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Schreckreaktion von Pferden? Verwirklicht die physische Anwesenheit eines Hundes in einiger Entfernung zu einem Pferd (hier Kutsche) bereits die Tiergefahr?

OLG München
Urteil vom 13.01.2021 (Az: 10 U 4894/20)

Der Sachverhalt:

Der Kläger fuhr mit seiner Kutsche einen Feldweg. Ca. 50 m neben dem Feldweg auf einer Kuppe tauchte plötzlich ein Hund auf, welcher aber abrupt stehen blieb, als er die Pferdekutsche sah. Durch die Schreckreaktion der Pferde auf dieses „Ereignis“ stürzte der Kläger und verklagte den Hundehalter auf Schadensersatz.

Das Oberlandesgericht konnte jedoch kein Verschulden des Hundehalters feststellen. So hieß es u.a. im Urteil, dass ein Verschulden in Betracht zu ziehen wäre, wenn die Hundehalterin ihren Hund unbeaufsichtigt hätte frei herumlaufen lassen oder derart weit von ihrem Hund entfernt gewesen wäre, dass sie ihrer Aufsichtspflicht bei Wahrnehmung der Kutsche nicht mehr hätte nachkommen können. Da die Hundehalterin nach Überzeugung des Gerichts sich in einem Abstand von 3-6 Metern zu ihrem Hund befand, käme eine Aufsichtspflichtverletzung jedoch nicht in Betracht.

Weiter führte das Gericht aus, dass auch unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers, die beklagte Hundehalterin sei jedenfalls 60 m vom Hund entfernt gewesen, sich keine Haftung der Beklagten ergäbe. Eine mangelnde Beaufsichtigung durch die Beklagte hätte sich auf das Unfallgeschehen nicht kausal ausgewirkt. Der Kläger hätte nämlich vorgetragen, dass sich beide Tiere zunächst nicht sehen konnten und der Hund an der Kuppe nur „abrupt abbremste“, weil er sich bei Wahrnehmung der Pferde erschrocken hätte. Ein Hundehalter hätte nach Auffassung des Klägers „Stopp“, „Platz“ oder „Bei Fuß“ gerufen. Aus Sicht der Pferde mache es aber keinen Unterschied so das Gericht, ob der Hund, als sich die Tiere erstmals sehen konnten, abbremst, weil er erschrocken sei oder weil er von seinem Halter hierzu aufgefordert würde. Der Hund der Beklagten hätte sich nach eigenen Angaben des Klägers genauso verhalten, wie wenn die Beklagte ihm ein Stoppzeichen zugerufen hätte. Das Fehlverhalten, das der Kläger der Beklagten vorwerfe, hätte sich im Unfallgeschehen mithin nicht ausgewirkt, da der Hund von selbst das tat, was veranlasst worden wäre, nämlich stehen zu bleiben. Daran ändere auch nichts, dass es sich nach Angaben des Klägers hierbei um ein „dynamisches“ Geschehen dergestalt handele, dass der Hund nach seinem Auftauchen und Abbremsen gleich wieder verschwunden sein soll.

Quelle: EUDequi-Newsletter „Wissenswertes und Aktuelles aus dem Pferderecht“ | https://eudequi.de/

Rechtfertigt das bloße Erscheinen eines potentiell gefährlichen Tieres alleine die Tierhalterhaftung?

AG Offenbach | Urteil vom 12.05.2014 (Az: 38 C 205/13)

Der Sachverhalt:

Auszug aus dem Urteil:

Erleidet die Halterin eines Dackels eine Fraktur des linken Handgelenks und eine Distorsion des linken Ellenbogens durch einen kräftigen Ruck des Dackels an der Leine, als die Halterin eines Dobermanns auf einem Pferd auf die Dackelhalterin auf einem Wiesenweg zureitet und der Dobermann sich einige Schritte auf die Dackelhalterin zubewegt, aber sofort zurückgerufen wird, als sich die Halterin des Dobermanns noch ungefähr 20 bis 40 Meter von der Dackelhalterin entfernt befindet, greift die Tierhalterhaftung noch nicht ein, weil deren Schutzzweck nicht tangiert ist. Denn das bloße Erscheinen eines potentiell gefährlichen Tiers alleine kann die Tierhalterhaftung nur dann rechtfertigen, wenn dadurch ein Mensch direkt geschädigt wird (und dies auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung naheliegt; beispielsweise beim plötzlichen Auftauchen eines sehr großen unangeleinten Hundes), nicht aber wenn der betroffene Mensch durch ein – sozusagen – dazwischen tretendes eigenes Tier maßgeblich verletzt wird.

