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Sehnenschaden beim Pferd – Gewährleistungsrechte des Pferdekäufers

Beweislastumkehr wegen der Art des Mangels nicht anwendbar

Landgericht Neubrandenburg, Urteil vom 07.05.2004, AZ: 11 U 230/05

 

Sachverhalt:

Der Kläger, ein Pferdekäufer, macht gegen den Beklagten, einen Pferdehändler, Ansprüche aus einem Kaufvertrag über ein Pferd geltend.  Der Kauf des Pferdes stand unter der auflösenden Bedingung einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung. Die tierärztliche Ankaufsuntersuchung des klägerischen Tierarztes verlief befundfrei. Knapp einen Monat später verordnete dieser Tierarzt dem Pferd jedoch eine siebentätige antipholgistische Therapie sowie eine Ruhepause wegen einer Lahmheit, die sich daraufhin verringerte.Zwei Monate später trat die Lahmheit erneut auf. Die nun mittels Leitungsanästhesie und Ultraschall durchgeführte Untersuchung zeigte einen zentralen Defekt mit zwei Zentimeter unterhalb des Fesselträgerurspungs. Das Pferd benötigte eine Therapie mit Ruhigstellung. Danach zeigte das Pferd immer noch eine geringgradige Lahmheit vorne beiderseits. Der Kläger wollte das Pferd wegen der aufgetretenen Lahmheit vorne beiderseits aufgrund des Defekts im Fesselträgerursprungs gegen ein anderes Pferd eintauschen. Eine Einigung zwischen den Parteien erfolgte nicht. Der Kläger verlangte daraufhin mit anwaltlichen Schreiben den Beklagten unter Fristsetzung zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pferdes auf. Der Kläger ist der Ansicht, der Defekt habe schon bei  Übergabe vorgelegen. Durch diesen Mangel, sei das Pferd zudem nicht zum Reit- und Springsport geeignet.

Der Beklagte ist demgegenüber der Ansicht, das Pferd sei zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen.

 

Entscheidung:

Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch nach § 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pferdes. Der Kläger konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass ein Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag.

Der Käufer ist grundsätzlich für die Tatsache beweispflichtig, dass ein Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Eine diesbezügliche Beweislastumkehr befindet sich allerdings bei den Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs, der hier vorlag. Nach § 477 n.F. BGB wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich der Mangel innerhalb von 6 Monaten zeigte. Ausgenommen ist diese Vermutung, jedoch, wenn das mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Diese Ausnahme liegt bei dem geltend gemachten Sachmangel vor. Nach dem Gutachten eines Sachverständigen handelt es sich bei dem Mangel „um einen Sehnenschaden, der durch eine übermäßige Belastung der Sehnenfasern, bereits durch ein Fehltritt, entstehen kann“. Die Folge ist die Verdickung des Sehnenabschnittes, die nachträglich festgestellt werden könnte.

Die Vermutung des § 477 n.F. BGB ist vorliegend nicht anzuwenden, da diese Vermutung nur bei Krankheiten, die nicht tierärztlich, z.B bei einer Ankaufsuntersuchung, festgestellt werden können, greift. Diese Krankheit hätte bei der -laut dem Sachverständigengutachten- Ankaufsuntersuchung aber erkannt werden können. Zudem kann das Pferd nach dem Sachverständigengutachten künftig noch im Reit- und Springsport eingesetzt werden, sodass der Zweck des Vertrags auch aufrechterhalten wurde.

