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Wann gilt ein Pferd als „gebraucht“?

„Nach Auffassung des Senates ist der zum Zeitpunkt des Verkaufs zweieinhalb Jahre alte Hengst nicht mehr als jung und infolgedessen als „gebraucht“ im Sinne des Gesetzes anzusehen.“

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 04.07.2018, Az. 12 U 87/17

Vorinstanz: Landgericht Itzehoe, Urteil vom 15. November 2017

Der Sachverhalt

Die Klägerin ersteigerte am 01.11.2014 auf einer von der Beklagten veranstalteten Auktion einen damals zweieinhalb Jahre alten Hengst. Nach Rücktritt vom Pferdekaufvertrag verlangt sie die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pferdes). Der Hengst stand ab der Übergabe bis zum Sommer 2015 im Stall der Klägerin. Die Klägerin hat behauptet, sie habe versucht den Hengst zu longieren und an Sattel und Reitergewicht zu gewöhnen. Ab dem Sommer 2015 bis Oktober 2015 habe der Hengst auf einer Weide gestanden. Ab Mitte Oktober 2015 bis Frühjahr 2016 habe sie versucht, den Hengst anzureiten.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe den Hengst als zukünftiges Dressurpferd gekauft, das Tier sei nicht reitbar und auffällig widersetzlich und empfindlich. Es habe schon mindestens im Zeitpunkt der Auktion ein sogenanntes Kissing Spines im Bereich der Brust und der Lendenwirbelsäule und eine Verkalkung im Nackenbereich im Bereich des Hinterhauptes aufgewiesen. Der Beklagte hat die behaupteten Sachmängel bestritten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, der Rücktritt sei wegen Verjährung eines hypothetischen Nacherfüllungsanspruchs unwirksam (§§ 438 Abs. 4, 218 BGB). Die Klägerin habe zwar den Rücktritt mit Schreiben vom 11.10.2016 und damit vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist erklärt. Die Verjährungsfrist sei jedoch nach den Auktionsbedingungen der Beklagten auf drei Monate nach Gefahrübergang beschränkt worden. Die Auktionsbedingungen der Beklagten seien wirksam als allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen worden.

Die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf gemäß § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB seien nicht anwendbar, da die Klägerin den Hengst bei einer öffentlich zugänglichen Versteigerung gekauft und das Tier als gebrauchte Sache im Sinne des Gesetzes anzusehen sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt.

Die Entscheidung

Die von der Klägerin eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Das OLG wies die Berufung zurück, weil der Rücktritt vom Pferdekaufvertrag – unabhängig davon, ob das Pferd mangelhaft ist oder nicht – unwirksam gewesen sei. Die Gewährleistungsansprüche seien bereits verjährt, denn die vertraglich vereinbarte Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf drei Monate sei wirksam. Eine derartige Verkürzung wäre nur dann nicht möglich, wenn die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf zur Anwendung kämen. Dies sei aber nicht der Fall, weil es sich bei dem Hengst um eine gebrauchte Sache im Sinne dieser Vorschrift handele und er in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung verkauft worden sei.

Für die Frage, ob ein Tier gebraucht ist, sei allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres und der damit verbundenen körperlichen Entwicklung des Tieres abzustellen. Es komme entscheidend darauf an, ob das Tier über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt war, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko derart gestiegen ist, sodass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden kann. Das sei hier der Fall, so die Richter. Ein Hengst im Alter von zweieinhalb Jahren ist schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt, hat eine eigenständige Entwicklung vollzogen und ist bereits seit längerem geschlechtsreif. Durch die Geschlechtsreife verändert sich nicht nur das Verhalten eines Hengstes erheblich, sondern durch die eingetretenen biologischen Veränderungen erhöht sich auch das Mängelrisiko beträchtlich.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Käuferin steht der Gang zum Bundesgerichtshof (BGH) noch offen.

Über den Ausgang der Verhandlung werden wir berichten.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Rücktritt vom Pferdekaufvertrag – OCD als Sachmangel

Die Vermutung des § 477 BGB greift auch bei OCD

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 10. August 2006, Az. 2 U 19/05

Vorinstanz: LG Siegen, 07.09.2004, Az. 2 O 219/04
LG Siegen, 07.12.2004, 2 O 219/04

Der Sachverhalt

Der Kläger begehrt den Rücktritt eines zwischen den Parteien unter dem 09.01.2004 geschlossenen Pferdekaufvertrags. Der Kaufpreis betrug 10.000,- Euro. Der Beklagte ist ein Unternehmer, welcher unter dem Namen „Gestüt – Ferienpension – Reitschule H“ firmiert.

