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Das überholende Pferd auf dem Abreiteplatz

Tierhalterhaftung – Das überholende Pferd auf dem Abreiteplatz

Überholt ein Pferd im Galopp auf einem Abreiteplatz ein im Schritt sich fortbewegendes Pferd, schlägt dieses aus und verletzt hierdurch die vorbeireitende Reiterin, so muss sich die Geschädigte die Tiergefahr ihres eigenen Pferdes zurechnen lassen. Im Regelfall wird es zu einer Haftungsteilung kommen.“

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 7. Januar 2016, Az. 1 U 422/15

Vorinstanz:  Landgericht Koblenz, Urteil vom 2. März 2015, Az. 15 O 466/13

Der Sachverhalt

Die Parteien nahmen an einem Turnier teil. Die Klägerin ritt mit ihrem Pferd zum Aufwärmen und damit zur Vorbereitung der für sie anstehenden Springprüfung auf dem Abreiteplatz. Sie ritt im Galopp auf dem dritten Hufschlag. Als die Klägerin an dem Pferd des Beklagten vorbeireiten wollte, erschrak dieses und trat aus. Dabei wurde die Klägerin erheblich verletzt, in dessen Folge sie auch operiert wurde.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten Schadensersatz.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht gab der Klage nur zu 50 % statt.

Die Tiergefahr des Pferdes des Beklagten mit der Haftungsfolge aus § 833 BGB habe sich in dem Erschrecken und Auskeilen seines Pferdes verwirklicht. Dieses tierische Verhalten sei auch durch die (schnelle) Annäherung des Pferdes der Klägerin im Galopp verursacht worden. Damit habe sich auch die Tiergefahr des von der Klägerin gerittenen Pferdes verwirklicht, was zu einer Schadensteilung führen würde. Insoweit gelte, dass die Tiergefahr, die von dem eigenen Tier ausgehe und den Schaden mitverursache, sich der Geschädigte entsprechend § 254 BGB anrechnen lassen müsse. Es gebe im vorliegenden Fall auch keine Veranlassung hinsichtlich der Art, des Umfangs der Tiergefahr zwischen den beiden Pferden zu differenzieren. Selbst wenn das Pferd des Beklagten zum Austreten neige, so sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin sich diesem Pferd im Galopp von hinten näherte und hierdurch auch eine nicht unwesentliche Gefährdungsursache gesetzt habe. Dieser Mitverursachungsanteil würde sich noch (deutlich) erhöhen, wenn das Pferd des Beklagten tatsächlich mit der roten Schleife sichtbar gekennzeichnet gewesen wäre. Gleichfalls sei für die Abwägung der Gefährdungsanteile nicht entscheidend, dass sich wohl beide Pferde unstreitig jeweils auf den falschen Wegstrecken bewegt haben. Auch diese erkennbaren Abweichungen von den allgemeinen Gepflogenheiten im Reitsport habe die Klägerin zu besonderer Vorsicht und einem unfallverhindernden Abstand beim Vorbeigaloppieren anhalten können und wohl auch müssen.

Unter Berücksichtigung all dieser tatsächlichen Gegebenheiten seien die Verursachungsanteile beider Pferde für den Unfall der Klägerin als gleichgewichtig anzusehen und die Ersatzansprüche der Klägerin seien daher zu halbieren.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Haftung der Pferdehalterin für die Beschädigung des Endoskops

Keine Haftung der Pferdehalterin für die Beschädigung des Endoskops durch ihr sediertes Pferd

Gehen der Tierarzt und seine Helfer bei einer endoskopischen Untersuchung eines Pferdes unsachgemäß vor, so bestehen keine Schadensersatzsprüche gegen den Tierhalter, wenn hierbei das Endoskop beschädigt wird.“

Oberlandesgericht Jena, Urteil vom 8. Juni 2016, Az. 7 U 573/15

Vorinstanz: Landgericht Erfurt, 3. Juli 2015, Az. 10 O 897/13

Das Sachverhalt

Die Beklagte war mit ihrem Pferd in der Klinik des klägerischen Tierarztes. Dort wurde das Pferd sediert und mittels eines Endoskops untersucht. Das Endoskop rutschte aus dem Nasengang des Pferdes heraus, fiel auf den Boden und wurde dort von den Hufen des Pferdes beschädigt. Der Tierarzt begehrt mit seiner Klage Schadensersatz von der Pferdehalterin.