Ansprüche des Käufers bestehen daher nicht

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Kissing Spines Mangel eines Pferdes – Gewährleistungsrecht im Pferderecht

Haftung beim Pferdekauf: Beweislastumkehr bei Vorliegen von Kissing-Spines anwendbar

„Das Vorliegen von Kissing-Spines bei einem Pferd, das aufgrund der konkreten Gegebenheiten im Zeitpunkt des Gefahrüberganges eine mehr als 50%-ige Wahrscheinlichkeit dafür begründet, dass sich bei dem Pferd alsbald klinische Symptome einstellen werden, steht der Anwendbarkeit des § 476 BGB nicht entgegen.“

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17. Dezember 2008, Az. 14 O 10670/07

Der Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines PferdekaufvertragesDer Kläger erwarb von der Beklagten eine Stute. Zuvor wurde das Pferd von der Ehefrau des Klägers Probe geritten. Hierbei zeigten sich keine negativen Auffälligkeiten. Auch die Ankaufsuntersuchung, welche das Verhalten unter einem Reiter nicht testete, kam zu keinem besonderen Befund.

In der Folgezeit wurde die Stute tierärztlich untersucht und durch einen Osteopathen behandelt. Mit Anwaltsschreiben wandte sich der Kläger sodann an die Beklagte. Dort führte er aus, dass das Pferd mehrere Chips sowie hochgradige „Kissing Spines“ aufweise und lahme. Zugleich forderte der Kläger die Beklagte darin auf, den Mangel zu beheben. Nachdem die Beklagte in der Folgezeit keinerlei Aktivitäten im Hinblick auf eine Mängelbeseitigung entfaltete, erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte den gezahlten Kaufpreis zurück. Dies lehnte die Beklagte ab.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe das Pferd „R.“ vor allem zur Zucht erwerben wollen; nur gelegentlich habe sie es reiten wollen. Es sei bei dem Vertragsschluss nicht davon die Rede gewesen, dass das Pferd als Dressurpferd genutzt werden solle. Das Pferd habe nach seiner Überführung in den Stall des Klägers nicht gelahmt. Außerdem liege kein Verbrauchsgüterkauf vor.

 

Die Entscheidung

Der Kläger sei zum Rücktritt berechtigt gewesen, denn die Stute sei mangelhaft.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH könne ein Mangel nicht bereits darin gesehen werden, dass bei einem klinisch unauffälligen Pferd lediglich eine Abweichung von der „physiologischen Norm“ vorliege, die mit einer geringen Wahrscheinlichkeit dazu führe, dass das Pferd zukünftig klinische Symptome entwickeln werde, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegen stünden – dies selbst dann, wenn der Markt bereits auf diese geringe Wahrscheinlichkeit mit Preisabschlägen reagiere. Dass erkennende Gericht teile in Abgrenzung dazu die Auffassung des LG Münster, wonach ein Fehler im Rechtssinne dann zu bejahen sei, wenn im Zeitpunkt des Gefahrübergangs aufgrund der gegebenen Befunde eine Wahrscheinlichkeit von 50% oder mehr dafür bestehe, dass sich alsbald klinische Symptome einstellen würden oder sich tatsächlich eingestellt hätten.

Aufgrund des Gutachtens der gerichtlichen Sachverständigen stehe fest, dass das Pferd an einem Mangel in vorbeschriebenem Rechtssinne leide. Danach weise das Pferd sogenannte „Kissing Spines“ mit Osteolysen am Übergang BWS / LWS auf, die aufgrund ihrer konkreten physiologischen Gegebenheiten eine mehr als 50%ige Wahrscheinlichkeit dafür begründen würden, dass klinische Symptome auftreten werden, die die Tauglichkeit für die Verwendung der Stute als Reitpferd bzw. als Dressurpferd beeinträchtigen werden. Insoweit lägen bei dem Pferd am Rücken aber auch im Bereich der Hintergliedmaßen Befunde nach den Röntgenklassen III-IV vor, verbunden mit klinischer Schmerzhaftigkeit im Sinne eines apparenten „Kissing-Spines-Syndroms“. Auf die Chips, die nach den Ausführungen der Sachverständigen den gerichtlich vorgegebenen Mangelbegriff nicht ausfüllen würden, komme es mithin nicht an.  Zwar hätten sich die Symptome der physiologischen Mängel des Pferdes (das Lahmen) nach dem Vortrag des Klägers erst nach der Übergabe des Pferdes gezeigt. Das sei für den Kläger indessen unschädlich, weil ein Verbrauchsgüterkauf vorläge, so dass zu seinen Gunsten die Beweislastumkehr des § 476 BGB a.F. [§ 477 BGB n.F.] eingreife.

Der Befund der Kissing Spines stünde der Anwendung der Beweislastregelung des § 476 BGB a.F. [§ 477 BGB n.F.] nicht. Denn bei den „Kissing Spines“ als einer besonderen Disposition der Wirbelsäule des Pferdes handele es sich nicht um ein plötzlich und unerwartet auftauchendes Phänomen, sondern um ein solches, das zu seiner Ausbildung eine gewisse Zeit und Stetigkeit brauchen würde; soweit dem Urteil des OLG Celle anderes zu entnehmen sei, beachte es die grundlegenden Ausführungen des BGH zur Anwendbarkeit des § 476 BGB a.F. [§ 477 BGB n.F.] nicht. Der Auffassung des OLG Oldenburg sei ebenfalls nicht zu folgen. Das OLG habe in seinem Urteil die Anwendbarkeit des § 476 BGB a.F. [§ 477 BGB n.F.] ausgeschlossen, weil die Beweislastregelung mit der Art des Mangels nicht vereinbar sei. Eine solche Begründung – diverse Entstehungsfaktoren und ggf. kurze Entstehungszeit – reiche für einen Ausschluss der Beweislastregelung nicht.

Den der Beklagten obliegenden Entlastungsbeweis im Rahmen des § 476 BGB a.F. [§ 477 BGB n.F.] habe diese angesichts des entgegen stehenden Sachverständigengutachtens nicht führen können.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Haftung beim Pferdekauf – Vorliegen eines Sommerekzems

„Die Mangelhaftigkeit eines Pferdes kann sich daraus ergeben, dass es bei Gefahrübergang so hochgradig gegen Mückenstiche sensibilisiert ist, dass weiterer Kontakt mit dem Reizstoff mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald zu einem Sommerekzem führen muss.“

 

LG Flensburg, Urteil vom 31. Oktober 2006, Az. 1 S 50/06

vorgehend AG Husum, Urteil vom 12. April 2006, Az. 2 C 1009/04

Der Sachverhalt

Die Klägerin erwarb von dem Beklagten eine Holsteiner Stute zum Kaufpreis von 4.200,00 €.

Die Klägerin hat die Minderung des Kaufpreises und Rückzahlung eines Teilbetrages von 2.000,00 € begehrt. Sie hat behauptet, die Stute habe bereits bei Übergabe eine hohe Konzentration allergenspezifischer IgE-Antikörper gegen Kriebelmücken und Culicoides aufgewiesen. Deshalb sei es bei der Stute wenige Tage nach ihrer Aufstallung im Stall der Klägerin und nach der Ankaufsuntersuchung zum Ausbruch eines sog. „Sommerekzems“ gekommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne keine Sachmängelgewährleistungsansprüche geltend machen, weil die Stute bei Übergabe noch nicht an einem Sommerekzem erkrankt gewesen sei. Die Ankaufsuntersuchung sei ohne Befund geblieben, das Sommerekzem sei allenfalls nach der Übergabe ausgebrochen. Zwar sei die Allergie bei Übergabe bereits angelegt gewesen. Eine solche Anlage einer späteren allergischen Reaktion reiche für die Feststellung eines Sachmangels aber nicht aus, wenn das Hinzutreten weiterer Umstände erforderlich, dieses aber nur mit geringer Wahrscheinlichkeit und deshalb eher zufällig zu erwarten sei. So lägen die Dinge hier. Der Sachverständige habe ausgeführt, ein Pferd mit einer erhöhten Allergiebereitschaft könne noch nicht als Ekzemer bezeichnet werden, weil es nicht voraussehbar sei, ob das Ekzem ausbrechen werde. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

 

Die Entscheidung des Landgerichts

Die Klägerin bekam Recht. Sie könne den Kaufpreis mindern und die Rückzahlung von 2.000,00 € verlangen.

Das Vorhandensein einer allergischen Erkrankung (Sommerekzem) der Stute stelle einen Mangel dar, weil es den Aufenthalt eines daran leidenden Pferdes im Freien während der Sommermonate unter normalen Bedingungen nicht zulasse. Die allergische Reaktion werde durch den Kontakt mit dem Speichel der Kriebelmücke ausgelöst, mit deren Auftreten während des Sommers regelmäßig zu rechnen sei.

Das Vorliegen einer solchen Erkrankung sei durch die tierärztliche Untersuchung und den sich hieran anschließenden Allergietest, der eine hohe Konzentration von allergenspezifischen IgE-Antikörpern gegen Culicoides ergeben habe, festgestellt worden. Die Blutuntersuchung zeige starke bis höchstgradige Sensibilisierungen gegen unterschiedliche Insekten, so dass die Stute als „Risikokandidat für Typ-1-allergische Erkrankungen einschließlich Sommerekzem“ anzusehen sei. Außerdem wiesen die Verdickungen des Bindegewebes der Haut im Bereich des Mähnenkamms und Hautfältelungen neben dem Mähnenkamm darauf hin, dass das Pferd in der Zeit vor der Begutachtung unter starken entzündlichen Veränderungen im Mähnenkamm gelitten habe, als deren Ursache ein Sommerekzem höchst wahrscheinlich sei.

Dieser Mangel habe bereits bei der Übergabe der Stute vorgelegen, denn bereits die genetische Disposition für eine Sensibilisierung gegen Mückenstiche stelle einen Mangel dar und § 476 BGB a.F. [§ 477 BGB n.F.] spreche für die Klägerin. Die Allergie beruhe auf einer entsprechenden Disposition des Pferdes, die zwar – als Vorstufe der Allergie – noch nicht mit der pathologischen Symptomatik verbunden sei, die aber die Gefahr in sich berge, dass das Pferd später die Allergie ausbilden werde; schon darin liege ein Sachmangel.

Der Verkäufer eines Tieres hafte nach § 434 BGB, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank sei und sich auch nicht in einem – ebenfalls vertragswidrigen – Zustand befinde, auf Grund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass es alsbald erkranke. Das könne der Fall sein, wenn am Tag der Übergabe eine solche Disposition vorhanden sei, die bei Kontakt mit Reizstoffen bereits zu diesem Zeitpunkt zu pathologischen Erscheinungen geführt hätte.

Im Fall der Stute spreche auch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Veranlagung zu einer Erkrankung führe. Zwar bedeute der Nachweis von zellgebundenen sensibilisierenden Antikörpern nicht, dass es beim Pferd zwangsläufig zu einem klinischen Ausbruch der Erkrankung durch Ausbildung der typischen Symptome komme; auch Pferde mit vorhandenen zellgebundenen Antikörpern könnten über viele Jahre oder lebenslang gesund bleiben. Hier sei der Ausbruch der Krankheit aber sehr wahrscheinlich gewesen. Bei allen „Ekzemern“, deren Krankheits-Vollbild sichtbar durchgebrochen ist, fänden sich große Mengen Antikörper gegen einzelne Insekten im Blut. Dieser Befund träfe auch auf die Stute zu. Nach dem Bericht des Untersuchungslabors über die Blutprobe wäre kurz nach Übergabe der Stute an die Klägerin eine hohe Konzentration allergenspezifischer Antikörper gegen den Speichel der Kriebelmücken festzustellen.

Dass die Stute das Sommerekzem erst nach der Einstallung bei der Klägerin entwickelte, berühre die Haftung des Beklagten nicht. Es liege im Wesen des Verkaufs von Pferden, dass sie den Besitzer wechseln und dort auf andere Pferde und andere Umweltbedingungen treffen. Trotz dieser Veränderungen müssen sie so robust sein, dass sie ihre Verwendungsfähigkeit ohne begleitende medikamentöse Behandlung behielten. Eine nach dem Verwendungszweck nicht zu erwartende wesentliche Änderung der Haltungs- und Einsatzbedingungen sei von dem Beklagten nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Gewährleistung: Wenn das Pferd eine andere als die vereinbarte väterliche Abstammung hat

Falsche Abstammung ein Sachmangel?

