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Kopfscheues Pferd –Rücktritt vom Pferdekaufvertrag wegen charakterlicher Mängel?

Problem: Beschaffenheitsvereinbarung

OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2005; AZ: 22 U 82/05

Vorinstanz: LG Wuppertal, Urteil vom 18.04.2005

 

Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pferdes.

Die Klägerin erwarb vom Beklagten ein Pferd nebst Zubehör für einen Kaufpreis von 4000 Euro. Vor dem Kauf ritt die Klägerin das Pferd Probe.

Der Beklagte habe laut der Klägerin ihr zugesichert, dass das Pferd zum Turniereinsatz geeignet sei. Beim Proberitt sei das Pferd auch ruhig gewesen. Nach der Übergabe sei das Pferd jedoch kopfscheu, nervös und unwillig gewesen und somit weder als Freizeit- noch als Turnierpferd zu gebrauchen.

Zudem sei der mitgelieferte Sattel für das Pferd ungeeignet gewesen, sodass sich die Klägerin einen neuen Sattel kaufen musste.

Der Beklagte behauptet, es sei vereinbart gewesen, dass Pferd als Freizeitpferd zu verwenden.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde abgewiesen.

Es stehe nach der Überzeugung des Gerichts fest, dass das Pferd als Freizeitpferd geeignet sei und die Möglichkeit eines Turniereinsatzes nur in Aussicht gestellt worden sei. Laut dem Sachverständigen sei zudem davon auszugehen, dass das Pferd an Turnieren für die Dressur teilnehmen könne.

Ansprüche bzgl. des Sattels seien nicht gegeben, da die Klägerin keine Nacherfüllung verlangt habe. Bei einem Mangel beim Sattelzeugs eines Pferdes muss der Kläger diese zunächst verlangen.

Gegen diese Entscheidung begehrt die Klägerin die Berufung. Die Berufung wird zurückgewiesen, da sie unbegründet ist.

Das Pferd weist nämlich keinen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 BGB auf. Ein Rücktrittsrecht kommt wegen fehlender Dressureignung nicht in Betracht, da eine solche Beschaffenheitsvereinbarung nicht zwischen den Parteien vereinbart wurde.

Das Pferd sei nach dem Gutachten des Sachverständigen nicht dressurgeeignet sowie nicht turniergeeignet. Das Pferd weigert sich vehement auch bei einem geübten Reiter, an den Hilfen zu gehen. Das Pferd gehorche somit nicht auf reiterliche Einwirkungen.

Zwar haben die Parteien über die Turniereignung des Pferdes gesprochen, diese Gespräche führten aber zum einen nicht dazu, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung vereinbart wurde. Der Sohn des Beklagten, der die Verhandlungen geführt hatte, habe nur dem Kläger mitgeteilt, dass das Pferd das Potenzial für eine Turnierteilnahme nach seiner Einschätzung habe, es also A-Dressur laufen könne, nicht aber, dass es dies auch wirklich erreichen könne. Die Klägerin konnte durch die Aussage erkennen, dass das Pferd bei dem Beklagten kein Training hierfür bekam und, dass dies deshalb nur eine Einschätzung des Beklagten war. Zum anderen steht im Pferdekaufvertrag, dass das Pferd nicht gesund und versicherungsfähig (Haftungsausschluss) ist. Es kommt folglich erst gar nicht als Turnierpferd in Frage.

