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Wann gilt ein Pferd als „gebraucht“?

„Nach Auffassung des Senates ist der zum Zeitpunkt des Verkaufs zweieinhalb Jahre alte Hengst nicht mehr als jung und infolgedessen als „gebraucht“ im Sinne des Gesetzes anzusehen.“

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 04.07.2018, Az. 12 U 87/17

Vorinstanz: Landgericht Itzehoe, Urteil vom 15. November 2017

Der Sachverhalt

Die Klägerin ersteigerte am 01.11.2014 auf einer von der Beklagten veranstalteten Auktion einen damals zweieinhalb Jahre alten Hengst. Nach Rücktritt vom Pferdekaufvertrag verlangt sie die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes). Der Hengst stand ab der Übergabe bis zum Sommer 2015 im Stall der Klägerin. Die Klägerin hat behauptet, sie habe versucht den Hengst zu longieren und an Sattel und Reitergewicht zu gewöhnen. Ab dem Sommer 2015 bis Oktober 2015 habe der Hengst auf einer Weide gestanden. Ab Mitte Oktober 2015 bis Frühjahr 2016 habe sie versucht, den Hengst anzureiten.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe den Hengst als zukünftiges Dressurpferd gekauft, das Tier sei nicht reitbar und auffällig widersetzlich und empfindlich. Es habe schon mindestens im Zeitpunkt der Auktion ein sogenanntes Kissing Spines im Bereich der Brust und der Lendenwirbelsäule und eine Verkalkung im Nackenbereich im Bereich des Hinterhauptes aufgewiesen. Der Beklagte hat die behaupteten Sachmängel bestritten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, der Rücktritt sei wegen Verjährung eines hypothetischen Nacherfüllungsanspruchs unwirksam (§§ 438 Abs. 4, 218 BGB). Die Klägerin habe zwar den Rücktritt mit Schreiben vom 11.10.2016 und damit vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist erklärt. Die Verjährungsfrist sei jedoch nach den Auktionsbedingungen der Beklagten auf drei Monate nach Gefahrübergang beschränkt worden. Die Auktionsbedingungen der Beklagten seien wirksam als allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen worden.

Die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf gemäß § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB seien nicht anwendbar, da die Klägerin den Hengst bei einer öffentlich zugänglichen Versteigerung gekauft und das Tier als gebrauchte Sache im Sinne des Gesetzes anzusehen sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt.

Die Entscheidung

Die von der Klägerin eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Das OLG wies die Berufung zurück, weil der Rücktritt vom Pferdekaufvertrag – unabhängig davon, ob das Pferd mangelhaft ist oder nicht – unwirksam gewesen sei. Die Gewährleistungsansprüche seien bereits verjährt, denn die vertraglich vereinbarte Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf drei Monate sei wirksam. Eine derartige Verkürzung wäre nur dann nicht möglich, wenn die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf zur Anwendung kämen. Dies sei aber nicht der Fall, weil es sich bei dem Hengst um eine gebrauchte Sache im Sinne dieser Vorschrift handele und er in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung verkauft worden sei.

Für die Frage, ob ein Tier gebraucht ist, sei allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres und der damit verbundenen körperlichen Entwicklung des Tieres abzustellen. Es komme entscheidend darauf an, ob das Tier über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt war, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko derart gestiegen ist, sodass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden kann. Das sei hier der Fall, so die Richter. Ein Hengst im Alter von zweieinhalb Jahren ist schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt, hat eine eigenständige Entwicklung vollzogen und ist bereits seit längerem geschlechtsreif. Durch die Geschlechtsreife verändert sich nicht nur das Verhalten eines Hengstes erheblich, sondern durch die eingetretenen biologischen Veränderungen erhöht sich auch das Mängelrisiko beträchtlich.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Käuferin steht der Gang zum Bundesgerichtshof (BGH) noch offen.

Über den Ausgang der Verhandlung werden wir berichten.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Rücktritt vom Pferdekaufvertrag – OCD als Sachmangel

Die Vermutung des § 477 BGB greift auch bei OCD

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 10. August 2006, Az. 2 U 19/05

Vorinstanz: LG Siegen, 07.09.2004, Az. 2 O 219/04
LG Siegen, 07.12.2004, 2 O 219/04

Der Sachverhalt

Der Kläger begehrt den Rücktritt eines zwischen den Parteien unter dem 09.01.2004 geschlossenen Pferdekaufvertrags. Der Kaufpreis betrug 10.000,- Euro. Der Beklagte ist ein Unternehmer, welcher unter dem Namen „Gestüt – Ferienpension – Reitschule H“ firmiert.