Die Entscheidung:

Die Halterin des Dobermanns haftet auch nicht nach § 823 Abs. 1 BGB, weil sie weiter geritten ist anstatt umzukehren. Denn ihr kann keine fahrlässige Körperverletzung zum Nachteil der Dackelhalterin vorgeworfen werden. Sie musste sicher nicht damit rechnen, dass die Dackelhalterin sich alleine aufgrund ihres Erscheinens mit dem Pferd und dem Dobermann in weiter Entfernung die Hand brechen würde, weil der Dackel eine derartige Erscheinung nicht verkraften würde. Auch wäre es eine Überspannung der Sorgfaltspflichten im Alltag, hier von der Reiterin mit Hund ein Umkehren zu verlangen, da allenthalben auf der Straße und auf dem Feld Hunde und Reiter auftauchen können.

Quelle: EUDequi-Newsletter „Wissenswertes und Aktuelles aus dem Pferderecht“ | https://eudequi.de/

Pferdehalterhaftung nach Sturz

(Definition des Nutztierbegriff im Bereich der Pferdehalter Haftung) – OLG Köln, Urteil vom 07. Februar 2018 – 5 U 128/16

Der Sachverhalt:

Dem Ehemann der Klägerin wurden von einem Dritten zwei Pferde, M und N, überlassen, da dessen Eigentümer die Unterstellkosten des im Besitz eines der Tiere befindlichen Dritten nicht übernahmen. Im Folgenden stellte die Klägerin die Pferde auf dem Hof des Beklagten unter, welcher den betrieblichen Einsatz des Pferdes M auf seinem Hof plante und durch seine betriebliche Mittel für den Unterhalt dieses Pferdes aufkam. Das Pferd N sollte dagegen als Reitpferd der im Jahre 2007 geborenen Tochter der Klägerin und ihres Ehemanns verwendet werden. Am 9.2.2014 führte die Klägerin, ihr Ehemann und ihre Mutter, sowie die seinerzeit minderjährige Tochter des Beklagten mit den zwei Pferden vom Hof des Beklagten zu einer nahegelegenen Kapelle einen Spaziergang durch. Die Tochter des Beklagten ging mit Pferd M voraus und führte es hierbei an der linken Seite. Hiernach folgte ihr die Klägerin mit dem zweiten Pferd N, welches sie an der rechten Seite führte. Der Ehemann lief an der rechten hinteren Seite des von der Klägerin geführten Pferdes. Als ein Jogger einen querenden Weg entlanglief, scheute das erste Pferd M, drehte sich nach rechts und lief Richtung Hof zurück. Das zweite Pferde N drehte sich gleichzeitig links herum und stellte sich somit quer zum Weg. In dieser Konstellation lief das erste Pferd M gegen das querstehende Pferd N, wodurch dieses auf die Klägerin fiel und unter sich begrub. Hierbei zog sich die Klägerin ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Subarachnoidblutung sowie Frakturen der Schädelkalotte links okzipital und der Hinterhauptkondyle rechts zu.

Die Entscheidung: Pferdehalterhaftung und keine Nutztiereigenschaft

Das OLG Köln bestätigte die Entscheidung des Landgerichts dem Grunde nach. Dieses hatte zuvor die Haftung des Beklagten als Tierhalter gemäß § 833 S. 1 BGB bejaht und eine Nutztiereigenschaft des Pferdes, welches einen Haftungsausschluss begründet hätte, trotz Vortrag der angedachten betrieblichen Verwendung des Pferdes M und der durch betriebliche Mittel sichergestellte Unterhalt des Tieres verneint.

Zu dem vorgenannten Ergebnis kam auch das OLG, welches bestätigte, dass zum Unfallzeitpunkt eine Verwendung des Pferdes M als Reit- oder Kutschpferd von Beklagtenseite lediglich in Erwägung gezogen worden sei, zum Unfallzeitpunkt jedoch noch nicht bestand. In dem Berufungsverfahren vor dem OLG Köln trug der Beklagte u.a. ohne Erfolg vor, ihm habe zum Unfallzeitpunkt mangels künftiger Umgangsvereinbarung kein Bestimmungsrecht zugestanden, wodurch er keine – jedenfalls keine alleinige – Haltereigenschaft Inne gehabt habe. Nach der vom OLG vorliegend berücksichtigten Rechtsprechung des BGH ist jedoch Halter,

„in wessen Gesamtinteresse das Tier gehalten wird und wessen Wirtschaftsbetrieb oder Haushalt es dient. Für die Tierhaltereigenschaft ist maßgeblich darauf abzustellen, wem die Bestimmungsmacht über Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tiers für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt.“

Auf die Eigentümerstellung käme es hierbei nach der Auffassung des Gerichts nicht an, da dieser Eigenschaft lediglich Indizienwirkung zukäme. (BGH, Urteil vom 6.3.1990 – VI ZR 246/89). Der Beklagte sei nach der Gesamtbetrachtung im Wesentlichen aufgrund des Aufkommens für die Kosten des Pferdes im eigenen Interesse Allein-Halter im Sinne der Norm gewesen. Die angebliche Nutztierhaltung des Pferdes M wehrte das OLG ab, indem es bei „potentiell doppelfunktionale“ Tieren, wie es bei Pferden möglich ist, auf den objektiv dienstbar gemachten Zweck der Verwendung und die Widmung eines Tieres abstellt.

Auch der hilfsweise vorgetragene Kausalitätsmangel ging fehl. Der Beklagte trug vor, die Verletzungen der Klägerin seien nach dem Geschehensablauf nicht durch den Aufprall des Pferdes M auf das Pferd N und dadurch durch den Sturz des Pferdes N auf die Klägerin geschehen. Ein solcher Geschehensablauf vorausgesetzt, hätte die Klägerin lediglich wegschleudern müssen und nicht, wie geschehen, von Pferd N überrollen lassen. Es spräche Einiges dafür, dass die Klägerin bereits beim Ausbruch ihres geführten Pferdes unglücklich gefallen wäre und dass das auf sie fallende Pferd im Anschluss lediglich die Leibesquetschungen bis zum Hals verursacht habe. Das OLG trug mit seinen Ergebnissen der Beweisaufnahme, insbesondere der Zeugenvernehmung des Ehemannes und der Mutter der Klägerin die Feststellungen des Landgerichts und stütze den Vortrag der Klägerin, wonach die Verletzungen der Klägerin durch den durch das Pferd M ausgelösten Sturz des Pferdes N auf sie entstanden seien.

Das OLG erkannte jedoch durch die Realisierung der Tiergefahr des von der Klägerin gehaltenen Pferdes N, einen Mitverschuldensanteil gemäß § 254 Abs. 1 BGB in einer Höhe von einem Viertel an. Die Mithaltereigenschaft der Klägerin und ihres Ehemanns sei in der konkreten Verwendungsabsicht, der zwischen den Parteien gefundenen Absprache und auch der entgeltlichen Einstellung des Pferdes N bei dem Beklagten zu sehen.

Für die Realisierung der Tiergefahr des Pferdes N spreche seine in der Situation unangepasste Drehung, welches dazu geführt habe, dass dem durchgehenden Pferd zu Teilen der Weg versperrt wurde. Dies sei eine ebenfalls unangemessene, tierische Reaktion auf eine von den Tieren wahrgenommene Gefahrenquelle. Das vom Kläger angeführte Argument, eine Tiergefahr sei bei Pferd N nicht anspruchskürzend zu berücksichtigen, da es durch „vis absoluta“ auf die Klägerin geschleudert worden sei, befand das OLG als nicht durchdringend, da es dieses Argument die unangemessene Seitwärtsstellung des Pferdes M kurz vor dem Zusammenstoß nicht berücksichtige.

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

Beschaffenheitsvereinbarung Ausbildungsstand, Rückgabe Pferd

„Dressur A“, Haftungsausschluss bei nebenberuflich-tätigen Verkäufer, Ersatz von notwendigen Aufwendungen wie Stall- und Futterkosten, Kostenersatz Ersatz für artgerechte Bewegung, Tierarzt, Tierhalterhaftpflichtversicherung, vorprozessuale Anwaltstätigkeit ohne verzugsbegründende Tatsachen

LG Münster, Urteil vom 24.09.2007 – 2 O 11/07

Der Sachverhalt: 

Die Klägerin ist Freizeitreiterin und Inhaberin des Reitausweises der Leistungsklasse D (Dressur) 5. Der Beklagte betrieb im Nebenerwerb eine Landwirtschaft mit Biolandprodukten und züchtete hobbymäßig Pferde, die er verkaufte, soweit bei ihm auf dem Hof Platzmangel herrschte. Der Beklagte zog zunächst aus einer seiner Hobbyzucht stammenden Fuchsstute ein Fohlen und gab sie sodann an den Zeugen S, um sie wieder anreiten zu lassen. Mit Hilfe eines Vermittlers wurde die kaufinteressierte Klägerin auf die Stute aufmerksam und kaufte sie nach einer Besichtigung, einem Vorreiten und einem Proberitt am 19.10.2006. Der zwischen den Parteien geschlossene Pferdekaufvertrag beinhaltete die Angabe, dass die Stute den Ausbildungsstand „Dressur: A“ aufweiste, wobei in Bezug auf das Springen folgender Passus eingefügt war: „Springen: nicht unter dem Sattel gesprungen“. Über den Kaufpreisrückerstattung hinaus zeichnete sich der Verkäufer laut Vertragsbedingungen von weiteren Kosten bei einer Rückabwicklung (Alt: Wandlung) frei. Ferner wurde darin der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen jeglicher Art vereinbart.

Am 25.10.2006 teilte die Klägerin dem Beklagten schriftlich mit, dass sie Sachmängel an der Stute festgestellt habe. Insbesondere erfülle die Stute nicht die im Pferdekaufvertrag bezeichnete Eigenschaft: „Dressur A“. Mit anwaltlichen Schreiben vom 06.12.2006 forderte die Klägerin den Beklagten auf, Nachbesserung in Form eines Korrekturberitts vorzunehmen, welches dieser ablehnte. 

Die Klägerin behauptet in Ihrer Klage vor dem Landgericht Münster, dass die mangelnde Eigenschaft, die Dressur Klasse A zu erfüllen, auf gesundheitliche Probleme des Pferdes zurückzuführen sein könnte, z.B. wegen neuronaler Defizite und Problemen im Bereich des Ileosakralgelenks. Auch ein Gewährleistungsausschluss greife aufgrund der von der Klägerin angenommenen Unternehmerstellung des Beklagten und des damit vorliegenden Verbrauchsgüterkaufs nicht. Über die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages hinaus, beantragte die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, zukünftige Aufwendungen für das Pferd zu erstatten. Darunter machte sie Stall- und Futterkosten, Kosten für artgerechte Bewegung des Tieres, tierärztliche Kosten sowie die Kosten für eine abgeschlossene Tierhalterhaftpflichtversicherung geltend. 

Der Beklagte trat der Klage entgegen und bestritt die Mangelhaftigkeit des Pferdes zum Zeitpunkt der Übergabe. Im Übrigen war der Beklagte aus der Tatsache heraus, er betreibe die Pferdezucht lediglich hobbymäßig, der Ansicht, keine Unternehmerstellung Inne zu haben. 

 

Die Entscheidung:

Das Landgericht gibt der Klägerin im Wesentlichen Recht.

Zunächst ist nach den Feststellungen des Landgerichts die Rückabwicklung des Pferdekaufvertrages nach § 348 BGB zu gewähren und die empfangenen Leistungen (Kaufpreis und Eigentum und Besitz an der Fuchsstute), Zug um Zug zurück zu gewähren, da sich das Vorliegen eines Sachmangels an der Stute zum Zeitpunkt der Übergabe nachweisen ließe. Das Ausbildungsniveau des Pferdes wurde durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen überprüft, welcher das Gericht zu der Überzeugung führte, dass die Stute zum Zeitpunkt der Übergabe nicht über das angeführte Ausbildungsniveau verfügte. Der von der Klägerin ohne Fristsetzung erklärte Rücktritt sei im Übrigen gemäß § 323 Abs. 2 BGB zulässig gewesen, da der Beklagte in seinem anwaltlichen Schreiben vom 11.12.2006 eine Nachbesserung in Form einer Nachschulung des Pferdes ablehnte und insgesamt Gewährleistungsansprüche von sich wies. 

Ein etwaiger vertraglicher Gewährleistungsausschluss kann sich nach sachgerechter Auslegung des Landgerichts auch nicht auf die explizit vereinbarte Beschaffenheitsangabe „A Dressur“ beziehen. 

Auch kam das Landgericht zu dem Urteil, dass ein Ausschluss nach § 442 BGB trotz des durchgeführten Proberitts nicht vorliege. Es wurde festgestellt, dass das Pferd unmittelbar vor dem Proberitt der Klägerin von einem Dritten in A-Dressur-Niveau geritten wurde. Daher könnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Pferd hierdurch derart vorbereitet und warmgeritten wurde, dass die Klägerin das tatsächliche Ausbildungsniveau zu jenem Zeitpunkt nicht erkennen konnte. 

Auch erkannte das Landgericht der Klägerin die beantragte Erstattung von Stall- und Futterkosten im Rahmen der notwendigen Verwendungen nach § 347 Abs. 2 iVm. § 90 a S. 3, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB zu. Den sich hierauf ebenfalls beziehende Gewährleistungsausschluss stufte das Landgericht aufgrund der dem Beklagten zugesprochenen Unternehmerstellung nach §§ 14, 475 a.F. BG, jedenfalls aber aufgrund § 444 BGB als unwirksam ein. Die Unternehmerstellung bejahte das Landgericht aufgrund der engen Verbindung zum landwirtschaftlichen Betrieb (als Haupterwerb) des Beklagten und der Internetbewerbung des Zuchtbetriebes. Jedenfalls bejaht das Landgericht aber eine Garantieübernahme des Beklagten hinsichtlich der Beschaffenheit des Pferdes, wodurch der Haftungsausschluss als unwirksam erachtet wird. 

Im Übrigen stellte das Landgericht fest, dass neben Stall- und Futterkosten auch die Kosten für artgerechte Bewegung, Wurmkuren und anderer tierärztlicher Versorgung nach § 347 Abs. 2 BGB als notwendige Verwendungen erstattungsfähig sind. Nicht aber die Kosten für die Tierhalterhaftpflichtversicherung, da sie keine Pflichtversicherung ist und weder der Haltung noch der Nutzung des Tieres dient. Nach Ansicht des Landgerichts schützte sie lediglich die Vermögensinteressen des Versicherungsnehmers. Kostenersatz für die vorprozessuale Anwaltstätigkeit für die Klägerin lehnte das Gericht mit der Begründung ab, dass diese aufgrund der erstmaligen Geltendmachung von Gewährleistungsrechten keinen Verzugsschaden darstellen. 

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

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Pferdekauf, Rücktritt Vom Pferdekaufvertrag

Voraussetzungen des Verbrauchsgüterkaufs, arglistiges Verschweigen einer Zuchtuntauglichkeit und unselbständige Garantie für die Beschaffenheit,

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2004 – I- 14 U 213/03

 

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte am 12.01.2002 eine Pferdestute, namens „Pilofee S“ beim Beklagten für einen Kaufpreis iHv. 30.000 EUR. Der Pferdekaufvertrag wurde von mit einer Ankaufsuntersuchung verbunden. Innerhalb der Rücktrittsfrist erklärte der Kläger den Rücktritt und verlangte Rückabwicklung des Vertrages (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Pferdes) sowie Schadensersatz iHv. 6.395,05 EUR.

Der Kläger trug im Rahmen seiner Klage vor dem Landgericht vor, das Pferd leide an einer Knochen- und Knorpelentzündung des Gelenkbereichs (Osteochondrosis Dissecans -OCD) und sei entgegen dem im Pferdekaufvertrag vereinbarten Zweck zuchtuntauglich. Der Beklagte habe dem Kläger zugesichert, dass bei dem Pferd eine OCD (oder Chips-) Erkrankung nicht vorliege und er habe weiter auf Nachfrage des Klägers unzutreffend angegeben, noch keinen Versuch getätigt zu haben, die Stute decken zu lassen. Der Kläger ist der Ansicht, es sei schon kein wirksamer Vertragsschluss zustande gekommen. Jedenfalls sei aber der in den Geschäftsbedingungen angegebene Haftungsausschluss unwirksam, da sich der Pferdekaufvertrag als Verbrauchsgüterkauf darstelle und somit vorformulierte Vertragsbedingungen unwirksam seien.

Der Beklagte bestritt die behaupteten Mängel und berief sich auf den Gewährleistungsausschluss.

 

Entscheidung:

Das erstinstanzliche Gericht (Landgericht) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, der Kläger habe aufgrund der Untersuchungsergebnisse der Ankaufsuntersuchung Kenntnis gemäß § 442 Abs. 1 S. 2 BGB von der OCD-Erkrankung des Pferdes gehabt und dennoch am Pferdekaufvertrag festgehalten. Die Ankaufsuntersuchung war zwar zeitlich nach dem geschlossenen Pferdekaufvertrag, nach der Auffassung des Gerichts stand Letzterer jedoch unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) einer Billigung des Untersuchungsergebnisses und nicht unter der Bedingung einer bloßen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung.