Der Beklagte habe somit nur ein Pferd mit beschränkter Nutzungsmöglichkeit verkauft. Er wollte nicht für die Beschaffenheit als Turnierpferd einstehen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

Kein anfängertaugliches Pferd – Rücktritt vom Pferdekaufvertrag

OLG Oldenburg, Urt. v. 01.02.2018 – 1 U 51/16

 

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine in New York wohnhafte Reiterin, wollte für sich ein anfängertaugliches Pferd kaufen. Da sie erst im gehobeneren Alter überhaupt mit dem Reiten angefangen hatte und dementsprechend noch wenig Erfahrung hatte, suchte sie nach einem braven, leichtrittigen, lektionssicheren und anfängertauglichen Pferd. Der Beklagte bot ihr dazu das Pferd „C“ an, welches nach seiner Aussage all diese Attribute erfülle. Nachdem die Klägerin das Pferd drei Mal zur Probe ritt, kaufte sie es zum Preis von 55.000€. Kurze Zeit später stellte sich jedoch heraus, dass das Pferd sich nicht so einfach im Umgang darstellte. Dies äußerte sich darin, dass es sich kaum longieren ließ und beim Aufsteigen festgehalten werden musste. Die Käuferin erklärte daraufhin den Rücktritt wegen eines Sachmangels, da das Pferd nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweise. Der Beklagte blieb bei seiner Ansicht, dass es sich bei „C“ um ein braves und leicht zu handhabendes Pferd handele, so dass es zum Rechtsstreit kam.

 

Entscheidungsgründe:

Das OLG Oldenburg gab der Klägerin Recht, denn das Pferd entspreche nicht der Beschaffenheitsvereinbarung. Nach dieser Vereinbarung sollte das Pferd brav und leicht zu handhaben sein. Nach Aussage mehrerer Zeugen und des Sachverständigen stellte es sich jedoch so dar, dass das Pferd sehr nervös sei, sich in der Box nicht anfassen lasse und unberechenbar sei. Bei „C“ handele es sich um ein sehr sensibles Pferd, für dessen Handhabung besondere Erfahrungen im Umgang mit Pferden notwendig seien, weswegen es für Anfänger, wie die Klägerin, gerade nicht geeignet sei. Nach Ansicht des Gerichts sei das Rücktrittsrecht auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel hatte, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Umstand der Klägerin bei den Proberitten hätte auffallen müssen. Die Aufforderung zur Nacherfüllung unter Setzung einer Frist war vorliegend entbehrlich, da die Nachlieferung eines anderen Pferdes ausscheide. Die Parteien haben sich nämlich auf den Kauf dieses bestimmten Pferdes geeignet und nicht auf die Lieferung eines austauschbaren Pferdes.  

Interessant sind hierzu die Ausführungen des OLG Hamm – 19 U 132/11 in Bezug auf ein zum Steigen neigendes Pferd. Das Gericht hat hier ausgeführt, dass bei Verhaltensauffälligkeiten nicht automatisch die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung ausgeschlossen sein muss, denn es könnte möglich sein, dass diese therapierbar sind. Mit diesem Aspekt scheint sich das OLG Oldenburg jedoch gar nicht befasst zu haben.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Foto: Fotalia

 

Pferdekaufvertrag: Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit des Pferdes

„Lässt der Vortrag des beklagten Verkäufers offen, ob der Ursprung für den Mangel in einem Handeln oder Unterlassen nach Gefahrübergang lag und dem Verkäufer daher nicht zuzurechnen ist, reicht dies nicht aus, die Vermutungswirkung des § 477 BGB zu beseitigen.“

LG Frankfurt, Urteil vom 05. April 2018, Az. 2-32 O 95/17

 

Sachverhalt

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Pferdekaufvertrag: Rücktritt wegen Mangelhaftigkeit des Pferdes

Die Beklagte betreibt einen Reit-, Ausbildungs- und Handelsstall für Dressurpferde. Im Juli 2016 erwarb die Klägerin nach vorheriger Besichtigung und Erprobung von der Beklagten ein Pferd für ihre Tochter.

Zwischen den Parteien wurde eine Ankaufsuntersuchung vereinbart und vor dem Kauf durchgeführt. Die Untersuchung war ohne besonderen Befund.

