02151 - 76 70 00 9

Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages – Mangelgewährleistungsanspruch beim Pferdekauf

„Erweist sich ein Pferd, das als ruhig und für Kinder geeignet verkauft worden ist, als nervös und störrisch, ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht entbehrlich, weil der Verkäufer das Tier schulen oder dem Käufer ein taugliches Ersatzpferd zur Verfügung stellen kann“

OLG Koblenz, Urteil vom 13. November 2008, AZ: 5 U 900/08

vorgehend LG Bad Kreuznach, Urteil vom 11. Juni 2008, 3 O 153/07

 

Der Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages (Erstattung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe der Stute) sowie eine nicht weiter erläuterte Nebenforderung in Höhe von 313,86 Euro nebst Zinsen.

Der Kläger kaufte vom Beklagten, der eine Pferdezucht betreibt, eine vierjährige Stute zum Preis von 7000,00 Euro. Der Beklagte versicherte dem Kläger, das Pferd sei ruhig und könne von Kindern geritten werden.

In der Folgezeit habe das Pferd wegen Hundegebell gescheut und Reiter, darunter seine kleine Tochter, abgeworfen.

Der Beklagte sagte daraufhin dem Kläger die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages zu. Zu einem späteren Zeitpunkt erklärte der Kläger schriftlich den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag. Er behauptete, die oben genannte Zusicherung sei nicht zutreffend. Im Rechtsstreit begehrte der Kläger die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages zum einen aufgrund der behaupteten Rückabwicklungszusage des Beklagten, zum anderen auf einen gesetzliches Vertragsrücktritt sowie die Nichtigkeit des Vertrages wegen Wuchers.

Das Landgericht wies die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

 

Die Entscheidung:

Das OLG wies die Berufung ab.

Der Pferdekaufvertrag sei wirksam. Der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass der Pferdekaufvertrag wegen Wuchers nichtig sei. Der vereinbarte Kaufpreis stehe nicht in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert des Pferdes. Eine verwerfliche Gesinnung sei auch nicht festzustellen, da der Beklagte davon ausging, dass das Pferd keine Probleme mache.

Die Rücktrittserklärung des Klägers war wirkungslos. Der Kläger habe es versäumt, dem Beklagten eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung zu setzen, sodass die Voraussetzungen des §§ 434, 435 Nr. 3, 323 BGB nicht vorlagen.

Eine Nacherfüllung sei nicht unmöglich. Die geschilderten Defizite der verkauften Stute könnten durch eine qualifizierte Therapie bereinigt werden. Das zur Verfügung stellen eines taugliches Ersatzpferdes sei auch möglich gewesen.

Es ließ sich auch keine Rückabwicklungszusage des Beklagten feststellen. Der Beklagte hat den Kläger mit der Äußerung „er werde das Pferd gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurücknehmen, falls es zu Probleme komme“ lediglich auf die Gewährleistungsansprüche verwiesen. Des Weiteren habe der Kläger nicht den Beweis geführt, dass der Beklagte während weitere zwei Monate die Bereitschaft bekundete, das Pferd gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen. Im Übrigen spricht das eigene Rücktrittsschreiben gegen das behauptete Rückabwicklungsversprechen, da der Kläger sich in diesem nur auf den Mangel, und nicht auf Rücknahmezusage, stützt.

Mangels Anspruch auf Kaufpreisrückgewähr hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geforderte Nebenforderung.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

Rücktritt vom Pferdekaufvertrag wegen Trächtigkeit der Stute (Größe des Pferdes)

Entscheidung: Mangel? Ja

AG Schwedt, Urteil vom 18.04.2007, AZ: 3 C 177/05

Sachverhalt:

Die Rückabwicklung eines Pferdekaufes ist Streitgegenstand der Parteien.

Der Kläger kaufte von dem Beklagten ein 2 Jahre und drei Monate altes Stute für 1.850 Euro, mit der Intention es als Hobbyreitpferd für seine Familie zu verwenden. Der Kläger führte dann den Transport durch.

Der Pferdekauf stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine durchzuführende tierärztliche Ankaufsuntersuchung durch einen Tierarzt erfolgreich verläuft.

Gemäß § 3 des Pferdekaufvertrages heißt es zudem „Der Verkäufer sichert dem Käufer folgende Eigenschaften des Pferdes zu: geht an der Führleine, Schmiede und verladeform, keine chronischen Atemwegserkrankungen, keine Futter-(Heu/Staub-) allergie , kein Sommerekzem, keine Medikamente, die zum Besichtigungs-/Kaufzeitpunkt wirken (ruhigstellen)“.

