Rechte des Pferdepensionsbetreibers
Pferdepensionsbetreiber darf Turnierpferde ohne Auftrag der Eigentümer tierärztlich untersuchen lassen
„Eine jährliche Untersuchung der Maulhöhle von Turnierpferden ist dringend geboten und in Reitställen, welche Turnierpferde dauerhaft beherbergen, Standard.“
Landgericht Lübeck, Urteil vom 02. Februar 2017, Az. 14 S 231/15
Vorinstanz: Amtsgerichts Schwarzenbek, Urteil vom 17.9.2015, Az. 2 C 7/14
Der Sachverhalt
Der Beklagte – ein Pferdepensionsbetreiber – ließ die Maulhöhle zweier bei ihm eingestallte Turnierpferde von einem Tierarzt kontrollweise untersuchen. Die Rechnung des Tierarztes übersandte der Beklagte dem Kläger – dem Eigentümer der Pferde.
Der Kläger zahlte die Rechnung des Tierarztes für die Kontrolluntersuchung und die Einschleifung eines scharfen Zahnes zunächst. Anschließend forderte er von dem Beklagten die Erstattung des Rechnungsbetrages, schließlich habe dieser den Tierarzt ohne das Wissen des Klägers bestellt.
Da der Beklagte die Kosten nicht erstattete, machte der Kläger die Kosten gerichtlich geltend.
Die Entscheidung
Das Amtsgericht wies die Klage ab, auch die daraufhin vom Kläger eingelegte Berufung wurde vom Landgericht Lübeck zurückgewiesen.
Dem Kläger stünde gegenüber dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Pferdeeinstellvertrag bezüglich seiner beiden Turnierpferde gegenüber dem Beklagten nicht zu.
Der zwischen den Parteien bestehende Pferdeeinstellvertrag beinhalte neben der miet- und verwahrungsrechtlichen Unterbringung der beiden Turnierpferde als dominierende Elemente zusätzlich Fütterung, Pflege, Beritt und Ausbildung, sodass der dienstvertragliche Charakter überwiege. Aus diesem Grund gelte das Geschäftsbesorgungsrecht.
Es komme folglich darauf an, ob der der Kläger dem Beklagten Weisung zur Beauftragung eines Tierarztes erteilt hat. Verhält sich der beauftragte Pensionswirt bei der Auftragsausführung infolge unberechtigter Weisungsabweichung vertragswidrig und begeht eine Pflichtverletzung, mache er sich gegenüber dem Auftraggeber bei einem Verschulden schadensersatzpflichtig.
Ob eine Weisungsabweichung vorliege, sei durch Weisungsauslegung unter Beachtung des ausdrücklichen oder stillschweigenden Inhalts der Weisung zu ermitteln. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass durch die Beauftragung des Tierarztes zur Untersuchung der Maulhöhle und ggf. Beraspeln der Zähne der Turnierpferde des Klägers keine Weisungsabweichung vorliege.
Hierfür sprächen insbesondere Ausführungen des Sachverständigen – Fachtierarzt. Danach sei eine tierärztliche Untersuchung und Kontrolle der Maulhöhle gerade bei Turnierpferden einmal jährlich dringend geboten. Dies sei gerade bei Turnierpferden nicht nur aus biologischen Gründen, die mit der Nahrungsaufnahme zusammenhängen, notwendig, sondern würde auch dem Standard eines Reitstalles, in dem Turnierpferde eingestellt sind, entsprechen. Werden bei einer solchen tierärztlichen Untersuchung scharfe Kanten oder Haken vorgefunden, so seien diese aus tiermedizinischen Gründen zwingend zu beraspeln, dies schon wegen der erheblichen Verletzungsgefahr, die andernfalls für die Tiere im Maulbereich bestünde.
Ferner sei durch das Gericht berücksichtigt worden, dass das Risiko einer Sedation, wie sie bei einer tierärztlichen Maßnahme dieser Art vorgenommen wird, geringer als ein Impfrisiko sei.
Bei Beachtung dieser Umstände im Rahmen der Weisungsauslegung sei eine Weisungsabweichung hier bereits deshalb nicht erkennbar, weil der Kläger routinemäßige Impfungen sowie Hufbeschlag ohne vorherige Absprache mit ihm von dem Beklagten in Auftrag geben ließe. Die routinemäßige Maulhöhlenpflege von Turnierpferden sei dem gleichzusetzen.
Das Gericht habe weiter berücksichtigt, dass die kostenmäßige Abrechnung die Interessen des Tierhalters nicht verletze, weil diese sich im mittleren Drittel hielte, den Kläger damit wirtschaftlich nicht unangemessen belaste, sondern wirtschaftlich (eher) begünstige.
Umstände, die ein etwa betrügerisches Verhalten des Beklagten im Zusammenwirken mit dem Tierarzt belegen könnten, habe der Kläger nicht hinreichend dargetan und sie seien auch nicht ersichtlich. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers sei vielmehr – spekulativ – ins Blaue hinein erfolgt.
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Rechtsanwältin Susan Beaucamp
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