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Tierschutzverstöße im Reitgewerbe

Tierschutzverstöße im Reitgewerbe

(Pferderecht Düsseldorf, Pferderecht Köln, Pferderecht Hannover, Pferderecht München, Pferderecht Niedersachsen, Pferderecht Berlin, Pferderecht Münster, Pferderecht Mönchengladbach, Pferderecht Krefeld)

Ein aktueller Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz sendet ein klares Signal: Wer wegen Tierquälerei verurteilt wurde, verliert die Zuverlässigkeit, einen Reitbetrieb zu führen. Der Tierschutz wiegt schwerer als wirtschaftliche Interessen.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Beschluss vom 11.11.2025 entschieden, dass der Widerruf einer Erlaubnis für einen Reitbetrieb rechtens ist, wenn der Betreiber zuvor wegen Tierquälerei strafrechtlich verurteilt wurde. Ein Eilantrag gegen diese Maßnahme blieb erfolglos.

Der Fall: Vorstrafe führt zum Gewerbeverbot

Im Zentrum des Verfahrens stand ein Betreiber eines Reitbetriebs, der eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 11 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) besaß. Diese Erlaubnis ist zwingend notwendig, um gewerbsmäßig Pferde zu halten und einen Reitbetrieb zu führen.

Nachdem der Betreiber rechtskräftig wegen Tierquälerei verurteilt worden war, widerrief die zuständige Behörde die Erlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Betreiber wehrte sich dagegen mit einem Eilantrag, um den Betrieb vorerst weiterführen zu können.

Die Entscheidung: Tierschutz vor Wirtschaftlichkeit

Das OVG Rheinland-Pfalz wies die Beschwerde des Antragstellers zurück und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Die Richter machten deutlich, dass an der Unzuverlässigkeit des Betreibers keine Zweifel bestehen.

Hier sind die wichtigsten Gründe des Gerichts:

  • Fehlende Zuverlässigkeit: Wer Tiere quält, zeigt, dass er nicht die nötige charakterliche Eignung besitzt, um gewerbsmäßig Verantwortung für das Leben und Wohlbefinden von Tieren zu übernehmen. Die Verurteilung allein ist ein starkes Indiz für diese Unzuverlässigkeit.
  • Vorrang des Tierwohls: Das Gericht wog die Interessen ab. Zwar stellt der Widerruf der Erlaubnis einen massiven Eingriff in die Berufsfreiheit und den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Jedoch überwiegt das öffentliche Interesse am Tierschutz diese wirtschaftlichen Nachteile bei weitem.
  • Gefahr im Verzug: Da der Betreiber bereits bewiesen hat, dass er Tierschutzvorschriften gravierend missachtet, kann nicht abgewartet werden, bis ein langes Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist. Zum Schutz der aktuell im Betrieb befindlichen Pferde muss die Erlaubnis sofort entzogen werden.

Kernsatz des Beschlusses: Einem Betreiber, der wegen Tierquälerei verurteilt ist, fehlt die für die Erlaubnis nach § 11 TierSchG zwingend erforderliche Zuverlässigkeit.

Was bedeutet das für die Praxis?

Dieses Urteil unterstreicht die Strenge, mit der Verwaltungsgerichte mittlerweile Verstöße gegen das Tierschutzgesetz ahnden, wenn es um gewerbliche Erlaubnisse geht.

  • § 11 TierSchG ist kein „Papiertiger“: Die Erlaubnis ist an strikte Zuverlässigkeitskriterien gebunden.
  • Keine zweite Chance bei Tierquälerei: Bei gravierenden Tierschutzverstößen ist der Entzug der Lebensgrundlage (Schließung des Betriebs) eine verhältnismäßige Konsequenz.
  • Schnelles Handeln der Behörden: Die Anordnung des Sofortvollzugs wird von den Obergerichten gestützt, um weiteres Tierleid effektiv zu verhindern.

Zusammenfassung

Der Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 11.11.2025 bestätigt, dass Tierschutz im gewerblichen Bereich oberste Priorität hat. Ein „Weiter so“ bis zur endgültigen Klärung aller juristischen Details ist bei nachgewiesener Tierquälerei ausgeschlossen. Wer seine Tiere misshandelt, verwirkt das Recht, mit ihnen Geld zu verdienen.

