02151 - 76 70 00 9

Vorsicht bei Muster-Pferdekaufverträgen

OLG Hamm (2. Zivilsenat, I-2 U 17/18)

Der Verkäufer eines Pferdes hat grundsätzlich die Möglichkeit seine gesetzliche Haftung in Verträgen zu begrenzen. Oft werden bei Verkauf eines Pferdes aus Zeit und Kostengründen vorformulierte Verträge aus dem Internet verwendet. Dies kann “nach hinten losgehen”, da manche der eingefügten Klauseln der gesetzlichen AGB-Kontrolle nicht standhalten und damit unwirksam sind.

 

Sachverhalt:

Die Klägerin kaufte ein Pony für ihre Tochter. Anschließend begehrte die Klägerin die Rückgängigmachung des Kaufvertrages, da das Pony ständig mit dem Kopf schlug und deswegen für die 8 jährige Tochter nicht geeignet war. Zudem sei das Pony ständig gestiegen, als die Tochter es führte. Es wurde nachstehender Haftungsausschluss vereinbart.

„Das Pferd wird verkauft wie besichtigt und zur Probe geritten. Hinsichtlich der reiterlichen bzw. sportlichen Beschaffenheit wird der Zustand als vertraglich vereinbart zugrunde gelegt, der sich nach Besichtigung des Pferdes und/oder nach Proberitt durch den Käufer darstellt. Insoweit erfolgt der Verkauf unter vollständigem Ausschluss jeglicher Haftung.

Von den vorstehenden Rechtsbeschränkungen ausgenommen ist eine Haftung bei Vorsatz oder Arglist. Hinsichtlich von Schadensersatzansprüchen gelten die vorstehenden Rechtsbeschränkungen auch nicht für eine Haftung bei grob fahrlässig verursachten Schäden und nicht für Personenschäden (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit), die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen beruhen, es sei denn, der Käufer ist Unternehmer.“

Hier war unter anderem zu prüfen, ob trotz des Haftungsausschlusses der Rücktritt erklärt werden konnte.

Das Landgericht Paderborn hatte die Klage zuvor abgewiesen, ohne zu überprüfen, ob die eingefügte Klausel bezüglich des Haftungsausschlusses wirksam war.

Die Richter in Hamm mussten nun feststellen, ob die Vertragspartner einen wirksamen Teilhaftungsausschluss hinsichtlich etwaiger Mängel vereinbart hatten.

 

Entscheidung:

In der mündlichen Verhandlung am 13.08.2018 kam das Oberlandesgericht zu folgendem Ergebnis: Der Pferdekaufvertrag ist teilweise unwirksam, da die Klausel der gesetzlichen AGB Kontrolle nicht standhält. Sie widerspreche dem gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, nach dem die Rechte und Pflichten des Käufers klar und durchschaubar dargestellt werden müssen. Es sei nicht klar, ob die Haftung nur erkennbare Mängel oder auch versteckte Mängel hinsichtlich der reiterlichen Beschaffenheit erfasse. Unerwünschte Verhaltensweisen eines Pferdes würden nicht unbedingt beim Probereiten sichtbar werden. Der Verkäufer könne sich damit nicht auf den eingefügten Haftungsausschluss berufen.

Der Rechtsstreit wurde durch Vergleich beendet.

Dieses Urteil zeigt, dass es sinnvoll ist, Kaufverträge anwaltlich erstellen oder zumindest mit Blick auf einen Haftungsausschluss zu überprüfen zu lassen.

Wenn Sie Fragen zu Ihrem Pferdekaufvertrag haben, sprechen Sie uns an, wir helfen Ihnen gerne weiter.

 

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

Unfall mit Pony im Straßenverkehr – Hälftige Haftung

OLG Celle Urt. v. 10.04.2018 – 14 U 147/17

 

Sachverhalt:

Mit ihrem Pony ritt die  Tochter der Klägerin auf der rechten Seite eines Weges. Hierbei handelt es sich um eine einspurige Fahrbahn mit Randstreifen auf beiden Seiten. Der Beklagte befuhr mit seinem LKW der Reiterin entgegen. Als die Reiterin den LKW kommen sah, hielt sie mit dem Pony an und stellte es leicht schräg mit dem Kopf Richtung Fahrbahn auf den Randstreifen und blieb dabei auf dem Pony sitzen. Der Beklagte drosselte das Tempo des LKWs und lenkte ihn ganz auf den rechten Rand der asphaltierten Fahrbahn. Als der LKW etwa halb an dem Pony vorbei war, erschreckte sich dieses, stieg und verletzte sich so schwer, dass es an den Folgen des Unfalls eingeschläfert werden musste. Ob es zu einer Kollision zwischen Pferd und LKW  gekommen ist oder nicht, konnte nicht abschließend geklärt werden. Die Klägerin begehrt neben der Erstattung von Behandlungskosten auch den Wert des Ponys ersetzt.

 

Entscheidung:

Der Beklagte wurde vom Landgericht Verden ( 5 O 282/14) auf Basis einer hälftigen Haftung zur Zahlung von 4000 € an die Klägerin verurteilt. Die Entscheidung der hälftigen Haftung wurde damit begründet, dass der LKW Fahrer die ihm aus §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 StVO obliegenden Pflichten nicht nachgekommen sei. Der von ihm zur Reiterin eingehaltene Abstand sei nicht ausreichend gewesen.  Dies wäre ihm jedoch objektiv möglich gewesen, wenn er den Grünstreifen befahren hätte. Alternativ hätte er anhalten und das Pferd passieren lassen oder sich mit der Reiterin verständigen müssen.

Der Mitverschuldensanteil der Klägerin von 50% ergibt sich aus der allgemeinen Tiergefahr, die sich durch das Scheuen des Ponys realisiert hat. Des Weiteren habe sich die Reiterin vor dem Unfall korrekt verhalten, weshalb ihr kein über die allgemeine Tiergefahr hinausgehender Verursachungs- und Verschuldensbeitrag anzulasten ist.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit dem Ziel, dass der LKW-Fahrer den Schaden in voller Höhe zu ersetzen habe. Die Berufung wurde vom Oberlandesgericht Celle jedoch zurückgewiesen. Im Ergebnis hat das Oberlandesgericht Celle das Urteil der Vorinstanz bestätigt, nach dem die Klägerin einen um 50% gekürzten Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten (bzw. dessen Versicherung)  aus §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 VVG hat. Im Gegensatz zum Landgericht sah das Berufungsgericht auch ein Verschulden bei der Reiterin, was sich allerdings im Ergebnis nicht auswirkt. Nach der ständigen Rechtsprechung scheidet eine Mithaftung des Tierhalters aus § 833 Abs. 1 BGB in der Regel aus, wenn den Mitverursacher des Unfalls nicht nur eine Gefährdungshaftung, sondern auch eine Verschuldenshaftung aus § 823 Abs. 1 BGB trifft. Nur in letzterem Fall greift § 840 Abs. 3 BGB wonach nur diejenige Partei haftet, die zusätzlich ein Verschulden trifft. Hier haftet der Beklagte nicht nur aus der Betriebsgefahr des LKWs, sondern auch aus dem schuldhaften Verstoß gegen das Abstandsgebot. Grundsätzlich reicht zwar ein Seitenabstand beim Passieren anderer Verkehrsteilnehmer von einem Meter aus, beim Passieren von Reitern muss allerdings mit unerwarteten Reaktionen des Pferdes gerechten werden, so dass hier unter Abwägung der konkreten Umstände ein Mindestabstand von anderthalb bis zwei Meter zum Pony einzuhalten ist.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Celle scheidet die Anwendung des § 840 Abs. 3 BGB im vorliegenden Fall aber deshalb aus, weil die Reiterin ebenfalls ein Verschulden trifft. Sie haftet für die Unfallfolgen nicht nur aus § 833 S. 1 BGB, sondern auch aus § 823 Abs. 1, 254 BGB bzw. 17 StVG. Das bloße Durchparieren zum Halten und schräg zur Fahrbahn stellen des Pferdes reicht für die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt nicht aus. Die Reiterin hätte die Gefahrsituation erkennen und vom Pony absteigen müssen, um es zu führen. Alternativ hätte sie zurück reiten müssen bis zu einer breiteren Stelle des Weges, an dem der LKW mit größerem Abstand hätte passieren können. Jedenfalls hätte sie sich mit dem LKW-Fahrer verständigen müssen. Ferner stellte  das Aufstellen des Ponys mit dem Kopf Richtung Fahrbahn, also mit Fluchtrichtung auf den LKW und der dadurch noch weiter verringerte Abstand des Ponys zur Fahrbahn eine Sorgfaltspflichtverletzung dar.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