Nachdem das Pferd bereits im Eigentum des Klägers war, begann es zu lahmen. Der behandelnde Tierarzt stellte fest, dass das Pferd an einer hochgradigen Osteochondrosis dissecans (im Folgenden OCD) im rechten hinteren Kniescheibengelenk litt. In der vor dem Kauf erfolgten großen Ankaufsuntersuchung war dies nicht aufgefallen. Der Kläger behauptet, die OCD habe bereits bei Gefahrübergang am 25.01.2004 vorgelegen. Der Kläger erklärte daher gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Beklagte vertritt die Meinung, dass sich das Pferd beim Kläger in der Box verletzt habe, nachdem es nach seiner Kastration neben einer Stute aufgestallt wurde.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 07.12.2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob das Pferd zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mängelbehaftet gewesen sei. Jedenfalls stehe dem vom Kläger geltend gemachten Rücktritt entgegen, dass keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden sei.

Nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht forderte der Kläger mit an den Beklagten persönlich gerichtetem Schreiben vom 08.12.2004 diesen unter Fristsetzung bis zum 20.12.2004 zur Abholung des Pferdes zwecks Operation in einer Fachklinik für Pferde auf. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist erklärte er mit Schreiben vom 30.12.2004 erneut den Rücktritt vom dem am 09.01.2004 geschlossenen Pferdekaufvertrag und forderte den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.01.2005 zur Rückzahlung des Kaufpreise Zug um Zug gegen Abholung des Pferdes auf.

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger sodann Berufung eingelegt. Mit dieser verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab dem Kläger Recht.

Dem Kläger stünde ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz der notwendigen Verwendungen (Stallkosten, Tierarztkosten) Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Pferdes gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323 i.V.m. §§ 346, 347 Abs. 2 S. 1 BGB zu.

Es handele sich um einen Verbrauchsgüterkauf, § 477 BGB. Der Beklagte, sei Unternehmer i.S.d. § 14 BGB. Bei dem Kläger, der das Pferd offenbar für seine Tochter gekauft habe, handele es sich um einen Verbraucher i.S.d. § 13 BGB. Es sei davon auszugehen, dass das Pferd bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel i.S.d. § 434 BGB in Gestalt einer OCD mit einer ca. 3,5 cm großen Läsion im rechten hinteren Kniescheibengelenk behaftet war.

Es könne dahinstehen, ob die Parteien den Gesundheitszustand des Pferdes, wie er in dem Bericht zur Ankaufsuntersuchung vom 05.01.2004 festgestellt wurde, zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB gemacht hätten. Jedenfalls stelle die vom Sachverständigen diagnostizierte OCD im rechten hinteren Kniescheibengelenk einen Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB dar. Denn sie beruhe nicht etwa auf einem altersentsprechenden üblichen Verschleiß, sondern sei entweder genetisch oder traumatisch bedingt. Eine solche Erkrankung entspreche nicht dem üblichen Zustand eines zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vier Jahre alten, noch nicht angerittenen Pferdes und musste vom Kläger auch nicht erwartet werden. Eine andere Wertung ergebe sich auch nicht daraus, dass das Pferd ausweislich des im Kaufvertrag in Bezug genommenen Ankaufsuntersuchungsberichts vom 05.01.2004 bereits OCDs jeweils an der Dorsalseite der Fesselgelenke vorne links und hinten rechts sowie am Sprunggelenk rechts aufwies. Aus diesem Befund ergebe sich kein Verdacht für das Vorliegen weiterer OCDs an anderen Gelenken.

Der gemäß § 477 BGB beweisbelastete Beklagte habe nicht den Beweis führen können, dass das Pferd bei Gefahrübergang im Januar 2004 noch nicht mit der vom Sachverständigen diagnostizierten krankhaften Veränderung in Gestalt einer OCD am rechten hinteren Kniescheibengelenk behaftet war. Die Vermutungswirkung des § 477 BGB sei auch nicht aufgrund einer Unvereinbarkeit mit der Art der Sache oder des Mangels ausgeschlossen. Eine solche Unvereinbarkeit sei nicht bereits dann gegeben, wenn der Mangel typischerweise jederzeit auftreten kann (vgl. BGH NJW 2005, 3490 für den Sachkauf). Ebensowenig rechtfertige auch beim Pferdekauf allein die Ungewissheit über den Entstehungszeitpunkt des Mangels den Ausschluss der Vermutungswirkung ( BGH Urteil vom 29.03.2006, VIII ZR 173/05). Maßgeblich sei vielmehr die spezifische Art der Tierkrankheit.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sei auch nicht damit der Nachweis der Unvereinbarkeit der Vermutungswirkung geführt, dass vorliegend für die OCD mehrere Ursachen in Betracht kommen, die z.B. in Gestalt einer Traumatisierung, einer akuten entzündlichen Gelenkerkrankung (Arthritis) oder einer chronischen Gelenkerkrankung (Arthrose) auch nach Gefahrübergang eingetreten sein können. Ließe bereits die Möglichkeit verschiedener und nicht sämtlich im Verantwortungsbereich des Verkäufers liegender Ursachen für den vorhandenen Sachmangel die Vermutungswirkung entfallen, führte dies zu einer Aushöhlung des Verbraucherschutzes im Rahmen des § 477 BGB. Das gelte bei der hier in Rede stehenden Erkrankung insbesondere deshalb, weil nach Darlegung des Sachverständigen derzeit keine Möglichkeit bestehe, vorhandene Chips nach ihrer Genese (wachstums- oder traumatisch bedingte OCD) zu differenzieren. Anders als dem Verkäufer, der bei einer Röntgenuntersuchung des Kniegelenks vor Verkauf den Mangel hätte feststellen können, verbleibt dem Käufer nach Gefahrübergang angesichts der eingeschränkten diagnostischen Mittel bei mehreren, vom Verkäufer behaupteten Ursachen der OCD keine Nachweismöglichkeit zum Vorhandensein des Mangels bereits bei Gefahrübergang.

Darüber hinaus habe der Sachverständige es für unwahrscheinlich erachtet, dass Anfang März 2004 ein akutes Trauma bei einem bis dato nicht geschädigten rechten hinteren Kniescheibengelenk zu der diagnostizierten OCD geführt haben kann. Nach seiner Einschätzung könnte die von ihm festgestellte erhebliche Läsion mit einem Umfang von ca. 3,5 cm, wenn sie denn einen traumatischen Ursprung hätte, nur durch ein schweres Trauma verursacht worden sein. Dieses wiederum hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit spontan eine deutliche Hangbeinlahmheit und zwingend eine erhebliche Schwellung nach sich gezogen, so dass Anlass zur sofortigen Konsultation eines Tierarztes bestanden hätte. Diese habe nach den Akten allerdings weder Anfang noch Mitte März 2004 stattgefunden.

Die Behauptung des Beklagten, die OCD habe bei Gefahrübergang jedenfalls noch nicht in der auf den Röntgenbildern erkennbaren Ausprägung vorliegen können, da sie andernfalls unausweichlich bereits zu Lahmheitserscheinungen geführt hätte, habe der Sachverständige nicht bestätigt. Ein noch nicht angerittenes Pferd könne auch mit der Läsion, wie sie auf dem Röntgenbild erkennbar sei, ohne weiteres bei Gefahrübergang beschwerdefrei sein.

Zudem wird aus dem Schreiben, das auf den bei Nichteinhaltung der Fristen drohenden Rücktritt vom Pferdekaufvertrag hinweist, deutlich, dass die Aufforderung ernst gemeint ist.

Der Kläger hat eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt und nach deren fruchtlosen Ablauf den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag erklärt.

Im Zuge des durch den wirksamen Rücktritt vom Pferdekaufvertrag entstandenen Rückabwicklungsverhältnisses seien neben dem Kaufpreis die notwendigen Verwendungen in Gestalt von Stallkosten für die sowie die Tierarztkosten zu erstatten.

Darüber hinaus stehe dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung nutzloser Aufwendungen für Kastration und Ankaufuntersuchung

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages – Mangelgewährleistungsanspruch beim Pferdekauf

„Erweist sich ein Pferd, das als ruhig und für Kinder geeignet verkauft worden ist, als nervös und störrisch, ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht entbehrlich, weil der Verkäufer das Tier schulen oder dem Käufer ein taugliches Ersatzpferd zur Verfügung stellen kann“

OLG Koblenz, Urteil vom 13. November 2008, AZ: 5 U 900/08

vorgehend LG Bad Kreuznach, Urteil vom 11. Juni 2008, 3 O 153/07

 

Der Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages (Erstattung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe der Stute) sowie eine nicht weiter erläuterte Nebenforderung in Höhe von 313,86 Euro nebst Zinsen.

Der Kläger kaufte vom Beklagten, der eine Pferdezucht betreibt, eine vierjährige Stute zum Preis von 7000,00 Euro. Der Beklagte versicherte dem Kläger, das Pferd sei ruhig und könne von Kindern geritten werden.