Hinsichtlich der angeführten Zuchtuntauglichkeit habe sich der Beklagte zu Recht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, da es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handele. Der Kläger habe als darlegungs- und beweisbelastete Partei nichts zu seiner Verbraucherstellung vorgetragen. Diese sei auch nicht offensichtlich, da der Kläger die Stute zu Zuchtzwecken erworben habe, was für eine Unternehmereigenschaft spreche.

Das Landgericht ist der Auffassung, das Verschweigen über den zuvor einmal getätigten erfolglosen Deckungsversuch der Stute sei auch bei einem zu Zuchtzwecken gekauften Pferdes nicht als arglistiges Verschweigen zu werten. Weitere Mängelgewähransprüche kamen mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht in Betracht.

Die vom Kläger vor dem OLG Düsseldorf geführte Berufung, begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrags (§ 4) sei insbesondere nach § 475 Abs. 1 a.F., § 309 Nr. 8 b aa, § 309 Nr. 7 a BGB wirksam. Ferner habe sich das Landgericht nicht mit der vorgetragenen Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 7 a BGB befasst.

Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass ein den Rücktritt begründender Sachmangel in der OCD-Erkrankung nicht zu sehen ist, da sich die Beschaffenheitsvereinbarung auf erkennbare Eigenschaften des Pferdes nach dessen Inaugenscheinnahme und auf die bei Abschluss des Pferdekaufvertrag vorliegenden Röntgenbilder sowie deren Einordnung in Röntgenklassen I und II des Pferdes beschränke.

Der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrages ist nach Auffassung des Gerichts wirksam. Schon die Unternehmerstellung des Beklagten bestünde nicht, wenn dieser das Pferd nur zu privaten Zuchtzwecken besitze, über keine weiteren eigenen Pferde oder Stallungen verfüge und lediglich für seinen Bruder als Züchter eingetragen sei. Damit sei ein planmäßiges und dauerhaftes Anbieten von Leistungen am Markt gegen Entgelt nicht gegeben und ein Verbrauchsgüterkauf schon aus diesem Grunde abzulehnen gewesen. Ferner sei der Kläger, der ausweislich des Pferdekaufvertrages die Stute zu Zuchtzwecken erwarb, nicht als Verbraucher anzusehen.

Das Berufungsgericht hat ferner festgestellt, dass der Haftungsausschluss im Rahmen einer angewendeten AGB nicht gegen § 309 Nr. 8 a bb BGB verstoßen hat, da eine vierjährige Stute keine neu hergestellte Sache iSd Norm ist. Es ist hierbei auch bei Nutztieren allein auf den Geburtstermin abzustellen, da eine Bewertung eines Nutztieres nach dem Grad der „Benutzung“ bzw. „Gebrauchs“ wenig praktikabel, da ohne sachverständige Hilfe häufig nicht zu klären sei und zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führe.

Ebenfalls drang der Kläger mit dem Vorbringen nicht durch, der Haftungsausschluss verstoße gegen § 309 Nr. 7 a BGB, da der Haftungsausschluss des Pferdekaufvertrags nach dem Gesamtzusammenhang dergestalt auszulegen war, dass hiernach lediglich sonstige Schäden, wie in § 309 Nr. 7 b BGB ausgeschlossen wurden und nicht, wie der Kläger anführt, Körperschäden nach § 309 Nr. 7 a BGB inkludiert waren.

Ferner hat das Berufungsgericht die Feststellungen des Landgerichts bestätigt, dass der Beklagte den ein Jahr vor Ankauf getätigten erfolglosen Deckungsversuch der Stute nicht arglistig verschwiegen habe. Das Gericht hat die Deckungsuntauglichkeit der Stute hierdurch nicht als zwingend erachtet. Insbesondere sei dies nach dem erstinstanzlich unbestrittenen Vortrag des Beklagten, Stuten im Alter von 3 Jahren würden nach Deckungsversuchen lediglich zu 50 % trächtig werden, vorliegend zu bestätigen. Einen anderen Schluss hinsichtlich des Verschweigens ließe sich auch mit dem dahingehend befundlosen Ergebnis der tierärztlichen Ankaufsuntersuchung und den nach dem erfolglosen Deckungsversuch durchgeführten gynäkologischen Untersuchungen der Stute nicht ziehen, denn diese brachten keine Zuchtuntauglichkeit zu Tage.

Auch für eine Zusicherung (Garantieübernahme) ist eine ausdrückliche vertragliche Fixierung über den gesteigerten Willen, hier für eine Fehlende OCD-Erkrankung der Stute einzustehen, nicht ersichtlich.

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

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