Das Urteil

Das Landgericht Erfurt gab der Klage statt, das Oberlandesgericht Jena hob die Entscheidung jedoch auf.

Zwar regele § 833 Satz 1 BGB eine Gefährdungshaftung für ein sog. Luxustier, es werde allerdings in der Rechtsprechung und Rechtsliteratur unterschiedlich beurteilt, wie Fälle zu behandeln seien, in denen ein behandelnder Tierarzt durch ein Tierverhalten geschädigt würde. Zum Teil werde ein Haftungsausschluss angenommen, zum Teil werde der Schutzbereich der Norm verneint, zum Teil werde eine Lösung über ein Mitverschulden vorgeschlagen. Der BGH vertrete im Grundsatz letztere Ansicht, hielte es aber auch für möglich, dass in ganz besonders gelagerten Fällen eine Tierhalterhaftung aus grundsätzlichen Erwägungen ausgeschlossen sein könne.

Gemessen an diesen Grundsätzen komme dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass im vorliegenden Fall während der Untersuchung des Pferdes mittels Endoskop ein zweiter Tierarzthelfer, der das Endoskop hätte festhalten müssen, gefehlt habe oder – wenn er anwesend gewesen sein sollte – das Endoskop nicht richtig festgehalten habe.

Es liege daher ein Schadensfall vor, der nicht mehr vom Schutzzweck des § 833 S. 1 BGB umfasst sei und daher nicht der Beklagten zugerechnet werden könne. Es lägen die dafür erforderlichen drei maßgeblichen Kriterien vor, die den Schadensfall aus dem Schutzbereich herausfallen ließen. Zum einen sei dies der Gesichtspunkt, dass sich das Pferd außerhalb der Obhut seiner Halterin in der Obhut der Geschädigten befunden habe. Zum Zweiten, dass der ortsabwesenden Tierhalterin infolge Verbringung des Pferdes in die Tierklinik und – zur Unfallzeit – in eine Behandlungsbox jegliche Einwirkungsmöglichkeit auf das Tier entzogen gewesen sei. Zum Dritten, dass hier eine Schädigung eines Dritten (der Klägerin) entstanden sei, die bei Anwendung aller Sorgfalt hätte vermieden werden können. Eine Haftung aus § 833 S. 1 BGB sei daher unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen.

Darüber hinaus sei hier in dem Herunterfallenlassen des Endoskops ein nach § 254 BGB derart schwerwiegendes Mitverschulden zu sehen, dass eine Gefährdungshaftung der Beklagten zurücktrete. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Sachverständige ausgeführt habe, dass die kurz nach dem Einführen des Endoskops in den Nasenkanal bei dem genannten Pferd plötzlich aufgetretene, hochgradig gesteigerte, exzitatorische Verhaltensstörung der plötzlichen Arzneimittelwirkung entspreche und bekannt sei. Dies hätte den Tierarzthelfer, dessen Verschulden sich die Klägerin nach §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen müsse, zu einer besonderen Aufmerksamkeit beim Festhalten des Endoskops veranlassen müssen. Denn auf Seiten der Klägerin hätte die Wirkung des Sedativums und die zu erwartende Reaktion des Pferdes bekannt sein müssen. Auch könne allenfalls das Herausrutschen des Endoskops aus der Nasenhöhle als typische Folge der Pferdegefahr angesehen werden, das Herunterfallen desselben aber nicht, denn nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte ein Tierarzthelfer das Endoskop festhalten müssen.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Reitunfall der Reitbeteiligung

50.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz nach Reitunfall der Reitbeteiligung

 

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.02.2009, Az. 4 U 210/08

Vorinstanz: Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.08.2008, Az. 2-05 O 327/07

Der Sachverhalt

Die Beklagte ist Eigentümerin des Pferdes „X“, die Klägerin ist die im Unfallzeitpunkt 12jährige Reitbeteiligung der Beklagten.