Drei Tage nach dem Kauf wandte sich die Klägerin an die Beklagte und teilte ihr mit, das Pferd habe ein entzündetes Auge. Mit anwaltlichem Schreiben wandte sich die Klägerin dann Ende August an die Beklagte und teilte mit, dass das Pferd nach einem Hund ausgetreten habe und aus der Nachbarbox gefüttert werden müsse, da es nach dem Fütternden tritt. Auch beim Fertigmachen trete das Pferd immer wieder aus. Komme man dem Pferd an die Hinterbeine, trete es gezielt aus. Weiterhin lasse sich das Pferd nicht anbinden. Bei einem Ausritt habe das Pferd einem Jogger in den Bauch getreten. Unmittelbar nachdem das Pferd in den Stall der Klägerin verbracht worden sei, sei ein entzündetes Auge erkennbar gewesen, in Sattellage sei ein Pilz aufgetreten und es bestehe eine Nesselsucht am Mähnenkamm. Mit gleichem Schreiben erklärte der Anwalt für die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, das Pferd bis Zug um Zug gegen vollständige Rückzahlung des Kaufpreises zurückzunehmen. Sollte die Beklagte eine Möglichkeit der Nachbesserung sehen, solle sie ihre konkreten Vorschläge mitteilen. Ihr werde dann das Pferd für eine Zeit von vier Wochen zur Verfügung gestellt.

Die Beklagte wies die Gewährleistungsansprüche der Klägerin zurück.

Eine tierärztliche Untersuchung im Dezember ergab den nachfolgenden Befund: „Der Augapfel ist zurückgezogen, es besteht ein leichter Blepharospasmus. Eine Tränenspur unterhalb des Auges weist auf eine länger andauernde Schmerzhaftigkeit des Auges hin. […] Die Pupille ist sehr eng (Miosis) und nicht responsiv. Der Bereich des Glaskörpers ist (soweit einsehbar) gelb-grün verfärbt, […] Im Umgang zeigt das Pferd eine hochgradige Einschränkung der Sehkraft auf der linken Seite und ist extrem schreckhaft und nervös. […].“

 

Die Entscheidung

Das Gericht gab der Klage statt. Der Klägerin stand ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu. Das Pferd war vorliegend nicht frei von Sachmängeln, da es jedenfalls nicht für die gewöhnliche Verwendung eignete und eine Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist und die der Verkäufer nach der Art der Sache nicht erwarten kann.

Beim Pferdekauf liegt ein Sachmangel unter anderem vor, in einer mangelnden „Rittigkeit“, einer periodischen Augenentzündung, schlechten Charaktereigenschaften oder einer Abweichung der Beschaffenheit vom Ergebnis der Kaufuntersuchung.

Die Klägerin hat durch die Vorlage des Attests substantiiert zu den Befunden des streitgegenständlichen Pferdes vorgetragen. Diese stehen zumindest teilweise in Abweichung zu den Befunden der Kaufuntersuchung, dort insbesondere zur Untersuchung der Augen und des Verhaltens.

Das Pferd war bereits bei Gefahrübergang, also bei der Übergabe der gekauften Sache mangelbehaftet. Zeigt sich bei einem Verbrauchsgüterkauf innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, dass diese Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist, § 477 BGB n.F..

Die Abweichung des tatsächlichen Zustandes des Pferdes vom in der Ankaufuntersuchung beschriebenen Zustand trat innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Pferdes auf.

Die Klägerin muss nach der geänderten Rechtsprechung des BGH (BGH vom 12.10.2016, Az.: VIII ZR 103/15) nicht nachweisen, dass der von ihr geltend gemachte akute Mangel auf einer Ursache beruht, die einen latenten Mangel darstellt, damit die Vermutungswirkung des § 477 BGB zur Anwendung kommt.

Der BGH hat diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben, nachdem der EuGH bezüglich der § 447 BGB zu Grunde liegenden Regelung in der Art. 5 Abs. 3 VerbrGKRL entschieden hat, der Verbraucher müsse nur das Vorliegen einer binnen 6 Monaten seit Lieferung aufgetretenen Vertragswidrigkeit beweisen, nicht aber deren Grund. Im Falle dieses Beweises muss der Verkäufer beweisen, dass die Vertragswidrigkeit bei Lieferung noch nicht vorlag, sondern ihren Grund oder Ursprung in einem nach Lieferung eingetretenem Umstand hat.

Auf Grund der Entscheidung des EuGH geht der BGH nunmehr, davon aus, dass wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang beim Verbrauchsgüterkauf ein mangelhafter Zustand zeigt, zu Gunsten des Käufers die Vermutung greift, dass dieser bereits bei Gefahrübergang bestanden hat.

Das bedeutet, dass zu Gunsten des Käufers vermutet wird, dass ein erst nach Gefahrübergang aufgetretener „akuter Mangel“ auf einem bereits bei Gefahrübergang vorhandenen „latenten Mangel“ beruht.

Der Käufer muss nur entsprechend darlegen und ggf. beweisen, dass ein mangelhafter Zustand besteht und sich dieser binnen sechs Monaten nach Lieferung des Gutes( hier Pferdes) herausgestellt hat.

Demgegenüber muss der Verkäufer nachweisen, dass die Vermutungswirkung des § 447 BGB nicht greift, weil ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden war oder weil er seinen Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach diesem Zeitpunkt hatte und dem Verkäufer damit nicht zuzurechnen ist.

Gelingt ihm die Beweisführung nicht „rechtlich hinreichend“, greift zu Gunsten des Käufers die Vermutung des § 477 BGB auch dann ein, wenn die Ursache für den mangelhaften Zustand oder Zeitpunkt ihres Auftretens offengeblieben ist, also letztlich offen geblieben ist, ob überhaupt ein vom Verkäufer zu vertretender Sachmangel vorlag.

Daneben verbleibt dem Verkäufer die Möglichkeit, sich darauf zu berufen und nachzuweisen, dass das Eingreifen der Beweislastumkehr des § 477 BGB ausnahmsweise bereits deswegen ausgeschlossen ist, weil die Vermutung, dass bereits bei Gefahrübergang im Ansatz ein Mangel vorlag, mit der Art der Sache oder eines derartigen Mangels unvereinbar ist (§ 477 letzter Halbs. BGB) ist.

Zur Widerlegung der Vermutung des § 477 BGB hat der Verkäufer also den Beweis des Gegenteils dahin zu erbringen, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang aufgetretene mangelhafte Zustand auf eine nach Gefahrübergang eingetretene, ihm nicht zuzurechnende Ursache – sei es auf ein Verhalten des Käufers oder eines Dritten, sei es auf sonstige Umstände, etwa eine übliche Abnutzungserscheinung nach Gefahrübergang, – zurückzuführen ist.

Hierfür ist eine Erschütterung der Vermutung nicht ausreichend; erforderlich ist vielmehr der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten.

Die Beklagte hat lediglich vorgetragen und Beweis angeboten, dass vor der Übergabe des Pferdes an die Klägerin kein Befund oder Anzeichen für eine Augenentzündung und auch keinerlei sonstiger Krankheitszustand vorgelegen hatte. Ebenso hat die Beklagte vorgetragen, dass Pferd sei vor Gefahrübergang nicht unsicher, unrittig, schreckhaft und nervös gewesen. Eine periodische Augenentzündung könne im Rahmen eines Stressschubes von jetzt auf gleich auftreten.

Selbst wenn man diesen Vortrag als wahr unterstellt, reicht er nicht aus, um die Vermutungswirkung des § 477 BGB zu beseitigen. Der Vortrag lässt offen, dass der Ursprung für den Mangel in einem Handeln oder Unterlassen nach Gefahrübergang lag und dem Verkäufer daher nicht zuzurechnen ist. Vielmehr bleibt bereits nach dem Vortrag der Beklagten die Ursache für den mangelhaften Zustand offen. Der Vortrag, Pilz, Nesselsucht und Augenentzündung könne auf eine geschwächte Immunabwehr in Folge des Stresses im Zusammenhang mit dem Stallwechsel auftreten, sagt gerade nicht aus, dass es sich dabei um die einzig mögliche Ursache handelt.

Die Vermutungswirkung ist vorliegend auch nicht ausgeschlossen, weil die Vermutung nach der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Dies gilt insbesondere, soweit die Beklagte vorträgt, eine Augenentzündung oder Pilz und Nesselsucht könne typischerweise jederzeit nach der Übergabe eintreten.

Ein Sachmangel, der typischerweise jederzeit nach der Übergabe eintreten kann und für sich genommen keinen hinreichend wahrscheinlichen Rückschluss auf sein Vorliegen bei Gefahrübergang zulässt, begründet die Unvereinbarkeit nicht. Die Klägerin konnte demnach wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Anwaltsregress – Zur Wirksamkeit einer Vertragsstrafenklausel im Pferderecht

Oberlandesgericht Celle; Urteil vom 28.01.2009; AZ: 3 U 186/08

Vorinstanz: Landgericht Hannover; Urteil vom 14.07.2008; AZ: 20 O 7/08

 

Sachverhalt:

Die Klägerin, Eigentümerin eines Ponys, strebte gegen die Beklagte, eine Rechtsanwältin, einen Anwaltsregress wegen angeblicher Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages aus § 280 Abs. 1 BGB iVm § 675 Abs. 1 BGB, an. Die Klägerin vereinbarte mit einem Dritten, einem Ehepaar A, einen Schutzvertrag über eine Ponystute. Dieser Vertrag sah die Überlassung der Ponystute vor. Im Gegenzug dazu verpflichtete sich das Ehepaar, eine Reihe von Pflichten einzuhalten und bei einem diesbezüglichen Verstoß eine Vertragsstrafe an die Klägerin zu zahlen und das Pferd zurückzugeben.

Frau A verlangte die Rücknahme des Pferdes. Die Klägerin ließ das Pferd daraufhin durch einen Dritten abholen, welche in einem Übergabeprotokoll protokollierte, dass das Pferd sich in einem optisch guten Zustand befand und keine Erkrankungen erkennbar waren. Der Tierarzt der Klägerin diagnostizierte später jedoch einen akuten Reheschub.

 

Die Beklagte wendete sich eine Woche nach der Zusendung des Übergabeprotokolls (zwei Tage nach der Rückgabe des Pferdes) an das Ehepaar und erklärte die Anfechtung des Protokolls. Sie verlangte gleichzeitig wegen Verletzung des Schutzvertrages eine Vertragsstrafe. Die geforderte nicht gezahlte Vertragsstrafe wurde in einem Rechtsstreit in der Eingangsinstanz und Berufungsinstanz zurückgewiesen. Die Zurückweisung erfolgte aufgrund des fehlenden rechtzeitigen Vorbehalts der Vertragsstrafe nach § 341 Abs. 3 BGB. Laut der Klägerin sei die beklagte Rechtsanwältin für den fehlenden Vorbehalt verantwortlich, da sie diese schon am Tag der Rückgabe des Pferdes über die Verletzung des Schutzvertrages informiert habe.

Die beklagte Rechtsanwältin ist der Meinung, die Bearbeitung könne erst nach der Übersendung des Vertrages beginnen. Dann wäre der Vorbehalt aber schon zu spät gewesen. Zudem sei die Vertragsstrafenabrede unwirksam, da sie gegen Allgemeine Geschäftsbedingungen verstoße.

 

Entscheidung:

Die Klage war unbegründet.

Die Klägerin hätte den Vorbehalt der Vertragsstrafe nach der Rückgabe des Pferdes erklären sollen. Zudem sei eine etwaige Pflichtverletzung nicht kausal für den Schaden der Klägerin. Denn die vereinbarte Vertragsstrafenregelung sei wegen ihrer Höhe (Strafversprechen 20fach höher als der Wert des Pferdes) unangemessen und benachteilige die Eheleute unangemessen nach § 307 BGB.

Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung beim Oberlandesgericht ein. Das Berufsgericht betätigte jedoch die Entscheidung des Landgerichts, sodass die Berufung als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Das Berufungsgericht führte folgendes dazu aus:

Die Entgegennahme des Pferdes von einem Dritten im Bereich der Klägerin war noch keine Annahme im Sinne von § 341 Abs. 3 BGB. Der Vorbehalt hätte nachgeholt werden können. Ob die Beklagte jedoch eine Pflichtverletzung begangen hatte, indem sie denn Vorbehalt erst in dem Schreiben an die Eheleute und nicht zum Zeitpunkt der Erteilung des Mandats erklärt habe, kann im vorliegen Fall dahinstehen, da selbst bei einer etwaigen Pflichtverletzung diese nicht kausal für den Schaden gewesen wäre.

Durch die Beschaffung des Schutzvertrages aus dem Internet, war der Vertrag als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von §§ 305 ff. BGB zu qualifizieren. Die erstmalige Verwendung des Schutzvertrages war dabei unschädlich, da der Vertragstext nicht nur für einen Verwendungsfall gedacht war. Dass es sich dabei möglicherweise nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen sondern um eine Individualvereinbarung handelt, hat die Klägerin zudem nicht genügend darlegt.

Die Vertragsstrafe stellt eine unangemessene Benachteiligung der Eheleute dar. Sie ist auch sittenwidrig nach § 138 BGB. Denn der Wert des Pferdes stand nicht in einem angemessenen Verhältnis zur vereinbarten Vertragsstrafe. Eine Herabsetzung der Strafe kommt auch nicht in Betracht. Die Herabsetzung setzt ein wirksames Vertragsstrafenversprechen voraus, welches aufgrund des Verstoßes gegen § 307 BGB nicht vorliegt.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Tierärztlicher Behandlungsfehler und Tod des Pferdes

Beweislastumkehr und grober Behandlungsfehler

„Besteht bei einer sachgerechten Behandlung eines Pferdes eine Überlebenswahrscheinlichkeit von mindestens bzw. mehr als 10 Prozent, so lässt sich eine Kausalität zwischen einem Behandlungsfehler und dem Tod des Pferdes als Schaden annehmen.“

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26. April 2012, Az. 12 U 166/10

vorgehend Landgericht Potsdam, Urteil vom 14. Oktober 2010, Az. 11 O 207/08,

Der Sachverhalt

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung von Schadensersatz wegen einer ihrer Ansicht nach fehlerhaften ärztlichen Behandlung ihres Reitpferdes im Zusammenhang mit der operativen Behandlung einer Dünndarmverschlingung. Die Parteien streiten darüber, ob in der Nacht nach der Operation bzw. am Folgetag weitere rektale Untersuchungen des Pferdes stattgefunden haben, ob hierbei das Vorliegen von Dünndarmschlingen hätte festgestellt werden müssen und eine zweite (Notfall-)Operation veranlasst gewesen wäre sowie, ob insoweit den Beklagten grobe Behandlungsfehler vorzuwerfen sind. Des Weiteren streiten die Parteien über den Wert des verstorbenen Pferdes.

Das Landgericht wies die Klage ab. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz zu. Im Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass den Beklagten kein Behandlungsfehler unterlaufen sei. Fehlerhaft hätten die Beklagten hingegen nach der Operation die nach Feststellung des Sachverständigen gebotenen rektalen Untersuchungen unterlassen, wobei aus dem Fehlen einer Dokumentation der Maßnahme auf deren Unterbleiben zu schließen sei. Die Klägerin habe jedoch die Kausalität zwischen dem Behandlungsfehler und dem Schaden nicht nachweisen können. Eine Beweislastumkehr sei mangels Vorliegens eines groben Behandlungsfehlers nicht gegeben.

