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Tierärztliche Aufklärungspflichten

Tierärztliche Aufklärungspflichten Pferdetierarzt – Behandlung mittels Homöopathie (Pferderecht Düsseldorf, Pferderecht Köln, Pferderecht Hannover, Pferderecht München, Gewährleistungsrechte, Pferdekaufvertrag, Kaufvertrag Pferd, Wert eines Pferdes, Schadensersatz, Pferdetierarztregress, Anwalt für Pferderecht, Kanzlei für Pferderecht)

OLG München, Urteil vom 09.01.2020 (Az. 1 U 3011/19)

Der Sachverhalt:

Die Klägerin verlangt Schadensersatz von dem Beklagten. Sie war Eigentümerin eines Pfer-des, welches 250.000 Euro wert war und an einem anaphylaktischen Schock starb. Zuvor war das Pferd von dem Beklagten bereits sechsmal mit einer Mischung aus Eigenblut und Homö-opathika therapiert worden, ohne dass eine allergische Reaktion auftrat. Das Pferd litt ent-weder an einer beginnenden akuten Bronchitis oder bereits an einer hochgradigen Bronchitis. Ziel der Behandlung war, das Immunsystem des Pferdes durch die Injektionen mit aufberei-tetem Eigenblut und einer Mixtur von Homöopathika zu stärken. Die Injektionsbehandlung war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die anaphylaktische Reaktion des Pferdes verantwortlich. (Pferderecht Hannover, Pferderecht München, Pferderecht Köln, Pferderecht Düsseldorf, Pferderecht Münster, Pferderecht Hamburg) Pferdekaufvertrag)

Die Entscheidung:

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzungen von Aufklärungspflichten aus dem tierärztlichen Behandlungsvertrag.
Die Frage, ob der Beklagte einen Behandlungsfehler, z.B. weil er das Pferd weniger als fünf Minuten nach der Behandlung beaufsichtigt hat, begangen hat, hat das Gericht offengelassen, weil schon die Aufklärungspflichtverletzung den Schadensersatzanspruch begründe.
Die pferdetierärztliche Aufklärungspflicht gebiete es, den Auftraggeber über Behand-lungsmethoden, ihre Erfolgsaussichten und Risiken und gegebenenfalls auch über in Betracht kommende Behandlungsalternativen zu beraten. Auch der materielle und ideelle Wert des Tieres für den Auftraggeber seien zu berücksichtigen.
Das Gericht überträgt den in der Humanmedizin geltenden Grundsatz, dass Patienten auch über sehr seltene Risiken aufzuklären seien, die im Fall ihrer Verwirklichung die Lebensfüh-rung schwer belasten und trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend sind, auf den folgenden Fall. Die Aufklärungspflicht ginge dabei umso weiter, je weniger der Eingriff vordringlich und geboten erscheint.
Das Pferd litt laut des Sachverständigen entweder an einer beginnenden akuten Bronchitis oder bereits an einer hochgradigen Bronchitis, wobei im zweiten Fall die eingesetzten Präpa-rate schon von ihrer Wirkrichtung her nicht geeignet gewesen seien, einer – weiteren – Chro-nifizierung entgegenzuwirken. Die Beklagte habe es deshalb versäumt, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass die homöopathische bzw. Eigenblut-Therapie nur im Falle des ersten Be-fundes von Nutzen sein könnte. Zudem äußerte die Beklagte, dass es mit einem Abwarten nicht besser wäre, wohingegen mit einer Verschlechterung des Zustandes ohne Behandlung eher nicht zu rechnen gewesen sei. Die ins Auge gefasste Behandlung sei demnach nicht zwingend notwendig und dringlich gewesen, weshalb der Beklagte die Klägerin aufgrund des ihm bekannten sehr hohen materiellen Wertes des Pferdes und der Bindung der Klägerin an das Tier darauf hätte hinweisen müssen, dass Injektionen von homöopathischen Mitteln bzw. von mit Homöopathika aufbereitetem Eigenblut in sehr seltenen Fällen mit dem Risiko einer anaphylaktischen Reaktion mit schlimmstenfalls tödlichem Ausgang behaftet sind. Die Auf-klärungspflicht sei durch die anfängliche Äußerung der Klägerin, das Pferd nur dann behan-deln zu wollen, wenn es wirklich nötig wäre, noch verstärkt worden.
Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, das Risiko einer schweren Unverträglichkeits-reaktion nicht gekannt zu haben, da diese in den Herstellerhinweisen der verabreichten Mit-tel aufgeführt bzw. hinsichtlich der Eigenblutbehandlung in der Literatur beschrieben sei.
Der insoweit beweisbelastete Beklagte habe auch nicht beweisen können, dass die Klägerin die Therapie auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung durchgeführt hätte.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