Nachdem das Pferd bereits im Eigentum des Klägers war, begann es zu lahmen. Der behandelnde Tierarzt stellte fest, dass das Pferd an einer hochgradigen Osteochondrosis dissecans (im Folgenden OCD) im rechten hinteren Kniescheibengelenk litt. In der vor dem Kauf erfolgten großen Ankaufsuntersuchung war dies nicht aufgefallen. Der Kläger behauptet, die OCD habe bereits bei Gefahrübergang am 25.01.2004 vorgelegen. Der Kläger erklärte daher gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Beklagte vertritt die Meinung, dass sich das Pferd beim Kläger in der Box verletzt habe, nachdem es nach seiner Kastration neben einer Stute aufgestallt wurde.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 07.12.2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob das Pferd zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mängelbehaftet gewesen sei. Jedenfalls stehe dem vom Kläger geltend gemachten Rücktritt entgegen, dass keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden sei.

Nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht forderte der Kläger mit an den Beklagten persönlich gerichtetem Schreiben vom 08.12.2004 diesen unter Fristsetzung bis zum 20.12.2004 zur Abholung des Pferdes zwecks Operation in einer Fachklinik für Pferde auf. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist erklärte er mit Schreiben vom 30.12.2004 erneut den Rücktritt vom dem am 09.01.2004 geschlossenen Pferdekaufvertrag und forderte den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.01.2005 zur Rückzahlung des Kaufpreise Zug um Zug gegen Abholung des Pferdes auf.

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger sodann Berufung eingelegt. Mit dieser verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab dem Kläger Recht.

Dem Kläger stünde ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz der notwendigen Verwendungen (Stallkosten, Tierarztkosten) Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Pferdes gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323 i.V.m. §§ 346, 347 Abs. 2 S. 1 BGB zu.

Es handele sich um einen Verbrauchsgüterkauf, § 477 BGB. Der Beklagte, sei Unternehmer i.S.d. § 14 BGB. Bei dem Kläger, der das Pferd offenbar für seine Tochter gekauft habe, handele es sich um einen Verbraucher i.S.d. § 13 BGB. Es sei davon auszugehen, dass das Pferd bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel i.S.d. § 434 BGB in Gestalt einer OCD mit einer ca. 3,5 cm großen Läsion im rechten hinteren Kniescheibengelenk behaftet war.

Es könne dahinstehen, ob die Parteien den Gesundheitszustand des Pferdes, wie er in dem Bericht zur Ankaufsuntersuchung vom 05.01.2004 festgestellt wurde, zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB gemacht hätten. Jedenfalls stelle die vom Sachverständigen diagnostizierte OCD im rechten hinteren Kniescheibengelenk einen Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB dar. Denn sie beruhe nicht etwa auf einem altersentsprechenden üblichen Verschleiß, sondern sei entweder genetisch oder traumatisch bedingt. Eine solche Erkrankung entspreche nicht dem üblichen Zustand eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vier Jahre alten, noch nicht angerittenen Pferdes und musste vom Kläger auch nicht erwartet werden. Eine andere Wertung ergebe sich auch nicht daraus, dass das Pferd ausweislich des im Kaufvertrag in Bezug genommenen Ankaufsuntersuchungsberichts vom 05.01.2004 bereits OCDs jeweils an der Dorsalseite der Fesselgelenke vorne links und hinten rechts sowie am Sprunggelenk rechts aufwies. Aus diesem Befund ergebe sich kein Verdacht für das Vorliegen weiterer OCDs an anderen Gelenken.

Der gemäß § 477 BGB beweisbelastete Beklagte habe nicht den Beweis führen können, dass das Pferd bei Gefahrübergang im Januar 2004 noch nicht mit der vom Sachverständigen diagnostizierten krankhaften Veränderung in Gestalt einer OCD am rechten hinteren Kniescheibengelenk behaftet war. Die Vermutungswirkung des § 477 BGB sei auch nicht aufgrund einer Unvereinbarkeit mit der Art der Sache oder des Mangels ausgeschlossen. Eine solche Unvereinbarkeit sei nicht bereits dann gegeben, wenn der Mangel typischerweise jederzeit auftreten kann (vgl. BGH NJW 2005, 3490 für den Sachkauf). Ebensowenig rechtfertige auch beim Pferdekauf allein die Ungewissheit über den Entstehungszeitpunkt des Mangels den Ausschluss der Vermutungswirkung ( BGH Urteil vom 29.03.2006, VIII ZR 173/05). Maßgeblich sei vielmehr die spezifische Art der Tierkrankheit.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sei auch nicht damit der Nachweis der Unvereinbarkeit der Vermutungswirkung geführt, dass vorliegend für die OCD mehrere Ursachen in Betracht kommen, die z.B. in Gestalt einer Traumatisierung, einer akuten entzündlichen Gelenkerkrankung (Arthritis) oder einer chronischen Gelenkerkrankung (Arthrose) auch nach Gefahrübergang eingetreten sein können. Ließe bereits die Möglichkeit verschiedener und nicht sämtlich im Verantwortungsbereich des Verkäufers liegender Ursachen für den vorhandenen Sachmangel die Vermutungswirkung entfallen, führte dies zu einer Aushöhlung des Verbraucherschutzes im Rahmen des § 477 BGB. Das gelte bei der hier in Rede stehenden Erkrankung insbesondere deshalb, weil nach Darlegung des Sachverständigen derzeit keine Möglichkeit bestehe, vorhandene Chips nach ihrer Genese (wachstums- oder traumatisch bedingte OCD) zu differenzieren. Anders als dem Verkäufer, der bei einer Röntgenuntersuchung des Kniegelenks vor Verkauf den Mangel hätte feststellen können, verbleibt dem Käufer nach Gefahrübergang angesichts der eingeschränkten diagnostischen Mittel bei mehreren, vom Verkäufer behaupteten Ursachen der OCD keine Nachweismöglichkeit zum Vorhandensein des Mangels bereits bei Gefahrübergang.

Darüber hinaus habe der Sachverständige es für unwahrscheinlich erachtet, dass Anfang März 2004 ein akutes Trauma bei einem bis dato nicht geschädigten rechten hinteren Kniescheibengelenk zu der diagnostizierten OCD geführt haben kann. Nach seiner Einschätzung könnte die von ihm festgestellte erhebliche Läsion mit einem Umfang von ca. 3,5 cm, wenn sie denn einen traumatischen Ursprung hätte, nur durch ein schweres Trauma verursacht worden sein. Dieses wiederum hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit spontan eine deutliche Hangbeinlahmheit und zwingend eine erhebliche Schwellung nach sich gezogen, so dass Anlass zur sofortigen Konsultation eines Tierarztes bestanden hätte. Diese habe nach den Akten allerdings weder Anfang noch Mitte März 2004 stattgefunden.

Die Behauptung des Beklagten, die OCD habe bei Gefahrübergang jedenfalls noch nicht in der auf den Röntgenbildern erkennbaren Ausprägung vorliegen können, da sie andernfalls unausweichlich bereits zu Lahmheitserscheinungen geführt hätte, habe der Sachverständige nicht bestätigt. Ein noch nicht angerittenes Pferd könne auch mit der Läsion, wie sie auf dem Röntgenbild erkennbar sei, ohne weiteres bei Gefahrübergang beschwerdefrei sein.

Zudem wird aus dem Schreiben, das auf den bei Nichteinhaltung der Fristen drohenden Rücktritt vom Pferdekaufvertrag hinweist, deutlich, dass die Aufforderung ernst gemeint ist.

Der Kläger hat eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt und nach deren fruchtlosen Ablauf den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag erklärt.

Im Zuge des durch den wirksamen Rücktritt vom Pferdekaufvertrag entstandenen Rückabwicklungsverhältnisses seien neben dem Kaufpreis die notwendigen Verwendungen in Gestalt von Stallkosten für die sowie die Tierarztkosten zu erstatten.

Darüber hinaus stehe dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung nutzloser Aufwendungen für Kastration und Ankaufuntersuchung

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Rücktritt vom Pferdekaufvertrag – Vorhandensein eines „Röntgenbefunds“ als Sachmangel

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Oktober 2017, Az. VIII ZR 32/16

Vorinstanzen: LG München II, Urteil vom 28.03.2014 – 10 O 3932/11

OLG München, Urteil vom 11.01.2016 – 17 U 1682/14

Beweislastumkehr: nicht möglich

 

Der Sachverhalt:

Die Parteien schlossen im Jahr 2010 einen mündlichen Pferdekaufvertrag über einen damals 10 Jahre alten Wallach zum Preis von 500.000 €. Der Käufer beabsichtigte den Wallach als Dressurpferd bei Grand-Prix-Prüfungen einzusetzen. Der Pferdeverkäufer, ein selbständiger Reitlehrer und Pferdetrainer, hatte das Pferd zuvor für eigene Zwecke erworben und zum Dressurpferd ausgebildet. Nach zwei Proberitten und einer Ankaufsuntersuchung mit Röntgenbildern, in der sich keine erheblichen Befunde ergeben hatten, wurde das Pferd dem Pferdekäufer Ende November 2010 übergeben. Im Juni 2011 wurde dann jedoch im Rahmen einer tierärztlichen Untersuchung ein Röntgenbefund an einem Halswirbel des Pferdes festgestellt – der Gelenkfortsatz des vierten Halswirbels des Pferdes war deutlich verändert. Das Pferd lahmte und hatte Schmerzen, sodass es sich der reiterlichen Einwirkung widersetzte. Ob die schwerwiegenden Rittigkeitsprobleme auf die durch den Röntgenbefund festgestellte Veränderung des Halswirbels zurückzuführen waren, ließ sich nicht feststellen. Der Pferdekäufer erklärte – nach vergeblicher Fristsetzung zur Nacherfüllung – den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag und begehrt dessen Rückabwicklung.

Das Urteil:

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht gaben dem Pferdekäufer Recht. Auf die –Revision des Pferdeverkäufers entschied der Bundesgerichtshof jedoch, dass ein Reitlehrer und Pferdetrainer, der ein zuvor ausschließlich für private Zwecke erworbenes und ausgebildetes Dressurpferd verkauft, insoweit ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht als Unternehmer anzusehen sei und der Käufer sich deshalb nicht auf die Beweislastumkehr des § 477 BGB berufen könne.

Außerdem entwickelte der BGH seine bisherige Rechtsprechung dahingehend weiter, dass auch bei einem hochpreisigen Pferd Abweichungen von der physiologischen (Ideal)Norm ohne nachweisbare klinische Auswirkungen grundsätzlich keinen Sachmangel begründen, solange die Vertragsparteien keine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben.

Wie der BGH bereits in der Vergangenheit entschied, wird die Eignung eines symptomfreien Pferdes für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch berührt, dass aufgrund von Abweichungen von der “physiologischen Norm” eine lediglich geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Pferd zukünftig klinische Symptome entwickeln könnte, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen. Ebenso wenig gehöre es zur üblichen Beschaffenheit eines Pferdes, dass es in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen “Idealnorm” entspreche. Ein Pferdekäufer könne nicht erwarten, ein Pferd mit “idealen” Anlagen zu erhalten, sondern müsse vielmehr damit rechnen, dass das von ihm erworbene Pferd in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweise, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind.

Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob es sich um ein hochpreisiges oder günstiges Pferd oder einen vergleichsweise häufig oder (wie hier) selten auftretenden Röntgenbefund handelt. Der streitgegenständliche Röntgenbefund stelle deshalb keinen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Denn der gerichtliche Sachverständige hat klinische Auswirkungen dieses Befunds weder für den Übergabezeitpunkt feststellen können, noch es für wahrscheinlich erachtet, dass solche zukünftig auftreten werden. Soweit ein Pferdekäufer beim Pferdekauf derartige Abweichungen von der physiologischen Norm vermeiden will, bleibt es ihm unbenommen, mit dem Verkäufer eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB abzuschließen. Ohne eine derartige – vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall zu Unrecht bejahte – Vereinbarung hat der Pferdeverkäufer allerdings nur dafür einzustehen, dass das Pferd bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich nicht in einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird.

Da nach alledem ein Mangel des Dressurpferdes aufgrund des Röntgenbefundes nicht in Betracht käme, könnten allenfalls die vom Pferdekäufer behaupteten diversen “Rittigkeitsprobleme” (Lahmheit, Schmerzen, Widersetzlichkeit) einen Sachmangel begründen. Dies gelte allerdings nur dann, wenn sie bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden waren und nicht erst danach auftraten. Dies konnte der Pferdekäufer nicht beweisen.

Die Beweislastumkehr des § 477 BGB käme dem Pferdekäufer hier nicht zugute. Denn diese Vorschrift gilt nur für Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer bewegliche Sachen kauft. An einer Unternehmereigenschaft des Pferdeverkäufers fehle es vorliegend jedoch, denn er handelte bei diesem Verkauf des Dressurpferdes nicht “in Ausübung” seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit als Reitlehrer und Pferdeausbilder. Vielmehr habe er das Pferd zuvor ausschließlich zu privaten Zwecken ausgebildet und trainiert, so dass ein Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit allenfalls äußerlicher Natur war.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages – Mangelgewährleistungsanspruch beim Pferdekauf

„Erweist sich ein Pferd, das als ruhig und für Kinder geeignet verkauft worden ist, als nervös und störrisch, ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht entbehrlich, weil der Verkäufer das Tier schulen oder dem Käufer ein taugliches Ersatzpferd zur Verfügung stellen kann“

OLG Koblenz, Urteil vom 13. November 2008, AZ: 5 U 900/08

vorgehend LG Bad Kreuznach, Urteil vom 11. Juni 2008, 3 O 153/07

 

Der Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages (Erstattung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe der Stute) sowie eine nicht weiter erläuterte Nebenforderung in Höhe von 313,86 Euro nebst Zinsen.

Der Kläger kaufte vom Beklagten, der eine Pferdezucht betreibt, eine vierjährige Stute zum Preis von 7000,00 Euro. Der Beklagte versicherte dem Kläger, das Pferd sei ruhig und könne von Kindern geritten werden.

In der Folgezeit habe das Pferd wegen Hundegebell gescheut und Reiter, darunter seine kleine Tochter, abgeworfen.

Der Beklagte sagte daraufhin dem Kläger die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages zu. Zu einem späteren Zeitpunkt erklärte der Kläger schriftlich den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag. Er behauptete, die oben genannte Zusicherung sei nicht zutreffend. Im Rechtsstreit begehrte der Kläger die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages zum einen aufgrund der behaupteten Rückabwicklungszusage des Beklagten, zum anderen auf einen gesetzliches Vertragsrücktritt sowie die Nichtigkeit des Vertrages wegen Wuchers.

Das Landgericht wies die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

 

Die Entscheidung:

Das OLG wies die Berufung ab.

Der Pferdekaufvertrag sei wirksam. Der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass der Pferdekaufvertrag wegen Wuchers nichtig sei. Der vereinbarte Kaufpreis stehe nicht in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert des Pferdes. Eine verwerfliche Gesinnung sei auch nicht festzustellen, da der Beklagte davon ausging, dass das Pferd keine Probleme mache.

Die Rücktrittserklärung des Klägers war wirkungslos. Der Kläger habe es versäumt, dem Beklagten eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung zu setzen, sodass die Voraussetzungen des §§ 434, 435 Nr. 3, 323 BGB nicht vorlagen.

Eine Nacherfüllung sei nicht unmöglich. Die geschilderten Defizite der verkauften Stute könnten durch eine qualifizierte Therapie bereinigt werden. Das zur Verfügung stellen eines taugliches Ersatzpferdes sei auch möglich gewesen.

Es ließ sich auch keine Rückabwicklungszusage des Beklagten feststellen. Der Beklagte hat den Kläger mit der Äußerung „er werde das Pferd gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurücknehmen, falls es zu Probleme komme“ lediglich auf die Gewährleistungsansprüche verwiesen. Des Weiteren habe der Kläger nicht den Beweis geführt, dass der Beklagte während weitere zwei Monate die Bereitschaft bekundete, das Pferd gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen. Im Übrigen spricht das eigene Rücktrittsschreiben gegen das behauptete Rückabwicklungsversprechen, da der Kläger sich in diesem nur auf den Mangel, und nicht auf Rücknahmezusage, stützt.

Mangels Anspruch auf Kaufpreisrückgewähr hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geforderte Nebenforderung.

 

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