr nicht verwirklicht habe.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Haftung der Beklagten nicht gemäß § 833 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Danach tritt die Ersatzpflicht des Tierhalters nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist (Nutztier), und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Für die Einordnung als so genanntes „Nutztier“ i.S. des § 833 Satz 2 BGB sei auf die allgemeine Zweckbestimmung abzustellen, die dem Tier von seinem Halter gegeben worden ist. Dieser Zweck müsse allerdings stets ein wirtschaftlicher sein. Tiere, die aus Liebhaberei oder zu sonstigen ideellen Zwecken wie zum Beispiel zur Ausübung des Reitsports gehalten werden, ohne dass der Halter aus ihrer Nutzung  seinen Erwerb bezieht, seien von der Vorschrift nicht erfasst. Unter Erwerbstätigkeit i.S. des § 833 Satz 2 BGB ist dabei jede Tätigkeit zu verstehen, die auf Gewinnerzielung gerichtet ist.

Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass die von einem nicht wirtschaftlichen Verein (§ 21 BGB) zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben zur Reittherapie von Behinderten gehaltenen Pferde – ebenso wie die eines nicht wirtschaftlichen allgemeinen Reitsportvereins – nicht unter das Nutztierprivileg des § 833 Satz 2 BGB fallen. Einem Reitverein, der sich der Reittherapie von Behinderten widmet, steht daher die Entlastungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift nur dann zu, wenn er seine Reitpferde überwiegend oder jedenfalls in einem so erheblichen Umfang wie ein wirtschaftliches Unternehmen zu Erwerbszwecken nutzt, was allerdings wiederum mit der satzungsmäßig ideellen Zweckbestimmung des Vereins nicht mehr im Einklang stünde (BGH, aaO).

Diese Grundsätze seien auf den hier gegebenen Fall, in dem die Pferde von einer als gemeinnützig anerkannten GmbH im Rahmen des Angebots einer von dieser betriebenen Jugendhilfeeinrichtung zum heilpädagogischen Reiten eingesetzt werden, übertragbar mit der Folge, dass die Beklagte sich nicht auf § 833 Satz 2 BGB berufen könne. Eine Gesellschaft erlangt durch die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft steuerrechtlichen Sonderstatus. Die Steuervergünstigung ist daran geknüpft, dass die Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Kennzeichnend für alle drei steuerbegünstigten Zwecke ist das Merkmal der Selbstlosigkeit. Es setzt gemäß unter anderem voraus, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt werden.

Die in der Jugendhilfeeinrichtung gehaltenen Therapiepferde dienen auch nicht dem Beruf der Beklagten. Ein von einer juristischen Person – wie der Beklagten – gehaltenes Tier könne grundsätzlich unter die Bestimmung des § 833 Satz 2 BGB fallen, wenn es dazu bestimmt ist, dem Aufgabenbereich der juristischen Person und damit deren „Beruf“ zu dienen. Eine Abhängigkeit der Beklagten von Haltung von Therapiepferden lasse sich jedoch nicht feststellen. Wie aus der Angebotsbeschreibung hervorginge, handele es sich bei dem therapeutischen Reiten um ein (freiwilliges) gruppenergänzendes Angebot, das neben andere Therapieangebote trete.

Der Tierhalterhaftung der Beklagten stünden auch keine sonstigen Gründe entgegen.

Die Zeugin K. hat den Ausritt nicht auf eigene Gefahr unternommen. Eine vollständige Freistellung des Tierhalters von der Haftung nach § 833 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr komme allenfalls in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. Ein genereller Ausschluss der Tierhalterhaftung sowohl unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr als auch unter Schutzzweckerwägungen ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls für Fallgestaltungen abgelehnt worden, in denen sich Personen der Tiergefahr aus beruflichen Gründen vorübergehend aussetzen, ohne dabei die vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen. Davon sei auch hier auszugehen, da die Zeugin K. zum Zeitpunkt des Sturzes die von der Beklagten gehaltenen Therapiepferde lediglich zweimal wöchentlich im Rahmen einer auf Honorarbasis ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit beritt.

Im Übrigen könne von einem Handeln auf eigene Gefahr im Rechtssinn nur dann die Rede sein, wenn sich jemand in eine Situation drohender Eigengefährdung begibt, obwohl er die besonderen Umstände kennt, die für ihn eine konkrete Gefahrenlage begründen, ohne dass dafür ein triftiger – rechtlicher, beruflicher oder sittlicher – Grund vorliegt. Daran fehle es hier. Bei dem Pferd „Hexe“ handele es sich um ein ruhiges und gutmütiges Tier. Allein der Umstand, dass die Zeugin es bei ihren Ausritten im freien Gelände bewegte, sei für sich genommen nicht ausreichend für die Annahme, bei ihrem Umgang mit dem Pferd habe ein gesteigertes Gefährdungspotenzial bestanden. Auch ein vertraglicher Haftungsausschluss liege nicht vor. Er bedürfe im Allgemeinen einer eindeutigen Abrede und sei in dem zwischen der Beklagten und der Zeugin K. geschlossenen Honorarvertrag nicht enthalten.