Die Klägerin ritt bereits seit ihrem 6. Lebensjahr regelmäßig und verfügte über hervorragende altersgemäße Reitkenntnisse. Die Beklagte ist Eigentümerin und Halterin zweier Reitpferde. Im Februar 2007 vereinbarte die Mutter der damals 12jährigen Klägerin mit der Beklagten eine „Reitbeteiligung“, wonach die Klägerin gegen Beteiligung an den Unterhaltskosten in Höhe von monatlich 70, € regelmäßig ein Pferd der Beklagten sollte reiten dürfen. Die Klägerin ritt das Pferd „X“ der Beklagten regelmäßig etwa 2 bis 3 mal wöchentlich und zwar auch im Gelände. Dabei hatte sie das Pferd bei allen drei Grundgangarten stets unter Kontrolle. Bei sämtlichen Ausritten ritt die Klägerin ausschließlich auf dem Pferd „X“ und in Begleitung der Beklagten; lediglich bei den Reitstunden der Klägerin war die Beklagte nicht anwesend.

Am 11.03.2007 ritten die Parteien, die Klägerin auf dem Pferd „X“, gemeinsam aus. Die Klägerin trug ordnungsgemäß Helm und Sicherheitsweste. Als sie sich gegen 13.40 Uhr gerade auf einem unbefestigten Feldweg in der Gemarkung … befanden, näherte sich in etwa 50 Meter Entfernung ein Traktor. Dies veranlasste beide Pferde nahezu gleichzeitig, zu scheuen und auf dem Feldweg los zu galoppieren. Während es der Beklagten gelang, ihr Pferd nach einigen Metern zum Stehen zu bringen, galoppierte das Pferd „X“ mit der Klägerin weiter, bis es nach etwa 70 Metern auf einen quer zum Feldweg verlaufenden asphaltierten Weg kam, dabei mit den Hinterbeinen wegrutschte und dort mit seinem gesamten Gewicht auf die Klägerin stürzte.

Durch den Reitunfall erlitt die Klägerin schwerste Verletzungen insbesondere des Schädels. Die Klägerin befindet sich im Wachkoma. Eine Kommunikation mit der Klägerin ist nicht möglich. Die Klägerin wird Zeit ihres Lebens pflegebedürftig bleiben.

Die Entscheidungen

Das Landgericht verurteilte die Beklagte an die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 150.000,- Euro nebst Zinsen, sowie den Ersatz aller Schäden zahlen. Die Beklagte legte gegen das Urteil Berufung beim Oberlandesgericht ein; dieses wies die Berufung zurück.

Die Beklagte hafte der Klägerin gegenüber als Tierhalterin gemäß § 833 BGB für den Schadensfall vom 11.03.2007. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin das den Schaden verursachende Pferd selbst geritten und eine „Reitbeteiligung“ für dieses Pferd mit der Beklagten vereinbart habe. Hierdurch habe die Beklagte nicht ihre Stellung als Tierhalterin verloren; eine solche Stellung sei damit auch nicht für die Klägerin begründet worden (vgl. OLGR Schleswig 2007, 768).

Bei dem Unfall am 11.03.2007 habe sich die spezifische Tiergefahr, mithin eine aus der tierischen Natur im Sinne eines unberechenbaren und selbständigen Verhaltens des Tieres resultierende Gefahr, verwirklicht, für die die Beklagte als Tierhalterin einzustehen habe.

Ein Mitverschulden der Klägerin, das diese Haftung reduzieren würde, sei nicht zu erkennen.

Insoweit habe der Senat bereits ernsthafte Zweifel, ob von einem zwölfjährigen Mädchen gemäß § 254 I BGB überhaupt ein Verhalten erwartet werden könnte, das den Unfall wirksam hätte verhindern können, auch wenn die Klägerin bereits eine Reiterfahrung gehabt habe, die sie für eine „Reitbeteiligung“ in Frage kommen ließ. Für ein Kind in diesem Alter dürften nicht die allgemeinen Sorgfaltsanforderungen herangezogen werden wie für einen Erwachsenen. Vielmehr könnte für die Klägerin nur ein Sorgfaltsmaßstab angelegt werden, der von einem Kind in einem vergleichbaren Alter und mit vergleichbarer Reiterfahrung durchschnittlich erwartet werden könnte (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 276, Rn. 17 mwN.). Danach sei es zweifelhaft, ob von einem zwölfjährigen Mädchen bei dem Durchgehen des von ihm gerittenen Pferdes angesichts von Körpergröße, Körpermasse, Körperbeherrschung und Reiterfahrung der Klägerin erwartet werden könnte, das Pferd im Wege des Parierens rechtzeitig wieder unter Kontrolle zu bringen. Hierauf käme es jedoch letztlich nicht an.

Für den vorliegenden Fall sei der Senat der Ansicht, dass ein Mitverschulden der Klägerin entsprechend der allgemeinen Beweislastverteilung gemäß § 254 BGB von der Beklagten zu beweisen wäre und nicht die Klägerin eine dahingehende Vermutung zu widerlegen hätte.

Ein solches Mitverschulden der Klägerin sei auch nicht deshalb zu erkennen, weil ihre Eltern es zuließen, dass sie an diesem Tage überhaupt ausritt.

Ein insoweit unterstelltes schuldhaftes Handeln der Eltern der Klägerin sei dieser nicht zuzurechnen.

Ein Mitverschulden der Klägerin sei auch nicht darin zu erkennen, dass sie nach dem Durchgehen des Pferdes X dieses nicht veranlasst hätte, im Kreis zu reiten oder zu parieren. Insofern könne dahinstehen, ob von der Klägerin angesichts ihres Alters und ihrer Reiterfahrung ein solches Verhalten zu erwarten gewesen sei und ob die Beklagte ihr diesbezügliche Anweisungen gegeben habe, die die Klägerin trotz der Aufregung des Geschehens hätte wahrnehmen können. Die Beklagte habe jedenfalls nicht nachgewiesen, dass die Klägerin ein Einwirken auf das Pferd, im Kreis zu reiten oder zu parieren, unterließ.

Umfassende Pferdehalterhaftung

Verschiedene Haftungstatbestände – ein Überblick für Pferdehalter

 

Umfassende Pferdehalterhaftung 

Grundsätzlich können aus verschiedenen gesetzlichen Tatbeständen Haftungen für Pferdehalter hergeleitet werden aber Pferdehaltern auch Ansprüche im Zusammenhang mit ihrer Pferdehaltung gegenüber Dritten zustehen. 

Unter Umständen kann ein Pferd ein „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des § 224 I Nr. 2 Alt.2 StGB darstellen. § 224 StGB regelt die gefährliche Körperverletzung.

Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach seiner Beschaffenheit und der Art der Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen.

Aufgrund der Größe und des Gewichts des Pferdes, ist es prinzipiell geeignet, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.

Beispielsweise kommt eine solche Haftung in Betracht, wenn eine Person mit dem Pferd auf eine andere losreitet, um sie zur Seite zu drängen und diese dabei verletzt wird.

Für die Haftung gem. § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB ist aber Vorsatz zur Begehung der Tat erforderlich, das heißt, dass die reitende Person vorsätzlich die andere schädigen wollte.

Außerdem ist eine fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB denkbar.

Der Halter eines Pferdes ist dazu verpflichtet, dieses zu überwachen und so abzusichern, dass Verletzungen und sonstige Schädigungen Dritter verhindert werden können. Es entsteht eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Unter Umständen kann es zu einer Haftung wegen fahrlässiger Körperverletzung kommen, wenn der Zaun der Weide nicht hoch genug ist, das Pferd mithin ausbrechen kann und anschließend einen Schaden an einem Menschen anrichtet.

Kommt der Mensch dadurch zu Tode, ist eine fahrlässige Tötung denkbar, § 222 StGB.

Des Weiteren kann an einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, § 315 b StGB gedacht werden, wenn das Pferd bei seinem Ausbruch auf die Straße rennt.

Im Zuge der Haftung im Straßenverkehr muss auch darauf geachtet werden, dass wenn bei einem Überholungsmanöver eines Autofahrers das Pferd scheut und dadurch ein Schaden entsteht, ein Mitverschulden des Fahrers entstehen kann.

II. Zivilrechtliche Haftung

Es werden innerhalb der zivilrechtlichen Haftungen zwei grundlegend verschiedene Haftungsarten unterschieden. Zum Einen die vertragliche Haftung und zum Anderen die deliktische Haftung.

1. Vertragliche Haftung

Wie der Name bereits aussagt, ist hier Grundvoraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes, dass ein Vertrag vorliegt. Werden Pflichten aus diesem Vertrag verletzt, entsteht ein Schadensersatzanspruch.

Als gutes Beispiel ist der Einstellvertrag heranzuziehen.

Dabei geben Pferdehalter ihr Tier dem Einsteller zur Obhut, ein Einstellvertrag wird geschlossen. Während der Vertragslaufzeit ist das Tier im Obhutsbereich des Pensionsstallbetreibers.

Die Hauptleistungspflichten aus dem Vertrag sind die Verfügungstellung von Box und Weide, die Versorgung des Pferdes und die unbeschädigte Rückgabe des Pferdes nach Vertragslaufzeit.

Werden jene Pflichten verletzt, kann der Tierhalter Schadensersatz verlangen.

Außerdem können sogenannte Nebenpflichten aus dem Vertrag entstehen. Grundsätzlich verpflichtet jeder Vertrag nämlich den Vertragspartner zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils. Vor allem sind dabei die sogenannten Aufklärungs- und Schutzpflichten von Bedeutung. An die Verletzung einer solchen Pflicht ist zu denken, wenn ein Tier mit einer ansteckenden Krankheit ebenfalls im Betrieb eingestellt wird. Der Tierhalter ist darüber zu informieren.

Ebenfalls wichtig sind die sogenannten Verkehrssicherungspflichten. Gegen solche wird verstoßen, wenn eine Gefahrenlage für Dritte geschaffen wird oder wenn die schon bestehende Gefahrenlage in seinem Verantwortungsbereich andauern lässt.

Der Einstellbetreiber haftet auch für ein schadenverursachendes Verhalten seiner Mitarbeiter, soweit es vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wurde. Zum Beispiel kann es passieren, dass ein Mitarbeiter ein Medikament für ein Tier falsch dosiert und dieses dann zu Schaden kommt.

Haftung vor Vertragsschluss:

Auch wenn bereits nur Vertragsverhandlungen geführt wurden, ist es möglich, dass eine Pflichtverletzung einen Schadensersatzanspruch begründet. Findet zum Beispiel eine Probereiten statt und ist der Boden nicht richtig gesäubert und die Person die reitet erleidet einen Schaden, so ist dies auch vom Einsteller zu verantworten.

Weitere Verträge:

Es gibt auch viele, viele andere Arten von Verträgen. Zum Beispiel ein Behandlungsvertrag mit dem Tierarzt, ein Kaufvertrag für ein Pferd, ein Pferdemietvertrag….

2. Deliktische Haftung

Innerhalb der deliktischen Haftung kann zwischen zwei verschiedenen Grundsätzen unterschieden werden. Es gibt den Fall der Verschuldenshaftung und den Fall der Gefährdungshaftung. Die deliktischen Haftungstatbestände sind in den §§ 823 – 853 BGB geregelt.

a) Verschuldenshaftung

Jede natürliche Person haftet für den von ihr hervorgerufenen Schaden, dessen Eintritt für sie vorhersehbar und vermeidbar war. Das „Verschulden“ dieser Haftung besteht darin, dass die Person die Ursache für den Eintritt des Schadens gesetzt hat oder nicht alles mögliche und zumutbare getan hat, um den Eintritt des Schadens zu verhindern, nachdem ein Geschehensablauf von ihr in Gang gesetzt wurde, der schlussendlich zum Schadenseintritt führte.

Als gutes Beispiel ist hier § 823 BGB heranzuziehen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.“

Wichtig ist hierbei, dass IRGENDEINE Art von Verschulden vorliegen muss. Sei es, weil vorsätzlich ein Verhalten geplant war, oder fahrlässig die Weidetür offen stehen gelassen wurde, sodass das Pferd entfliehen konnte und auf der Flucht ein Auto geschädigt hat.

b) Gefährdungshaftung, § 833 S.1 BGB

Die Gefährdungshaftung ist wohl der wichtigste Haftungstatbestand für Tierhalter. Hier ist keine Art von Verschulden erforderlich. Dem Halter des Tieres kann keinerlei Fehlverhalten vorgeworfen werden. Tierhalter ist, wer an der Haltung ein eigenes Interesse, eine mittelbare oder unmittelbare und grundsätzlich nicht nur vorübergehende Besitzstellung und die Befugnis hat, über Betreuung und Existenz des Tieres zu entscheiden.1

Grund für eine solche verschuldensunabhängige Haftung ist die besondere Gefährlichkeit, die von Tieren ausgeht. Denn Tiere haben ein unberechenbares und willkürliches Verhalten.

Zur Erfüllung dieses Tatbestandes ist die Verursachung des Schadens „durch ein Tier“ gefordert, das heißt, dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Schaden und dem Verhalten des Tieres vorhanden sein muss. Bei dieser Schädigungshandlung muss sich die „typische Tiergefahr“ realisiert haben. Dies meint, dass sich ein unberechenbares und selbstständiges Verhalten, welches der tierischen Natur entspricht, verwirklicht haben muss.

Jenes unberechenbare und selbstständige Verhalten kann ein Tierhalter nicht vollständig beherrschen, also eröffnet sich mit der Haltung des Tieres eine Gefahrenquelle. Diese Gefahrenquelle rechtfertigt eine strenge Haftung, auch für verschuldensunabhängiges Verhalten.

Beispiele sind das Scheuen eines Pferdes und ein anschließender Tritt oder dergleichen, wenn es sich erschreckt oder ein ungeahnter Deckakt auf der Weide.

Auch für Hundehalter ist dies wichtig. Wenn bei einem Spaziergang ein anderer Hund trotz Leine und anderer Maßnahmen sich mit einem anderen Hund zerbeißt.

Wichtig ist aber, dass keine typische Tiergefahr vorliegt, wenn das Tier aufgrund von menschlichen Weisungen handelt. Zum Beispiel wäre dies der Fall, wenn jemand seinen Hund auf eine andere Person hetzt.

§ 833 S. 1 BGB regelt die Haftung für sogenannte Luxustiere, darunter fallen im Normalfall Haustiere, die zu „Liebhaberzwecken“ gehalten werden. Oder aber Tiere, die nicht zu gewerblichen Zwecke genutzt werden.

Im Gegensatz zu § 833 S.1 BGB regelgt § 833 S. 2 BGB die Gefährdungshaftung für Nutztiere, dies können beispielsweise Zuchttiere sein, Vereinstiere oder Schlachttiere. Hierbei tritt eine Ersatzpflicht des Tierhalters nicht ein, wenn der dieser bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.

III. Mitverschulden

Der Schadensersatzanspruch bei den Haftungstatbeständen kann verkürzt werden, sobald ein Mitverschulden der anderen Partei vorliegt, § 254 BGB.

Vor allem ist dies der Fall, wenn beispielsweise bei einem Überholmanöver eines Autofahrers an einem Pferd dasselbe scheut und das Auto beschädigt. Dabei wurde zwar die typische Tiergefahr realisiert, jedoch kann auf den Fahrer eine Verkürzung des Anspruchs drohen, weil er unter Umständen zu schnell gefahren ist oder nicht genügend Abstand gehalten hat. So kann es auch unter Umständen dazu kommen, dass der Fahrer die volle Verantwortung für seinen Schaden übernehmen muss.

1 Hamm, VersR 73, 1054