In der Folgezeit habe das Pferd wegen Hundegebell gescheut und Reiter, darunter seine kleine Tochter, abgeworfen.

Der Beklagte sagte daraufhin dem Kläger die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages zu. Zu einem späteren Zeitpunkt erklärte der Kläger schriftlich den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag. Er behauptete, die oben genannte Zusicherung sei nicht zutreffend. Im Rechtsstreit begehrte der Kläger die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages zum einen aufgrund der behaupteten Rückabwicklungszusage des Beklagten, zum anderen auf einen gesetzliches Vertragsrücktritt sowie die Nichtigkeit des Vertrages wegen Wuchers.

Das Landgericht wies die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

 

Die Entscheidung:

Das OLG wies die Berufung ab.

Der Pferdekaufvertrag sei wirksam. Der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass der Pferdekaufvertrag wegen Wuchers nichtig sei. Der vereinbarte Kaufpreis stehe nicht in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert des Pferdes. Eine verwerfliche Gesinnung sei auch nicht festzustellen, da der Beklagte davon ausging, dass das Pferd keine Probleme mache.

Die Rücktrittserklärung des Klägers war wirkungslos. Der Kläger habe es versäumt, dem Beklagten eine erforderliche Frist zur Nacherfüllung zu setzen, sodass die Voraussetzungen des §§ 434, 435 Nr. 3, 323 BGB nicht vorlagen.

Eine Nacherfüllung sei nicht unmöglich. Die geschilderten Defizite der verkauften Stute könnten durch eine qualifizierte Therapie bereinigt werden. Das zur Verfügung stellen eines taugliches Ersatzpferdes sei auch möglich gewesen.

Es ließ sich auch keine Rückabwicklungszusage des Beklagten feststellen. Der Beklagte hat den Kläger mit der Äußerung „er werde das Pferd gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurücknehmen, falls es zu Probleme komme“ lediglich auf die Gewährleistungsansprüche verwiesen. Des Weiteren habe der Kläger nicht den Beweis geführt, dass der Beklagte während weitere zwei Monate die Bereitschaft bekundete, das Pferd gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen. Im Übrigen spricht das eigene Rücktrittsschreiben gegen das behauptete Rückabwicklungsversprechen, da der Kläger sich in diesem nur auf den Mangel, und nicht auf Rücknahmezusage, stützt.

Mangels Anspruch auf Kaufpreisrückgewähr hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geforderte Nebenforderung.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Kopfscheues Pferd –Rücktritt vom Pferdekaufvertrag wegen charakterlicher Mängel?

Problem: Beschaffenheitsvereinbarung

OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2005; AZ: 22 U 82/05

Vorinstanz: LG Wuppertal, Urteil vom 18.04.2005

 

Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pferdes.

Die Klägerin erwarb vom Beklagten ein Pferd nebst Zubehör für einen Kaufpreis von 4000 Euro. Vor dem Kauf ritt die Klägerin das Pferd Probe.

Der Beklagte habe laut der Klägerin ihr zugesichert, dass das Pferd zum Turniereinsatz geeignet sei. Beim Proberitt sei das Pferd auch ruhig gewesen. Nach der Übergabe sei das Pferd jedoch kopfscheu, nervös und unwillig gewesen und somit weder als Freizeit- noch als Turnierpferd zu gebrauchen.

Zudem sei der mitgelieferte Sattel für das Pferd ungeeignet gewesen, sodass sich die Klägerin einen neuen Sattel kaufen musste.

Der Beklagte behauptet, es sei vereinbart gewesen, dass Pferd als Freizeitpferd zu verwenden.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde abgewiesen.

Es stehe nach der Überzeugung des Gerichts fest, dass das Pferd als Freizeitpferd geeignet sei und die Möglichkeit eines Turniereinsatzes nur in Aussicht gestellt worden sei. Laut dem Sachverständigen sei zudem davon auszugehen, dass das Pferd an Turnieren für die Dressur teilnehmen könne.

Ansprüche bzgl. des Sattels seien nicht gegeben, da die Klägerin keine Nacherfüllung verlangt habe. Bei einem Mangel beim Sattelzeugs eines Pferdes muss der Kläger diese zunächst verlangen.

Gegen diese Entscheidung begehrt die Klägerin die Berufung. Die Berufung wird zurückgewiesen, da sie unbegründet ist.

Das Pferd weist nämlich keinen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 BGB auf. Ein Rücktrittsrecht kommt wegen fehlender Dressureignung nicht in Betracht, da eine solche Beschaffenheitsvereinbarung nicht zwischen den Parteien vereinbart wurde.

Das Pferd sei nach dem Gutachten des Sachverständigen nicht dressurgeeignet sowie nicht turniergeeignet. Das Pferd weigert sich vehement auch bei einem geübten Reiter, an den Hilfen zu gehen. Das Pferd gehorche somit nicht auf reiterliche Einwirkungen.

Zwar haben die Parteien über die Turniereignung des Pferdes gesprochen, diese Gespräche führten aber zum einen nicht dazu, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung vereinbart wurde. Der Sohn des Beklagten, der die Verhandlungen geführt hatte, habe nur dem Kläger mitgeteilt, dass das Pferd das Potenzial für eine Turnierteilnahme nach seiner Einschätzung habe, es also A-Dressur laufen könne, nicht aber, dass es dies auch wirklich erreichen könne. Die Klägerin konnte durch die Aussage erkennen, dass das Pferd bei dem Beklagten kein Training hierfür bekam und, dass dies deshalb nur eine Einschätzung des Beklagten war. Zum anderen steht im Pferdekaufvertrag, dass das Pferd nicht gesund und versicherungsfähig (Haftungsausschluss) ist. Es kommt folglich erst gar nicht als Turnierpferd in Frage.

Der Beklagte habe somit nur ein Pferd mit beschränkter Nutzungsmöglichkeit verkauft. Er wollte nicht für die Beschaffenheit als Turnierpferd einstehen.

 

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Kein anfängertaugliches Pferd – Rücktritt vom Pferdekaufvertrag

OLG Oldenburg, Urt. v. 01.02.2018 – 1 U 51/16

 

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine in New York wohnhafte Reiterin, wollte für sich ein anfängertaugliches Pferd kaufen. Da sie erst im gehobeneren Alter überhaupt mit dem Reiten angefangen hatte und dementsprechend noch wenig Erfahrung hatte, suchte sie nach einem braven, leichtrittigen, lektionssicheren und anfängertauglichen Pferd. Der Beklagte bot ihr dazu das Pferd „C“ an, welches nach seiner Aussage all diese Attribute erfülle. Nachdem die Klägerin das Pferd drei Mal zur Probe ritt, kaufte sie es zum Preis von 55.000€. Kurze Zeit später stellte sich jedoch heraus, dass das Pferd sich nicht so einfach im Umgang darstellte. Dies äußerte sich darin, dass es sich kaum longieren ließ und beim Aufsteigen festgehalten werden musste. Die Käuferin erklärte daraufhin den Rücktritt wegen eines Sachmangels, da das Pferd nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweise. Der Beklagte blieb bei seiner Ansicht, dass es sich bei „C“ um ein braves und leicht zu handhabendes Pferd handele, so dass es zum Rechtsstreit kam.

 

Entscheidungsgründe:

Das OLG Oldenburg gab der Klägerin Recht, denn das Pferd entspreche nicht der Beschaffenheitsvereinbarung. Nach dieser Vereinbarung sollte das Pferd brav und leicht zu handhaben sein. Nach Aussage mehrerer Zeugen und des Sachverständigen stellte es sich jedoch so dar, dass das Pferd sehr nervös sei, sich in der Box nicht anfassen lasse und unberechenbar sei. Bei „C“ handele es sich um ein sehr sensibles Pferd, für dessen Handhabung besondere Erfahrungen im Umgang mit Pferden notwendig seien, weswegen es für Anfänger, wie die Klägerin, gerade nicht geeignet sei. Nach Ansicht des Gerichts sei das Rücktrittsrecht auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel hatte, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Umstand der Klägerin bei den Proberitten hätte auffallen müssen. Die Aufforderung zur Nacherfüllung unter Setzung einer Frist war vorliegend entbehrlich, da die Nachlieferung eines anderen Pferdes ausscheide. Die Parteien haben sich nämlich auf den Kauf dieses bestimmten Pferdes geeignet und nicht auf die Lieferung eines austauschbaren Pferdes.  

Interessant sind hierzu die Ausführungen des OLG Hamm – 19 U 132/11 in Bezug auf ein zum Steigen neigendes Pferd. Das Gericht hat hier ausgeführt, dass bei Verhaltensauffälligkeiten nicht automatisch die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung ausgeschlossen sein muss, denn es könnte möglich sein, dass diese therapierbar sind. Mit diesem Aspekt scheint sich das OLG Oldenburg jedoch gar nicht befasst zu haben.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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