Haftung des Pferdehalters auch bei Reitbeteiligung

Zur Haftung des Tieraufsehers


Das Oberlandesgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 29.03.2017 – 4 U 1162/13 – entschieden, dass ein Pferdehalter  auch bei einer Reitbeteiligung für Unfälle haftet, die durch sein Pferd verursacht werden. Die Haltereigenschaft wird durch die Vereinbarung einer Reitbeteiligung nicht berührt. Ein stillschweigender Haftungsausschluss zwischen Pferdehalter und Reiter kann nicht ohne weiteres angenommen werden.

 

 

Sachverhalt:

 

Klägerin des zugrundeliegenden Streitfalls ist die gesetzliche Krankenversicherung der geschädigten Reiterin. Die beklagten Pferdehalterin hatte mit der Reiterin eine Reitbeteiligung vereinbart, wonach sie mit deren Pferd an drei Tagen in der Woche gegen Bezahlung von 100,- € monatlich ausreiten durfte. Die geschädigte Reiterin stürzte bei einem Ausritt vom Pferd und erlitt eine Querschnittslähmung. Für den Reitunfall war das Verhalten des Pferdes ursächlich. Die Reitbeteiligung ist von der Haftpflichtversicherung der Beklagten nicht erfasst.

 

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die auf Ersatz der Heilbehandlungskosten gerichtete Klage in erster Instanz vollumfänglich abgewiesen. Die Auslegung des abgeschlossenen Vertrages über die Reitbeteiligung ergebe, dass die geschädigte Reiterin und die beklagte Pferdehalterin stillschweigend einen Haftungsausschluss vereinbart hätten.

 

Mit der gegen das Urteil eingelegten Berufung hatte die Klägerin zumindest teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat eine Haftung der Beklagten grundsätzlich bejaht, der Höhe aber eine Anspruchskürzung in Höhe von 50 % vorgenommen.

 

Das Gericht ist der Auffassung, dass die Beklagte trotz der vereinbarten Reitbeteiligung zum Unfallzeitpunkt alleinige Halterin des Pferdes gewesen sei.  Denn sie hatte das alleinige Bestimmungsrecht über das Tier und trug sämtliche Aufwendungen, wie etwa für Tierarzt, die Versicherung oder Futter. Die geschädigte Reiterin  zahlte dagegen nur ein geringes Entgelt für die gelegentliche Nutzung des Pferdes. Für die Haftung des Tierhalters sei maßgeblich, ob sich die spezifische Tiergefahr verwirklicht habe. Vorliegend war das Pferd der Beklagten grundlos plötzlich los galoppiert, was zu dem Unfall führte.

 

Nach Auffassung des Gerichts beinhaltete die Vereinbarung einer Reitbeteiligung nicht automatisch einen stillschweigenden Haftungsausschluss. Es komme vielmehr auf die konkreten Umstände des  Einzelfalles an. Ein Haftungsausschluss könne etwa dann angenommen werden, wenn die Geschädigte an der Überlassung des Tieres ein besonderes Interesse gehabt hätte. Hier habe die Reitbeteiligung allerdings erst seit kurzer Zeit bestanden und die Beklagte sei selbst davon ausgegangen, dass etwaige im Rahmen der Reitbeteiligung entstehende Schäden auch von ihrer Versicherung gedeckt seien.

 

Nach Ansicht des Gerichts haftet die Beklagte aber nur mit einer Quote von 50 %. Denn die geschädigte Reiterin sei zum Unfallzeitpunkt  Tieraufseherin i.S.v. § 834 BGB gewesen. Nach dieser Vorschrift besteht zu Lasten des Tieraufsehers die widerlegbare Vermutung, dass ihn ein Sorgfaltspflichtverstoß trifft, welcher auch für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist. Da es der geschädigten Reiterin nicht gelungen sei, diese Vermutung zu widerlegen und der Unfall nicht mehr aufklärbar sei, führe dies zu einer Anspruchskürzung wegen vermuteten Mitverschuldens in Höhe von 50%.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

Fehlerhafte Ankaufsuntersuchung – Haftet der Tierarzt oder der Pferdeverkäufer?