„Wenn der Verkäufer das Pferd liefert, auf das sich die Vertragsparteien bei der Besichtigung geeinigt haben, aber diesem Pferd eine Eigenschaft (hier: väterliche Abstammung) fehlt, die es nach den Vertragsvereinbarungen haben sollte, liegt ein Sachmangel i.S.d. Kaufgewährleistungsrechts vor und nicht ein Fall einer auch nur teilweisen Nichterfüllung“

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 13. September 2007, Az. 8 U 116/07

vorgehend Landgericht Lüneburg, Urteil vom 27. März 2007, Az. 4 O 158/06

 

Der Sachverhalt

Der Kläger erkundigte sich im Jahr 2003 beim Beklagten danach, ob dieser ein Fohlen des Hengstes „S.“ zum Verkauf habe, was der Beklagte bejahte. Es lag bei den Verkaufsverhandlungen die Eigentumsurkunde vor, die als Vater der Mutterstute den Hengst „S.“ aufwies. Den Parteien war die Bedeutung dieser Abstammung auch bewusst. Der Kläger legte Wert auf eine Abstammung von „S.“, da es das erfolgreichste deutsche Pferd in dieser Zuchtwertschätzung war. Auch der Beklagte, der ebenfalls langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Pferdezucht hatte, hatte die Mutterstute gerade deshalb zum Landgestüt nach C. verbracht, weil er sie durch „S.“ besamen lassen wollen. Die Parteien schlossen einen mündlichen Kaufvertrag. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Hengst „F.“ der Vater der Stute war. Der Kläger unterstellt dem Beklagten Arglist und verlangt Schadensersatz.

 

Die Entscheidung

Das Gericht entschied, dass das Pferd einen Sachmangel aufweise, weil es entgegen § 434 Abs. 1 S. 1 BGB im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht die vereinbarte Beschaffenheit gehabt habe. Zur Beschaffenheit eines Pferdes könne auch seine Abstammung zählen.

Arglist könne man dem Beklagten jedoch nicht vorwerfen. Darlegungs- und beweispflichtig für die Arglist des Beklagten sei der Kläger. Arglistiges Verschweigen eines Mangels setze voraus, dass der Verschweigende den Mangel kenne oder zumindest bedingt vorsätzlich handele. Fahrlässige Unkenntnis genüge mithin nicht, selbst wenn sie auf grober Fahrlässigkeit beruhe.

Der Beklagte habe das Decken der Mutterstute jedoch nicht in seinem Betrieb vornehmen lassen, sondern die Stute zum Landgestüt nach C. verbracht, wo Deckung und Besamung unter Leitung der dortigen Mitarbeiter gestanden hätten. Die einzige schriftliche Unterlage, die er vom Landgestüt erhalten habe, sei der sog. Abfohlbeleg, der ausweise, dass die Stute durch den Hengst „S.“ besamt wurde. Aufgrund dieser Unterlage habe der Beklagte dann auch die Eigentumsurkunde des Verbandes erhalten, die ebenfalls „S.“ als Vater ausweise.

Der Kläger könne auch keinen Anspruch aus einer Beschaffenheitsgarantie nach § 443 Abs. 1 BGB herleiten. Der bloße Umstand, dass der Beklagte dem Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Eigentumsurkunde vorgelegt habe, genüge für die Annahme einer Garantie nicht. Es handele sich hier lediglich um eine Bescheinigung, aus der sich ergebe, dass der Beklagte Eigentümer des verkauften Pferdes sei. Soweit dort weitere Eintragungen zur Abstammung enthalten seien, dienen diese zunächst nur zur weiteren Identifizierung des Pferdes und zur Angabe der jeweiligen Rassezugehörigkeit. Einen weiteren Aussageinhalt über eine bloße Beschaffenheitsvereinbarung hinaus könne der Eigentumsurkunde alleine nicht entnommen werden.

Ohne Erfolg mache der Kläger schließlich geltend, der Beklagte habe den Kaufvertrag bereits nicht erfüllt, weil er ihm nicht das gekaufte Pferd mit der Abstammung „S.“ geliefert habe. § 434 Abs. 3, 1. Alt. BGB bestimme, dass es einem Sachmangel gleichstehe, wenn eine andere als die gekaufte Sache geliefert würde. Bereits ein solcher Fall läge aber schon nicht vor, da der Beklagte nicht ein anderes Pferd geliefert habe als gekauft gewesen sei.

Es fänden insoweit die Sachmängelwährleistungsvorschriften Anwendung.

 

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Tierarztregress

Schadensersatzanspruch gegenüber Pferdetierarzt wegen Behandlungsfehler

Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 25. Februar 2013 – 24 U 91/12

Oberlandesgericht Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 2. Januar 2013 – 24 U 91/12

Vorinstanz: Landgericht Darmstadt, Urteil vom 21. März 2012 – 19 O 293/01

 

Sachverhalt

Der Kläger, Springreiter und Eigentümer eines Reitstalls, machte gegen mehrere Beklagte einen Schadenersatzanspruch wegen Behandlungsfehler einer tierärztlichen Behandlung eines Pferdes geltend.Zuerst erfolgte eine konservative Behandlung des Pferdes wegen Beschwerden am linken Vorderbein. Später operierten einige Beklagten in der Tierklinik das Pferd und entfernten einen Teil des medialen Griffelbeins am besagten Bein. Der Heilungsverlauf verlief zunächst ohne Probleme, bis das Pferd wieder Lahmheitserscheinungen zeigte und schließlich nochmal behandelt wurde. Nach einer weiteren Operation durch einen anderen Beklagten verstarb das PferdDie Beklagten haben laut Kläger durch eine Fehldiagnose, mangelnde Aufklärung der Risiken sowie fehlerhafte Operationen den Tod des Pferdes verursacht. Die Beklagten machten wiederum geltend, dass eine Falschbehandlung nicht stattgefunden habe, der Kläger ausreichend über die Risiken aufgeklärt wurde und der Kläger zudem entgegen den Rat der Beklagten zu früh nach der Operation wieder mit dem Training des Pferdes begonnen habe.

 

Entscheidung

Das Gericht hat dem Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen einen Beklagten (Tierarzt der ersten Operation) zugesprochen. Das Gericht ist aufgrund eines Sachverständigengutachtens davon überzeugt, dass die durchgeführte Operation, die Teilentfernung des medialen Griffbeins, am linken Vorderlauf des Pferdes weder indiziert noch kunstfehlerfrei ausgeführt wurde. Dieser Beklagte hätte dem Kläger zudem darlegen müssen, dass die weitere konservative Behandlung richtig gewesen wäre; auch wenn der Kläger das Pferd schnell wieder als Turnierpferd einsetzen wollte. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches ergibt sich aus dem Wert des Pferdes vor der fehlerhaften Operation.

Die weiteren Beklagten (Tierarzt der tödlich endenden Operation, Krankenhausträger, Personal etc.) haben keine kausalen Handlungen begangen, die zum Tod des Pferdes geführt haben. Denn ist aufgrund der fehlerhaften Operation des oben genannten Beklagten eine Folgeoperation erforderlich und verstirbt das Pferd anlässlich dieser Operation, ist der behandelte Tierarzt mangels eigenen Kunstfehler nicht für den Tod verantwortlich.

Gegen dieses Urteil legte der verurteilte Beklagte Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt ein. Die Berufung hatte für das Berufungsgericht keine Aussicht auf Erfolg, da die Urteilsbegründung mitsamt den Feststellungen und der Beweiswürdigung durch das Sachverständigengutachten nicht zu beanstanden war. Das Berufungsgericht hat schließlich die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

 

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