Hiergegen legte die Klägerin Berufung ein und bekam Recht.

 

Die Entscheidung

Die Klägerin habe gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz.

Den Beklagten sei ein Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers vorzuwerfen, weil sie keine rektale Kontrolluntersuchung des Pferdes vornahmen. Der Sachverständige habe dargelegt, dass nach einer Operation im Bauchraum mit Massage und Reposition des verdrehten Dünndarms Komplikationen in Form des erneuten Auftretens von Dünndarmschlingen und einer dann einsetzenden Darmlähmung auftreten können. Aus diesem Grunde seien nach der durchgeführten Operation die Beobachtung des Pferdes und die Vornahme von Kontrolluntersuchungen erforderlich gewesen, die auch die Durchführung rektaler Kontrollen umfassten.

Der Sachverständige habe ferner nachvollziehbar dargetan, dass eine Dokumentation der rektalen Untersuchungen und Befunde – die vorliegend nicht erfolgt sei – aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen sei, da fehlende Befunde zu einer Fehleinschätzung des Krankheitsstatus führen könnten. Fehlt eine aus medizinischen Gründen erforderliche Dokumentation, so sei zu vermuten, dass die entsprechende Maßnahme – hier die rektale Untersuchung – unterblieben ist. Es handele sich um eine widerlegbare Vermutung. Einen Gegenbeweis hätten die Beklagten nicht geführt. Die seitens der Beklagten unterlassene Befunderhebung führe zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität mit der Folge, dass die Beklagten den Nachweis hätten erbringen müssen, dass nicht bereits in der Nacht nach der OP bei einer rektalen Untersuchung des Pferdes eine Lähmung des Dünndarms festgestellt worden wäre. Diesen Beweis hätten die Beklagten nicht geführt.

Auf dieser Grundlage stehe weiter fest, dass den Beklagten als weiterer Behandlungsfehler das Unterlassen einer Notfalloperation vorzuwerfen ist. Auch hier sei den Feststellungen des Sachverständige zu folgen; es habe eine Notoperation in einem Zeitfenster von zwei bis drei Stunden nach der Untersuchung mit dem zu unterstellenden reaktionspflichtigen Ergebnis erfolgen müssen und die Verzögerung der Operation über 11.00 Uhr hinaus sei grob fehlerhaftEntgegen der Auffassung des Landgerichts lasse sich das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers nicht mit der Überlegung verneinen, die Klägerin hätte möglicherweise – bei entsprechender Nachfrage der Beklagten – die Zustimmung zu der gebotenen zweiten Operation verweigert. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten der Klägerin bestünden nicht. Dem Landgericht sei nicht darin zu folgen, dass auch bei Annahme eines groben Behandlungsfehlers die Kausalität des Unterlassens der Operation für den Tod des Pferdes nicht anzunehmen sei. Die Kausalität eines groben Behandlungsfehlers für den Primärschaden sei nur zu verneinen, wenn trotz der generellen Eignung des Behandlungsfehlers den eingetretenen Schaden herbeizuführen, der Umkehr der Beweislast entgegen stünde, dass aufgrund konkreter Umstände der Eintritt des Primärschadens äußerst unwahrscheinlich sei, was von der Behandlerseite nachzuweisen sei. Eine gänzlich unwahrscheinliche Kausalität sei bei einer zehnprozentigen Chance des Erfolgseintritts dabei noch nicht anzunehmen.

Die Klägerin könne von den Beklagten wegen der diesen vorzuwerfenden Behandlungsfehler die Zahlung von Schadensersatz verlangen. Der Wert des Pferdes habe sich durch die zwei notwendigen Kolikoperationen um 20% gemindert. Die Sachverständige habe nachvollziehbar ausgeführt, dass die Kolikoperationen sich auf den Marktwert auswirkten, da das Kaufinteresse für Pferde, die eine schwere Operation hinter sich haben, geringer sei, als für Pferde ohne vergleichbare Beeinträchtigungen.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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