(Anwalt für Pferderecht / Pferderechtsanwältin)

Tod eines Pferdes

Tod eines Pferdes, Schadensersatz (Pferderecht Düsseldorf, Pferderecht Köln, Pferderecht Hannover, Pferderecht München, Gewährleistungsrechte, Pferdekaufvertrag, Kaufvertrag Pferd, Wert eines Pferdes)

Schadensbemessung bei Tod eines Pferdes: Auf die objektiven Eigenschaften kommt es an

BGH, Urteil vom 09.11.2021 (Az. VI ZR 87/20)

Der Sachverhalt:

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 250.000 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Beklagte verfolgt mit seiner Revision seinen Berufungsantrag weiter mit der Maßgabe, die Klageforderung abzuweisen, soweit sie 50.000 € als Schadensersatz für den Verlust des Pferdes übersteigt. (Pferdekaufvertrag, Pferderecht)

Der Verurteilung zugrunde lag eine Verletzung von tierärztlichen Aufklärungspflichten durch den Beklagten, der das Pferd der Klägerin homöopathisch behandelte (siehe dazu auch die in meinem Blog besprochene Entscheidung des OLG München, Az. 1 U 3011/ 19). Das Pferd hatte einen Wert von 250.000 €. Die Injektionsbehandlung war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die anaphylaktische Reaktion und den Tod des Pferdes ursächlich.

Die Entscheidung:

Die Revision hat Erfolg.

Die Behauptung des Beklagten, dass das Pferd für eine anaphylaktische Reaktion anfällig gewesen sei und deshalb dessen Wert gemindert habe, sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht deshalb unerheblich, weil dieser Umstand bis zum Auftreten einer derartigen Reaktion nicht bekannt gewesen wäre und von Marktteilnehmern nicht hätte berücksichtigt werden können. (Schadensersatz bei Pferdetod) (Pferderecht)

Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB könne der Gläubiger statt der Wiederherstellung des früheren Zustands den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei Zerstörung einer Sache – dies gelte wegen § 90a BGB auch für Tiere – könne der Gläubiger den für die Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Sache erforderlichen Geldbetrag verlangen. Für die Beurteilung der Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit seien die objektiven Eigenschaften der Sache, hier des Pferdes, maßgeblich.

Auch wenn die Beschaffung eines gleichartigen und gleichwertigen Pferdes nicht möglich sei, hätte die Klägerin nach § 251 Abs. 1 BGB Anspruch auf Ersatz der durch den Tod ihres Pferdes eingetretenen Vermögenseinbuße. Dazu sei der Verkehrswert des Pferdes zu ermitteln. Soweit ein Markt für die zu ersetzende Sache vorhanden sei, sei der Preis, der durch Angebot und Nachfrage gebildet wird und der im Allgemeinen der Wiederbeschaffungswert sei, ein geeigneter Anknüpfungspunkt, den wirtschaftlichen Wert der Sache zu bestimmen. Auch hier seien die objektiven Eigenschaften zugrunde zu legen.

Es komme nicht darauf an, wem welche Eigenschaften des Pferdes bekannt gewesen seien. Die abweichende Auffassung des Berufungsgerichts – nach der eine eventuelle Anfälligkeit für anaphylaktische Reaktionen bis zum Auftreten einer derartigen Reaktion nicht bekannt gewesen wäre und von Marktteilnehmern nicht hätte berücksichtigt können – könnte dazu führen, dass der Schadensberechnung ein wertvolleres Pferd als dasjenige der Klägerin zugrunde gelegt und die Klägerin objektiv wirtschaftlich bessergestellt würde, als sie ohne das schädigende Ereignis stände.

Auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Pferd der Klägerin für eine anaphylaktische Reaktion besonders anfällig gewesen sei und sich dies wertmindernd ausgewirkt habe.

Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts daher im angefochtenen Umfang aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

(Anwalt für Pferderecht / Pferderechtsanwältin)

Kein Anspruch auf Transportkostenvorschuss

Kein Anspruch auf Transportkostenvorschuss, wenn Verkäufer Pferd zum Zwecke der Nachbesserung kostenlos abholen will.

BGH, Urteil vom 30.03.2022 – VIII ZR 109/20

Der Sachverhalt:
Die Klägerin erwarb im Juni 2017 vom Beklagten im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufes einen Wallach.
Ab August 2017 rügte die Klägerin dem Beklagten gegenüber mehrmals ein Zungenstrecken des Pferds und setze ihm eine Frist zur Mangelbeseitigung. Der Beklagte erklärte sich zur Nachbesserung bereit an. Zudem bot er an, das Pferd hierzu am Belegenheitsort abzuholen, was die Klägerin ablehnte. Stattdessen wollte sie das Pferd selbst zum Beklagten transportieren und verlangte dafür von ihm die Zahlung eines Transportkostenvorschusses in Höhe von 1.200 €, was der Beklagte ablehnte.
Nachdem die Frist im September 2017 abgelaufen war und der Beklagte weder die Nachbesserung vorgenommen noch den Transportkostenvorschuss gezahlt hatte, erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Anfang Dezember erklärte sie wieder den Rücktritt, diesmal, weil der Beklagte die Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigere.

Die Entscheidung:
Die Klägerin hat nach diesem Urteil mangels wirksamen Rücktritts keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pferdes.

Zwar sei hier ein Sachmangel in Form des Zungenstreckens gegeben, denn die Parteien hätten eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen, wonach sich das Pferd zu Dressurzwecken eignen solle. Dieser Sachmangel hätte sowohl bei der Übergabe als auch zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bestanden.

Allerdings muss der Käufer dem Verkäufer vor einem Rücktritt grundsätzlich eine Frist zur Nacherfüllung setzen. Hier hat die Klägerin dem Beklagten zwar eine Frist gesetzt. Diese hat der BGH aber als nicht ordnungsgemäß eingestuft. Die Klägerin habe dem Beklagten nicht die Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben, dafür hätte sie laut BGH dem Beklagten das Pferd zur Verfügung stellen müssen. Die Klägerin habe die Abholung des Pferds durch den Beklagten verweigert und darauf bestanden, das Pferd selbst zu dem Beklagten – dem Ort der Nacherfüllung – zu bringen. Den Transport zum Beklagten habe sie von einem Transportkostenvorschuss abhängig gemacht, den sie aber nicht hätte verlangen können.

Unter bestimmten Voraussetzungen könne der Käufer im Rahmen eines Verbrauchgüterkaufes zwar einen Anspruch auf Zahlung eines Transportkostenvorschusses gegen den Verkäufer haben, vgl. §§ 439 Abs. 2, 475 Abs. 4 BGB. Dieser Anspruch sei hier aber aufgrund der Bereitschaft des Beklagten, das Pferd zum Zwecke der Nachbesserung kostenlos abzuholen, nicht gegeben. Die Möglichkeit, einen Transportkostenvorschusses zu verlangen, solle den Käufer davor schützen, von der Geltendmachung seines Rechts auf Nachbesserung nur deswegen abzusehen, weil er dafür in Vorlage treten müsse. Hier allerdings entstünden der Käuferin aufgrund der Bereitschaft des Beklagten, das Pferd kostenlos abzuholen, gar keine Auslagen, für welche sie in Vorlage gehen müsse. Sei der Verkäufer – wie hier – bereit, die Kaufsache zwecks Nachbesserung beim Käufer abzuholen und auf seine Kosten zum Erfüllungsort zu verbringen, erleide der Käufer keine finanziellen Nachteile und werde somit auch nicht von der Geltendmachung seiner Rechte abgehalten.

Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, wonach die Nachbesserung für den Verbraucher ohne erhebliche Unannehmlichkeiten erfolgen müsse. Ein gewisses Maß an Unannehmlichkeit sei dem Käufer zumutbar; entscheidend sei, dass der Käufer keiner Belastung ausgesetzt werde, die geeignet wäre, einen durchschnittlichen Verbraucher von der Geltendmachung seiner Ansprüche abzuhalten. Eine solche Belastung sieht der BGH als nicht gegeben, denn die Klägerin habe mit der Forderung nach einem Transportkostenvorschuss zu erkennen gegeben, dass sie bereit sei, ein Transportrisiko zu tragen, welches lediglich eine regelmäßig mit einer Nachbesserung einhergehende Belastung sei. Das Berufungsgericht hatte keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Transportrisiken bei einem Transport durch den Beklagten höher wären als bei einem solchen durch die Klägerin.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Verladen eines Pferdes – Mitverschulden

Pferderecht/Pferdehalterhaftung: Verladen eines Pferdes – Mitverschulden

LG Münster, Urteil vom 31.07.2019 (Az. 4 O 534/16)

Der Sachverhalt:
Das klagende Land ist Dienstherrin der Geschädigten, die beim Versuch, das Pferd des Beklagten zu 1) zu verladen, von dem austretenden Pferd verletzt wurde. Beklagte zu 2) ist die Halterin des Pferdeanhängers, in den das Tier verladen werden sollte, Beklagte zu 3) die Haftpflichtversicherung des beabsichtigen Zugfahrzeugs des Pferdeanhängers.
Die Geschädigte ist eine verladeerfahrene Reiterin, die das Pferd auch schon geritten hatte. Sie wollte am 21.09.2013, während es noch dunkel war, das Pferd mithilfe der Tochter des Beklagten zu 1) in den Pferdeanhänger verladen. Dabei war ihr bekannt, dass das Pferd Verladeschwierigkeiten hatte, zudem war am Unfalltag bereits ein Verladeversuch aufgrund des Verhaltens des Pferdes misslungen. Während eines erneuten Verladeversuchs hielt sie sich im Gefahrenbereich der Hinterhufe des Pferdes auf und wurde sodann durch ein Austreten des Pferdes am Kopf unterhalb der Augenbraue verletzt.

Die Entscheidung:
Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab.
Der Beklagte zu 1) hafte als Halter des Pferdes zwar grundsätzlich für den durch dieses herbeigeführten Schaden nach § 833 S. 1 BGB.

Allerdings sieht das Gericht das Mitverschulden der Geschädigten als derart hoch an, dass es deren Anspruch gemäß § 254 BGB um 100 Prozent kürzt.

Wisse eine erfahrene Reiterin, dass es bei dem erstmaligen Versuch, ein Pferd auf einen Anhänger zu verladen, zu erheblichen Problemen gekommen ist, und halte sie sich trotz dieser Warnsignale bei dem zweiten Verladeversuch in dem Gefahrenbereich einen Meter hinter oder seitlich hinter dem Pferd auf, rechtfertige dies nach dem LG Münster wie hier die Annahme, dass die Haftung für die Tiergefahr vollkommen zurücktrete. Die Gefahr einer solchen Reaktion hätte sich für die Geschädigte als erfahrene Reiterin aufdrängen müssen. Daher hätte sie äußerste Vorsicht walten lassen müssen, zumal, wenn nach ihrer eigenen Aussage die Beleuchtung des Anhängers nicht funktionsfähig gewesen sei. Zudem schließt sich das Gericht den Feststellungen des Sachverständigen an, nach denen das Verladen von Pferden auf Pferdeanhänger einen besonders gefahrträchtigen Vorgang darstelle, weswegen bei jedem Verladevorgang darauf geachtet werden müsse, dass sich Personen nicht in den Gefahrenbereich der Hinterhufe begäben. Das Verhalten der Geschädigten beim Verladen stelle einen elementaren Verstoß gegen die Sicherheitsgrundsätze beim Verladen von Pferden dar.

