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Kopfscheues Pferd –Rücktritt vom Pferdekaufvertrag wegen charakterlicher Mängel?

Problem: Beschaffenheitsvereinbarung

OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2005; AZ: 22 U 82/05

Vorinstanz: LG Wuppertal, Urteil vom 18.04.2005

 

Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pferdes.

Die Klägerin erwarb vom Beklagten ein Pferd nebst Zubehör für einen Kaufpreis von 4000 Euro. Vor dem Kauf ritt die Klägerin das Pferd Probe.

Der Beklagte habe laut der Klägerin ihr zugesichert, dass das Pferd zum Turniereinsatz geeignet sei. Beim Proberitt sei das Pferd auch ruhig gewesen. Nach der Übergabe sei das Pferd jedoch kopfscheu, nervös und unwillig gewesen und somit weder als Freizeit- noch als Turnierpferd zu gebrauchen.

Zudem sei der mitgelieferte Sattel für das Pferd ungeeignet gewesen, sodass sich die Klägerin einen neuen Sattel kaufen musste.

Der Beklagte behauptet, es sei vereinbart gewesen, dass Pferd als Freizeitpferd zu verwenden.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde abgewiesen.

Es stehe nach der Überzeugung des Gerichts fest, dass das Pferd als Freizeitpferd geeignet sei und die Möglichkeit eines Turniereinsatzes nur in Aussicht gestellt worden sei. Laut dem Sachverständigen sei zudem davon auszugehen, dass das Pferd an Turnieren für die Dressur teilnehmen könne.

Ansprüche bzgl. des Sattels seien nicht gegeben, da die Klägerin keine Nacherfüllung verlangt habe. Bei einem Mangel beim Sattelzeugs eines Pferdes muss der Kläger diese zunächst verlangen.

Gegen diese Entscheidung begehrt die Klägerin die Berufung. Die Berufung wird zurückgewiesen, da sie unbegründet ist.

Das Pferd weist nämlich keinen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 BGB auf. Ein Rücktrittsrecht kommt wegen fehlender Dressureignung nicht in Betracht, da eine solche Beschaffenheitsvereinbarung nicht zwischen den Parteien vereinbart wurde.

Das Pferd sei nach dem Gutachten des Sachverständigen nicht dressurgeeignet sowie nicht turniergeeignet. Das Pferd weigert sich vehement auch bei einem geübten Reiter, an den Hilfen zu gehen. Das Pferd gehorche somit nicht auf reiterliche Einwirkungen.

Zwar haben die Parteien über die Turniereignung des Pferdes gesprochen, diese Gespräche führten aber zum einen nicht dazu, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung vereinbart wurde. Der Sohn des Beklagten, der die Verhandlungen geführt hatte, habe nur dem Kläger mitgeteilt, dass das Pferd das Potenzial für eine Turnierteilnahme nach seiner Einschätzung habe, es also A-Dressur laufen könne, nicht aber, dass es dies auch wirklich erreichen könne. Die Klägerin konnte durch die Aussage erkennen, dass das Pferd bei dem Beklagten kein Training hierfür bekam und, dass dies deshalb nur eine Einschätzung des Beklagten war. Zum anderen steht im Pferdekaufvertrag, dass das Pferd nicht gesund und versicherungsfähig (Haftungsausschluss) ist. Es kommt folglich erst gar nicht als Turnierpferd in Frage.

Der Beklagte habe somit nur ein Pferd mit beschränkter Nutzungsmöglichkeit verkauft. Er wollte nicht für die Beschaffenheit als Turnierpferd einstehen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

Kein anfängertaugliches Pferd – Rücktritt vom Pferdekaufvertrag

OLG Oldenburg, Urt. v. 01.02.2018 – 1 U 51/16

 

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine in New York wohnhafte Reiterin, wollte für sich ein anfängertaugliches Pferd kaufen. Da sie erst im gehobeneren Alter überhaupt mit dem Reiten angefangen hatte und dementsprechend noch wenig Erfahrung hatte, suchte sie nach einem braven, leichtrittigen, lektionssicheren und anfängertauglichen Pferd. Der Beklagte bot ihr dazu das Pferd „C“ an, welches nach seiner Aussage all diese Attribute erfülle. Nachdem die Klägerin das Pferd drei Mal zur Probe ritt, kaufte sie es zum Preis von 55.000€. Kurze Zeit später stellte sich jedoch heraus, dass das Pferd sich nicht so einfach im Umgang darstellte. Dies äußerte sich darin, dass es sich kaum longieren ließ und beim Aufsteigen festgehalten werden musste. Die Käuferin erklärte daraufhin den Rücktritt wegen eines Sachmangels, da das Pferd nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweise. Der Beklagte blieb bei seiner Ansicht, dass es sich bei „C“ um ein braves und leicht zu handhabendes Pferd handele, so dass es zum Rechtsstreit kam.

 

Entscheidungsgründe:

Das OLG Oldenburg gab der Klägerin Recht, denn das Pferd entspreche nicht der Beschaffenheitsvereinbarung. Nach dieser Vereinbarung sollte das Pferd brav und leicht zu handhaben sein. Nach Aussage mehrerer Zeugen und des Sachverständigen stellte es sich jedoch so dar, dass das Pferd sehr nervös sei, sich in der Box nicht anfassen lasse und unberechenbar sei. Bei „C“ handele es sich um ein sehr sensibles Pferd, für dessen Handhabung besondere Erfahrungen im Umgang mit Pferden notwendig seien, weswegen es für Anfänger, wie die Klägerin, gerade nicht geeignet sei. Nach Ansicht des Gerichts sei das Rücktrittsrecht auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel hatte, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Umstand der Klägerin bei den Proberitten hätte auffallen müssen. Die Aufforderung zur Nacherfüllung unter Setzung einer Frist war vorliegend entbehrlich, da die Nachlieferung eines anderen Pferdes ausscheide. Die Parteien haben sich nämlich auf den Kauf dieses bestimmten Pferdes geeignet und nicht auf die Lieferung eines austauschbaren Pferdes.  

Interessant sind hierzu die Ausführungen des OLG Hamm – 19 U 132/11 in Bezug auf ein zum Steigen neigendes Pferd. Das Gericht hat hier ausgeführt, dass bei Verhaltensauffälligkeiten nicht automatisch die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung ausgeschlossen sein muss, denn es könnte möglich sein, dass diese therapierbar sind. Mit diesem Aspekt scheint sich das OLG Oldenburg jedoch gar nicht befasst zu haben.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia