02151 - 76 70 00 9

Zur Haftung des Reitlehrers beim Springtraining

KG Berlin, Beschl. v. 02.03.2017 – 11 U 5/16

Sachverhalt:

Der Kläger des vorliegenden Verfahrens buchte bei dem Beklagte eine Stunde Springtraining. Der Beklagte, der ein erfahrener Reitlehrer war, baute zu Beginn der Reitstunden einen In-Out-Sprung bestehende aus einem ca. 30 cm hohen Cavaletti und einem höheren Steilsprung auf. Der Abstand zwischen den beiden Sprüngen betrug ca. 2,40 m. Der Beklagte wies den Kläger an, das Hindernis zunächst im Trab anzureiten, wobei das Pferd des Klägers das Cavaletti zunächst umstieß. Anschließend sollte der Kläger das Hindernis im Galopp anreiten, was ihm auch zweimal hintereinander ohne weiteres gelang. Daher erhöhte der Beklagte den Steilsprung leicht auf ca. 80 cm. Bei dem darauffolgenden Versuch, das erhöhte Hindernis im Galopp zu überwinden, riss das Pferd des Klägers die obere Stange des Steilsprungs mit den Vorderbeineinen zu Boden und stürzte auf den Kläger. Der Kläger erlitt hierdurch erhebliche Verletzungen. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld. Er behauptet, der Beklagte habe den Sturz dadurch verursacht, dass er die Abstände zwischen den Sprüngen falsch abgemessen habe.

 

Entscheidung:

Die Klage hatte weder in erster noch in zweiter Instanz Erfolg, da der Kläger dem Beklagten nicht die Verletzung einer für den Sturz ursächlichen Verkehrssicherungspflicht nachweisen konnte.

Da dem Springtraining zugrunde liegenden Vertragsverhältnis ist als Dienstvertrag gem. §§ 611 ff. BGB zu qualifizieren, da der Beklagte lediglich die Durchführung einer Unterrichtsstunde, nicht aber einen konkreten Ausbildungserfolg schuldete. Ein Schadensersatzanspruch aus dem Dienstvertrag kommt in Betracht, wenn dem Dienstleister die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht zur Last gelegt werden kann. Die Frage, wann bei einer Springstunde die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht angenommen werden kann, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Ausschlaggebenden Faktoren sind dabei das Alter und der Ausbildungsstand von Pferd und Reiter,  der Schwierigkeitsgrad der Übung und die Frage, ob das Hindernis ordnungsgemäß aufgebaut worden ist.

Da der Kläger des vorliegenden Verfahrens als durchaus erfahrenen Reiter mit seinem Pferd das Hindernis in der Reitstunden bereits zweimal problemlos überwunden hatte und das Pferd des Klägers in der Vergangenheit unstreitig bereits Sprünge bis zu einer Höhe von etwa 1,05 m erfolgreich gemeistert hatte, war nur noch fraglich, ob der Beklagte den Abstand zwischen dem Cavaletti und dem Steilsprung pflichtwidrig zu eng gewählt hatte. Denn die Richtlinien für Reiten und Fahren der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) sehen für ein In-Out „regelmäßig“ eine Distanz von 3 m oder mehr vor.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stand fest, dass dies vorliegend nicht der Fall war. Denn bei den Richtlinien der FN handelt es sich lediglich um Empfehlungen und nicht um verbindliche Richtlinien im juristischen Sinne. Der Trainer einer Springreitstunde kann daher individuell an Fähigkeiten und Merkmale von Pferd und Reiter angepasst die Abstände zwischen den Hindernissen wählen, d.h. also vergrößern als auch verkleinern.  Einen „ordnungsgemäßen“ Abstand zwischen Cavaletti und dem nachfolgenden Hindernis existiert daher nicht.

Der Beklagte hätte den Kläger auch nicht darauf hinweisen müssen, dass er den Sprung erhöht hatte, denn die Erhöhung war so geringfügig, dass sie keinen Einfluss auf den Sprungablauf haben konnte.

Das im Rahmen der Springreitstunden aufgezeichnete Video ergab zudem, dass das Pferd nicht aufgrund des zu geringen Abstands gestürzt war, sondern weil sie unaufmerksam war. Eine Überforderung von Pferd und Reiter war zu keinem Zeitpunkt ersichtlich. Bei dem Sturz des Beklagten hatte sich vielmehr  das dem Springreitsport naturgemäß innewohnende allgemeine Risiko verwirklicht. Eine Haftung des Beklagten schied daher aus.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

Jäger verliert Jagdschein nach tödlichem Schuss auf ein Pferd

Entziehung des Jagdscheins bei missbräuchlicher oder leichtfertiger Verwendung von Waffen und Munition zulässig.

Verwaltungsgericht Koblenz, Beschluss vom 21.09.2012, Az. 6 L 828/12.KO

Der Sachverhalt

Ein Jäger schoss während einer nächtlichen Jagd ein auf einer Weide grasendes Pferd und verletzte es damit tödlich. Er habe es für ein flüchtendes Wildschwein gehalten.

Die Kreisverwaltung hatte daraufhin seinen Jagdschein für ungültig erklärt und eingezogen. Außerdem hat sie seine Waffenbesitzkarte widerrufen und zurückverlangt. Für beide Maßnahmen hatte die Verwaltung den Sofortvollzug angeordnet.

Hiergegen hatte der Mann beim Verwaltungsgericht Koblenz einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Es habe sich bei dem Vorfall um eine verhängnisvolle Verwechslung gehandelt.

 

Der Beschluss

Der Antrag des Jägers blieb ohne Erfolg.

Die Entziehung des Jagdscheins und der Waffenbesitzkarte, so das Gericht, ist offenkundig rechtmäßig. Daher gebe es auch keinen Grund, dessen Vollzug auszusetzen, bis das Justizverfahren endgültig abgeschlossen sei. Sei der Inhaber eines Jagdscheins nicht so zuverlässig wie notwendig, müsse die zuständige Behörde den Jagdschein einziehen.

Wenn der Jäger geglaubt habe, auf ein Wildschwein zu schießen, sei er zumindest grob fahrlässig zu dieser Einschätzung gelangt. Nach Aussage des Jagdpächters sei es in der fraglichen Nacht hell genug gewesen, um ein Stück Wild zu erkennen. Außerdem habe der Jäger an seinem Gewehr eine Taschenlampe befestigt.

Erschwerend komme hinzu, dass ein hellbraun-weiß geschecktes Pferd sich deutlich von einem dunklen Wildschwein unterscheide. Auch die Weide sei unschwer als solche zu erkennen gewesen. Angesichts einer umzäunten Weide habe der junge Jäger besonders vorsichtig sein müssen.

Wer so grob daneben liegt und trotzdem schießt, handle leichtfertig. Der Jäger leide darüber hinaus an einem gewissen Grad an Selbstüberschätzung. Solche Menschen dürften keine Waffe besitzen und erst recht nicht jagen.

Es liege im öffentlichen Interesse, das mit der privaten Verwendung von Waffen verbundene Sicherheitsrisiko so gering wie möglich zu halten. Hierhinter müsse das Interesse des Jägers, weiterhin privat der Jagd nachgehen zu dürfen, zurücktreten.

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

Wie viel Auslauf benötigen Pferde täglich?

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 4.12.2006, Az. 23 K 4059/05

 Sachverhalt

Unzureichende Haltungsbedingungen

Eine Pferdehalterin hielt unter unzureichenden Haltungsbedingungen mehrere Zuchtstuten, teils mit Fohlen, und Jungpferden. Hierbei handelte es sich um Stallhaltung mit zusätzlich gewährtem Auslauf. Der Auslauf wurde bewiesenermaßen nicht täglich gewährt. Daraufhin verfügte das Veterinäramt u. a., dass alle gehaltenen Zuchtstuten und Jungpferde täglich eine mindestens 3- bis 4-stündige Auslaufmöglichkeit draußen im Freien anzubieten sei.

Klage der Pferdehalterin

Gegen diesen Bescheid reichte die Pferdehalterin Klage ein. Der Angriff auf  die Verfügung wurde damit begründet, dass das Auslaufangebot auch für das Winterhalbjahr und für widrige Witterungsumstände gefordert wurde. Dies sei weder unter tierschutzrechtlichen Standpunkten noch unter dem Aspekt der Angemessenheit haltbar. In den Wintermonaten sowie bei schlechten Witterungsbedingungen ergebe sich ein von der Tierhalterin nicht zu vertretendes praktisches Problem bei der angeordneten Bewegungsmöglichkeit. Es stehe nur ein Paddock zur Verfügung. Ein grasloser, eingezäunter, häufig befestigter Auslauf für Pferde.

Der Auslauf  könne jedoch  jeweils nur von einem Teil der Tiere gleichzeitig genutzt werden und insofern sei es, insbesondere wegen der kurzen Tageslichtzeit im Winter, nicht möglich, allen Pferden einen 3- bis 4-stündigen Auslauf im Freien zu gewähren. Ferner sei es im Falle von Dauerfrost bzw. dauerhaftem Regen nicht angebracht, Pferde im Freien zu halten, da dies die Verletzungsgefahr der Pferde erhöhe. Schließlich sei die von ihr bisher praktizierte Pferdehaltung absolut üblich.

 

Entscheidung

Erfolglose Klage der Pferdehalterin

Die Pferdehalterin hatte mit ihrer Klage keinen Erfolg.  Die Verfügung wurde damit begründet, dass es zu einer entsprechenden verhaltensgerechten Unterbringung von Pferden gehöre, ihnen genügend Bewegungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Insbesondere wurde darauf verwiesen, dass sich Pferde unter naturnahen Bedingungen im Herdenverband zur Futteraufnahme bis zu 16 Stunden täglich bewegen. Die Kammer bezog sich in ihrer Entscheidungsfindung auf die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Demzufolge sei Pferden täglich als Ersatz für den Aktivitätsverlust  eine mehrstündige Bewegungsmöglichkeit anzubieten.

Gewährung einer 3- bis 4-stündigen Auslaufmöglichkeit Sache der Pferdehalterin

Die Forderung nach einer 3- bis 4-stündigen Bewegungsmöglichkeit sei nicht übertrieben und dem Auslaufbedürfnis der Tiere angemessen. Die Besorgnisse gegen die Umsetzung der Auslaufmöglichkeit seien nicht nachvollziehbar. Wenn ein zweiter Paddock zur Verfügung stehen würde, könnten alle Pferde auch bei kurzen Tageslichtzeiten ausreichend Auslauf erhalten. Zudem stellten bei Ausläufen mit befestigten Böden weder Dauerfrost noch Dauerregen ein Verletzungsrisiko für die Pferde dar. Die Kammer betonte, dass die Forderung nach einer 3- bis 4-stündigen Auslaufmöglichkeit im Freien einen Ausgleich für den Aktivitätsverlust bei Stallhaltung darstellen soll und damit nicht abhängig ist von der Witterung. Eine Lösung zu finden sei Sache der Tierhalterin. Es würde ihr frei stehen, dies durch das Anlegen von weiteren befestigten Auslaufmöglichkeiten oder durch Reduzierung des Tierbestandes zu tun.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

Schadensersatz oder Minderung im Pferderecht

Kein großer Schadensersatz anstelle oder neben der Minderung

BGH, Urt. v. 09.05.2018 – VIII ZR 26/17

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die Rückabwicklung eines Kaufvertrages im Wege des sogenannten großen Schadensersatzes nicht mehr möglich ist, wenn wegen desselben Mangels bereits zuvor die Minderung des Kaufpreises erklärt wurde.

Das Urteil bezog sich auf einen Kaufvertrag über einen PKW, welcher immer wieder diverse Mängel aufwies. Nachdem einige der gerügten Mängel von dem Verkäufer repariert wurden, erklärte der Käufer die Minderung des Kaufpreises in Höhe von 20 % nach §§ 437 Nr. 2, 441 Abs. 1 Satz 1 BGB, da er der Auffassung war, dass die verschiedenen Mängel auf einer herstellungsbedingten Fehleranfälligkeit des PKW beruhten. Der Käufer klagte auf Rückzahlung des Differenzbetrages. In der Zwischenzeit traten erneut Mängel an dem Fahrzeug auf, von denen jedoch nur einer beseitigt werden konnte. Daher stellte der Käufer nun sein Klagebegehren um und verlangte nunmehr statt der Minderung des Kaufpreises die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrages im Wege des großen Schadensersatzes nach §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 BGB.

Zwar handelte es sich in dem vorliegenden Fall um einen Kaufvertrag über einen PKW, wegen der Regelung des § 90 a BGB, nach dem auf Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, sind die folgenden Ausführungen des BGH jedoch auch von großer Bedeutung für die Gewährleistungsrechte bei Kaufverträgen über Pferde bzw. Tiere allgemein.

Entgegen der Entscheidungen der Vorinstanzen hat der BGH in der Revision entschieden, dass es nicht mehr möglich ist, anstelle oder neben einer bereits wirksam erklärten Minderung des Kaufpreises unter Berufung auf denselben Mangel die Rückabwicklung des Vertrages zu verlangen und hat die Klage des Käufers abgewiesen.