Verkehrssicherungspflicht im Offenstall – Wann wird ein loses Bauteil zur Haftungsfalle? 

Verkehrssicherungspflicht im Offenstall – Wann wird ein loses Bauteil zur Haftungsfalle?

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LG Koblenz, Urteil vom 02.10.2025

Ein Urteil des Landgerichts Koblenz vom 02.10.2025 (Az. 4 O 305/22) beleuchtet die strikten Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht für Betreiber von Pferdehaltungsanlagen. Die zentrale Frage: Wie fest müssen Bauteile gesichert sein, um den typischen, ungestümen Beanspruchungen durch Pferde standzuhalten?

Hier ist die Korrektur des Falls und der juristischen Entscheidung mit Fokus auf die Pflichtverletzung:

🤕 Der Vorfall: Eine lose Konstruktion wird zur Gefahr

In einem Offenstall kam es zu einem Unfall, weil ein Flacheisen nicht fest mit einem Pfosten verbunden war. Junge Hengste spielten miteinander und durch dieses typische Kräftemessen wurde das ungesicherte Flacheisen verschoben. Das verletzte Pferd geriet daraufhin mit einer Gliedmaße in die freigelegten, hervorstehenden Teile und erlitt eine perforierende Bauchwunde. Die Halterin klagte auf Ersatz der hohen Tierarztkosten.

⚖️ Die Entscheidung des Landgerichts Koblenz: Pflichtverletzung durch ungesichertes Bauteil

Das Landgericht Koblenz gab der Klage statt und verurteilte die Stallbetreiberin zum Schadensersatz. Der Fokus der Begründung lag klar auf dem Mangel in der Stallsicherung:

  • Verletzung der Verkehrssicherungspflicht: Das Gericht stellte fest, dass die Konstruktion, bei der das Flacheisen nicht fest mit dem Pfosten verbunden war, eine vermeidbare Gefahrenquelle darstellte.
  • Vorhersehbares Risiko: Obwohl die Beschädigung durch spielerische Kraftentfaltung geschah, argumentierte das Gericht, dass das typische Verhalten von Pferden (wie Schubsen, Kräftemessen) in einem Offenstall vorhersehbar ist und daher bei der Sicherung der Bauteile berücksichtigt werden muss. Es musste mit einer Verschiebung des Bauteils durch die Tiere gerechnet werden.
  • Konkreter Handlungsbedarf: Spätestens nachdem unstreitig wiederholt ein zielgerichteter Kontakt zwischen den Pferden und dem ungesicherten Pfosten beobachtet wurde, hätte die Betreiberin Sicherungsmaßnahmen (z.B. feste Verschraubung) treffen müssen. Das Unterlassen dieser Sicherung begründete die Haftung.

💡 Fazit für Stallbetreiber: Sicherheit geht vor

Das Urteil unterstreicht, dass die Pflicht zur sicheren Gestaltung der Anlage eine der Hauptverantwortlichkeiten des Stallbetreibers ist:

  1. Stabile Bauweise: Alle Bauteile müssen fest und dauerhaft montiert sein, sodass sie auch dem typischen, teilweise ungestümen Pferdeverhalten standhalten.
  2. Mängelbeseitigung: Wird eine lose oder ungesicherte Konstruktion (wie das Flacheisen in diesem Fall) entdeckt, muss diese umgehend und dauerhaft gesichert werden, um die Entstehung von scharfen Kanten oder Hohlräumen zu verhindern.

Haftungsausschluss: Dieses Urteil ist laut Quelle noch nicht rechtskräftig und dient lediglich der allgemeinen Information über die Thematik.

Fehlerhafte Ankaufsuntersuchung – Ansprüche des Pferdekäufers gegen den Tierarzt

Fehlerhafte Ankaufsuntersuchung – Ansprüche des Pferdekäufers gegen den Tierarzt

(Pferderecht Düsseldorf, Pferderecht Köln, Pferderecht Hannover, Pferderecht München, Pferderecht Niedersachsen, Pferderecht Berlin, Pferderecht Münster, Pferderecht Mönchengladbach, Pferderecht Krefeld)

Urteil: OLG Hamm v. 21.08.2024, 12 U 13/23

Im August 2024 hatte das Oberlandesgericht Hamm darüber zu entscheiden, ob ein Käufer eines Pferdes Ansprüche aus dem Vertrag über die tierärztliche Ankaufsuntersuchung eines Pferdes geltend machen kann. Die Käuferin und gleichzeitig Klägerin trug vor, dass der Beklagte/Tierarzt bei der Untersuchung bestehende gesundheitliche Mängel des Pferdes nicht festgestellt habe und die Klägerin nicht ausreichend über weitere Untersuchungsmöglichkeiten aufgeklärt habe.

Der Beklagte bestreitet sämtliche Vorwürfe und behauptet, er habe die Untersuchung korrekt und im Rahmen des vereinbarten Umfangs durchgeführt zu haben und seinen üblichen Aufklärungspflichten nachgekommen zu sein.

Sachverhalt:
Die Klägerin hat ein Pferd für den Dressursport gekauft und hat zuvor den Beklagten mit einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung beauftragt. Im Nachhinein traten gesundheitliche Probleme bei dem Pferd auf, die nicht nur zu Behandlungskosten, sondern auch zu einem Wertverlust des Pferdes führten. Die Klägerin begehrt nun in der Höhe der Behandlungskosten und des Wertverlustes Schadensersatz von dem Beklagten.
Im Detail:
Bei der Ankaufsuntersuchung hatte der Beklagte einen geringgradigen Beugeschmerz am rechten Vorderbein des Pferdes festgestellt. Die daraufhin von dem Beklagten angefertigten Röntgenaufnahmen ergaben allerdings, so behauptet der Beklagte, keine plausible Erklärung für diese Auffälligkeit. Eine Lahmheit nach einem halben Jahr des Kaufes des Pferdes zuzüglich zu Rittigkeitsproblemen erfolgten. Nach weiteren Untersuchungen wurden Knochenfragmente, sogenannte Chips, sowohl im rechten vorderen als auch im rechten hinteren Fesselgelenk festgestellt, die operativ entfernt werden mussten.

Der eigentliche Vorwurf gegenüber dem Tierarzt lautet, dass er habe die Knochenfragmente erkennen müssen bei sachgerechter Befundung. Außerdem habe der Tierarzt sie nach der positiven Beugeprobe nicht ausreichend über weitere Untersuchungsmöglichkeiten aufgeklärt, sondern lediglich eine teure MRT-Untersuchung vorgeschlagen.

Das OLG Hamm kritisierte, dass das erstinstanzliche Gericht, Landgericht Bochum, die Klage ohne die erforderliche Beweisaufnahme abgewiesen hatte. Nach Ansicht des Senats muss durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden, ob die Knochenfragmente bereits bei der Ankaufsuntersuchung vorhanden waren und ob der Tierarzt diese bei fachgerechter Untersuchung hätte erkennen können; auf den Röntgenleitfaden 2018 sei hingewiesen. Auch seien Zeugen zur Frage der Aufklärung über weitere Untersuchungsmöglichkeiten zu vernehmen. Das Gericht betonte allerdings auch nochmal, dass ein mit der Ankaufsuntersuchung beauftragter Tierarzt einen fehlerfreien Befund schuldet. Der Tierarzt muss alle Untersuchungen durchführen, die einem standardisierten Umfang entsprechen, und Befunde korrekt erkennen sowie hierüber den Auftraggeber im Rahmen des Röntgenleitfadens 2018 aufklären. Im Falle seines Pflichtverstoßes muss der Tierarzt den Schaden ersetzen, der dem Auftraggeber durch den Erwerb des Pferdes aufgrund des fehlerhaften Befundes entstanden ist.

Unzweifelhaft stärkt dieses Urteil noch einmal die Rechte des Käufers eines Pferdes bei Beauftragung eines Tierarztes mit einer Ankaufsuntersuchung.

Dies bedeutet, dass sie einen Anspruch auf Schadensersatz haben, so zum Beispiel für die Kosten der Behandlung, Wertminderung und weitere Kosten.

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Susan Beaucamp
(Rechtsanwältin)

Tierhalterhaftung – Wer haftet bei einer Verletzung nach einem Tag auf dem Paddock?

Tierhalterhaftung – Wer haftet bei einer Verletzung nach einem Tag auf dem Paddock?

(Pferderecht Düsseldorf, Pferderecht Köln, Pferderecht Hannover, Pferderecht München, Pferderecht Niedersachsen, Pferderecht Berlin, Pferderecht Münster, Pferderecht Mönchengladbach, Pferderecht Krefeld)

BGH, Urteil vom 24.04.2018 – VI ZR 25/170

Laut § 833 BGB muss jemand, der ein Tier besitzt, für Schäden haften, die das Tier verursacht hat. Wenn das Tier etwas tut, was typisch für seine Art ist und dadurch jemand verletzt wird, haftet demnach der Halter und immer wieder stellt sich daher in verschiedenen Fällen die Haftungsfrage. Ein aktuelles Urteil des 17. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts bietet einen Einblick in einen Fall.

Die Klägerin, Halterin einer Stute, nimmt die Beklagte, Halterin eines anderen Pferdes, aus Tierhalterhaftung in Anspruch. Beide Pferde waren auf demselben Hof untergebracht. Im April 2013 wurden die Pferde wie üblich auf einen eingezäunten Sand- und Grasplatz (Paddock) gebracht. Als die Pferde am Abend in den Stall geholt wurden, war die Stute der Klägerin verletzt. Die Klägerin behauptet, dass ihr Pferd von einem anderen Pferd getreten wurde, während die Herde im Paddock in Unruhe geriet.

Das Landgericht wies die Klage zu Recht ab. Es stand bereits nicht fest, ob die Verletzung der klägerischen Stute durch einen Tritt oder eine sonstige Einwirkung eines anderen Pferdes verursacht wurde. Abschließend brauchte dies auch nicht beantwortet zu werden. Denn der (Berufungs-)Senat konnte sich nach dem wechselseitigen Parteivortrag keine Vorstellung vom Unfallhergang machen. Zwar war die klägerische Darstellung, es sei kurz vor dem Zurückbringen der Pferde in die Boxen und der damit verbundenen Fütterungen zu einer Unruhe innerhalb der Pferde gekommen, nicht unplausibel. Doch wie genau die Unruhe aussah und ob sich das Pferd der Beklagten in der Nähe befand oder abseits aufhielt, war weder erkennbar, noch konnten die Parteien hierzu Angaben machen. Damit blieb nicht nur die unmittelbare Beteiligung des Pferdes der Beklagten offen, sondern auch schon, wo es sich zum Zeitpunkt einer nicht näher zu beschreibenden Auseinandersetzung zwischen Pferden befunden haben könnte. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Stute der Klägerin die Verletzung durch eine Auseinandersetzung zu einem früheren Zeitpunkt mit einem anderen der auf der Weide befindlichen Pferde oder sogar selbst zugefügt hatte. Somit blieb als tatsächlicher Anknüpfungspunkt für eine Haftung der Beklagten nur die Anwesenheit ihres Pferdes in einer Gruppe von insgesamt 14 Pferden bei unklarem Handlungsablauf. Dies reichte nicht aus, um eine gesamtschuldnerische Tierhalterhaftung nach §§ 833, 830 Abs. 1 Satz 2 BGB zu begründen.

Schließlich scheiterte auch eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen des „Handelns auf eigene Gefahr“. Denn wer – wie die Klägerin – aus Gründen der artgerechten Haltung oder aus Kostengründen sein Pferd gemeinsam mit anderen Pferden unterbringt und dabei auf eine dauernde Beaufsichtigung verzichtet, nimmt auch das Risiko auf sich, eine konkrete Schadensverursachung und -zurechnung nicht nachweisen zu können.

Das Gericht stellte fest, dass nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, dass das Pferd der Beklagten direkt an der Verletzung beteiligt war.

Auch die Anwendung von § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB, der die Beteiligung an der Haftung mehrerer Tierhalter regelt, scheiterte, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass das Pferd der Beklagten an dem Vorfall beteiligt war.

Das Urteil verdeutlicht die Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Tierhalterhaftung. Es zeigt, dass eine genaue Bestimmung des Verantwortlichen oft schwierig ist und eine Haftung nur dann besteht, wenn eine spezifische Tiergefahr nachgewiesen werden kann.

Copyright
Susan Beaucamp
(Rechtsanwältin)

Vernarbungen im Maulbereich eines Pferdes

Vernarbungen im Maulbereich eines Pferdes

(Pferderecht Düsseldorf, Pferderecht Köln, Pferderecht Hannover, Pferderecht München, Pferderecht Niedersachsen, Pferderecht Berlin, Pferderecht Münster, Pferderecht Mönchengladbach, Pferderecht Krefeld)

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.09.2021 – 6 U 127/20

In dem Urteil vom 14.09.2021 hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main über die Rückabwicklung eines Kaufvertrages für ein Reitpferd entschieden. Die Klägerin erwarb von dem Beklagten ein Pferd zum Preis von 65.000 Euro. Nach der Übergabe des Pferdes traten Probleme beim Reiten auf, insbesondere Schwierigkeiten mit der Anlehnung des Pferdes.

Da die Klägerin fest davon überzeugt war, dass das Pferd bereits bei Abschluss des Kaufvertrages erkrankt war, erklärte Sie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie behauptete unter anderem, das Pferd habe bereits bei Übergabe ein Überbein der Lade sowie Vernarbungen im Maulbereich gehabt, was zu den Reitproblemen geführt habe.

Der Verkäufer verweigerte jedoch die Rücknahme des Pferdes. Die Klägerin sah sich daher gezwungen, rechtliche Schritte einzuleiten und reichte Klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main ein, um ihr Anliegen vor Gericht zu klären.

Das Landgericht wies die Klage ab und entschied, dass das Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe keinen Sachmangel im Sinne des Kaufrechts aufwies. Das Berufungsgericht schloss sich der Entscheidung an. Die Vernarbungen im Maulbereich allein seien kein hinreichender Beweis für eine chronische Erkrankung des Pferdes. Solche Vernarbungen könnten auch durch reiterliche Einwirkung entstehen und seien kein sicherer Indikator für eine vorbestehende Krankheit.

Die Klägerin hatte argumentiert, dass das Pferd aufgrund dieser angeblichen Vorschädigungen nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Dressurpferd geeignet sei. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eines Pferdes nicht zwangsläufig eine vollständige Abwesenheit jeglicher Gesundheitsprobleme umfasst. Tiere unterliegen einer ständigen Entwicklung und können individuelle Anlagen haben, die zu unterschiedlichen Risiken führen.

Das Gericht verwies auch auf die Vermutung des § 476 BGB: Wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach dem Kauf ein Problem zeigt, wird vermutet, dass dieses Problem bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestand. Es sei denn natürlich, es ist offensichtlich, dass dies nicht der Fall ist. Diese Regelung gilt auch für den Kauf von Tieren. Aber hier ist der Knackpunkt: Wenn man als Käufer/in innerhalb dieser sechs Monate ein Problem mit dem gekauften Pferd feststelle, liegt es am Käufer/in, zu beweisen, dass der Mangel bereits bei Kauf bestand. Aber auch der Verkäufer muss darlegen können, dass der Mangel erst nach dem Kauf entstanden ist und nicht ihm zuzurechnen ist. Es ist also ein komplexes Zusammenspiel von Rechten und Pflichten, das letztendlich darauf abzielt, einen fairen Ausgleich zwischen Käufer und Verkäufer zu schaffen.

Im vorliegenden Fall gelang es dem Beklagten, den Gegenbeweis zu erbringen und nachzuweisen, dass die behaupteten Mängel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden waren.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass ein Verkaufsvideo aus dem Jahr 2012, das die Klägerin als Beweismittel vorbrachte, nicht ausreichte, um die Mangelhaftigkeit des Pferdes zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu belegen. Selbst wenn das Pferd auf dem Video Verhaltensweisen zeigte, die auf eine Erkrankung hindeuteten, könne daraus nicht geschlossen werden, dass diese Erkrankung zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits bestand.

Aufgrund des fehlenden Sachmangels hat die Klägerin weder Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises noch auf Erstattung der Tierarzt- und Unterhaltungskosten. Ebenso besteht kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.

Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Beweisführung bei Streitigkeiten über Sachmängel bei Tieren. Alleinige Behauptungen über angebliche Vorschädigungen reichen nicht aus, um einen Sachmangel zu begründen. Vielmehr müssen konkrete Beweise vorgelegt werden, die den Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs belegen können.

Copyright
Susan Beaucamp
(Rechtsanwältin)