Knapp 3 Monate später gebar die Stute ein Fohlen. Die Trächtigkeit der Stute waren beiden Parteien jedoch unbekannt. Der Tierarzt, der die Ankaufsuntersuchung durchführte, entdeckte die Trächtigkeit der Stute nicht. Unstreitig ist aber, dass aufgrund der üblichen Tragzeit von 11 Monaten, die Stute bereits im Jährlingsalter bedeckt worden sein muss.

Knapp eine Woche später erklärte der Kläger den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag. Die Beklagte reagierte auf dessen Schreiben nicht und war auch nicht mehr telefonisch für den Kläger erreichbar.

Der Kläger behauptet, die Trächtigkeit der Stute stelle einen Sachmangel dar, der bei Gefahrübergang vorgelegen habe. Pferde seien erst mit drei Jahren für die Zucht geeignet. Das Größenwachstum leide unter der verfrühten Trächtigkeit. Das Pferd könne nunmehr nicht mehr ein Stockmaß von mehr als 148 cm erreichen, sodass es nicht mehr die übliche Größe eines Quarter-Horses haben werde.

Zudem sei nun das Verhältnis zwischen Körpergröße des Pferdes und des Reiters optisch gestört. Ein kleines Pferd könne auch Probleme mit der Stabilität der Oberlinie/Wirbelsäule aufgrund des Gewichts des Reiters bekommen.

Die Beklagte behauptet wiederum, dass ein Mangel bei Gefahrübergang nicht vorgelegen hätte. Es sei unstreitig nicht zugesichert worden, dass die Stute nicht trächtig sei. Als Hobbyreitpferd sei es trotz der Trächtigkeit geeignet, da sich die körperliche Entwicklung des Pferdes nicht verändert habe. Auch bei der Nichterreichung des von dem Kläger gewünschten Stockmaßes sei es möglich, das Pferd als Reitpferd einzusetzen. Die optische Störung sei außerdem kein Sachmangel.

Der Kläger habe das Pferd aufgrund der durchgeführten Ankaufsuntersuchung gebilligt. Die Beklagte ist der Meinung, der Kläger habe daher gemäß § 442 BGB kein Gewährleistungsrecht mehr. Der Kläger müsse sich das Übersehen des Mangels vom Tierarzt zurechnen lassen. Jedenfalls habe sie keine Pflichtverletzung zu vertreten. Der Hengst auf ihrem Gelände habe zu keinem Zeitpunkt mit der Stute Kontakt gehabt.

Die Beklagte habe dazu laut dem Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass diese die Deckung nicht zu vertreten habe. Die Deckung sei nur möglich gewesen, wenn die Beklagte ihren Tierbestand, nämlich Stuten und Hengste, nicht voneinander trenne.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe der Stute nebst Fohlen aus §§ 434, 440 S. 1 2. HS, 437 Nr. 2, 323, 346, 348, 320 BGB zu.

Die streitgegenständliche Stute wies wegen ihrer Trächtigkeit im Jährlingsalter einen Sachmangel bei Gefahrübergang gemäß § 434 BGB auf. Eine Fristsetzung zum sofortigen Rücktritt bedarf es hierbei nicht, da die Nacherfüllung unmöglich ist.

Gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB ist, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet.

Eine Zusicherung bestimmter Eigenschaften folgt hierbei aus § 3 des Pferdekaufvertrages. Die Trächtigkeit wird in dem Pferdekaufvertrag jedoch nicht erwähnt. Die vorausgesetzte Verwendung kann nicht nur ausdrücklich sondern auch stillschweigend vereinbart worden sein. Unstreitig sollte die Stute als Hobbyreitpferd Verwendung finden.

Der beweisbelastete Kläger habe den Beweis geführt, dass aufgrund der Trächtigkeit der Stute die Nutzung als Hobbyreitpferd nicht mehr möglich sei. Der Sachverständige hat in einem schriftlichen Gutachten dem Gericht mitgeteilt, dass die zu frühe Trächtigkeit (Folge: verstärkte Östrogenproduktion) geeignet sei, das physiologische Körperwachstum zu beenden. Kleine Pferde seien außerdem in ihrer Nutzungsfähigkeit gegenüber Großpferden im Nachteil. Es drohe zudem optische Nachteile (Disproportion zwischen großem Reiter und kleinem Pferd) und eine erhöhte Schädigungsempfänglichkeit bei der Wirbelsäule.