BGH, Urt. v. 26.01.2012 – VII ZR 164/11

 

Sachverhalt:

In der Absicht einen zweijährigen zukünftigen Zuchthengst zu kaufen, beauftragte der Kläger (Käufer) im Vorfeld den beklagten Tierarzt damit, eine Ankaufsuntersuchung durch zu führen.  Dabei sollten auch Röntgenaufnahmen von beiden Kniegelenken angefertigt werden. Der Tierarzt gab als Röntgenergebnis „ohne besonderen Befund“ an. Tatsächlich befanden sich allerdings Chips in einem der Kniegelenke, die auch auf den erstellten Röntgenbildern zu sehen waren. Dies fiel im Rahmen der Körvorauswahl auf, zu der der Kläger die Röntgenaufnahmen des Beklagten vorgelegt hatte. Daraufhin erklärte der Kläger  gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag. Dieser verwies ihn zunächst weiter an den Beklagten. Daraufhin wurde das Pferd an den Verkäufer zurückgegeben. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten erstattete dem Käufer den Kaufpreis. Der Kläger begehrt mit der Klage Ersatz der Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Zuchtfähigkeit des Hengstes getätigt hat. Hierunter fallen insbesondere Kosten für die Ausbildung des Pferdes. Da sich der Verkäufer weigerte die Aufwendungen zu erstatten, wandte sich der Kläger erneut an den Tierarzt.  

 

Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass es sich bei der Ankaufsuntersuchung um einen Werkvertrag handelt. Der Tierarzt wird dadurch nicht nur dazu verpflichtet, die Untersuchung sachgemäß durchzuführen, sondern auch seinem Auftraggeber das Resultat, insbesondere bei festgestellten Auffälligkeiten, mitzuteilen. Der behandelnde Tierarzt schuldet dem Auftraggeber einen einwandfreien Befund. Kommt der Tierarzt er seine Pflichten aus dem Werkvertrag nicht nach, so haftet er dem Auftraggeber gegenüber aus §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB auf Ersatz des Schadens, der diesem dadurch entstanden ist, dass er den Hengst Pferd wegen des fehlerhaften Befundes gekauft hat.

 

Entgegen der vorinstanzlichen  Auffassungen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich bei Tierarzt und Verkäufer um Gesamtschuldner handelt ( vgl. auch BGH VIII ZR 7/11). Demnach haftet der Tierarzt gleichrangig zum Verkäufer. Hiernach hat der Kläger grundsätzlich die Wahl, an welchen der Gesamtschuldner er sich wendet. Entweder an den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache, oder aber an den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung. Nur in Ausnahmefällen kann sich ein Vorrang der Gewährleistungshaftung aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben. Ein Vorrang scheidet aber aus, wenn der Verkäufer sich – wie vorliegend – weigert, für den Schaden aufzukommen.

Nur der Auftraggeber des Tierarztes kann Schadensersatzansprüche regelmäßig geltend machen. Demnach ist darauf zu achten, wer die Ankaufsuntersuchung beauftragt hat und welche Regelungen in dem Vertrag vereinbart wurden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ( Urt. vom 14.08.2013 – 7 U 63/13) hat in einem Verfahren die Klage eines Pferdekäufers gegen einen Tierarzt abgewiesen, da dieser von dem Verkäufer des Pferdes beauftragt wurde und im Untersuchungsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde, dass alle Vereinbarungen dieses Vertrages nur das Verhältnis zum Auftraggeber betreffen und dass die Haftung gegenüber Dritten ausgeschlossen ist.

 

Anders hat dies jedoch  das Oberlandesgericht Hamm entschieden. (Urteil vom 05.09.2013 – 21 U 143/12). Nach dessen Meinung stelle die ordnungsgemäße Untersuchung des Pferdes eine Kardinalspflicht aus dem Untersuchungsvertrag dar, deren Haftung für Schlechterfüllung man nicht durch AGB gegenüber dem Käufer ausschließen  könne. Denn der Pferdekäufer sei, auch ohne Vertragspartner des Tierarztes zu sein, in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen. Der Tierarzt wisse schließlich, dass er die Ankaufsuntersuchung dazu durchführt, um den potentiellen Pferdekäufer über den Gesundheitszustand des Pferdes aufzuklären.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia