OLG Frankfurt, Urt. v. 14.09.17 – 15 U 21/16, vorgehend LG Marburg, Urt. v. 09.12.15 – 2 O 64/14

Sachverhalt:

Der Kläger ist Halter und Eigentümer eines Pferdes, welches er in dem Pensionsbetrieb des Beklagten einstallte. Das Pferd sollte dort in einer Box untergebracht werden und morgens auf einen Paddock gebracht und abends von diesem wieder zurück in die Box geholt werden. Wenige Tage, nachdem das Pferd auf dem Betrieb eingestallt wurde, erhielt der Kläger morgens einen Anruf von einer Angestellten des Beklagten, die ihm mitteilte, dass das Pferd lahme. Es stellte sich heraus, dass das Pferd mehrere Schürfwunden am Kopf hatte und unter anderem eine Oberarmfissur und eine Ellenbogenfraktur aufwies. Wie genau es zu den Verletzungen kam ist umstritten, entweder durch einen Sturz beim Heraus- oder Hereinbringen vom Paddock oder durch ein Festlegen in der Box.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe der von ihm aufgewendeten Behandlungskosten für das Pferd.

 

Entscheidung:

Das LG Marburg hatte in erster Instanz die Klage als unbegründet abgewiesen.

Das Gericht hat zunächst festgestellt, dass es sich bei einem Pferdeeinstallungsvertrag um einen gemischten Vertrag mit Elementen des Miet-, Kauf-, Dienst-, sowie Verwahrungsvertrages handelt. Den Schwerpunkt bildet hier der entgeltliche Verwahrungsvertrag, da nicht lediglich eine Box zur Verfügung gestellt werden, sondern es auch versorgt und gefüttert werden sollte. Daher kommt nach dem Schwerpunkt des Vertrages das Verwahrungsrecht nach § 688 BGB zur Anwendung, nach dem der Pensionsbetreiber neben der Überlassung einer Box insbesondere auch die Übernahme der Fürsorge und Obhut für das jeweilige Pferd schuldet.

Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 I BGB kommt daher in Betracht, wenn der Stallbetreiber seine Obhutspflicht schuldhaft verletzt. Dazu habe jedoch der Kläger zunächst darzulegen, dass die Pflichtverletzung objektiv in den Verantwortungsbereich des Beklagten gefallen ist.

Das Landgericht ging jedoch davon aus, dass dem Kläger dieser Nachweis nicht gelungen sei, denn es konnte nicht aufgeklärt werden, ob sich das Pferd beim Herausbringen verletzt hatte oder sich in der Box festgelegt hatte. Letzteres stellt eine allein auf die dem Pferd innewohnende Tiergefahr zurückzuführende Verletzung dar, die nicht vom Beklagten zu vertreten wäre.

Anders sah dies jedoch das Berufungsgericht, welches dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der aufgewendeten und erforderlichen Tierarztkosten zusprach.

Der Beklagte habe aufgrund des Vertrages mit dem Kläger die ihm obliegenden Obhuts- und Fürsorgepflichten sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass sich das Pferd nicht verletzt und im ordnungsgemäßen Zustand wieder an seinen Eigentümer herausgegeben werden kann.

Da sich das Pferd zu dem Zeitpunkt als es sich verletzte im alleinigen Verantwortungs- und Gefahrenbereich des Beklagten befand, trifft hier den Beklagten und nicht den Kläger die Beweislast. Der Beklagte hat den Entlastungsbeweis dafür zu führen, dass ihn bezüglich der Verletzungen des Pferdes kein Verschulden trifft. Dies ist ihm vorliegend nicht gelungen, da gerade nicht aufgeklärt werden konnte, ob die Verletzungen durch ein Festlegen oder einen Sturz auf dem Paddock entstanden sind.  

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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