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Rücktritt vom Pferdekaufvertrag wegen Trächtigkeit der Stute (Größe des Pferdes)

Entscheidung: Mangel? Ja

AG Schwedt, Urteil vom 18.04.2007, AZ: 3 C 177/05

Sachverhalt:

Die Rückabwicklung eines Pferdekaufes ist Streitgegenstand der Parteien.

Der Kläger kaufte von dem Beklagten ein 2 Jahre und drei Monate altes Stute für 1.850 Euro, mit der Intention es als Hobbyreitpferd für seine Familie zu verwenden. Der Kläger führte dann den Transport durch.

Der Pferdekauf stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine durchzuführende tierärztliche Ankaufsuntersuchung durch einen Tierarzt erfolgreich verläuft.

Gemäß § 3 des Pferdekaufvertrages heißt es zudem „Der Verkäufer sichert dem Käufer folgende Eigenschaften des Pferdes zu: geht an der Führleine, Schmiede und verladeform, keine chronischen Atemwegserkrankungen, keine Futter-(Heu/Staub-) allergie , kein Sommerekzem, keine Medikamente, die zum Besichtigungs-/Kaufzeitpunkt wirken (ruhigstellen)“.

Knapp 3 Monate später gebar die Stute ein Fohlen. Die Trächtigkeit der Stute waren beiden Parteien jedoch unbekannt. Der Tierarzt, der die Ankaufsuntersuchung durchführte, entdeckte die Trächtigkeit der Stute nicht. Unstreitig ist aber, dass aufgrund der üblichen Tragzeit von 11 Monaten, die Stute bereits im Jährlingsalter bedeckt worden sein muss.

Knapp eine Woche später erklärte der Kläger den Rücktritt vom Pferdekaufvertrag. Die Beklagte reagierte auf dessen Schreiben nicht und war auch nicht mehr telefonisch für den Kläger erreichbar.

Der Kläger behauptet, die Trächtigkeit der Stute stelle einen Sachmangel dar, der bei Gefahrübergang vorgelegen habe. Pferde seien erst mit drei Jahren für die Zucht geeignet. Das Größenwachstum leide unter der verfrühten Trächtigkeit. Das Pferd könne nunmehr nicht mehr ein Stockmaß von mehr als 148 cm erreichen, sodass es nicht mehr die übliche Größe eines Quarter-Horses haben werde.

Zudem sei nun das Verhältnis zwischen Körpergröße des Pferdes und des Reiters optisch gestört. Ein kleines Pferd könne auch Probleme mit der Stabilität der Oberlinie/Wirbelsäule aufgrund des Gewichts des Reiters bekommen.

Die Beklagte behauptet wiederum, dass ein Mangel bei Gefahrübergang nicht vorgelegen hätte. Es sei unstreitig nicht zugesichert worden, dass die Stute nicht trächtig sei. Als Hobbyreitpferd sei es trotz der Trächtigkeit geeignet, da sich die körperliche Entwicklung des Pferdes nicht verändert habe. Auch bei der Nichterreichung des von dem Kläger gewünschten Stockmaßes sei es möglich, das Pferd als Reitpferd einzusetzen. Die optische Störung sei außerdem kein Sachmangel.

Der Kläger habe das Pferd aufgrund der durchgeführten Ankaufsuntersuchung gebilligt. Die Beklagte ist der Meinung, der Kläger habe daher gemäß § 442 BGB kein Gewährleistungsrecht mehr. Der Kläger müsse sich das Übersehen des Mangels vom Tierarzt zurechnen lassen. Jedenfalls habe sie keine Pflichtverletzung zu vertreten. Der Hengst auf ihrem Gelände habe zu keinem Zeitpunkt mit der Stute Kontakt gehabt.

Die Beklagte habe dazu laut dem Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass diese die Deckung nicht zu vertreten habe. Die Deckung sei nur möglich gewesen, wenn die Beklagte ihren Tierbestand, nämlich Stuten und Hengste, nicht voneinander trenne.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe der Stute nebst Fohlen aus §§ 434, 440 S. 1 2. HS, 437 Nr. 2, 323, 346, 348, 320 BGB zu.

Die streitgegenständliche Stute wies wegen ihrer Trächtigkeit im Jährlingsalter einen Sachmangel bei Gefahrübergang gemäß § 434 BGB auf. Eine Fristsetzung zum sofortigen Rücktritt bedarf es hierbei nicht, da die Nacherfüllung unmöglich ist.

Gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB ist, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet.

Eine Zusicherung bestimmter Eigenschaften folgt hierbei aus § 3 des Pferdekaufvertrages. Die Trächtigkeit wird in dem Pferdekaufvertrag jedoch nicht erwähnt. Die vorausgesetzte Verwendung kann nicht nur ausdrücklich sondern auch stillschweigend vereinbart worden sein. Unstreitig sollte die Stute als Hobbyreitpferd Verwendung finden.

Der beweisbelastete Kläger habe den Beweis geführt, dass aufgrund der Trächtigkeit der Stute die Nutzung als Hobbyreitpferd nicht mehr möglich sei. Der Sachverständige hat in einem schriftlichen Gutachten dem Gericht mitgeteilt, dass die zu frühe Trächtigkeit (Folge: verstärkte Östrogenproduktion) geeignet sei, das physiologische Körperwachstum zu beenden. Kleine Pferde seien außerdem in ihrer Nutzungsfähigkeit gegenüber Großpferden im Nachteil. Es drohe zudem optische Nachteile (Disproportion zwischen großem Reiter und kleinem Pferd) und eine erhöhte Schädigungsempfänglichkeit bei der Wirbelsäule.

Die Gewährleistungsrechte des Klägers sind auch nicht wegen § 442 BGB ausgeschlossen. Der Kläger müsse sich das Wissen des Arztes nicht zurechnen lassen. Der Tierarzt wurde nicht aufgrund einer Verpflichtung auf Seiten des Klägers tätig, sondern aufgrund einer gemeinsamen Verpflichtung aus dem Pferdekaufvertrag.

Die Beklagte habe dem Kläger aufgrund des Sachmangels neben der Rückzahlung des Kaufpreises folgendes zu ersetzten: Unterhaltskosten (Fütterung, Unterstellung, Schmied und Tierarzt) gemäß § 347 Abs. 2 BGB und Transportkosten gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 325, 281, 281 BGB.

 

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„kissing-spines-Syndrom“ – Rücktritt vom Pferdekaufvertrag unter anderem wegen Rittigkeitsmängel

LG Bielefeld, Urteil vom 29.05.2007, AZ: 6 O 83/06

Sachverhalt:

Die Klägerin kaufte am 12.09.2004 das streitgegenständliche Springpferd C.Z. für 25.000 Euro, nach Inzahlungnahme der Stute M.S. für 10.000 Euro. Das Springpferd hatte laut Tierarztprotokoll Röntgenklasse I-II. Da das Pferd unsicher und unwillig sprang, begab sich die Klägerin genau ein Jahr später zu einem Tierarzt. Dieser diagnostizierte bei dem Springpferd ein „kissing-spines-Syndrom“, das der Röntgenklasse III zuzuordnen sei.

Die Klägerin trat am 06.12.2005 vom Pferdekaufvertrag zurück und begehrte Rückzahlung des Kaufpreises sowie Aufwendungsersatz für die Unterhaltung des streitgegenständliches Pferdes.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Pferd bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen sei.

Der Beklagte ist der Meinung, dass im Verhalten des Pferdes kein Mangel zu sehen sei und dass das Verhalten des Springpferdes durch das Reiten der Klägerin verursacht worden sei.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet, sodass die Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises für das Pferd aus §§ 433, 437 Abs. 1 Nr. 2, 440. 323, 326 Abs. 5, 346 ff. BGB hatte. Es lag kein zum Rücktritt berechtigter Sachmangel bei Übergabe vor.

Entgegen dem klägerischen Vortrag, litt das Pferd nicht an einem „kissing-spines-Syndrom“. Der hinzugezogene Sachverständige führte zudem aus, auch wenn ein solcher Mangel vorliegen würde, dieses Syndrom der Röntgenklasse II-III zuzuordnen wäre und dies noch nicht zu einer Gebrauchsunfähigkeit führen würde.

Laut dem Sachverständigen sei kein physischer Mangel für das Verhalten des Pferdes verantwortlich, da das Springpferd im Rahmen der Dressurübungen keinerlei Verhaltensauffälligkeiten gezeigt habe. Diese Verhaltensauffälligkeiten seien erst beim Springen aufgetreten. Es handelt sich hierbei um eine Befindlichkeitsstörung des Pferdes.  

Gemäß § 434 Abs. 1 BGB müsste der Sachmangel bei Gefahrübergang vorhanden sein.

Die Klägerin konnte jedoch nicht beweisen, dass diese Befindlichkeitsstörung bereits bei Übergabe vorlag. Ein Verkaufsvideo ermöglichte hierzu keine Feststellungen. Zudem war die Zeugenaussage der Vorbesitzerin des Pferdes dazu nicht ergiebig. Sie habe nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, dass das Pferd keine Befindlichkeitsstörung gehabt habe, als sie es an den Beklagten abgegeben hatte. Das Pferd habe nämlich auf Turnieren immer sehr gute Platzierungen erreicht. Bei den schlechten Turnierergebnissen konnte die Vorbesitzerin auch darlegen, warum das Pferd nicht so gut abschnitt.

Einen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach §§ 433, 437 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 284 BGB hatte die Klägerin folglich auch nicht, da wie oben darlegt, kein Sachmangel vorliegt.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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