Die Gewährleistungsrechte des Klägers sind auch nicht wegen § 442 BGB ausgeschlossen. Der Kläger müsse sich das Wissen des Arztes nicht zurechnen lassen. Der Tierarzt wurde nicht aufgrund einer Verpflichtung auf Seiten des Klägers tätig, sondern aufgrund einer gemeinsamen Verpflichtung aus dem Pferdekaufvertrag.

Die Beklagte habe dem Kläger aufgrund des Sachmangels neben der Rückzahlung des Kaufpreises folgendes zu ersetzten: Unterhaltskosten (Fütterung, Unterstellung, Schmied und Tierarzt) gemäß § 347 Abs. 2 BGB und Transportkosten gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 325, 281, 281 BGB.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

„kissing-spines-Syndrom“ – Rücktritt vom Pferdekaufvertrag unter anderem wegen Rittigkeitsmängel

LG Bielefeld, Urteil vom 29.05.2007, AZ: 6 O 83/06

Sachverhalt:

Die Klägerin kaufte am 12.09.2004 das streitgegenständliche Springpferd C.Z. für 25.000 Euro, nach Inzahlungnahme der Stute M.S. für 10.000 Euro. Das Springpferd hatte laut Tierarztprotokoll Röntgenklasse I-II. Da das Pferd unsicher und unwillig sprang, begab sich die Klägerin genau ein Jahr später zu einem Tierarzt. Dieser diagnostizierte bei dem Springpferd ein „kissing-spines-Syndrom“, das der Röntgenklasse III zuzuordnen sei.

Die Klägerin trat am 06.12.2005 vom Pferdekaufvertrag zurück und begehrte Rückzahlung des Kaufpreises sowie Aufwendungsersatz für die Unterhaltung des streitgegenständliches Pferdes.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Pferd bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen sei.

Der Beklagte ist der Meinung, dass im Verhalten des Pferdes kein Mangel zu sehen sei und dass das Verhalten des Springpferdes durch das Reiten der Klägerin verursacht worden sei.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet, sodass die Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises für das Pferd aus §§ 433, 437 Abs. 1 Nr. 2, 440. 323, 326 Abs. 5, 346 ff. BGB hatte. Es lag kein zum Rücktritt berechtigter Sachmangel bei Übergabe vor.

Entgegen dem klägerischen Vortrag, litt das Pferd nicht an einem „kissing-spines-Syndrom“. Der hinzugezogene Sachverständige führte zudem aus, auch wenn ein solcher Mangel vorliegen würde, dieses Syndrom der Röntgenklasse II-III zuzuordnen wäre und dies noch nicht zu einer Gebrauchsunfähigkeit führen würde.

Laut dem Sachverständigen sei kein physischer Mangel für das Verhalten des Pferdes verantwortlich, da das Springpferd im Rahmen der Dressurübungen keinerlei Verhaltensauffälligkeiten gezeigt habe. Diese Verhaltensauffälligkeiten seien erst beim Springen aufgetreten. Es handelt sich hierbei um eine Befindlichkeitsstörung des Pferdes.  

Gemäß § 434 Abs. 1 BGB müsste der Sachmangel bei Gefahrübergang vorhanden sein.

Die Klägerin konnte jedoch nicht beweisen, dass diese Befindlichkeitsstörung bereits bei Übergabe vorlag. Ein Verkaufsvideo ermöglichte hierzu keine Feststellungen. Zudem war die Zeugenaussage der Vorbesitzerin des Pferdes dazu nicht ergiebig. Sie habe nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, dass das Pferd keine Befindlichkeitsstörung gehabt habe, als sie es an den Beklagten abgegeben hatte. Das Pferd habe nämlich auf Turnieren immer sehr gute Platzierungen erreicht. Bei den schlechten Turnierergebnissen konnte die Vorbesitzerin auch darlegen, warum das Pferd nicht so gut abschnitt.

Einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ 433, 437 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 284 BGB hatte die Klägerin folglich auch nicht, da wie oben darlegt, kein Sachmangel vorliegt.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

Springpferd – Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit

LG Stade, Urt. v. 24.05.2006 – 2 O 212/04

Sachverhalt:

Ein 68 jähriger erfahrener Amateurspringreiter (der Kläger), wollte für sich ein Springpferd kaufen. Der Beklagte bot ihm eine Stute an. Diese ließ sich der Beklagte vorreiten und ritt anschließend selbst auch Probe. Der Beklagte teilte dem Kläger mit, dass die Stute bereits eine „Ton-OP“ hatte sowie einen Chip entfernt wurde und eine leichte Fehlstellung der Hufe vorliege. Dies bestätigte  auch die vor dem Kauf durchgeführte Ankaufsuntersuchung. Für einen Preis von 19.000 € erwarb der Kläger die Stute, wobei er im Wert von 1.500 € ein anderes Pferd in Zahlung gab. Etwa drei Monate nach der Übergabe erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag, da das Pferd ernsthafte Rittigkeitsprobleme und auch gesundheitliche Mängel habe. Die Stute könne nur mit Hilfe von Ausbindern geritten werden, da sie ansonsten den Kopf hoch schlage. Weiter  galoppiere die Stute durch jede Wendung im Kontergalopp. Darüber hinaus leide  das Pferd an blutigen Nasenausfluss. Der Beklagte lehnte die Rücknahme des Pferdes Zug um Zug gegen Zahlung von 19.000€ und Rückgabe des in Zahlung genommenen Pferdes ab. Dagegen  reichte der Käufer Klage ein.

 

Entscheidung:

Da der Kläger kein Rücktrittsrecht nach §§ 437 Nr. 2, 326 Nr. 5, 346 BGB hatte, wurde die Klage abgewiesen.

Voraussetzung für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ist, dass zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs der Sache ein Sachmangel im Sinne des § 434 BGB anhafte. Ob ein Mangel vorliegt richtet sich zunächst nach der vereinbarten Beschaffenheit. Beide Parteien hatten sich bei dem Kauf unstreitig darauf geeinigt, dass das Pferd sich als Springpferd eignen solle. Darüber hinaus gehende  Vereinbarungen, ob das Pferd sich zum Turnierreiten oder für eine bestimmte Leistungsklasse eignen solle, wurden nicht getroffen.

Ferner stellte das Landgericht dazu fest, dass alleine aus dem höheren Alter des Käufers auch keine schlüssige Beschaffenheitsvereinbarung angenommen werden kann, dass es sich bei dem Pferd um ein besonders einfach zu reitendes „Lehrpferd“ handeln solle. Das Alter des Reiters allein reiche nicht aus, um auf reiterliche Fähigkeiten oder Schwächen schließen zu können. Der Beklagte hätte davon ausgehen müssen, dass es sich bei dem Käufer um einen erfahrenen Reiter handelt, der es versteht ein Pferd mit den richtigen Hilfen über die Sprünge zu lenken. Nach Ansicht des Gerichts war der Beklagte „ohne besondere Vereinbarung nicht gehalten, dem Kläger nur ein Pferd anzubieten, welches praktisch ohne Anleitung und unabhängig von dem Verhalten seines Reiters jeden Parcours springt.“ Daher war einzige vereinbarte Beschaffenheit, dass sich das Pferd zum Springreiten eigne, was nach der Beweisaufnahme durch den Sachverständigen zweifellos der Fall war. Ferner konnte der Sachverständige die vom Kläger behauptete Unrittigkeit nicht feststellen. Das Pferd sei unter ihm stets am Zügel gegangen und habe nicht den Kopf hochgerissen, auch ohne den Einsatz eines Gummichambons. Die Stute sei lediglich hin und wieder in den Kreuzgalopp umgesprungen, was jedoch keinen Mangel darstelle. Weil sich bei Pferden der Allgemeinzustand schnell ändern kann und deswegen mit hinreichender Sicherheit keine Rückschlüsse auf ein früheres Verhalten gezogen werden können, scheitert der Rücktrittsanspruch im Hinblick auf die Unrittigkeit im Übrigen auch an der Unmöglichkeit der Beweisführung durch den Käufer. Der Sachverständige könne lediglich das derzeitige Verhalten des Pferdes beurteilen, nicht aber das Verhalten zum Zeitpunkt der Übergabe.

Das Pferd eignete sich auch physisch zum Springreiten, denn nach der Aussage des Sachverständigen habe die Stute nur minimalen Nasenausfluss mit geringen Blutspuren, der nur unter extremer Belastung auftrete. Die Eignung des Pferdes zum Springen werde dadurch nicht eingeschränkt.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

Rücktritt vom Kaufvertrag Sommerekzem/ Hufrollenerkrankung

Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Sommerekzem und Hufrollenerkrankung

BGH, Urteil vom 29.03.2006 AZ.: VIII ZR 173/05

Vorinstanzen:

LG Arnsberg Urteil vom 06.02.2004 AZ.: 4 O 396/02

OLG Hamm Urteil vom 01.07.2005 AZ.: 11 U 43/04

Leitsatz:

Das Sommerekzem stellt einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB dar. Die Vermutung des § 476 BGB bei einem Verbrauchsgüterkauf (Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war )ist grundsätzlich auch auf Tierkäufe anzuwenden, es sei denn, wenn sie aufgrund der Art des Mangels bei bestimmten Krankheiten ausgeschlossen ist. Bei einer saisonal auftretenden Allergie wie dem Sommerekzem, kann die Vermutung nicht ausgeschlossen werden.

