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Rückabwicklung eines Pferdekaufvertrages über ein Western-Reitpferd wegen PSSM (Polysaccharid-Speicher-Myopathie)?

OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.05.2014 – 13 U 116/13

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte mit schriftlichem Kaufvertrag von dem Beklagten ein Western-Reitpferd für seine Tochter. Weil das Western-Reitpferd sich wenige Wochen nach der Übergabe auffällig beim Reiten verhielt, wurde eine umfassende Blutuntersuchung durchgeführt. Hierbei wurde festgestellt, dass das Western-Reitpferd den Gendefekt PSSM Typ 1 hat. Hierbei handelt es sich um eine unheilbare Erbkrankheit bei Pferden, die Muskelstoffwechselstörungen hervorrufen kann und sich im Fall des Typs 1 rezessiv, also mit 50%-iger Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen vererbt. Der Pferdekäufer erklärte sodann den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag und verlangte von dem Pferdeverkäufer das Western-Reitpferd zurück zu nehmen, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises und der getätigten Aufwendungen. Der Pferdeverkäufer lehnte dies ab, so dass der Kläger sein Begehren nun gerichtlich weiter verfolgte.

 

Entscheidung:

Die Klage wurde sowohl in erster, als auch in zweiter Instanz als unbegründet abgewiesen. Der Kläger konnte nicht erfolgreich vom Pferdekaufvertrag zurücktreten, denn er konnte nicht beweisen, dass sich das Western-Reitpferd aufgrund des Gendefekts nicht als Western-Reitpferd eigne. Für die Eignung als Zuchtpferd wurde hingegen ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss vereinbart.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH genügt es für die Annahme eines Mangels im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB nicht, dass das Pferd einen genetischen Defekt aufweist, denn eine Haftung ergibt sich lediglich dann, wenn das Pferd bei Gefahrübergang krank ist oder sich in einem Zustand befindet, aufgrund dessen sicher ist oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass es alsbald erkranken wird. Nach dem Sachverständigengutachten sei dies hier jedoch nicht der Fall, denn es sei lediglich festgestellt worden, dass das Gen in dem Western-Reitpferd angelegt sei, der Ausbruch einer PSSM Erkrankung habe jedoch nicht festgestellt werden können. Es bestehe vorliegend auch keine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Western-Reitpferd in Zukunft klinisch auffällig werde. Die Auffälligkeiten in der Rittigkeit seien nicht mit einer etwaigen PSSM Erkrankung in Verbindung zu bringen. Eine Einschränkung der Eignung des Pferdes als Western-Reitpferd konnte gutachterlich nicht festgestellt werden.

Die Frage, ob sich das Western-Reitpferd noch als Zuchtstute eigne, konnte indes offen bleiben, denn bezüglich einer Eignung als Zuchtpferd musste der Pferdeverkäufer keine Gewährleistung übernehmen. Die Beschaffenheitsvereinbarung lautete ausdrücklich auf Reitpferd. Dass sich das Western-Reitpferd auch zur Zucht eignen solle, wurde zwischen den Parteien nie besprochen und wurde auch vertraglich nicht festgehalten.

Hiergegen argumentierte der Kläger im Rahmen der Berufung, dass bereits der Gendefekt als solcher einen Mangel darstelle, denn um den Ausbruch der Krankheit dauerhaft zu verhindern, seien besondere Anforderungen an Training und Fütterung zu stellen, aber selbst dann sei ein Ausbrechen der Symptome nicht vollständig auszuschließen. Die sich aus dem Gendefekt ergebende Zuchtuntauglichkeit stelle außerdem eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit dar, weswegen der Gewährleistungsausschluss nicht greife. Zuletzt sei in der Ankaufsuntersuchung kein PSSM diagnostiziert worden, dementsprechend auch nicht im Untersuchungsprotokoll aufgenommen worden, so dass nach der Beschaffenheitsvereinbarung ein genetisch gesundes Western-Reitpferd gekauft worden sei.

Das Berufungsgericht folgte diesen Ansichten ebenfalls nicht. Ein Mangel liege nicht vor, da das Western-Reitpferd zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs der vereinbarten Beschaffenheit als Western-Reitpferd entsprach. Das Western-Reitpferd eignete sich auch im Zeitpunkt des Berufungsverfahrens, knapp 2,5 Jahre nach Übergabe, unstreitig als Western-Reitpferd und wurde auch als solches genutzt. Die bloße Möglichkeit, dass irgendwann in der Zukunft die PSSM-Erkrankung ausbricht und dadurch möglicherweise die Reitbarkeit gemindert wird oder gänzlich verloren geht, genügt nicht, um einen Mangel des Western-Reitpferdes bei Gefahrübergang bejahen zu können. Der Verkäufer eines Tieres haftet nicht für den Fortbestand des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustandes. Vorliegend wurde bei dem Western-Reitpferd lediglich die genetische Veranlagung zum PSSM Typ 1 festgestellt. Hieraus ergibt sich zwar eine Prädisposition für auftretende Muskelschäden, das Western-Reitpferd ist jedoch zum Zeitpunkt der Übergabe nicht krank gewesen. Wann und ob überhaupt diese Erkrankung bei dem Western-Reitpferd ausbrechen wird, ist nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht vorhersagbar. Ein „alsbaldiger“ Krankheitsausbruch konnte daher nicht festgestellt werden.

Bezüglich des Vorbringens des Klägers, dass sich aus dem Ankaufsuntersuchungsprotokoll nicht ergibt, dass das Western-Reitpferd PSSM habe, hat das Gericht ausgeführt, dass dies unerheblich sei, denn soweit es im Vertrag heißt, dass die getroffenen tierärztlichen Feststellungen die gesundheitliche Beschaffenheit des Pferdes bestimmen, kann dies naturgemäß nur für gesundheitsrelevante Aspekte gelten, die auch Gegenstand der Ankaufuntersuchungen waren. Umstände, die von den Ankaufuntersuchungen gar nicht erfasst wurden, können daher regelmäßig auch nicht Gegenstand der den Gesundheitszustand des Pferdes betreffenden Beschaffenheitsvereinbarung sein. Die Vertragsklausel kann nicht zur Folge haben, dass alle außerhalb des Untersuchungsbereichs liegenden gesundheitlichen Defekte des Pferdes als vertraglich vereinbart gelten.

Auch der Einwand des Klägers, dass die besondere Fütterung und das Training nicht zumutbar seien greift nicht, denn der Sachverständige hat ausgeführt, dass die Einhaltung dieser Vorgaben keine zwingende Voraussetzung dafür ist, dass die Erkrankung bei dem Western-Reitpferd nicht ausbricht. Diese Empfehlungen bezögen sich darauf, bereits erkrankte Pferde reitbar zu erhalten. Das Western-Reitpferd war jedoch vorliegend gar nicht erkrankt. Zwar wird es empfohlen, das Risiko einer Erkrankung durch eine angepasste Fütterung und Bewegung des Western-Reitpferdes zu verringern, dies bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass bei einem Unterlassen eines solchen Regimes eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Krankheitsausbruchs besteht. Betroffene Pferde regelmäßig zu bewegen und kohlehydratarm zu ernähren, entspricht der normalen Versorgung eines Pferdes und ist nicht unzumutbar.