Für ein die Haftung minderndes Mitverschulden gäbe es keine Anhaltspunkte.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Pferdehalterhaftung: Halter haftet vollumfänglich für ausschlagendes Pferd auf der Weide

Herdenhaltung stellt eine artgerechte Pferdehaltung und für sich genommen keinen Grund für eine Mithaftung des Halters des verletzten Pferdes als Tierhalter dar.

Landgericht Hannover, Beschluss vom 02. November 2006, Az. 3 S 72/06

 

Sachverhalt

Als der Kläger sein Pferd von der Weide holen wollte, trat das Pferd „X“ der Beklagten, welches ebenfalls auf der Weide stand, aus und verletzte das Pferd des Klägers. Das Pferd des Klägers wurde am Schadenstag am linken Hinterbein oberhalb des Sprunggelenkes so stark verletzt, dass dieses verstarb. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung des ausschlagenden Pferdes zahlte lediglich 50 % des Verkehrswertes des verstorbenen Pferdes mit dem Hinweis darauf, dass sich der Halter des getöteten Pferdes eine Mithaftung nach § 254 Abs. 1 BGB anrechnen lassen müsse. Der Kläger begehrte mit seiner Klage Schadensersatz von der Beklagten, er war der Meinung, dass die Beklagte vollumfänglich haften müsse. Das Amtsgericht gab ihm Recht. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung beim Landgericht ein.

 

Die Entscheidung

Die Berufung hatte keinen Erfolg, das Landgericht bestätigte das Urteil des Amtsgerichts.Zutreffend habe das Amtsgericht eine vom verletzten Pferd ausgehende Tiergefahr nicht entsprechend § 254 BGB anspruchsmindernd berücksichtigt. Eine insoweit entsprechende Anwendung des § 254 BGB setze voraus, dass die vom verletzten Tier ausgehende spezifische Tiergefahr für die Verletzung mit ursächlich geworden ist. Nach dem Ergebnis der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme sei eine vom verletzten Tier ausgehende spezifische Tiergefahr für die Verletzung nicht ursächlich. Das verletzte Pferd habe mit etwa 3 weiteren Pferden und dem Pferd der Beklagten „X“ am Gatter gestanden, da zu diesem Zeitpunkt die Pferde hereingeholt werden sollten. Für ein aggressives Verhalten eines der Pferde sei nichts ersichtlich gewesen. Nach dem Eindruck der Zeugin habe sich „X“ sich durch Ausschlagen gegen die Mücken wehren wollen bzw. sei durch die auftretenden Mücken irritiert gewesen. Die Behauptung der Beklagten, zu diesem Zeitpunkt hätte Drohverhalten oder Aggressivität unter Einbeziehung des verletzten Pferdes vorgelegen, sei angesichts der glaubhaften Bekundung der Zeugin zum Verhalten der betroffenen Pferde unmittelbar vor der Verletzung bloße Spekulation, der das Amtsgericht nicht durch Einholung des von der Beklagten beantragten Sachverständigengutachtens nachgehen hätte müssen. Dass sich das Pferd des Klägers hinter „X“ stehend im Bereich des ausschlagenden Hinterbeins von „X“ aufgehalten habe, stelle keine von dem Pferd des Klägers ausgehende Tiergefahr dar. Dass diese Nähe das Ausschlagen in Form eines Anreizes oder gar Provokation ausgelöst haben könnte, sei nicht ersichtlich.

Zutreffend habe das Amtsgericht erkannt, dass auch ein eigenes Mitverschulden des Klägers als Tierhalter nicht deshalb gegeben sei, weil sein Pferd auf dem Paddock zusammen mit „X“ und den weiteren Pferden gehalten worden sei. Eine derartige Haltung sei artgerecht. Ein Mitverschulden setze aber voraus, dass die Sorge außer Acht gelassen werde, die ein ordentlicher und verständiger Mensch gegenüber Tieren zu beobachten pflege, um sich vor Schaden zu bewahren. Diese Umstände für ein eigenes Verschulden seien bei einer artgerechten und üblichen Pferdehaltung nicht gegeben.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Pferdekaufvertrag: Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit des Pferdes

„Lässt der Vortrag des beklagten Verkäufers offen, ob der Ursprung für den Mangel in einem Handeln oder Unterlassen nach Gefahrübergang lag und dem Verkäufer daher nicht zuzurechnen ist, reicht dies nicht aus, die Vermutungswirkung des § 477 BGB zu beseitigen.“

LG Frankfurt, Urteil vom 05. April 2018, Az. 2-32 O 95/17

 

Sachverhalt

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Pferdekaufvertrag: Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit des Pferdes

Die Beklagte betreibt einen Reit-, Ausbildungs- und Handelsstall für Dressurpferde. Im Juli 2016 erwarb die Klägerin nach vorheriger Besichtigung und Erprobung von der Beklagten ein Pferd für ihre Tochter.

Zwischen den Parteien wurde eine Ankaufsuntersuchung vereinbart und vor dem Kauf durchgeführt. Die Untersuchung war ohne besonderen Befund.

Drei Tage nach dem Kauf wandte sich die Klägerin an die Beklagte und teilte ihr mit, das Pferd habe ein entzündetes Auge. Mit anwaltlichem Schreiben wandte sich die Klägerin dann Ende August an die Beklagte und teilte mit, dass das Pferd nach einem Hund ausgetreten habe und aus der Nachbarbox gefüttert werden müsse, da es nach dem Fütternden tritt. Auch beim Fertigmachen trete das Pferd immer wieder aus. Komme man dem Pferd an die Hinterbeine, trete es gezielt aus. Weiterhin lasse sich das Pferd nicht anbinden. Bei einem Ausritt habe das Pferd einem Jogger in den Bauch getreten. Unmittelbar nachdem das Pferd in den Stall der Klägerin verbracht worden sei, sei ein entzündetes Auge erkennbar gewesen, in Sattellage sei ein Pilz aufgetreten und es bestehe eine Nesselsucht am Mähnenkamm. Mit gleichem Schreiben erklärte der Anwalt für die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, das Pferd bis Zug um Zug gegen vollständige Rückzahlung des Kaufpreises zurückzunehmen. Sollte die Beklagte eine Möglichkeit der Nachbesserung sehen, solle sie ihre konkreten Vorschläge mitteilen. Ihr werde dann das Pferd für eine Zeit von vier Wochen zur Verfügung gestellt.

Die Beklagte wies die Gewährleistungsansprüche der Klägerin zurück.

Eine tierärztliche Untersuchung im Dezember ergab den nachfolgenden Befund: „Der Augapfel ist zurückgezogen, es besteht ein leichter Blepharospasmus. Eine Tränenspur unterhalb des Auges weist auf eine länger andauernde Schmerzhaftigkeit des Auges hin. […] Die Pupille ist sehr eng (Miosis) und nicht responsiv. Der Bereich des Glaskörpers ist (soweit einsehbar) gelb-grün verfärbt, […] Im Umgang zeigt das Pferd eine hochgradige Einschränkung der Sehkraft auf der linken Seite und ist extrem schreckhaft und nervös. […].“

 

Die Entscheidung

Das Gericht gab der Klage statt. Der Klägerin stand ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu. Das Pferd war vorliegend nicht frei von Sachmängeln, da es jedenfalls nicht für die gewöhnliche Verwendung eignete und eine Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist und die der Verkäufer nach der Art der Sache nicht erwarten kann.

Beim Pferdekauf liegt ein Sachmangel unter anderem vor, in einer mangelnden „Rittigkeit“, einer periodischen Augenentzündung, schlechten Charaktereigenschaften oder einer Abweichung der Beschaffenheit vom Ergebnis der Kaufuntersuchung.

Die Klägerin hat durch die Vorlage des Attests substantiiert zu den Befunden des streitgegenständlichen Pferdes vorgetragen. Diese stehen zumindest teilweise in Abweichung zu den Befunden der Kaufuntersuchung, dort insbesondere zur Untersuchung der Augen und des Verhaltens.

Das Pferd war bereits bei Gefahrübergang, also bei der Übergabe der gekauften Sache mangelbehaftet. Zeigt sich bei einem Verbrauchsgüterkauf innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, dass diese Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist, § 477 BGB n.F..

Die Abweichung des tatsächlichen Zustandes des Pferdes vom in der Ankaufuntersuchung beschriebenen Zustand trat innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Pferdes auf.

Die Klägerin muss nach der geänderten Rechtsprechung des BGH (BGH vom 12.10.2016, Az.: VIII ZR 103/15) nicht nachweisen, dass der von ihr geltend gemachte akute Mangel auf einer Ursache beruht, die einen latenten Mangel darstellt, damit die Vermutungswirkung des § 477 BGB zur Anwendung kommt.

Der BGH hat diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben, nachdem der EuGH bezüglich der § 447 BGB zu Grunde liegenden Regelung in der Art. 5 Abs. 3 VerbrGKRL entschieden hat, der Verbraucher müsse nur das Vorliegen einer binnen 6 Monaten seit Lieferung aufgetretenen Vertragswidrigkeit beweisen, nicht aber deren Grund. Im Falle dieses Beweises muss der Verkäufer beweisen, dass die Vertragswidrigkeit bei Lieferung noch nicht vorlag, sondern ihren Grund oder Ursprung in einem nach Lieferung eingetretenem Umstand hat.

Auf Grund der Entscheidung des EuGH geht der BGH nunmehr, davon aus, dass wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang beim Verbrauchsgüterkauf ein mangelhafter Zustand zeigt, zu Gunsten des Käufers die Vermutung greift, dass dieser bereits bei Gefahrübergang bestanden hat.

Das bedeutet, dass zu Gunsten des Käufers vermutet wird, dass ein erst nach Gefahrübergang aufgetretener „akuter Mangel“ auf einem bereits bei Gefahrübergang vorhandenen „latenten Mangel“ beruht.

Der Käufer muss nur entsprechend darlegen und ggf. beweisen, dass ein mangelhafter Zustand besteht und sich dieser binnen sechs Monaten nach Lieferung des Gutes( hier Pferdes) herausgestellt hat.

Demgegenüber muss der Verkäufer nachweisen, dass die Vermutungswirkung des § 447 BGB nicht greift, weil ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden war oder weil er seinen Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach diesem Zeitpunkt hatte und dem Verkäufer damit nicht zuzurechnen ist.

Gelingt ihm die Beweisführung nicht „rechtlich hinreichend“, greift zu Gunsten des Käufers die Vermutung des § 477 BGB auch dann ein, wenn die Ursache für den mangelhaften Zustand oder Zeitpunkt ihres Auftretens offengeblieben ist, also letztlich offen geblieben ist, ob überhaupt ein vom Verkäufer zu vertretender Sachmangel vorlag.

Daneben verbleibt dem Verkäufer die Möglichkeit, sich darauf zu berufen und nachzuweisen, dass das Eingreifen der Beweislastumkehr des § 477 BGB ausnahmsweise bereits deswegen ausgeschlossen ist, weil die Vermutung, dass bereits bei Gefahrübergang im Ansatz ein Mangel vorlag, mit der Art der Sache oder eines derartigen Mangels unvereinbar ist (§ 477 letzter Halbs. BGB) ist.

Zur Widerlegung der Vermutung des § 477 BGB hat der Verkäufer also den Beweis des Gegenteils dahin zu erbringen, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang aufgetretene mangelhafte Zustand auf eine nach Gefahrübergang eingetretene, ihm nicht zuzurechnende Ursache – sei es auf ein Verhalten des Käufers oder eines Dritten, sei es auf sonstige Umstände, etwa eine übliche Abnutzungserscheinung nach Gefahrübergang, – zurückzuführen ist.

Hierfür ist eine Erschütterung der Vermutung nicht ausreichend; erforderlich ist vielmehr der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten.

Die Beklagte hat lediglich vorgetragen und Beweis angeboten, dass vor der Übergabe des Pferdes an die Klägerin kein Befund oder Anzeichen für eine Augenentzündung und auch keinerlei sonstiger Krankheitszustand vorgelegen hatte. Ebenso hat die Beklagte vorgetragen, dass Pferd sei vor Gefahrübergang nicht unsicher, unrittig, schreckhaft und nervös gewesen. Eine periodische Augenentzündung könne im Rahmen eines Stressschubes von jetzt auf gleich auftreten.

Selbst wenn man diesen Vortrag als wahr unterstellt, reicht er nicht aus, um die Vermutungswirkung des § 477 BGB zu beseitigen. Der Vortrag lässt offen, dass der Ursprung für den Mangel in einem Handeln oder Unterlassen nach Gefahrübergang lag und dem Verkäufer daher nicht zuzurechnen ist. Vielmehr bleibt bereits nach dem Vortrag der Beklagten die Ursache für den mangelhaften Zustand offen. Der Vortrag, Pilz, Nesselsucht und Augenentzündung könne auf eine geschwächte Immunabwehr in Folge des Stresses im Zusammenhang mit dem Stallwechsel auftreten, sagt gerade nicht aus, dass es sich dabei um die einzig mögliche Ursache handelt.

Die Vermutungswirkung ist vorliegend auch nicht ausgeschlossen, weil die Vermutung nach der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Dies gilt insbesondere, soweit die Beklagte vorträgt, eine Augenentzündung oder Pilz und Nesselsucht könne typischerweise jederzeit nach der Übergabe eintreten.

Ein Sachmangel, der typischerweise jederzeit nach der Übergabe eintreten kann und für sich genommen keinen hinreichend wahrscheinlichen Rückschluss auf sein Vorliegen bei Gefahrübergang zulässt, begründet die Unvereinbarkeit nicht. Die Klägerin konnte demnach wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten.

 

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