Das Gericht hielt schon die vorliegenden Umstände für ausreichend, um einen Anspruch der Geschädigten wegen ihres weit überwiegenden Mitverschuldens vollständig zu verneinen, weswegen es die zwischen den Parteien strittige Frage, ob die Geschädigte dem Pferd beim Verladen mit einer Reitgerte auf die Hinterbeine geschlagen habe, offenließ.
Aufgrund des Mitverschuldens hat auch die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) keinen Erfolg.

Das Gericht verneint einen Anspruch aus der Kraftfahrzeughalterhaftung nach § 7 StVG darüber hinaus wegen § 8 Nr. 2 StVG, nach dem § 7 StVG nicht gilt, wenn der Verletzte bei dem Betrieb des Fahrzeugs tätig war. Durch ihre Mitwirkung beim Verladen des Pferdes auf den Anhänger habe die Geschädigte sich freiwillig in eine so nahe und unmittelbare Beziehung zu den sich daraus ergebenden Gefahren begeben, dass sie nach Art ihrer Tätigkeit den besonderen Gefahren des Betriebs des Gespanns mehr ausgesetzt gewesen sei als die Allgemeinheit.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Pferdehalterhaftung für Behandlungskosten nach Abwurf

Pferdehalterhaftung für Behandlungskosten nach Abwurf

LG Koblenz, Urteil vom 25.05.2022 (Az. 3 O 134/19)

Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Halterin einer Stute, die in dem gleichen Stall untergebracht ist wie das Pferd der Geschädigten. Klägerin ist die Krankenversicherung der Geschädigten.
Die Beklagte, die aufgrund ihrer Schwangerschaft ihr Pferd zu dem Zeitpunkt nicht reiten konnte, bat die Tochter der Geschädigten, dieses gelegentlich zu reiten. Allerdings wusste sie, dass sich auch die Geschädigte und nicht nur deren Tochter um das Pferd kümmern werde.

Als die Geschädigte daraufhin am 04.12.2017 mit dem Pferd ausritt, buckelte dieses plötzlich und warf die Geschädigte ab. Infolgedessen brach sie sich ihren Arm. Die Behandlungskosten, die die Klägerin übernahm, beliefen sich auf 5.175,29 €.

Die Entscheidung:
Das LG Koblenz verurteilte die Beklagte, der Klägerin die Behandlungskosten zu erstatten.
Die Beklagte hafte als Tierhalterin nach § 833 BGB für die Schäden, die ihr Pferd durch den Abwurf verursacht habe, denn darin habe sich die tierspezifische Gefahr verwirklicht. Diese tierspezifische Gefahr sei nur dann zu verneinen, wenn es zu einem Sturz komme, obwohl das Pferd dem Willen des Reiters gefolgt sei – was dann zur Folge hätte, dass der Pferdehalter nicht haften würde.
Dieser Haftung stehe auch keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung der Geschädigten entgegen, denn das Gericht zeigt sich davon überzeugt, dass die Beklagte wusste, dass auch die Geschädigte sich um ihr Pferd kümmern werde.
Ein Verzicht der Geschädigten auf Schadensersatzansprüche sei nicht anzunehmen, weil dieser im Ergebnis nur der Versicherung der Beklagten zugutekäme.

Eine Kürzung des Schadensersatzanspruches wegen eines Mitverschuldens der Geschädigten lehnte das Gericht ab, weil diese sich als Reiterin mit 40 Jahren Reiterfahrung keinen Risiken ausgesetzt hätte, die über die gewöhnlich zu erwartenden Gefahren hinausgingen; vielmehr habe sie sich nur der „normalen Tiergefahr“ ausgesetzt, was aber keinen Mitverschuldensvorwurf begründen könne.