Zuletzt geht auch der Einwand des Klägers ins Leere, die Zuchtuntauglichkeit stelle eine Abweichung von der gewöhnlichen Verwendung dar. Das Berufungsgericht hat grundsätzlich angezweifelt, ob die Eignung als Zuchtstute beim Kauf eines Hobbyreitpferdes im vorliegenden Preissegment von 13.000 € überhaupt noch zur gewöhnlichen Verwendung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 BGB gehört. Hierauf kam es aber vorliegend nicht an, da die Parteien ausdrücklich einen anderen Verwendungszweck, nämlich die Eignung als Western-Reitpferd vertraglich vereinbart hatten. Der Maßstab der Eignung zur gewöhnlichen Verwendung kommt hierbei immer erst dann zur Anwendung, wenn eine Beschaffenheitsvereinbarung fehlt. Es handelt sich insoweit lediglich um einen Auffangtatbestand, wenn keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen wurde.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Rücktritt vom Pferdekaufvertrag – Vorhandensein eines „Röntgenbefunds“ als Sachmangel

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Oktober 2017, Az. VIII ZR 32/16

Vorinstanzen: LG München II, Urteil vom 28.03.2014 – 10 O 3932/11

OLG München, Urteil vom 11.01.2016 – 17 U 1682/14

Beweislastumkehr: nicht möglich

 

Der Sachverhalt:

Die Parteien schlossen im Jahr 2010 einen mündlichen Pferdekaufvertrag über einen damals 10 Jahre alten Wallach zum Preis von 500.000 €. Der Käufer beabsichtigte den Wallach als Dressurpferd bei Grand-Prix-Prüfungen einzusetzen. Der Pferdeverkäufer, ein selbständiger Reitlehrer und Pferdetrainer, hatte das Pferd zuvor für eigene Zwecke erworben und zum Dressurpferd ausgebildet. Nach zwei Proberitten und einer Ankaufsuntersuchung mit Röntgenbildern, in der sich keine erheblichen Befunde ergeben hatten, wurde das Pferd dem Pferdekäufer Ende November 2010 übergeben. Im Juni 2011 wurde dann jedoch im Rahmen einer tierärztlichen Untersuchung ein Röntgenbefund an einem Halswirbel des Pferdes festgestellt – der Gelenkfortsatz des vierten Halswirbels des Pferdes war deutlich verändert. Das Pferd lahmte und hatte Schmerzen, sodass es sich der reiterlichen Einwirkung widersetzte. Ob die schwerwiegenden Rittigkeitsprobleme auf die durch den Röntgenbefund festgestellte Veränderung des Halswirbels zurückzuführen waren, ließ sich nicht feststellen. Der Pferdekäufer erklärte – nach vergeblicher Fristsetzung zur Nacherfüllung – den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag und begehrt dessen Rückabwicklung.

Das Urteil:

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht gaben dem Pferdekäufer Recht. Auf die –Revision des Pferdeverkäufers entschied der Bundesgerichtshof jedoch, dass ein Reitlehrer und Pferdetrainer, der ein zuvor ausschließlich für private Zwecke erworbenes und ausgebildetes Dressurpferd verkauft, insoweit ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht als Unternehmer anzusehen sei und der Käufer sich deshalb nicht auf die Beweislastumkehr des § 477 BGB berufen könne.

Außerdem entwickelte der BGH seine bisherige Rechtsprechung dahingehend weiter, dass auch bei einem hochpreisigen Pferd Abweichungen von der physiologischen (Ideal)Norm ohne nachweisbare klinische Auswirkungen grundsätzlich keinen Sachmangel begründen, solange die Vertragsparteien keine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben.

Wie der BGH bereits in der Vergangenheit entschied, wird die Eignung eines symptomfreien Pferdes für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch berührt, dass aufgrund von Abweichungen von der “physiologischen Norm” eine lediglich geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Pferd zukünftig klinische Symptome entwickeln könnte, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen. Ebenso wenig gehöre es zur üblichen Beschaffenheit eines Pferdes, dass es in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen “Idealnorm” entspreche. Ein Pferdekäufer könne nicht erwarten, ein Pferd mit “idealen” Anlagen zu erhalten, sondern müsse vielmehr damit rechnen, dass das von ihm erworbene Pferd in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweise, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich sind.

Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob es sich um ein hochpreisiges oder günstiges Pferd oder einen vergleichsweise häufig oder (wie hier) selten auftretenden Röntgenbefund handelt. Der streitgegenständliche Röntgenbefund stelle deshalb keinen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Denn der gerichtliche Sachverständige hat klinische Auswirkungen dieses Befunds weder für den Übergabezeitpunkt feststellen können, noch es für wahrscheinlich erachtet, dass solche zukünftig auftreten werden. Soweit ein Pferdekäufer beim Pferdekauf derartige Abweichungen von der physiologischen Norm vermeiden will, bleibt es ihm unbenommen, mit dem Verkäufer eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB abzuschließen. Ohne eine derartige – vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall zu Unrecht bejahte – Vereinbarung hat der Pferdeverkäufer allerdings nur dafür einzustehen, dass das Pferd bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich nicht in einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird.

Da nach alledem ein Mangel des Dressurpferdes aufgrund des Röntgenbefundes nicht in Betracht käme, könnten allenfalls die vom Pferdekäufer behaupteten diversen “Rittigkeitsprobleme” (Lahmheit, Schmerzen, Widersetzlichkeit) einen Sachmangel begründen. Dies gelte allerdings nur dann, wenn sie bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden waren und nicht erst danach auftraten. Dies konnte der Pferdekäufer nicht beweisen.

Die Beweislastumkehr des § 477 BGB käme dem Pferdekäufer hier nicht zugute. Denn diese Vorschrift gilt nur für Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer bewegliche Sachen kauft. An einer Unternehmereigenschaft des Pferdeverkäufers fehle es vorliegend jedoch, denn er handelte bei diesem Verkauf des Dressurpferdes nicht “in Ausübung” seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit als Reitlehrer und Pferdeausbilder. Vielmehr habe er das Pferd zuvor ausschließlich zu privaten Zwecken ausgebildet und trainiert, so dass ein Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit allenfalls äußerlicher Natur war.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Sehnenschaden beim Pferd – Gewährleistungsrechte des Pferdekäufers

Beweislastumkehr wegen der Art des Mangels nicht anwendbar

Landgericht Neubrandenburg, Urteil vom 07.05.2004, AZ: 11 U 230/05

 

Sachverhalt:

Der Kläger, ein Pferdekäufer, macht gegen den Beklagten, einen Pferdehändler, Ansprüche aus einem Kaufvertrag über ein Pferd geltend.  Der Kauf des Pferdes stand unter der auflösenden Bedingung einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung. Die tierärztliche Ankaufsuntersuchung des klägerischen Tierarztes verlief befundfrei. Knapp einen Monat später verordnete dieser Tierarzt dem Pferd jedoch eine siebentätige antipholgistische Therapie sowie eine Ruhepause wegen einer Lahmheit, die sich daraufhin verringerte.Zwei Monate später trat die Lahmheit erneut auf. Die nun mittels Leitungsanästhesie und Ultraschall durchgeführte Untersuchung zeigte einen zentralen Defekt mit zwei Zentimeter unterhalb des Fesselträgerurspungs. Das Pferd benötigte eine Therapie mit Ruhigstellung. Danach zeigte das Pferd immer noch eine geringgradige Lahmheit vorne beiderseits. Der Kläger wollte das Pferd wegen der aufgetretenen Lahmheit vorne beiderseits aufgrund des Defekts im Fesselträgerursprungs gegen ein anderes Pferd eintauschen. Eine Einigung zwischen den Parteien erfolgte nicht. Der Kläger verlangte daraufhin mit anwaltlichen Schreiben den Beklagten unter Fristsetzung zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pferdes auf. Der Kläger ist der Ansicht, der Defekt habe schon bei  Übergabe vorgelegen. Durch diesen Mangel, sei das Pferd zudem nicht zum Reit- und Springsport geeignet.

Der Beklagte ist demgegenüber der Ansicht, das Pferd sei zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen.

 

Entscheidung:

Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch nach § 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pferdes. Der Kläger konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass ein Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag.

Der Käufer ist grundsätzlich für die Tatsache beweispflichtig, dass ein Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Eine diesbezügliche Beweislastumkehr befindet sich allerdings bei den Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs, der hier vorlag. Nach § 477 n.F. BGB wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich der Mangel innerhalb von 6 Monaten zeigte. Ausgenommen ist diese Vermutung, jedoch, wenn das mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Diese Ausnahme liegt bei dem geltend gemachten Sachmangel vor. Nach dem Gutachten eines Sachverständigen handelt es sich bei dem Mangel „um einen Sehnenschaden, der durch eine übermäßige Belastung der Sehnenfasern, bereits durch ein Fehltritt, entstehen kann“. Die Folge ist die Verdickung des Sehnenabschnittes, die nachträglich festgestellt werden könnte.

Die Vermutung des § 477 n.F. BGB ist vorliegend nicht anzuwenden, da diese Vermutung nur bei Krankheiten, die nicht tierärztlich, z.B bei einer Ankaufsuntersuchung, festgestellt werden können, greift. Diese Krankheit hätte bei der -laut dem Sachverständigengutachten- Ankaufsuntersuchung aber erkannt werden können. Zudem kann das Pferd nach dem Sachverständigengutachten künftig noch im Reit- und Springsport eingesetzt werden, sodass der Zweck des Vertrags auch aufrechterhalten wurde.

Ansprüche des Käufers bestehen daher nicht

 

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Haftung beim Pferdekauf – Vorliegen eines Sommerekzems

„Die Mangelhaftigkeit eines Pferdes kann sich daraus ergeben, dass es bei Gefahrübergang so hochgradig gegen Mückenstiche sensibilisiert ist, dass weiterer Kontakt mit dem Reizstoff mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald zu einem Sommerekzem führen muss.“

 

LG Flensburg, Urteil vom 31. Oktober 2006, Az. 1 S 50/06

vorgehend AG Husum, Urteil vom 12. April 2006, Az. 2 C 1009/04

Der Sachverhalt

Die Klägerin erwarb von dem Beklagten eine Holsteiner Stute zum Kaufpreis von 4.200,00 €.

Die Klägerin hat die Minderung des Kaufpreises und Rückzahlung eines Teilbetrages von 2.000,00 € begehrt. Sie hat behauptet, die Stute habe bereits bei Übergabe eine hohe Konzentration allergenspezifischer IgE-Antikörper gegen Kriebelmücken und Culicoides aufgewiesen. Deshalb sei es bei der Stute wenige Tage nach ihrer Aufstallung im Stall der Klägerin und nach der Ankaufsuntersuchung zum Ausbruch eines sog. „Sommerekzems“ gekommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne keine Sachmängelgewährleistungsansprüche geltend machen, weil die Stute bei Übergabe noch nicht an einem Sommerekzem erkrankt gewesen sei. Die Ankaufsuntersuchung sei ohne Befund geblieben, das Sommerekzem sei allenfalls nach der Übergabe ausgebrochen. Zwar sei die Allergie bei Übergabe bereits angelegt gewesen. Eine solche Anlage einer späteren allergischen Reaktion reiche für die Feststellung eines Sachmangels aber nicht aus, wenn das Hinzutreten weiterer Umstände erforderlich, dieses aber nur mit geringer Wahrscheinlichkeit und deshalb eher zufällig zu erwarten sei. So lägen die Dinge hier. Der Sachverständige habe ausgeführt, ein Pferd mit einer erhöhten Allergiebereitschaft könne noch nicht als Ekzemer bezeichnet werden, weil es nicht voraussehbar sei, ob das Ekzem ausbrechen werde. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

 

Die Entscheidung des Landgerichts

Die Klägerin bekam Recht. Sie könne den Kaufpreis mindern und die Rückzahlung von 2.000,00 € verlangen.

Das Vorhandensein einer allergischen Erkrankung (Sommerekzem) der Stute stelle einen Mangel dar, weil es den Aufenthalt eines daran leidenden Pferdes im Freien während der Sommermonate unter normalen Bedingungen nicht zulasse. Die allergische Reaktion werde durch den Kontakt mit dem Speichel der Kriebelmücke ausgelöst, mit deren Auftreten während des Sommers regelmäßig zu rechnen sei.

Das Vorliegen einer solchen Erkrankung sei durch die tierärztliche Untersuchung und den sich hieran anschließenden Allergietest, der eine hohe Konzentration von allergenspezifischen IgE-Antikörpern gegen Culicoides ergeben habe, festgestellt worden. Die Blutuntersuchung zeige starke bis höchstgradige Sensibilisierungen gegen unterschiedliche Insekten, so dass die Stute als „Risikokandidat für Typ-1-allergische Erkrankungen einschließlich Sommerekzem“ anzusehen sei. Außerdem wiesen die Verdickungen des Bindegewebes der Haut im Bereich des Mähnenkamms und Hautfältelungen neben dem Mähnenkamm darauf hin, dass das Pferd in der Zeit vor der Begutachtung unter starken entzündlichen Veränderungen im Mähnenkamm gelitten habe, als deren Ursache ein Sommerekzem höchst wahrscheinlich sei.

Dieser Mangel habe bereits bei der Übergabe der Stute vorgelegen, denn bereits die genetische Disposition für eine Sensibilisierung gegen Mückenstiche stelle einen Mangel dar und § 476 BGB a.F. [§ 477 BGB n.F.] spreche für die Klägerin. Die Allergie beruhe auf einer entsprechenden Disposition des Pferdes, die zwar – als Vorstufe der Allergie – noch nicht mit der pathologischen Symptomatik verbunden sei, die aber die Gefahr in sich berge, dass das Pferd später die Allergie ausbilden werde; schon darin liege ein Sachmangel.

Der Verkäufer eines Tieres hafte nach § 434 BGB, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank sei und sich auch nicht in einem – ebenfalls vertragswidrigen – Zustand befinde, auf Grund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass es alsbald erkranke. Das könne der Fall sein, wenn am Tag der Übergabe eine solche Disposition vorhanden sei, die bei Kontakt mit Reizstoffen bereits zu diesem Zeitpunkt zu pathologischen Erscheinungen geführt hätte.

Im Fall der Stute spreche auch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Veranlagung zu einer Erkrankung führe. Zwar bedeute der Nachweis von zellgebundenen sensibilisierenden Antikörpern nicht, dass es beim Pferd zwangsläufig zu einem klinischen Ausbruch der Erkrankung durch Ausbildung der typischen Symptome komme; auch Pferde mit vorhandenen zellgebundenen Antikörpern könnten über viele Jahre oder lebenslang gesund bleiben. Hier sei der Ausbruch der Krankheit aber sehr wahrscheinlich gewesen. Bei allen „Ekzemern“, deren Krankheits-Vollbild sichtbar durchgebrochen ist, fänden sich große Mengen Antikörper gegen einzelne Insekten im Blut. Dieser Befund träfe auch auf die Stute zu. Nach dem Bericht des Untersuchungslabors über die Blutprobe wäre kurz nach Übergabe der Stute an die Klägerin eine hohe Konzentration allergenspezifischer Antikörper gegen den Speichel der Kriebelmücken festzustellen.

Dass die Stute das Sommerekzem erst nach der Einstallung bei der Klägerin entwickelte, berühre die Haftung des Beklagten nicht. Es liege im Wesen des Verkaufs von Pferden, dass sie den Besitzer wechseln und dort auf andere Pferde und andere Umweltbedingungen treffen. Trotz dieser Veränderungen müssen sie so robust sein, dass sie ihre Verwendungsfähigkeit ohne begleitende medikamentöse Behandlung behielten. Eine nach dem Verwendungszweck nicht zu erwartende wesentliche Änderung der Haltungs- und Einsatzbedingungen sei von dem Beklagten nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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