Sachverhalt:

Die Beklagte züchtet Araberpferde. Sie verkaufte der Klägerin im März einen fünfjährigen Hengst und übergab ihn ihr sogleich. Knapp ein halbes Jahr später, im September, trat die Käuferin schriftlich vom Kaufvertrag zurück und berief sich dabei auf gesundheitliche Mängel des Pferdes. Insbesondere sei bei dem Pferd seit August ein Sommerekzem aufgetreten, und es zeige eine Lahmheit, die auf eine Hufrollenerkrankung zurückzuführen sei.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie Ersatz der ihr entstandenen Aufwendungen.

Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen, sie sei keine Unternehmerin und züchte nur hobbymäßig, daher würden die Regeln über den Verbrauchsgüterkauf nicht eingreifen. Außerdem sei das Pferd nicht mangelhaft gewesen und habe bis zur Übergabe keine Anzeichen eines Sommerekzems gezeigt.

Das Landgericht hatte zunächst die Klage abgewiesen, woraufhin die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht einlegte. Das Berufungsgericht gab der Klägerin Recht und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rücknahme des Pferdes. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit dem Ziel, das erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen.

Entscheidung der ersten Instanz:

Das Landgericht sah die Disposition des Pferdes, allergische Reaktionen auf bestimmte Insektenstiche zu zeigen, nicht als Mangel im Sinne des § 434 BGB an. Es entschied, dass hier die Beweislastumkehr des § 476 BGB zu Lasten des Beklagten nicht eingreife, weil die dort geregelte Vermutung nicht mit der Art des Mangels vereinbar sei. Die von der Klägerin behauptete Lahmheit konnte nicht festgestellt werden. Außerdem leide das Pferd nach einem Sachverständigengutachten nicht unter der Hufrollenerkrankung und weise diesbezüglich auch keinen Mangel auf. Der Sachverständige erklärte, eine Hufrollenerkrankung sei nicht allein aus den röntgenologischen Befunden – ohne klinische Symptome – abzuleiten. Allein das Vorliegen von röntgenologischen Veränderungen (hier Einordnung des Pferdes in Röntgenklasse II- III, also klinische Erscheinungen unwahrscheinlich bzw. wenig wahrscheinlich) stelle noch keinen Sachmangel dar. Somit sei die Behauptung der Klägerin, die Eignung des Pferdes für Distanzritte sei insoweit eingeschränkt oder ausgeschlossen, widerlegt. Daher wies das Landgericht die Klage ab.

Entscheidung der Berufungsinstanz:

Das OLG Hamm sah dies anders und gab der Berufung der Klägerin statt. Bezüglich der von der Klägerin behaupteten Hufrollenerkrankung folgte das OLG den Ausführungen des Landgerichts nach dem Sachverständigengutachten und lehnte hier ebenfalls einen Mangel ab.

Im Übrigen nahm das Gericht eine Mangelhaftigkeit des Hengstes an, da er sich mit dem Ekzem für die vereinbarte Verwendung, das Distanzreiten, aber auch zu der gewöhnlichen Verwendung als Reitpferd nicht eigne. Ein Aufenthalt im Freien während der Sommermonate sei für solche Pferde nicht unter normalen Bedingungen möglich, da mit dem Kontakt zu den die Allergie auslösenden Mücken regelmäßig zu rechnen sei. Das Sommerekzem wurde auch durch einen Tierarzt bestätigt. Das Pferd wies starke Scheuerstellen im Schweif- und Mähnenbereich auf und reagierte positiv auf einen Bluttest.

Im Gegensatz zu der Ansicht des Landgerichts sei hier auch die Vermutung des § 476 BGB anwendbar:

Die Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufes lägen vor. Bei der Beklagten handele es sich um eine Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB. Sie biete planmäßig und dauerhaft Deckhengste an und verkaufe selbstgezüchtete Fohlen. Auf das von ihr behauptete Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es bei der Bewertung der Unternehmereigenschaft nicht an. Auch ist es dazu unerheblich, ob die Einnahmen zur Schaffung einer Lebensgrundlage ausreichen oder nicht.

Der Mangel habe sich auch innerhalb der sechsmonatigen Frist seit Gefahrübergang gezeigt. Es ließe sich jedoch nicht mehr aufklären, ob er auch bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Den Nachteil daraus hat, nach der Vermutung des § 476 BGB, die Beklagte zu tragen. Im Gegensatz zu der Auffassung des Landgerichts, war das Oberlandesgericht der Ansicht, dass auch keiner der Ausnahmetatbestände des § 476 hier eingreife.

Nach dem OLG ist die Vermutung nicht mit der Art der Sache unvereinbar. Es kann nicht angenommen werden, dass bei Tieren die Vermutung prinzipiell unanwendbar wäre. Auch von der Sache her verbietet sich eine rückwirkende Vermutung über den Zustand des Tieres im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht in jedem Fall schon deshalb, weil es sich bei Tieren um Lebewesen handelt, die naturgemäß einem stetigen Wandel ihres körperlichen und gesundheitlichen Zustandes unterliegen. Mit der Vermutung kann auch beim Kauf eines Tieres das Risiko der Unaufklärbarkeit dem verkaufenden Unternehmer auferlegt werden. Auch der Verkäufer eines Tieres sei bis zum Gefahrübergang näher an dem Sachmangel und habe daher die besseren Beweismöglichkeiten.

Die Vermutung sei hier auch nicht unvereinbar mit der Art des Mangels. Auch hier gelte, dass der Verkäufer näher am Mangel ist und die bessere Beweismöglichkeit habe. Im Einzelfall könne aber je nach Krankheit die Vermutung unpassend sein, zum Beispiel, wenn bei einer Infektionskrankheit der Zeitraum zwischen Gefahrübergang und Ausbruch der Krankheit länger ist als die Inkubationszeit. Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor.

Der Senat ließ offen, ob die mangelnde Erkennbarkeit des Mangels für den Verkäufer einen Fall der Unvereinbarkeit mit § 476 BGB darstellen könne.

Da der hier vorliegende Mangel jedenfalls nicht in absehbarer Zeit heilbar ist und auch nicht beseitigt werden kann, durfte die Klägerin nach Ansicht des OLG wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten, ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung. Die Klägerin habe daher einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages und Ersatz der notwendigen Verwendungen.

Entscheidung des BGH:

Der BGH gab der Revision statt und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht.

Nach Ansicht des BGH hat das OLG das Sommerekzem zutreffend als Sachmangel eingestuft und auch zu Recht angenommen, dass das Sommerekzem mit der Vermutung des § 476 BGB nicht unvereinbar ist. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Greift sie ein, so kann der Verkäufer das Gegenteil beweisen. Dieser Beweis könnte der Beklagten vorliegend gelungen sein. Das Berufungsgericht habe aber verfahrensfehlerhaft bei der Beweiswürdigung gehandelt, da es sich nur auf die Ausführungen des Sachverständigen stützte und nicht prüfte, ob die Beklagte die Vermutung widerlegt habe.

Das Sommerekzem sei keine versteckte Krankheit, sondern eine saisonal auftretende, sichtbare Allergie, welche zwingend mit pathologischen Erscheinungen verbunden sei. Diese Symptome könnten nach Ansicht des Gerichts nicht übersehen werden, weswegen es durchaus feststellbar wäre, ob das Pferd bereits bei Gefahrübergang unter dieser Krankheit litt, auch wenn sie saisonal zum Zeitpunkt des Verkaufes nicht sichtbar sein konnte. Die Vermutung, dass das Pferd bereits zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges mangelhaft war, ließe sich daher durch den Nachweis widerlegen, dass das Pferd bis zu diesem Zeitpunkt, trotz Aufenthalt im Freien und mit Kontakt zu Mücken, noch keine Symptome des Ekzems gezeigt hatte.

Bei der Vernehmung mehrerer pferdekundiger Zeugen versicherten diese, das Pferd habe bis dahin keine der Symptome gezeigt.

Die zunächst pauschale Behauptung der Klägerin, die Allergie habe sich aufgrund einer genetisch bedingten Disposition erst allmählich entwickelt, reiche zu einem substantiierten Darlegen eines vertragswidrigen Zustands des Pferdes bei Gefahrübergang nicht aus.

Das Urteil wurde daher aufgehoben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp