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Beschaffenheitsvereinbarung Ausbildungsstand, Rückgabe Pferd

„Dressur A“, Haftungsausschluss bei nebenberuflich-tätigen Verkäufer, Ersatz von notwendigen Aufwendungen wie Stall- und Futterkosten, Kostenersatz Ersatz für artgerechte Bewegung, Tierarzt, Tierhalterhaftpflichtversicherung, vorprozessuale Anwaltstätigkeit ohne verzugsbegründende Tatsachen

LG Münster, Urteil vom 24.09.2007 – 2 O 11/07

Der Sachverhalt: 

Die Klägerin ist Freizeitreiterin und Inhaberin des Reitausweises der Leistungsklasse D (Dressur) 5. Der Beklagte betrieb im Nebenerwerb eine Landwirtschaft mit Biolandprodukten und züchtete hobbymäßig Pferde, die er verkaufte, soweit bei ihm auf dem Hof Platzmangel herrschte. Der Beklagte zog zunächst aus einer seiner Hobbyzucht stammenden Fuchsstute ein Fohlen und gab sie sodann an den Zeugen S, um sie wieder anreiten zu lassen. Mit Hilfe eines Vermittlers wurde die kaufinteressierte Klägerin auf die Stute aufmerksam und kaufte sie nach einer Besichtigung, einem Vorreiten und einem Proberitt am 19.10.2006. Der zwischen den Parteien geschlossene Pferdekaufvertrag beinhaltete die Angabe, dass die Stute den Ausbildungsstand „Dressur: A“ aufweiste, wobei in Bezug auf das Springen folgender Passus eingefügt war: „Springen: nicht unter dem Sattel gesprungen“. Über den Kaufpreisrückerstattung hinaus zeichnete sich der Verkäufer laut Vertragsbedingungen von weiteren Kosten bei einer Rückabwicklung (Alt: Wandlung) frei. Ferner wurde darin der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen jeglicher Art vereinbart.

Am 25.10.2006 teilte die Klägerin dem Beklagten schriftlich mit, dass sie Sachmängel an der Stute festgestellt habe. Insbesondere erfülle die Stute nicht die im Pferdekaufvertrag bezeichnete Eigenschaft: „Dressur A“. Mit anwaltlichen Schreiben vom 06.12.2006 forderte die Klägerin den Beklagten auf, Nachbesserung in Form eines Korrekturberitts vorzunehmen, welches dieser ablehnte. 

Die Klägerin behauptet in Ihrer Klage vor dem Landgericht Münster, dass die mangelnde Eigenschaft, die Dressur Klasse A zu erfüllen, auf gesundheitliche Probleme des Pferdes zurückzuführen sein könnte, z.B. wegen neuronaler Defizite und Problemen im Bereich des Ileosakralgelenks. Auch ein Gewährleistungsausschluss greife aufgrund der von der Klägerin angenommenen Unternehmerstellung des Beklagten und des damit vorliegenden Verbrauchsgüterkaufs nicht. Über die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages hinaus, beantragte die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, zukünftige Aufwendungen für das Pferd zu erstatten. Darunter machte sie Stall- und Futterkosten, Kosten für artgerechte Bewegung des Tieres, tierärztliche Kosten sowie die Kosten für eine abgeschlossene Tierhalterhaftpflichtversicherung geltend. 

Der Beklagte trat der Klage entgegen und bestritt die Mangelhaftigkeit des Pferdes zum Zeitpunkt der Übergabe. Im Übrigen war der Beklagte aus der Tatsache heraus, er betreibe die Pferdezucht lediglich hobbymäßig, der Ansicht, keine Unternehmerstellung Inne zu haben. 

 

Die Entscheidung:

Das Landgericht gibt der Klägerin im Wesentlichen Recht.

Zunächst ist nach den Feststellungen des Landgerichts die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages nach § 348 BGB zu gewähren und die empfangenen Leistungen (Kaufpreis und Eigentum und Besitz an der Fuchsstute), Zug um Zug zurück zu gewähren, da sich das Vorliegen eines Sachmangels an der Stute zum Zeitpunkt der Übergabe nachweisen ließe. Das Ausbildungsniveau des Pferdes wurde durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen überprüft, welcher das Gericht zu der Überzeugung führte, dass die Stute zum Zeitpunkt der Übergabe nicht über das angeführte Ausbildungsniveau verfügte. Der von der Klägerin ohne Fristsetzung erklärte Rücktritt sei im Übrigen gemäß § 323 Abs. 2 BGB zulässig gewesen, da der Beklagte in seinem anwaltlichen Schreiben vom 11.12.2006 eine Nachbesserung in Form einer Nachschulung des Pferdes ablehnte und insgesamt Gewährleistungsansprüche von sich wies. 

Ein etwaiger vertraglicher Gewährleistungsausschluss kann sich nach sachgerechter Auslegung des Landgerichts auch nicht auf die explizit vereinbarte Beschaffenheitsangabe „A Dressur“ beziehen. 

Auch kam das Landgericht zu dem Urteil, dass ein Ausschluss nach § 442 BGB trotz des durchgeführten Proberitts nicht vorliege. Es wurde festgestellt, dass das Pferd unmittelbar vor dem Proberitt der Klägerin von einem Dritten in A-Dressur-Niveau geritten wurde. Daher könnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Pferd hierdurch derart vorbereitet und warmgeritten wurde, dass die Klägerin das tatsächliche Ausbildungsniveau zu jenem Zeitpunkt nicht erkennen konnte. 

Auch erkannte das Landgericht der Klägerin die beantragte Erstattung von Stall- und Futterkosten im Rahmen der notwendigen Verwendungen nach § 347 Abs. 2 iVm. § 90 a S. 3, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB zu. Den sich hierauf ebenfalls beziehende Gewährleistungsausschluss stufte das Landgericht aufgrund der dem Beklagten zugesprochenen Unternehmerstellung nach §§ 14, 475 a.F. BG, jedenfalls aber aufgrund § 444 BGB als unwirksam ein. Die Unternehmerstellung bejahte das Landgericht aufgrund der engen Verbindung zum landwirtschaftlichen Betrieb (als Haupterwerb) des Beklagten und der Internetbewerbung des Zuchtbetriebes. Jedenfalls bejaht das Landgericht aber eine Garantieübernahme des Beklagten hinsichtlich der Beschaffenheit des Pferdes, wodurch der Haftungsausschluss als unwirksam erachtet wird. 

Im Übrigen stellte das Landgericht fest, dass neben Stall- und Futterkosten auch die Kosten für artgerechte Bewegung, Wurmkuren und anderer tierärztlicher Versorgung nach § 347 Abs. 2 BGB als notwendige Verwendungen erstattungsfähig sind. Nicht aber die Kosten für die Tierhalterhaftpflichtversicherung, da sie keine Pflichtversicherung ist und weder der Haltung noch der Nutzung des Tieres dient. Nach Ansicht des Landgerichts schützte sie lediglich die Vermögensinteressen des Versicherungsnehmers. Kostenersatz für die vorprozessuale Anwaltstätigkeit für die Klägerin lehnte das Gericht mit der Begründung ab, dass diese aufgrund der erstmaligen Geltendmachung von Gewährleistungsrechten keinen Verzugsschaden darstellen. 

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

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Pferdekauf, Rücktritt Vom Pferdekaufvertrag

Voraussetzungen des Verbrauchsgüterkaufs, arglistiges Verschweigen einer Zuchtuntauglichkeit und unselbständige Garantie für die Beschaffenheit,

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2004 – I- 14 U 213/03

 

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte am 12.01.2002 eine Pferdestute, namens „Pilofee S“ beim Beklagten für einen Kaufpreis iHv. 30.000 EUR. Der Pferdekaufvertrag wurde von mit einer Ankaufsuntersuchung verbunden. Innerhalb der Rücktrittsfrist erklärte der Kläger den Rücktritt und verlangte Rückabwicklung des Vertrages (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Pferdes) sowie Schadensersatz iHv. 6.395,05 EUR.

Der Kläger trug im Rahmen seiner Klage vor dem Landgericht vor, das Pferd leide an einer Knochen- und Knorpelentzündung des Gelenkbereichs (Osteochondrosis Dissecans -OCD) und sei entgegen dem im Pferdekaufvertrag vereinbarten Zweck zuchtuntauglich. Der Beklagte habe dem Kläger zugesichert, dass bei dem Pferd eine OCD (oder Chips-) Erkrankung nicht vorliege und er habe weiter auf Nachfrage des Klägers unzutreffend angegeben, noch keinen Versuch getätigt zu haben, die Stute decken zu lassen. Der Kläger ist der Ansicht, es sei schon kein wirksamer Vertragsschluss zustande gekommen. Jedenfalls sei aber der in den Geschäftsbedingungen angegebene Haftungsausschluss unwirksam, da sich der Pferdekaufvertrag als Verbrauchsgüterkauf darstelle und somit vorformulierte Vertragsbedingungen unwirksam seien.

Der Beklagte bestritt die behaupteten Mängel und berief sich auf den Gewährleistungsausschluss.

 

Entscheidung:

Das erstinstanzliche Gericht (Landgericht) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, der Kläger habe aufgrund der Untersuchungsergebnisse der Ankaufsuntersuchung Kenntnis gemäß § 442 Abs. 1 S. 2 BGB von der OCD-Erkrankung des Pferdes gehabt und dennoch am Pferdekaufvertrag festgehalten. Die Ankaufsuntersuchung war zwar zeitlich nach dem geschlossenen Pferdekaufvertrag, nach der Auffassung des Gerichts stand Letzterer jedoch unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) einer Billigung des Untersuchungsergebnisses und nicht unter der Bedingung einer bloßen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung.

Hinsichtlich der angeführten Zuchtuntauglichkeit habe sich der Beklagte zu Recht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, da es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handele. Der Kläger habe als darlegungs- und beweisbelastete Partei nichts zu seiner Verbraucherstellung vorgetragen. Diese sei auch nicht offensichtlich, da der Kläger die Stute zu Zuchtzwecken erworben habe, was für eine Unternehmereigenschaft spreche.

Das Landgericht ist der Auffassung, das Verschweigen über den zuvor einmal getätigten erfolglosen Deckungsversuch der Stute sei auch bei einem zu Zuchtzwecken gekauften Pferdes nicht als arglistiges Verschweigen zu werten. Weitere Mängelgewähransprüche kamen mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht in Betracht.

Die vom Kläger vor dem OLG Düsseldorf geführte Berufung, begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrags (§ 4) sei insbesondere nach § 475 Abs. 1 a.F., § 309 Nr. 8 b aa, § 309 Nr. 7 a BGB wirksam. Ferner habe sich das Landgericht nicht mit der vorgetragenen Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 7 a BGB befasst.

Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass ein den Rücktritt begründender Sachmangel in der OCD-Erkrankung nicht zu sehen ist, da sich die Beschaffenheitsvereinbarung auf erkennbare Eigenschaften des Pferdes nach dessen Inaugenscheinnahme und auf die bei Abschluss des Pferdekaufvertrag vorliegenden Röntgenbilder sowie deren Einordnung in Röntgenklassen I und II des Pferdes beschränke.

Der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrages ist nach Auffassung des Gerichts wirksam. Schon die Unternehmerstellung des Beklagten bestünde nicht, wenn dieser das Pferd nur zu privaten Zuchtzwecken besitze, über keine weiteren eigenen Pferde oder Stallungen verfüge und lediglich für seinen Bruder als Züchter eingetragen sei. Damit sei ein planmäßiges und dauerhaftes Anbieten von Leistungen am Markt gegen Entgelt nicht gegeben und ein Verbrauchsgüterkauf schon aus diesem Grunde abzulehnen gewesen. Ferner sei der Kläger, der ausweislich des Pferdekaufvertrages die Stute zu Zuchtzwecken erwarb, nicht als Verbraucher anzusehen.

Das Berufungsgericht hat ferner festgestellt, dass der Haftungsausschluss im Rahmen einer angewendeten AGB nicht gegen § 309 Nr. 8 a bb BGB verstoßen hat, da eine vierjährige Stute keine neu hergestellte Sache iSd Norm ist. Es ist hierbei auch bei Nutztieren allein auf den Geburtstermin abzustellen, da eine Bewertung eines Nutztieres nach dem Grad der „Benutzung“ bzw. „Gebrauchs“ wenig praktikabel, da ohne sachverständige Hilfe häufig nicht zu klären sei und zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führe.

Ebenfalls drang der Kläger mit dem Vorbringen nicht durch, der Haftungsausschluss verstoße gegen § 309 Nr. 7 a BGB, da der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrags nach dem Gesamtzusammenhang dergestalt auszulegen war, dass hiernach lediglich sonstige Schäden, wie in § 309 Nr. 7 b BGB ausgeschlossen wurden und nicht, wie der Kläger anführt, Körperschäden nach § 309 Nr. 7 a BGB inkludiert waren.

Ferner hat das Berufungsgericht die Feststellungen des Landgerichts bestätigt, dass der Beklagte den ein Jahr vor Ankauf getätigten erfolglosen Deckungsversuch der Stute nicht arglistig verschwiegen habe. Das Gericht hat die Deckungsuntauglichkeit der Stute hierdurch nicht als zwingend erachtet. Insbesondere sei dies nach dem erstinstanzlich unbestrittenen Vortrag des Beklagten, Stuten im Alter von 3 Jahren würden nach Deckungsversuchen lediglich zu 50 % trächtig werden, vorliegend zu bestätigen. Einen anderen Schluss hinsichtlich des Verschweigens ließe sich auch mit dem dahingehend befundlosen Ergebnis der tierärztlichen Ankaufsuntersuchung und den nach dem erfolglosen Deckungsversuch durchgeführten gynäkologischen Untersuchungen der Stute nicht ziehen, denn diese brachten keine Zuchtuntauglichkeit zu Tage.

Auch für eine Zusicherung (Garantieübernahme) ist eine ausdrückliche vertragliche Fixierung über den gesteigerten Willen, hier für eine Fehlende OCD-Erkrankung der Stute einzustehen, nicht ersichtlich.

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

Foto: Fotalia 

Das Warmblood Fragile Foal Syndrome – eine rechtliche Betrachtung

Was ist das Warmblood Fragile Foal Syndrom, oder auch kurz WFFS?

WFFS oder auch nur FFS, da es nicht nur bei Warmblütern nachgewiesen wurde, sondern auch zum Beispiel bei Vollblütern, Knabstruppern und Trakehnern, ist ein Gendefekt welcher rezessiv vererbt wird. Das bedeutet, dass es krankes Fohlen nur entstehen kann, wenn beide Elterntiere Träger des Gens sind. In diesem Falle entsteht zu 25% ein an FFS erkranktes Fohlen, zu 50% ein Träger und zu 25% ein Fohlen, welches das Gen gar nicht in sich trägt. Ein Pferd, bei dem das Gen nur einfach vorliegt, ist zwar Träger für den Gendefekt, erkrankt selbst jedoch nie und ist somit vollkommen gesund. In den 25% der Fälle, in denen bei Verpaarung zweier Träger das Gen von beiden Seiten vererbt wird, erkrankt das Fohlen an FFS. Dies bedeutet, dass die Kollagenfasern im Körper nicht richtig ausgebildet werden. Das Fohlen hat eine deutlich dünnere Haut und Gelenke die stark überdehnbar sind. In den meisten Fällen werden die Fohlen schon während der Trächtigkeit resorbiert oder abortiert. Kommt ein betroffenes Fohlen lebendig auf die Welt, so reißt die Haut schon bei normalen Bewegungen auf, im Rahmen der Geburtshilfe kommt es zu schweren Verletzungen des Fohlens, so dass es entweder innerhalb weniger Stunden verstirbt oder eingeschläfert werden muss.

Paart man hingegen einen Nichtträger mit einem Träger an, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass das Fohlen wiederum Träger wird bei 50%, zu 50% trägt das Fohlen das Gen nicht in sich. Jedenfalls aber kann es niemals zu einem kranken Fohlen kommen.

Mittlerweile geht man davon aus, dass bei den deutschen Warmblutzuchtverbänden ca. 10 – 15% der Pferde Träger des Gens sind. Den Gendefekt muss es schon seit etwa 170 Jahren geben, erstmals nachgewiesen werden konnte er jedoch erst 2012, in der breiten Öffentlichkeit wurde er erst ab 2018 thematisiert.

Seit 2019 müssen die im HB I eingetragenen Deckhengste auf das Gen getestet werden. Beabsichtigt man einen positiven Hengst einzusetzen, so muss auch die Stute auf das Gen getestet werden, andernfalls begibt man sich in einen Konflikt zum Tierschutzgesetz. §11b I TierSchG verbietet es, Wirbeltiere zu züchten, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass als Folge der Zucht, bei der Nachzucht erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten. Nach Abs. 2 kann die zuständige Behörde das Unfruchtbarmachen von Wirbeltieren anordnen, soweit züchterische Erkenntnisse erwarten lassen, dass deren Nachkommen Störungen oder Veränderungen im Sinne des Absatzes 1 zeigen werden.

Seit dem Bekanntwerden des Gendefekts ist es demnach verboten, zwei Trägertiere miteinander anzupaaren. Jetzt, da die Deckhengste verpflichtend getestet werden müssen, ist es daher erforderlich auch seine Stute auf das Gen testen zu lassen, beabsichtigt man einen positiven Hengst einzusetzen. Der Test ist dabei einfach über eine Haar- oder Blutprobe, derzeit für ca. 40 – 60 €, durchzuführen.

Ein Verstoß gegen § 11 b Abs. 1 TierSchG stellt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 22 TierSchG eine Ordnungswidrigkeit dar, welche mit einer Geldbuße bis zu 25.000 € geahndet werden kann. Dabei kann die Ordnungswidrigkeit sowohl vorsätzlich, als auch fahrlässig begangen werden!

Die Unfruchtbarmachung von Trägertieren i.S.d. Abs. 2 dürfte jedoch erstmal nicht drohen, da das Gen rezessiv vererbt wird und man so erkrankte Fohlen leicht vermeiden kann, indem man die Elterntiere testet. Zudem hätte es wohl auch negative Auswirkungen auf die Population. Es scheint derzeit gesichert, dass Donnerhall FFS-Träger gewesen sein muss, weitere Träger sind z.B. auch Don Schufro (u.a.Vater von Weihegold, Isabell Wert) oder Balou du Rouet. Man male sich aus, wo die heutige Sportpferdezucht wäre, wenn sie hätten unfruchtbar gemacht werden müssen nur aufgrund dieses Gens.

Ähnliche, ebenfalls rezessiv vererbbare Gendefekte sind auch bei Quaterhorses bekannt, wie zum Beispiel HERDA oder GBED. Auch hier dürfen Träger weiterhin zur Zucht eingesetzt werden. Gentests werden für Zuchttiere verlangt.Eine andere Frage ist, ob der Trägerstatus einen Sachmangel im Rahmen des Gewährleistungsrechts darstellt und somit Gewährleistungsansprüche auslösen kann. Diese Frage dürfte wohl nicht so einfach zu beantworten sein, zumal es noch keinerlei Rechtsprechung zu dem Thema gibt.

Voraussetzung für Gewährleistungsansprüche ist, dass ein Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Da das Gen schon von Geburt an in dem Pferd angelegt ist, liegt dieser immer bereits bei Gefahrübergang vor. Fraglich ist jedoch, ob der Genstatus überhaupt einen Mangel i.S.d. § 434 BGB darstellt.

Wurde im Vertrag eine bestimmte Beschaffenheit des Pferdes vereinbart, so liegt ein Mangel immer vor, wenn die Ist- von der Sollbeschaffenheit abweicht. Da ein Träger grundsätzlich nicht an dem Gendefekt erkrankt und sich der Genstatus allein bei Zuchtpferden auswirkt, dürfte WFFS bei einem Wallach niemals einen Mangel begründen können, ebenso bei Pferden, die als reine Reitpferde gekauft wurden.

Soweit es im Vertrag heißt, dass die Befunde der Ankaufsuntersuchung die gesundheitliche Beschaffenheit des Pferdes bestimmen sollen, so kann dies nur für gesundheitsrelevante Aspekte gelten, die Gegenstand dieser Untersuchung waren. Umstände, die von der Untersuchung gar nicht erfasst wurden, können regelmäßig auch nicht Gegenstand der den Gesundheitszustand des Pferdes betreffenden Beschaffenheitsvereinbarung sein (Vgl. OLG Düsseldorf, 13 U 116/13). Das heißt, nur weil im Protokoll der AKU nicht vermerkt ist, dass das Pferd Träger ist, liegt keine Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung vor, wenn das Pferd diesbezüglich gar nicht getestet wurde.

Schwieriger wird es, wenn das Pferd mit der BeschaffenheitsvereinbarungZuchtpferd“ gekauft wurde. Grundsätzlich hindert das Vorliegen des Gens nicht daran, dass das Pferd fruchtbar ist und in der Lage, gesunde Nachkommen zu zeugen. Jedoch ist man in der Auswahl des Partners eingeschränkt, man kann etwa 10 bis 15% der Hengste nicht einsetzen. Die Nachkommen aus einer Verpaarung mit einem Nichtträger können jedoch auch ihrerseits wieder zur Zucht eingesetzt werden. Zudem wurden auf den letzten Körungen zum Beispiel in München, Münster und Vechta auch mehrere Träger gekört und auch prämiert. In München wurde gerade erst sogar ein Träger zum Siegerhengst gekürt. Die Träger sind auch grundsätzlich vermarktbar, so wurde in Münster ein Träger mit einem Zuschlagspreis von 400.000 € zweitteuerster Hengst des Hengstmarktes. Man wird hier in beide Richtungen argumentieren können.

Wurde keine Beschaffenheit vereinbart, so liegt ein Mangel vor, wenn sich das Pferd nicht für die im Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Hierzu sei auf die obigen Ausführungen verwiesen.

 

Deutlicher

Liegt auch eine solche vertraglich vorausgesetzte Verwendung nicht vor, so liegt ein Mangel vor, wenn das Pferd sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Dies ist dann der Fall, wenn das Pferd keine Beschaffenheit aufweist, die bei Pferden der gleichen Art üblich ist, und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann. Da das Gen nur bei etwa 10 -15% der Warmblutpferde vorkommt, kann man wohl nicht behaupten, dass dieser Genstatus für Pferde üblich wäre. Allerdings kann man nie jede Stute mit jedem Hengst anpaaren, allein aus Inzuchtgründen sind immer einige Verpaarungen ausgeschlossen. Der Käufer kann also nicht erwarten, dass ein Zuchtpferd grundsätzlich mit jedem anderen verpaart werden kann. Auch hier lässt sich wohl beides vertreten.

Würde man annehmen, dass ein Mangel vorliegt, so wäre für einen Rücktritt vom Kaufvertrag eine weitere Voraussetzung, dass der Mangel nicht unerheblich ist, § 326 Abs. 5 BGB. Die Erheblichkeit des Mangels wird grundsätzlich vermutet. Ein Fall der Unerheblichkeit muss vom Verkäufer bewiesen werden. Merkliche Wertminderungen können zumindest im Rahmen der letzten Hengstauktionen mit veröffentlichtem Genstatus nicht sicher festgestellt werden. Es wurden jedenfalls alle zum Verkauf angebotenen positiven Hengste auch offiziell zugeschlagen und das zu teilweise weit überdurchschnittlichen Preisen. Auch können etwa 90% aller im HB I eingetragenen Hengste unbedenklich genutzt werden. Auch hier dürfte es eine Wertungsfrage sein, ob man einen Mangel als erheblich oder unerheblich ansieht. Aber auch bei einem unerheblichen Mangel würde jedenfalls ein Recht auf Minderung bestehen.

Für einen Schadensersatzanspruch ist grundsätzlich ein Verschulden des Käufers notwendig. Da erst seit 2019 alle Hengste getestet werden müssen, kann wohl selbst bei der Verpaarung von zwei Trägern, und damit einhergehend einem toten Fohlen, bei einer Bedeckung vor 2019 kein fahrlässiges Handeln unterstellt werden, denn zuvor bestand schlichtweg keine Kenntnis über den Genstatus der meisten Zuchttiere und die Erkrankung war auch noch weitgehend unbekannt. Schadensersatzansprüche dürften wohl erst zu begründen sein, wenn auch jetzt noch zwei Träger miteinander verpaart werden würden, trotz Kenntnis von dem Gendefekt.

Es ist für zukünftige Pferdekaufverträge bezogen auf Zuchtpferde daher anzuraten, entweder vor dem Verkauf oder im Rahmen der Ankaufsuntersuchung den Gentest durchzuführen, der wie gesagt sehr einfach und günstig durchgeführt werden kann, und das Testergebnis in die Beschaffenheitsvereinbarung mit aufzunehmen oder aber im Kaufvertrag ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Genstatus nicht getestet wurde und diesbezüglich die Gewährleistung auszuschließen. Ob und wie in Zukunft Gerichte dieses Thema bewerten, bleibt abzuwarten.

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

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Stute verletzt Hengst nach Deckakt – Schadensersatzforderung gegen Halterin der Stute?

„Wenn (…) die Eigentümerin des Hengstes in Kauf nimmt, die Paarung durch Führen der Pferde am langen Zügel ohne jede Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, handelt sie auf eigene Gefahr, muss das Risiko selbst verantworten und kann es nicht auf die Halterin der Stute abwälzen.“ (Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 10.06.2013 – 3 U 1486/12 – )

Sachverhalt:

Der Araberhengst  der Klägerin aus einem Gestüt im Rheingau sollte im Mai 2011 die Stute der Beklagten aus Rheinhessen decken. Die Belegung der Stute sollte nicht durch künstliche Besamung, sondern auf natürliche Weise (Natursprung) erfolgen, wobei die beiden Pferde am langen Zügel geführt wurden. Auf eine Sicherung der Pferde wurde von den Parteien einvernehmlich verzichtet. Nachdem sich die Pferde auf einer Wiese beschnuppert hatten, zeigte die Stute ihre Paarungsbereitschaft und der Hengst sprang von hinten auf sie auf. Als er nach dem Deckakt von der Stute herunter stieg, trat die Stute nach hinten aus. Der Tritt traf den Hengst am rechten Vorderbein, wodurch er einen schweren Trümmerbruch erlitt und noch am selben Tag vom Tierarzt erlöst werden musste.

Die Halterin und Eigentümerin des eingeschläferten Hengstes verlangte nach dem Vorfall Schadensersatz in Höhe von 25.000 Euro (Wert des Hengstes nach ihren Angaben) von der Halterin der Stute. Die Beklagte erwiderte, dass die Klägerin selbst auf Vorkehrungen zum Schutz ihres Pferdes verzichtet habe und damit selbst die Schuld für den Schaden trage.

 

Entscheidung:

Kein Schadensersatz für eingeschläfertes Pferd wegen überwiegendem Mitverschulden der Klägerin

Verletzt eine Stute den Hengst beim Deckakt, realisiere sich die in jedem Tier innewohnende  typische Tiergefahr. Für Schäden die durch diese Tiergefahr entstehen, haftet grundsätzlich der Tierhalter, § 833 I BGB. Anders sehe es jedoch aus, wenn wie hier die Halterin und Eigentümerin des Hengstes selbst keine Sicherungsmaßnahmen für den Deckakt getroffen habe. Dann habe sie ein Mitverschulden, was die Haftung für die Halterin der Stute ausschließe, so das Landgericht.

Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil blieb vor dem Oberlandesgericht Koblenz ohne Erfolg. Zwar habe sich in dem Verhalten der Stute eine typische Tiergefahr realisiert, womit die Eigentümerin des Hengstes grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte habe. Dieser erübrige sich aber, da die Klägerin ihr Pferd während der Paarung nicht geschützt und damit auf eigene Gefahr gehandelt habe. Das Austreten der Stute während dem Decken sei ein Verhalten, mit dem man rechnen müsse. Durch das Zuführen des Hengstes im vorliegenden Fall ohne Sicherheitsmaßnahmen sei die Hengstbesitzerin bewusst ein Risiko eingegangen, sodass die Haftung der Halterin der Stute komplett entfalle.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages – Mangelgewährleistungsanspruch beim Pferdekauf

„Erweist sich ein Pferd, das als ruhig und für Kinder geeignet verkauft worden ist, als nervös und störrisch, ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht entbehrlich, weil der Verkäufer das Tier schulen oder dem Käufer ein taugliches Ersatzpferd zur Verfügung stellen kann“

OLG Koblenz, Urteil vom 13. November 2008, AZ: 5 U 900/08

vorgehend LG Bad Kreuznach, Urteil vom 11. Juni 2008, 3 O 153/07

 

Der Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages (Erstattung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe der Stute) sowie eine nicht weiter erläuterte Nebenforderung in Höhe von 313,86 Euro nebst Zinsen.

Der Kläger kaufte vom Beklagten, der eine Pferdezucht betreibt, eine vierjährige Stute zum Preis von 7000,00 Euro. Der Beklagte versicherte dem Kläger, das Pferd sei ruhig und könne von Kindern geritten werden.

In der Folgezeit habe das Pferd wegen Hundegebell gescheut und Reiter, darunter seine kleine Tochter, abgeworfen.

Der Beklagte sagte daraufhin dem Kläger die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages zu. Zu einem späteren Zeitpunkt erklärte der Kläger schriftlich den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag. Er behauptete, die oben genannte Zusicherung sei nicht zutreffend. Im Rechtsstreit begehrte der Kläger die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages zum einen aufgrund der behaupteten Rückabwicklungszusage des Beklagten, zum anderen auf einen gesetzliches Vertragsrücktritt sowie die Nichtigkeit des Vertrages wegen Wuchers.

Das Landgericht wies die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

 

Die Entscheidung:

Das OLG wies die Berufung ab.

Der Pferdekaufvertrag sei wirksam. Der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass der Pferdekaufvertrag wegen Wuchers nichtig sei. Der vereinbarte Kaufpreis stehe nicht in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert des Pferdes. Eine verwerfliche Gesinnung sei auch nicht festzustellen, da der Beklagte davon ausging, dass das Pferd keine Probleme mache.

Die Rücktrittserklärung des Klägers war wirkungslos. Der Kläger habe es versäumt, dem Beklagten eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung zu setzen, sodass die Voraussetzungen des §§ 434, 435 Nr. 3, 323 BGB nicht vorlagen.

Eine Nacherfüllung sei nicht unmöglich. Die geschilderten Defizite der verkauften Stute könnten durch eine qualifizierte Therapie bereinigt werden. Das zur Verfügung stellen eines taugliches Ersatzpferdes sei auch möglich gewesen.

Es ließ sich auch keine Rückabwicklungszusage des Beklagten feststellen. Der Beklagte hat den Kläger mit der Äußerung „er werde das Pferd gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurücknehmen, falls es zu Probleme komme“ lediglich auf die Gewährleistungsansprüche verwiesen. Des Weiteren habe der Kläger nicht den Beweis geführt, dass der Beklagte während weitere zwei Monate die Bereitschaft bekundete, das Pferd gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen. Im Übrigen spricht das eigene Rücktrittsschreiben gegen das behauptete Rückabwicklungsversprechen, da der Kläger sich in diesem nur auf den Mangel, und nicht auf Rücknahmezusage, stützt.

Mangels Anspruch auf Kaufpreisrückgewähr hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geforderte Nebenforderung.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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