Grundsätzlich soll dem Käufer ein Wahlrecht zustehen, ob er an dem Vertrag festhalten oder sich vollständig davon lösen will, wenn die gekaufte Sache mangelhaft ist. Hierzu stehen ihm die Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB zur Verfügung. Als Gestaltungsrechte, wenn er am Vertrag festhalten will, stehen ihm die Minderung (§§ 437 Nr. 2, 441) oder der kleine Schadensersatz (§§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 Satz 1) zur Wahl. Will er sich vom Vertrag lösen, so kann er den Rücktritt (§§ 437 Nr. 2, 323) erklären oder den Schadensersatz statt der ganzen Leistung (sog. großer Schadesnersatz, §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5) fordern.

Kleiner Schadensersatz

Dabei spricht man von dem kleinen Schadensersatz, wenn der Gläubiger die mangelhafte Sache behält und den Wertunterschied zu einer mangelfreien Sache als Schaden ersetzt verlangt. Der kleine Schadensersatz kann bei jeder Pflichtverletzung geltend gemacht werden.

Großer Schadensersatz

Von dem großen Schadensersatz spricht man indes, wenn der Gläubiger die mangelhafte Sache zurück gibt und Schadensersatz für die Nichterfüllung des ganzen Vertrages verlangt. Er ist nach § 281Abs. 1 Satz 3 BGB ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

Minderung des Kaufpreises

Nach § 437 Nr. 2, 441 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache „statt zurückzutreten“ den Kaufpreis mindern. Damit soll er die Möglichkeit erhalten die mangelhafte Sache zu behalten und durch die angemessene Herabsetzung des Kaufpreises das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wieder herzustellen. Bereits auf dem Wortlaut „statt“ wird das Alternativverhältnis deutlich. Dieses bezieht sich zwar ausdrücklich auf den Rücktritt, da jedoch der Rücktritt und der große Schadensersatz wirtschaftlich dieselben Wirkungen haben, nämlich die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrages, muss sich dieses Alternativverhältnis auch auf den großen Schadensersatz beziehen. Hat der Käufer die Minderung und damit das Festhaltenwollen am Vertrag wirksam erklärt, so hat er damit sein Wahlrecht verbraucht. Aus diesem Grund ist es grundsätzlich zwar möglich, neben der Minderung den Ersatz von Begleitschäden nach § 280 Abs. 1 oder den kleinen Schadensersatz zu verlangen, was schon aus der Verbindung „und“ zwischen § 437 Nr. 2 und Nr. 3 deutlich wird, er kann sich jedoch nicht mehr dafür entscheiden, sich nun doch vom Vertrag lösen zu wollen, jedenfalls solange es sich um denselben Mangel handelt. Daher kann der große Schadensersatz nicht neben der Minderung erklärt werden.

Die einmal erklärte Minderung kann aber auch nicht mehr zurückgenommen und durch die Forderung des großen Schadensersatzes ersetzt werden. Bei der Minderung handelt es sich nämlich um ein Gestaltungsrecht, mit welchem das Vertragsverhältnis unmittelbar durch einseitiges Rechtsgeschäft geändert wird. Solche Gestaltungsrechte können nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden, sobald sie wirksam erklärt wurden und die Erklärung dem Vertragspartner zugegangen ist. Die Erklärung ist daher für den Käufer bindend und kann nicht mehr durch spätere Erklärungen ersetzt werden.

Zu beachten ist, dass sich dieses Problem nur bei konkurrierenden Rechtsbehelfen bezüglich ein und desselben Mangels stellt. Hätte der Käufer den Rücktritt oder den großen Schadenersatz statt der ganzen Leistung wegen eines später auftretenden neuen Mangels erklärt, der von der Minderungserklärung nicht umfasst war, so wäre die Lösung vom Vertrag noch möglich gewesen.

Sollte man eine mangelhafte Sache erworben haben, so empfiehlt es sich jedenfalls vorher intensiv darüber nachzudenken, ob man an dem Vertrag festhalten oder sich davon lösen will.

Für das Pferderecht bedeutet dies nun folgendes:

Sollte sich nach dem Erwerb eines Pferdes herausstellen, dass das Pferd z. Bsp. an Gelenkchips leidet, hat der Pferdekäufer nun im Sinne des ihm zur Verfügung stehende Gewährleistungsrechts (§437 BGB)  die Möglichkeit von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Entscheidet sich der neue Eigentümer des Pferdes nun entweder für den kleinen Schadensersatz oder die Kaufpreisminderung, hat er wegen des Festahltenwollens am Vertrag sein Wahlrecht verbraucht. Der Pferdekäufer  kann zu einem späteren Zeitpunkt wegen desselben Mangels nicht mehr vom Kaufpreis zurücktreten. Tritt allerdings ein neuer anderer Mangel „Kissing Spines“ auf und das Pferd eignet sich somit nicht mehr für die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit (Springreiten), so hat der Käufer des Pferdes erneut die Möglichkeit von dem ihm zur Verfügung stehenden  Wahlrecht Gebrauch zu machen und kann vom Kaufvertrag zurücktreten.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

Haftung des Pferdehalters auch bei Reitbeteiligung

Zur Haftung des Tieraufsehers


Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 29.03.2017 – 4 U 1162/13 – entschieden, dass ein Pferdehalter  auch bei einer Reitbeteiligung für Unfälle haftet, die durch sein Pferd verursacht werden. Die Haltereigenschaft wird durch die Vereinbarung einer Reitbeteiligung nicht berührt. Ein stillschweigender Haftungsausschluss zwischen Pferdehalter und Reiter kann nicht ohne weiteres angenommen werden.

 

 

Sachverhalt:

 

Klägerin des zugrundeliegenden Streitfalls ist die gesetzliche Krankenversicherung der geschädigten Reiterin. Die beklagten Pferdehalterin hatte mit der Reiterin eine Reitbeteiligung vereinbart, wonach sie mit deren Pferd an drei Tagen in der Woche gegen Bezahlung von 100,- € monatlich ausreiten durfte. Die geschädigte Reiterin stürzte bei einem Ausritt vom Pferd und erlitt eine Querschnittslähmung. Für den Reitunfall war das Verhalten des Pferdes ursächlich. Die Reitbeteiligung ist von der Haftpflichtversicherung der Beklagten nicht erfasst.

 

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die auf Ersatz der Heilbehandlungskosten gerichtete Klage in erster Instanz vollumfänglich abgewiesen. Die Auslegung des abgeschlossenen Vertrages über die Reitbeteiligung ergebe, dass die geschädigte Reiterin und die beklagte Pferdehalterin stillschweigend einen Haftungsausschluss vereinbart hätten.

 

Mit der gegen das Urteil eingelegten Berufung hatte die Klägerin zumindest teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat eine Haftung der Beklagten grundsätzlich bejaht, der Höhe aber eine Anspruchskürzung in Höhe von 50 % vorgenommen.

 

Das Gericht ist der Auffassung, dass die Beklagte trotz der vereinbarten Reitbeteiligung zum Unfallzeitpunkt alleinige Halterin des Pferdes gewesen sei.  Denn sie hatte das alleinige Bestimmungsrecht über das Tier und trug sämtliche Aufwendungen, wie etwa für Tierarzt, die Versicherung oder Futter. Die geschädigte Reiterin  zahlte dagegen nur ein geringes Entgelt für die gelegentliche Nutzung des Pferdes. Für die Haftung des Tierhalters sei maßgeblich, ob sich die spezifische Tiergefahr verwirklicht habe. Vorliegend war das Pferd der Beklagten grundlos plötzlich los galoppiert, was zu dem Unfall führte.

 

Nach Auffassung des Gerichts beinhaltete die Vereinbarung einer Reitbeteiligung nicht automatisch einen stillschweigenden Haftungsausschluss. Es komme vielmehr auf die konkreten Umstände des  Einzelfalles an. Ein Haftungsausschluss könne etwa dann angenommen werden, wenn die Geschädigte an der Überlassung des Tieres ein besonderes Interesse gehabt hätte. Hier habe die Reitbeteiligung allerdings erst seit kurzer Zeit bestanden und die Beklagte sei selbst davon ausgegangen, dass etwaige im Rahmen der Reitbeteiligung entstehende Schäden auch von ihrer Versicherung gedeckt seien.

 

Nach Ansicht des Gerichts haftet die Beklagte aber nur mit einer Quote von 50 %. Denn die geschädigte Reiterin sei zum Unfallzeitpunkt  Tieraufseherin i.S.v. § 834 BGB gewesen. Nach dieser Vorschrift besteht zu Lasten des Tieraufsehers die widerlegbare Vermutung, dass ihn ein Sorgfaltspflichtverstoß trifft, welcher auch für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist. Da es der geschädigten Reiterin nicht gelungen sei, diese Vermutung zu widerlegen und der Unfall nicht mehr aufklärbar sei, führe dies zu einer Anspruchskürzung wegen vermuteten Mitverschuldens in Höhe von 50%.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia